Gericht | OLG Hamm | Aktenzeichen | 11 Sch 03/06 | Datum | 14.09.2007 |
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Leitsatz | |||||
Ersatzbenennung eines Schiedsrichters Im staatlichen Bestellungsverfahrens ist ein Nachweis der Aktiv- und Passivlegitimation der Parteien eines Schiedsverfahrens nicht erforderlich. Sofern Streitigkeiten darüber bestehen, bleiben diese dem Schiedsgericht zur Entscheidung überlassen. (Ls. d. Red.) | |||||
Rechtsvorschriften | § 1034 Abs. 1 ZPO; § 1035 Abs. 3 Satz 1 ZPO, § 1062 Abs. 1 Nr. 1 ZPO | ||||
Fundstelle | |||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | Bildung des Schiedsgerichts: - Benennungsverfahren; - Ersatzbenennung, gerichtliche Pr | ||||
Volltext | |||||
B E S C H L U S S: Auf den Antrag vom 10.07.2006 wird Herr Rechtsanwalt ... zum zweiten beisitzenden Schiedsrichter zur Durchführung eines Schiedsverfahrens zwischen den Parteien wegen Streitigkeiten aus dem Wiederkaufsvertrag vom 01.01.1996 bestellt. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Bestellungsverfahrens. Der Streitwert wird auf 550.000,-- € festgesetzt. G r ü n d e: I. Zwischen der ... und der ..., vertreten durch die Antragstellerin wurde am 01.01.1996 ein sogenannter "Wiederverkaufsvertrag" abgeschlossen. § 8 bestimmt, dass dann, wenn Meinungsverschiedenheiten nicht durch gütliche Einigung beigelegt werden können, unter Ausschluss der ordentlichen Gerichtsbarkeit die Zuständigkeit des zu errichtenden Schiedsgerichts vereinbart wird, das alle Streitigkeiten endgültig entscheidet Zum Gerichtsstand wurde Essen bestimmt. Aus diesem Vertrag macht die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin Zahlungsrückstände in Höhe von rund 550.000,- € geltend. Sie trägt vor, dass sie Rechtsnachfolgerin der... und die Antragsgegnerin Rechtsnachfolgerin der ... geworden sei. Nachdem die Antragsgegnerin auf Mahnungen nicht reagierte, verlangte die Antragstellerin von der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 16.05.2006 die Durchführung eines Schiedsverfahrens und benannte ihrerseits als Schiedsrichterin Frau Rechtsanwältin ... Der Aufforderung der Antragstellerin, ihrerseits einen Schiedsrichter zu benennen, kam die Antragsgegnerin nicht nach. Daraufhin hat die Antragstellerin unter dem 10.07.2006 beantragt, für die Antragsgegnerin einen Schiedsrichter zu bestellen. Die Antragsgegnerin hat sich zu dem ihr zugestellten Antrag nicht geäußert. II. 1. Der auf § 1035 Abs. 3 ZPO gestützte Antrag ist zulässig. Die Zuständigkeit des Senats folgt aus § 1062 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Als Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens ist durch den Vertrag vom 01.01.1996 Essen bestimmt worden. 2. Der Antrag ist begründet. Die Voraussetzungen für die Schiedsrichterbestellung sind gegeben. Der Vertrag vom 01.01.1996 sieht in § 8 die Streitbeilegung durch ein deutsches Schiedsgericht vor. Gegenüber der Wirksamkeit dieser Bestimmung bestehen keine Bedenken. Zur Bildung des Schiedsgerichts enthält der Vertrag keine Abreden. Es gilt daher die gesetzliche Regelung sowohl zur Größe (§ 1034 Abs. 1 Satz 2 ZPO) als auch zum Bestellungsverfahren (§ 1035 Abs. 3 ZPO). Nachdem die Antragsgegnerin nicht nach Empfang der entsprechenden Aufforderung durch die Antragstellerin innerhalb der Monatsfrist des § 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO einen Schiedsrichter benannt hatte, hat sie ihr Recht auf Schiedsrichterbenennung verloren. Vielmehr obliegt es nunmehr dem staatlichen Gericht, auf Antrag der betreibenden Partei die Bestellung vorzunehmen. 3. Der Bestimmung des Schiedsrichters durch den Senat steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin bisher nicht die Rechtsnachfolge beider Parteien für die ursprünglichen Vertragspartner des Vertrages vom 01.01.1996 durch die eingereichten Urkunden außerhalb jeden Zweifels belegt hat. Eine Notwendigkeit, im Bestellungsverfahren vor dem staatlichen Gericht diesen Nachweis zu führen, zumal die Antragsgegnerin der Behauptung ihrer Rechtsnachfolge nicht entgegengetreten ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Vielmehr ist nicht einzusehen, warum das Gericht diese Frage durch eigene Ermittlungen und Beweiserhebungen sollte klären müssen, obwohl die Parteien durch die Schiedsabrede ihre Streitigkeit gerade den staatlichen Gerichten entziehen wollten und die Mitwirkung der Gerichte nur bei wenigen Ausnahmefällen noch vorgesehen wird, in denen Streit um die Wirksamkeit der Schiedsabrede oder die Verbindlichkeit eines Schiedsspruchs besteht oder die Parteivereinbarungen zur Lösung aufgetretener Problemsituationen nicht ausreichend sind. Die Klärung der Frage der Aktiv- und Passivlegitimation gehört nicht zu diesen Ausnahmefällen und muss daher dem Schiedsverfahren selbst vorbehalten bleiben. Der Senat bestellt deshalb gemäß § 1035 Abs. 3 Satz 3, Abs. 5 ZPO den im Tenor bezeichneten Rechtsanwalt ... zum weiteren beisitzenden Schiedsrichter. Der Antragsgegnerin ist nach Einholung von Vorschlägen seitens der Rechtsanwaltskammer in Hamm für einen geeigneten Schiedsrichter Gelegenheit gegeben worden, sich zu den vorgeschlagenen Personen zu äußern. Gründe, die einer Bestellung von ... entgegenstünden, sind nicht ersichtlich. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO und die Streitwertbemessung auf §§ 48, 63 Abs. 2 GKG und § 3 ZPO. Der Streitwert ist nach der Höhe der Hauptsacheforderung zu bemessen, die im Schiedsverfahren geltend gemacht werden soll Zwar handelt es sich bei der Schiedsrichterbestellung nur um einen vorbereitenden Akt; dieser bildet jedoch eine unerlässliche Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des Schiedsgerichts im Ganzen. | |||||
Summary | |||||
Das OLG bestellte auf Antrag einen Schiedsrichter für die Antragsgegnerin, nachdem die Antragsgegnerin zuvor, trotz Aufforderung der Antragstellerin, keinen Schiedsrichter benannt hat. Gegen die Wirksamkeit der zugrunde liegenden Vereinbarung bestanden keine Bedenken. Die Vereinbarung enthielt keine besonderen Regelungen für die Bildung des Schiedsgerichts., so dass die gesetzlichen Regelungen zur Anzahl der Schiedsrichter (§ 1034 ZPO) und zum Bestellungsverfahren (§ 1035 ZPO) Anwendung fanden. Ein Prüfung der Rechtstellung der Ast. und der Ag., jeweils als Rechtsnachfolgerinnen der Parteien der Schiedsvereinbarung, war nicht vorzunehmen, da im Bestellungsverfahren dieser Nachweis nicht zu führen ist. Durch die Schiedsvereinbarung haben die Parteien ihren Willen zum Ausdruck, dass solche Fragen dem Schiedsgericht vorbehalten bleiben sollen. Das staatliche Gericht ist nur in Ausnahmefällen, z.B. hinsichtlich der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung, Verbindlichkeit des Schiedsspruchs zur Entscheidung berufen. Die Klärung der Aktiv- und Passivlegitimation gehört nicht zu diesen Ausnahmefällen und bleibt somit dem Schiedsverfahren selbst vorbehalten. |