I-24 U 72/09


Gericht OLG Düsseldorf Aktenzeichen I-24 U 72/09 Datum 12.02.2010
Leitsatz
Rechtsvorschriften
Fundstelle
Aktenzeichen der VorinstanzLG Kleve 3 O 155/08
Stichworte
Volltext
U R T E I L
Die Berufung der Beklagten gegen das am 31. März 2009 verkündete Zwischenurteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kleve wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Berufungsstreitwert: 15.229,97 € (8.818,55 € + 6.411,42 €).
G r ü n d e
Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Klage zulässig ist, weil eine wirksame Schiedsvereinbarung nicht vorliegt. Die dagegen vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen im Ergebnis keine der Beklagten günstigere Entscheidung.
I.
Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf die Verfügung des Vorsitzenden vom 10.12.2009. Dieser hat im Wesentlichen ausgeführt:
1. Die Beklagte hat die Einrede des Schiedsvertrags mit Schriftsatz vom 13. August 2008 rechtzeitig "vor Beginn der mündlichen Verhandlung" (§ 1032 Abs. 1 ZPO) erhoben; hierauf hat bereits das Landgericht mit Beschluss vom 1. September 2008 zutreffend hingewiesen. Das Versäumnisurteil vom 4. Juli 2008 ist im schriftlichen Vorverfahren ergangen; durch den Einspruch ist der Prozess in die Lage zurückversetzt worden, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand (§ 342 ZPO), d.h. in ein Stadium vor Beginn der mündlichen Verhandlung.
2. Die Schiedsvereinbarung ist indessen unwirksam, weil an ihr ein Verbraucher beteiligt ist und sie nicht in einer von den Parteien eigenhändig unterschriebenen Urkunde enthalten ist, die keine anderen Vereinbarungen als solche enthält, die sich auf das schiedsrichterliche Verfahren beziehen (§ 1031 Abs. 5 ZPO).
Der Kläger ist Verbraucher im Sinne von § 13 BGB und nicht Unternehmer nach § 14 BGB. Denn er hat den Mietvertrag vom 9. Januar 2007 nicht in Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit abgeschlossen. Eine gewerbliche Tätigkeit stellt eine planmäßige und auf Dauer angelegte, wirtschaftlich selbstständige Tätigkeit unter Teilnahme am Wettbewerb dar. Zu den gewerblichen Betätigungen gehört daher nicht die Verwaltung eigenen Vermögens (vgl. BGHZ 63, 32, 33; 74, 273, 276; zuletzt zu § 1 VerbrKrG a.F. BGHZ 149, 80, 86), die auch dann grundsätzlich dem privaten Bereich zuzurechnen ist, wenn es sich um die Anlage beträchtlichen Kapitals handelt. Das ausschlaggebende Kriterium für die Abgrenzung der privaten von einer berufsmäßig betriebenen Vermögensverwaltung ist vielmehr der Umfang der mit ihr verbundenen Geschäfte. Erfordern diese einen planmäßigen Geschäftsbetrieb, wie etwa die Unterhaltung eines Büros oder einer geschäftsmäßigen Organisation, liegt eine gewerbliche Betätigung vor (BGHZ 104, 205, 208; 119, 252, 256). Die Höhe der verwalteten Werte ist dabei nicht maßgeblich.
Handelt es sich um die Vermietung oder Verpachtung von Immobilien, ist dementsprechend nicht deren Größe entscheidend, sondern Umfang, Komplexität und Anzahl der damit verbundenen Vorgänge. Ein ausgedehntes oder sehr wertvolles Objekt an eine geringe Anzahl von Personen zu vermieten, hält sich daher grundsätzlich im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung. Dagegen spricht die Ausrichtung auf eine Vielzahl gleichartiger Geschäfte für ein professionelles Vorgehen. Ob der mit der Vermögensverwaltung verbundene organisatorische und zeitliche Aufwand danach insgesamt das Bild eines planmäßigen Geschäftsbetriebes vermittelt, etwa wegen der Unterhaltung eines Büros oder eines planmäßigen Geschäftsbetriebes, bleibt eine im Einzelfall zu beurteilende Frage (BGHZ 149, 80, 87). Damit steht die Rechtsprechung des 10. Zivilsenats des OLG Düsseldorf nicht ausreichend in Einklang (etwa OLGR 2005, 187; WuM 2003, 621), nach der bei der Vermietung mehrerer Einheiten in Ausübung eigener Vermögensverwaltung ohne weiteres eine gewerbliche Tätigkeit anzunehmen sei. Dem hat sich Heinrichs (Palandt/Heinrichs BGB, 66. Auflage, § 14 Rn. 2) angeschlossen: Wer etwa als Vermieter im Wettbewerb mit anderen planmäßig Leistungen gegen ein Entgelt anbiete, sei Unternehmer. Kritisch zur o.a. Rechtsprechung meint Ellenberger (Palandt/Ellenberger, 69. Auflage, aaO.), es fehle in den Entscheidungen an ausreichenden Feststellungen.
Im Streitfall ist der Kläger als Verbraucher zu betrachten. Er ist mit der Vermietung als Testamentsvollstrecker eines Nachlasses betraut, der einer Erbengemeinschaft, der er selbst angehört, angefallen ist. In dieser Eigenschaft verwaltet der Kläger fremdes, teilweise eigenes Vermögen und übt damit eine Tätigkeit aus, bei der eine Vermutung dafür spricht, dass es sich um eine private und nicht um eine gewerbliche Angelegenheit handelt. Wenn die Beklagte gleichwohl eine gewerbliche Tätigkeit annehmen will, muss sie die hierfür maßgeblichen Tatsachen vortragen und beweisen. Dafür genügt nicht, dass der Kläger insgesamt acht Einheiten, davon drei Gewerbeeinheiten vermietet. Denn auch eine Verwaltung in dieser Größenordnung ist als private Nebenbeschäftigung möglich und erfordert nicht zwingend einen planmäßigen Geschäftsbetrieb. Dass der Kläger einen solchen unterhält, ist nicht erkennbar, auch wenn die von dem Kläger angegebenen 2 - 3 Stunden monatlich jedenfalls in Sondersituationen überschritten werden dürften. So ergibt sich etwa aus der Aufstellung über Sonderwerbungskosten, dass der Kläger 2007 - wohl im Zusammenhang mit dem Konkurs einer Mieterin - mehr als ein Mal pro Woche im Objekt gewesen ist. Dem Vortrag des Klägers, die bestehenden Mietverträge dauerten bereits 5 bis 25 Jahre an, so dass auch deshalb der zeitliche Aufwand nur gering sei, hat die Beklagte zudem nicht widersprochen. Auch ist ihr im Verlauf ihres Kontakts mit dem Kläger offenbar nicht bekannt geworden, dass dieser ein Büro unterhielte. Werbende Maßnahmen, die sich in der Anheftung eines Zettels erschöpfen, genügen für die Bewertung als unternehmerische Tätigkeit schließlich ebenso wenig wie die Tatsache, dass der Kläger eine bereits von dem Erblasser ausgesetzte Vergütung für seine Tätigkeit als Testamentsvollstrecker erhält. Der sonstige Vortrag der Beklagten zu dem mit der Vermögensverwaltung verbundenen Aufwand des Klägers erschöpft sich überwiegend in Spekulationen. Was sich aus einem Verfahren 3 IV 443/07 AG Moers für die Unternehmereigenschaft des Klägers ergeben soll, hätte die Beklagte vortragen müssen.
3. Die Berufung des Klägers auf die Formvorschrift des § 1031 Abs. 5 ZPO ist nicht deshalb treuwidrig (§ 242 BGB), weil er selbst den Vertrag formuliert hat. Denn den Parteien steht es grundsätzlich frei, auch ein unter ihrer Beteiligung zustande gekommenes Rechtsgeschäft anzugreifen (vgl. BGH, NJW 1992, 834). Widersprüchliches Verhalten ist nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BGH, a.aO. m.w.N.). Derartige Umstände liegen hier nicht vor; weder hat der Kläger einen besonderen Vertrauenstatbestand bezüglich des Bestands der Schiedsklausel geschaffen, noch hat etwa die Beklagte im Hinblick auf die Klausel irgendwelche Dispositionen getroffen.
II.
Dieser Beurteilung folgt der Senat. Die dagegen vorgebrachten Einwände der Beklagten im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 17. Dezember 2009 geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Wer als Testamentsvollstrecker einer Erbengemeinschaft, der er selbst angehört, tätig ist, verwaltet kein fremdes Vermögen. Die steuerrechtliche Behandlung von Einkünften des Testamentsvollstreckers hat auf dessen zivilrechtliche Qualifizierung als Unternehmer oder Verbraucher (vgl. BGH NJW 2009, 3780; ferner Senat NZM 2006, 262 zur steuerrechtlichen Wertung) keinen Einfluss. Zu Art und Umfang der Tätigkeit des Klägers trägt die Beklagte nichts Neues vor. Dass sich der Kläger für seine Tätigkeit einen PC nebst Kopierer und Drucker zugelegt hat, spricht ebenso wenig für eine unternehmerische Tätigkeit wie die bereits in der Verfügung gewürdigte Tatsache, dass er zumindest in 2007 mehr als 2 – 3 Stunden monatlich mit der Verwaltung des Objekts beschäftigt war. Der Vortrag der Beklagten zu weitergehenden Werbemaßnahmen des Klägers erschöpft sich in Spekulationen.
III.
Auch die sonstigen Voraussetzungen für eine Entscheidung im Beschlussverfahren sind erfüllt. Die Bewertung einer Tätigkeit als unternehmerische hat anhand der Umstände des jeweils vorliegenden Einzelfalls zu erfolgen; grundsätzliche Bedeutung § 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO kommt der Rechtssache daher nicht zu, weil keine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist (vgl. BGHZ 151, 221). Aus dem gleichen Grund erfordert auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Senats im Urteilsverfahren (§ 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Summary