III ZB 35/06


Gericht BGH Aktenzeichen III ZB 35/06 Datum 18.01.2007
Leitsatz
Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Teilschiedsspruchs ("Partial Award")
Ein ausländischer Teilschiedsspruch ("Partial Award"), in dem über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts und die für diesen Verfahrensabschnitt entstandenen Kosten entschieden wird, ist kein Zwischenschiedsspruch, sondern ein endgültiger Schiedsspruch, der für vollstreckbar erklärt werden kann.
(Leitsatz der Redaktion9
Rechtsvorschriften§ 574 Abs. 2 ZPO, § 1040 Abs. 3 ZPO, § 1065 Abs. 1 ZPO
FundstelleYearbook Comm. Arb'n XXXIII (2008), S. 506ff.
Aktenzeichen der Vorinstanz6 Sch 11/05 (OLG Hamburg vom 14.03.2006)
StichworteAufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Schiedsspruch, ausländisch; - Vollstreckbarerklärung Aufhebungs-/Versagungsgründe: - vollstreckungsfähiger Inhalt des Schiedsspruchs sonstige Gerichtsverfahren: - Verfa
Volltext
B E S C H L U S S:
Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg, 6. Zivilsenat, vom 14. März 2006 - 6 Sch 11/05 - wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 50.016,36 €
G r ü n d e:
I.
Die Antragstellerin erhob gegen die Antragsgegnerin Klage vor einem ICC-Schiedsgericht in Genf/Schweiz. Das Schiedsgericht entschied durch "Partial Award on Jurisdiction" vom 31. August 2005 über die Frage seiner Zuständigkeit und traf eine Entscheidung über die Kosten dieses Verfahrensabschnitts. Die Antragsgegnerin wurde insoweit verurteilt, 66.937 CHF und 7.562,50 € an die Antragstellerin zu zahlen.
Entsprechend dem Gesuch der Antragstellerin hat das Oberlandesgericht den Schieds-spruch bezüglich der vorbezeichneten Verurteilung für vollstreckbar erklärt. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt die Antragsgegnerin, den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs abzuweisen.
II.
Die von Gesetzes wegen statthafte (vgl. § 574 Abs. 1 Nr.1 i.V.m. § 1025 Abs. 4, 1065 Abs. 1 Satz 1, 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2 ZPO) Rechtsbeschwerde ist nicht im Übrigen zu-lässig; denn die Rechtsbeschwerde hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
1. Die Rechtsbeschwerde sieht eine "rechtsgrundsätzlich bedeutsame Frage" (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) darin, ob ein ausländischer "Partial Award on Jurisdiction" zur Zuständigkeit des Schiedsgerichts für vollstreckbar erklärt werden könne, soweit er eine Kostenent-scheidung enthalte.
Über den Einzelfall hinaus reichte allerdings die Frage, ob ausländischen "Zwischen-schiedssprüchen" zur Zulässigkeit - für inländische Zwischenentscheide gilt § 1040 Abs.3 ZPO (vgl. Senatsbeschluss vom 27. März 2003 - III ZB 83/02 - VersR 2005, 425) - das Exequatur erteilt werden kann. Sie wird - soweit ersichtlich - allgemein verneint: Der "Zwi-schenschiedsspruch" über die Zuständigkeit (oder andere prozessuale Streitpunkte) treffe keine - endgültige - (Sach-)Entscheidung und binde (analog § 318 ZPO) lediglich das Schiedsgericht (vgl. - mit variierender Begründung -: Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbar-keit 7. Aufl. 2005 Kap. 18 Rn. 10, Kap. 30 Rn. 11; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO 22. Aufl. 2002 Anh. 1061 Rn. 9 ff ; Zöller/Geimer, 26. Aufl. 2007 § 1061 Rn. 14; MünchKommZPO-Münch 2. Aufl. 2001 § 1056 Rn. 5 ; siehe auch Senatsurteil vom 2. Juli 1992 - III ZR 84/91 = NJW-RR 1993, 444, 445 und RGZ 85, 391, 393; 169, 52, 53). Im Streit-fall besteht kein Anlass, diese Grundsätze zu überprüfen.
Das Oberlandesgericht hat den Schiedsspruch nur insoweit für vollstreckbar erklärt, als die Antragsgegnerin verurteilt worden ist, der Antragstellerin Kosten in Höhe von 66.937 CHF und 7.562,50 € zu erstatten. Bei dieser (Teil-)Kostenentscheidung handelt es sich nicht um einen "Zwischenschiedsspruch" im vorgenannten Sinne. Das Schiedsgericht hat nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts über die Kosten des die Zuständigkeit des Schiedsgerichts betreffenden Verfahrensabschnitts abschließend entschieden. Die Rechtsbeschwerde versteht den Schiedsspruch im Grunde nicht anders. Denn sie führt aus, "das Beschwerdegericht" müsse "einräumen, dass hier eine endgültige Kostenent-scheidung nur 'für diesen Verfahrensabschnitt' vorlieg(e)." Der hier zu beurteilende "Partial Award on Jurisdiction" muss demnach, was die Kostenentscheidung anlangt, nicht als Interimsentscheidung oder als bloßer Annex einer solchen Entscheidung, sondern als endgültig gemeinter Teilschiedsspruch (vgl. zu dieser Unterscheidung Stein/Jonas/Schlosser aaO Rn. 9, 11; Münch aaO § 1056 Rn. 4; RGZ 169, 52, 53) über einen Teil der Kosten angesehen werden (vgl. - allgemein zum Kostenschiedsspruch nach nationalem Recht -: § 1057 ZPO, Münch aaO § 1057 Rn. 2). Für die Qualifikation dieses Teils des "Partial Award" als Zwischenentscheid oder als - der Vollstreckbarerklärung zu-gänglichen - (Teil-)Schlussentscheid des Schiedsgerichts ist es unerheblich, ob das Schiedsgericht zulässigerweise vorab abschließend über einen Teil der Kosten befunden hat; maßgeblich ist, dass tatsächlich ein Schiedsspruch mit einem solchen, einem Teilur-teil zu den Kosten vergleichbaren Inhalt ergangen ist.
Wollte man die im "Partial Award" getroffene Kostenentscheidung nicht als exequaturfähig anerkennen, wäre die Antragstellerin - das kommt hinzu - insoweit letztlich rechtlos ge-stellt. Das Schiedsgericht hatte die oben genannten erheblichen Verfahrenskosten ausge-schieden und über sie abschließend entschieden; eine weitere Entscheidung hierüber im Schlussschiedsspruch zur Sache, die dann zu Gunsten der Antragstellerin für vollstreck-bar erklärt werden könnte, steht nicht zu erwarten.
Der Senat sieht von einer weiteren Begründung gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO ab.
Summary
Higher Regional Court Hamburg (Hans. OLG Hamburg), Decision of 14 March 2006 - 6 Sch 11/05)
Declaration of enforceability of foreign partial arbitral award
R u l i n g:
A foreign arbitral award, which contains a decision of the arbitral tribunal on its jurisdiction as well as a decision on the allocation of the costs of the proceedings incurred up to that stage of the proceedings is not an interim decision but a final decision which can be declared enforceable.
G r o u n d s:
The Federal Court of Justice (BGH) rejected the review on points of law only raised against the decision of the Higher Regional Court Hamburg (Hans. OLG Hamburg) of 14 March 2006 (6 Sch 11/05) as inadmissible.
The Higher Regional Court had declared enforceable a partial award (rendered in an ICC arbitration) by which the arbitral tribunal had ruled on its jurisdiction as well as on the allocation of the costs of the proceedings incurred up to that stage.
The Federal Court of Justice did not rule on the fundamental issue whether a German court may declare enforceable a foreign interim decision (in respect of domestic interim decisions Section 1040 sub. 3 Code of Civil Procedure (ZPO) grants express powers to the courts), since this issue was not affected in the view of the court. The partial award in the present case was not an interim decision but a final and binding decsion on the jurisdiction of the arbitral tribunal as well on the costs incurred in connection with this decision.
If recognition and enforcement of such an award would be refused the parties would be deprived of remedies with regard to the decision of the arbitral tribunal since it was to be assumed that no further decision of the tribunal would be issued in respect of the issues which were the subject-matter of the partial award.