VG 4 K 403.09


Gericht VG Berlin Aktenzeichen VG 4 K 403.09 Datum 11.02.2010
Leitsatz
Eine Partei, die einen Schiedsrichter ablehnen möchte, hat dem Schiedsgericht schriftlich die Ablehnungsgründe darzulegen. Dazu reicht es nicht aus, dem Schiedsgericht Tatsachen mitzuteilen, die bei jemandem berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des Schiedsrichters aufkommen lassen könnten. Vielmehr muss die Schiedspartei für das Schiedsgericht erkennbar zum Ausdruck bringen, dass sie den Schiedsrichter wegen dieser Tatsachen ablehnt. Erst diese Ablehnung lässt aus Gründen Ablehnungsgründe werden, deren Darlegung gegenüber dem Schiedsgericht das Gesetz verlangt.
RechtsvorschriftenVwGO § 173; ZPO §§ 1063 Abs. 1 Satz 1, 1062 Abs. Abs. 1 Nr. 1, 1037 Abs. 2 u. 3 Satz 1, 1036 Abs. 2 Satz 1
FundstelleSchiedsVZ 2010, 107
Aktenzeichen der Vorinstanz
Stichworte
Volltext
B E S C H L U S S
Der Ablehungsantrag wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerinnen haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Aus den Gründen:
I.
Im Jahr 2002 schlossen die Antragsgegnerin einerseits und die X. AG (= Antragstellerin zu 3.), die Y. AG (nun wohl die Antragstellerin zu 2.) und eine … Gesellschaft anderseits einen Vertrag über die Erhebung von Maut für die Benutzung von Autobahnen durch schwere Lkw und die Errichtung und den Betrieb eines Mautsystems zur Erhebung von Autobahnmaut für schwere Lkw. Dieser kurz als Betreibervertrag bezeichnete Vertrag sah vor, dass die Vertragspartner der Antragsgegnerin, die sich zur Z. GbR (= Antragstellerin zu 1.) zusammengeschlossen hatten, eine Projektgesellschaft errichten (das ist die Z. GmbH, …). Diese GmbH sollte das Mautsystem im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erwerben, finanzieren, errichten und betreiben (…). Die GmbH sollte danach die Maut erheben und an die Antragsgegnerin auskehren (…). Sie sollte nach … des Vertrags das Mautsystem nach näheren Maßgaben bis spätestens zum 21. Mai 2003 betriebsbereit errichten und nach … des Vertrags spätestens am 31. August 2003 in Betrieb nehmen. Die vereinbarte Inbetriebnahme im Sinne des Vertrags sollte der 1. September 2003 sein. Die GmbH sollte dafür eine in … des Vertrags näher bestimmte leistungsabhängige Vergütung erhalten. Im … des Vertrags sind Vertragsstrafen geregelt, so für die Nichteinhaltung der Frist für die Inbetriebnahme des Mautsystems … oder der Verletzung von weiteren Pflichten aus diesem Vertrag … In … des Vertrags ist bestimmt, dass alle aus oder in Zusammenhang mit dem vorliegenden Vertrag (einschließlich seiner Anlagen) sich ergebenden Streitigkeiten von einem Schiedsgericht nach § 173 der Verwaltungsgerichtsordnung und dem Zehnten Buch der Zivilprozessordnung unter Ausschluss des Rechtswegs endgültig entschieden werden sollen. Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens sollte Berlin sein.
Ende des Jahres 2004 bestätigten die Vertragsparteien vorsorglich die Wirksamkeit des durch zwei weitere Vereinbarungen ergänzten Betreibervertrags. Zur gleichen Zeit trafen sie mit der GmbH eine Beitrittsvereinbarung, durch die die GmbH dem ergänzten Betreibervertrag beitrat. Mit dieser Vereinbarung beauftragte die Antragsgegnerin die GmbH zur Mitwirkung an der Erhebung der Maut gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 ABMG.
Im September 2004 leitete die Antragsgegnerin ein schiedsrichterliches Verfahren gegen die Antragstellerinnen ein. Sie begehrt Schadensersatz wegen entgangener Mauteinnahmen, weil das Mautsystem erst ab dem 1. Januar 2005 in Betrieb genommen worden sei, sowie Vertragsstrafen, weil die Antragstellerinnen verschiedene Verpflichtungen aus dem Betreibervertrag verletzt haben sollen. Der Einleitungsschriftsatz bezifferte den Forderungsbetrag auf über 4,5 Mrd. €. Die Antragstellerinnen traten dem als Schiedsbeklagte entgegen. Die Antragsgegnerin benannte als Schiedsrichter Prof. Dr. A.
Prof. Dr. A und die anderen Schiedsrichter schlossen mit den Schiedsparteien eine Schiedsrichtervereinbarung. In ihr … versicherten die Schiedsrichter jeweils einzeln, dass in ihrer Person keine Gründe vorliegen, die Zweifel an ihrer Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wecken könnten. Dabei erklärten sie, sich bewusst zu sein, dass sie gesetzlich verpflichtet sind, alle Umstände gegenüber den Schiedsparteien offenzulegen, die Zweifel an ihrer Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wecken könnten. Diese Verpflichtung bestehe auch während der Dauer des Verfahrens fort. Die Schiedsrichter verpflichteten sich zur Verschwiegenheit und dazu, keine Interviews oder sonstige Stellungnahmen hinsichtlich des Inhalts, Standes oder Ausgangs des Schiedsverfahrens abzugeben … Dem war eine gemeinsame Erklärung der Schiedsrichter zum Entwurf der Vereinbarung vorausgegangen, dass nur der Vorsitzende einem etwaigen öffentlichen Informationsbedürfnis, soweit es denn gerechtfertigt erscheine, entsprechen sollte.
Das Schiedsgericht fasste am 15. Juni 2009 einen Beweisbeschluss und bestimmte Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung zur Beweisaufnahme auf die Tage 19. bis 22. Oktober 2009.
Am 11. Juni 2009 war ein (auch) unter... veröffentlichter Artikel erschienen. Unter der Überschrift "Betreiber … zahlt nicht. Mautprellerei ohne Konsequenzen" hieß es, die Maut-Eintreiberfirma schulde dem Staat mehrere Milliarden Euro. Weil das System erst später als zugesagt einsatzfähig gewesen sei, seien dem Staat mindestens 3,5 Mrd. € durch die Lappen gegangen; nicht einmal die vereinbarte Vertragsstrafe von 1,6 Mrd. € sei geflossen. Im vorletzten der sechs Absätze des Artikels sind die Schiedsrichter namentlich genannt. Der letzte Absatz lautet (auszugsweise):
"Wann die drei Herren endlich zu einem Ergebnis kommen, ist völlig unklar. Sie selbst sind zur Verschwiegenheit verpflichtet, wie A. seine Sekretärin mitteilen lässt."
A. unterhielt seinerzeit eine eigene Internetseite (www….de). Auf deren Startseite ("Willkommen auf der Website von ...") fand sich im Juli 2009 neben einem Bild Prof. Dr. A´s unter dem Wort "Aktuelles" nach einer Stellenanzeige und dem Hinweis auf einen Artikel vom 1. Juli 2009 an dritter Stelle der verknüpfte Hinweis: "Den Artikel ´Mautprellerei ohne Konsequenzen' aus der …. vom 11. Juni 2009 finden Sie unter Presse". Unter "Presseberichte" waren Artikel zu verschiedenen Themen zu finden. Unter "Elektronische Veröffentlichungen" waren zwei Wissenswerkzeuge genannt. Dazu gab es jeweils den Verweis auf www… de. Dabei handelt es sich um die Internetseite eines Unternehmens, an dem Prof. Dr. M beteiligt war oder ist. Ein Geschäftsführer des Unternehmens ist Rechtsanwalt Dr. K. Die beiden nahmen (neben anderen) an der Schiedsverhandlung am 16. Juni 2008 für die … teil. Prof. Dr. M. erhielt im Jahr 2002 einen Preis für Mediation, den ihm
eine Jury unter Vorsitz Prof. Dr. A zusprach. Prof. Dr. M war Herausgeber
von Büchern, in denen Aufsätze Prof. Dr. A´s enthalten sind. Die beiden waren auf einer Internetseite der … Universität zu … als Professoren der … Faculty … aufgeführt.
Mit dem von sechs Rechtsanwälten unterzeichneten Schriftsatz vom 24. Juli 2009 erklärten die Schiedsbeklagten (hier Antragstellerinnen) gegenüber dem Schiedsgericht, ihnen seien Umstände bekannt geworden, die Anlass zu der Besorgnis gäben, dass Herr Prof. Dr. A. sein Schiedsrichteramt nicht mit der gebotenen Objektivität, Neutralität und Unparteilichkeit ausübt. Dazu führten sie die Internetseite mit dem Verweis auf den ….Artikel und die … .de-Seite an. Zu dem Artikel schrieben sie, er stelle die Sach- und Rechtslage einseitig zu Lasten der Auftragnehmer (=Antragstellerinnen) dar; er suggeriere einen feststehenden Anspruch auf Schadensersatz und Vertragsstrafen; er diene der Stimmungsmache gegen die Antragstellerinnen; diesen Artikel habe sich der Schiedsrichter zu eigen gemacht, was Anlass zu der Besorgnis gebe, dass er sich eine Meinung im Sinne des Artikels gebildet habe.
Prof. Dr. A. nahm dazu unter dem 28. Juli 2009 Stellung. Er habe den …Artikel sowie einen …X-Artikel zu diesem Thema aus dem Jahr 2004 in die Rubrik "Presse" eingestellt, weil ihm diese Artikel durch eine Kontaktaufnahme der Journalisten mit einem anderen Schiedsrichter (2004) bzw. mit seiner Sekretärin (2009) bekannt geworden seien und wie die anderen 23 Artikel auf seiner Seite (bis auf einen) seine Person beträfen und ihn namentlich erwähnten. Den Inhalt der Artikel mache er sich selbstverständlich nicht zu Eigen. Das ergebe sich schon aus deren Inhalt selbst (Hinweis auf Verschwiegenheitspflicht in beiden Fällen) ebenso wie daraus, dass sie kommentarlos neben den 23 anderen, ebenfalls unkommentierten Presseartikeln in der zeitlichen Reihenfolge, in der sie ihm bekannt geworden seien, stünden. Neben weiteren Ausführungen gab er an, dass er das Bundesministerium der Justiz im Rahmen einer Unterkommission … beraten habe bzw. in einer Expertenkommission zum … berate.
Am 29. Juli 2009 erklärten die beiden anderen Schiedsrichter, der Schriftsatz vom 24. Juli 2009 enthalte keine Ablehnung Prof. Dr. A.s nach § 1037 Abs. 2 ZPO.
Mit dem von sechs Rechtsanwälten unterzeichneten Schriftsatz vom 11. August 2009 erklärten die Schiedsbeklagten (hier Antragstellerinnen), Herrn Prof. Dr. A. als Schiedsrichter abzulehnen. Ihre Besorgnis habe sich durch die Stellungnahme des Abgelehnten verdichtet, so dass sie sich zur Ablehnung veranlasst sähen. Zur Begründung führten sie u.a. an, der Abgelehnte habe keinen plausiblen Grund genannt, der die Veröffentlichung des einseitigen Artikels über das laufende Schiedsverfahren auf seiner Internetseite erklären oder gar rechtfertigen könne. Sie rügten, der Abgelehnte habe nicht alle erforderlichen Umstände über seine Verbindungen zur Schiedsklägerin und ihren Beratern offengelegt.
Unter dem 24. August 2009 äußerte sich der Abgelehnte dazu. Er führte aus: Der …Artikel enthalte an prominenter Stelle, nämlich im Zusammenhang mit der Schilderung des Status quo des Verfahrens, den Satz zur Verschwiegenheitspflicht. Sinngemäß der gleiche Satz sei in dem …X-Artikel aus dem Jahr 2004 enthalten gewesen. Er mache sich den Inhalt der beiden Artikel weder explizit noch auch nur implizit zu Eigen. Das Gegenteil sei der Fall, was für Dritte offensichtlich sei. Besucher seiner Seite könnten aus den Artikeln ableiten, dass keine Auskünfte gegeben würden. Die Einstellung der Artikel bekräftige seine Verschwiegenheitspflicht aus der Schiedsrichtervereinbarung. Die Rubrik "Presse" auf seiner Internetseite habe der Information der Besucher über seine Aktivitäten bzw. die seines Lehrstuhls gedient. Er habe die beiden Artikel zu dem Schiedsverfahren eingestellt, weil sie seine Verschwiegenheit in dieser Sache unterstrichen und das Signal aussendeten, Anfragen an ihn seien zwecklos. Nur diese beiden Artikel seien ihm bekannt geworden. Ohne sich zum Inhalt des ….Artikels äußern zu wollen, könne er nachvollziehen, dass die Schiedsbeklagten den Stil und die Aussage als tendenziös missbilligten.
Nach Äußerungen der Schiedsparteien dazu wies das Schiedsgericht die Ablehnungsgesuche (auch im Verfahren der GmbH) mit Beschluss vom 30. September 2009 zurück. Die Präklusionsfrist sei bei der Ablehnung für die vorgetragenen Ablehnungsgründe abgelaufen gewesen. Die Ablehnung eines Schiedsrichters sei eindeutig zu erklären und durch einen Antrag bzw. ein Gesuch geltend zu machen. Dem genüge der Schriftsatz vom 24. Juli 2009 nicht; der vom 11. August 2009 sei verspätet, soweit er den …Artikel und die Beziehung zu Prof. Dr. M. betreffe. Ungeachtet dessen sei das Ablehnungsgesuch auch bei Berücksichtigung der präkludierten Umstände unbegründet.
Am 6. November 2009 haben die Antragsteilerinnen beantragt, das Amt des Schiedsrichters Herrn Professor Dr. A. für beendet zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag zu verwerfen.
II.
Der Antrag, über den nach § 173 VwGO und den §§ 1037 Abs. 3 Satz 1, 1062 Abs. 1 Nr. 1, 1063 Abs. 1 Satz 1 ZPO das angerufene Verwaltungsgericht durch Beschluss zu entscheiden hat, hat keinen Erfolg, wobei das Gericht mangels gegenteiliger Hinweise davon ausgeht, dass die Monatsfrist des § 1037 Abs. 3 Satz 1 ZPO gewahrt ist.
1. Auf den …Artikel und die Beziehungen des Abgelehnten zu Prof. Dr. M kommt es für die Prüfung nicht an, weil die Antragstellerinnen diese Umstände zu spät zur Grundlage einer Ablehnung des Schiedsrichters gemacht haben.
Nach § 1036 Abs. 2 Satz 1 ZPO kann ein Schiedsrichter nur abgelehnt werden, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen. Die Prüfung der Ablehnung bezieht sich nur auf die von der ablehnenden Schiedspartei dargelegten Gründe. Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen unterliegt die Darlegung von Ablehnungsgründen hier der Ausschlussfrist des § 1037 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Diese abdingbare, von den Beteiligten aber nicht abbedungene, sondern mit dem Verweis auf das (gesamte) Zehnte Buch der Zivilprozessordnung ausdrücklich in die Schiedsabrede einbezogene Regelung bestimmt, dass eine Partei, die einen Schiedsrichter ablehnen will, innerhalb von zwei Wochen, nachdem ihr ein Umstand im Sinne des § 1036 Abs. 2 ZPO bekannt geworden ist, dem Schiedsgericht schriftlich die Ablehnungsgründe darzulegen hat. Der ebenfalls ausdrücklich in die Schiedsabrede einbezogene § 173 VwGO widerstreitet der Anwendbarkeit des § 1037 Abs. 2 ZPO nicht. Denn eine besondere Regelung zu Schiedsverfahren enthält die Verwaltungsgerichtsordnung nicht. Sie erkennt mit § 173 Satz 2 VwGO durch die Bestimmung der zuständigen Gerichte lediglich an, dass es auch in ihrem Anwendungsbereich Schiedsverfahren geben kann. Zwar ist nach § 173 Satz 1 VwGO die Zivilprozessordnung (nur) entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen. Doch bestehen in Bezug auf die Ausschließung von Gerichtspersonen auch der Schiedsgerichtsbarkeit zwischen den Verfahrensarten der Zivilprozessordnung und der Verwaltungsgerichtsordnung keine Unterschiede. Das von den Antragstellerinnen angeführte Amtsermittlungsprinzip wirkt sich auf das Verfahren der Richterablehnung nicht aus. In beiden Verfahrensarten stellt die Ablehnung ein Recht der Parteien/Beteiligten dar und bezieht sich die gerichtliche Prüfung auf die von ihnen dargelegten Gründe. Auch im Verwaltungsstreitverfahren ermittelt das Gericht auf einen Ablehnungsantrag hin nicht, ob es unabhängig von den dargelegten Gründen Umstände gibt, die den Antrag tragen.
Durch § 1037 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind die Antragstellerinnen mit dem Vorbringen ausgeschlossen, das auf die Verweisung auf den …Artikel und Beziehungen des Abgelehnten zu Prof. Dr. M. gerichtet ist. Denn diese Umstände waren ihnen bereits am 24. Juli 2009 bekannt. Sie lehnten den Schiedsrichter (auch) deswegen aber erst mehr als zwei Wochen später, nämlich mit dem Schriftsatz vom 11. August 2009, ab.
Man mag aufgrund des Wortlauts der §§ 1036 f. ZPO und des Vergleichs mit den §§44 Abs. 1, 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO annehmen, dass es nicht der Verwendung der Wörter "Ablehnungsantrag" oder "Ablehnungsgesuch" bedarf, um einen Schiedsrichter abzulehnen (vgl. Münch, in Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl. 2001, § 1037 Rdnr. 4). Indes kann man daraus, dass dem Schiedsgericht schriftlich die Ablehnungsgründe darzulegen sind, schließen, dass es nicht ausreicht, ihm Tatsachen mitzuteilen, die bei jemandem berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des Schiedsrichters aufkommen lassen könnten. Vielmehr muss die Schiedspartei für das Schiedsgericht erkennbar zum Ausdruck bringen, dass sie den Schiedsrichter wegen dieser Tatsachen ablehnt. Erst diese Ablehnung lässt aus Gründen Ablehnungsgründe werden, deren Darlegung gegenüber dem Schiedsgericht das Gesetz verlangt.
Der Schriftsatz vom 24. Juli 2009 enthält keinen ausdrücklichen Ablehnungsantrag und nicht die ausdrückliche Erklärung der Antragstellerinnen, den Schiedsrichter wegen der aufgeführten Tatsachen abzulehnen. Durch seine sonstige Wortwahl ist er aber darauf zu prüfen, ob er nicht gleichwohl die nötige Misstrauenskundgebung gegen den Schiedsrichter enthält; er ist auszulegen. Dies führt aber nicht dazu, sinngemäß die Ablehnung mit der nötigen Eindeutigkeit erklärt zu sehen. Vielmehr erweckt der Schriftsatz den Eindruck bewusst herbeigeführter Zweideutigkeit. Die Eingangsworte greifen mit einer gewissen Zurückhaltung die Begriffe der Richterablehnung (§ 44 Abs. 4 ZPO) auf, nicht aber die der Schiedsrichterablehnung. Die Ausführungen zum …Artikel legen schon eine Ablehnung nahe, wenn dort von der Suggerierung eines feststehenden Anspruchs und der Stimmungsmache gegen die Schiedsbeklagten die Rede ist. Die den Schriftsatz abschließende Forderung nach Aufklärung liest sich wieder wie ein Abrücken von der zuvor angeklungenen Ablehnung. Denn auch wenn es in § 1037 ZPO nicht ausdrücklich geregelt ist, dürfte es sich von selbst verstehen, dass im Ablehnungsfalle wie nach § 44 Abs. 3 ZPO zumindest eine Äußerung des Abgelehnten über den Ablehnungsgrund eingeholt wird. Wird aber nur Aufklärung gefordert, ohne dass auch die Ablehnung klar ausgedrückt wird, kann man meinen, dass es sich noch nicht um eine Ablehnung handeln soll. Unter Berücksichtigung der Verfasser des Schriftsatzes vom 24. Juli 2009 war er für das Schiedsgericht als Adressaten nicht als Ablehnung des Schiedsrichters zu verstehen. Gemeinhin besteht Zurückhaltung bei der Auslegung von prozessrechtlichen Erklärungen von Rechtsanwälten. Bei Fachleuten darf man annehmen, sie wollen, was sie sagen, und was sie nicht sagen, wollen sie nicht. Dieser allgemeine Gedanke wird hier mehrfach gesteigert. Bei dem Schiedsverfahren handelt es sich nach dem Streitwert um ein ungewöhnliches, was annehmen lässt, dass sich die damit Betrauten ungewöhnlich damit beschäftigen. Zudem stammt der Schriftsatz vom 24. Juli 2009 nicht nur von einem Rechtsanwalt, sondern von sechs Rechtsanwälten. Es erscheint nahezu völlig ausgeschlossen, dass unter ihnen am 24. Juli 2009 keiner war, der eine allseits gewollte Ablehnung eines Schiedsrichters in dies klar ausdrückende Worte hätte fassen können, wenn dies gewollt gewesen wäre. Das drängt dazu, in dem Schriftsatz eben keine Ablehnung des Schiedsrichters zu sehen.
Von indizieller Bedeutung ist das spätere Verhalten der Antragstellerinnen. Es bestätigt das hier vertretene Verständnis des Schriftsatzes vom 24. Juli 2009.
Die Annahme, die Antragstellerinnen hätten mit diesem Schriftsatz bereits den Schiedsrichter abgelehnt, verträgt sich nicht mit ihrem Schweigen auf die Mitteilung des Schiedsgerichts, darin keinen Ablehnungsantrag zu sehen. Mit einem einzigen Satz hätte dieses vermeintliche Missverständnis behoben werden können. Ein solcher Satz wäre von sechs Rechtsanwälten, die sich missverstanden sahen und denen bewusst gewesen sein muss, dass § 1037 Abs. 2 Satz 1 ZPO eine Ausschlussfrist bestimmt, umgehend und vorsorglich fristwahrend (vorbehaltlich ihrer Rechtsauffassung zur Anwendbarkeit dieser Regelung auf dieses Schiedsverfahren) zu erwarten gewesen. Eine derartige Klarstellung enthält auch der Schriftsatz vom 11. August 2009 nicht. Vielmehr verdeutlicht er mit seinen Eingangsworten, dass die Antragstellerinnen den Schiedsrichter erst seit seiner Stellungnahme vom 28. Juli 2009 ablehnen. Erst durch diese Stellungnahme habe sich ihre Besorgnis so verdichtet, dass sie sich zur Ablehnung veranlasst sähen. Auch die Antragsbegründung bekräftigt, dass die Antragstellerinnen zunächst keine Ablehnung aussprachen. Denn sie sprechen sich ein Ermessen zu, bei Kenntnis welcher Einzelumstände sie den Schritt der Schiedsrichterablehnung unternehmen wollten, womit sie erklären, warum sie zunächst (nur) Aufklärung verlangten. Erfolglos meinen die Antragstellerinnen, die Ausschlussfrist habe allenfalls zu laufen begonnen, nachdem sie von der Stellungnahme des Abgelehnten Kenntnis erlangten. Aus ihrer Sicht hatte sich der Abgelehnte den …Artikel durch das Einstellen auf seiner Internetseite zu eigen gemacht. Das konnte die Frage aufwerfen, ob ein Schiedsrichter, der sich einen solchen Artikel zu Eigen macht, noch unparteilich ist. Daran änderte die Stellungnahme nichts. Nun mag der Akt, in dem die Antragstellerinnen das Zueigen machen sehen, konkretisiert worden sein ("selbst ausgewählt"). An ihrer Wertung, der Schiedsrichter habe sich den Artikel zu Eigen gemacht, ändert das nichts; allenfalls bestärkt es sie in ihr. Im Ergebnis gilt das auch für die bereits im Schriftsatz vom 24. Juli 2009 angesprochenen Beziehungen zu Prof. Dr. M. Denn die für ihre Wertung, der Abgelehnte unterhalte enge Beziehungen zu Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin, erhebliche Tatsachenkern war den Antragstellerinnen bekannt. So wurde ihre Darstellung, der Abgelehnte und Prof. Dr. M. hätten gemeinsam mehrere Publikationen verfasst, mit der Angabe des Abgelehnten, er habe drei Aufsätze verfasst, die 1993/1997/2001 in Büchern erschienen seien, die Prof. Dr. M. als Mitherausgeber mit Dritten ediert habe, allenfalls falsifiziert, nicht aber zu einem gewichtigeren Anzeichen für "enge Beziehungen zu Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin".
2. Im Übrigen scheitert der Antrag am Fehlen berechtigter Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des Schiedsrichters. Maßgebend dafür ist die Sicht einer vernünftigen Schiedspartei. Diese weiß, dass es zunächst von der persönlichen Verfassung eines Menschen abhängt, ob er unparteilich oder unabhängig sein kann. Er weiß weiter, dass selbst solche Menschen unter bestimmten Umständen unter einen Druck geraten können, der es ihnen erschwert, an diesen Eigenschaften festzuhalten. Er weiß aber auch, dass zu solchen Umständen nicht jede Art von Berührung mit einer der Schiedsparteien gehört (vgl. § 3 DRiG). Mit diesem Verständnis tritt das Gericht den Wertungen im Beschluss des Schiedsgerichts vom 30. September 2009, …, bei.
Die dagegen gerichteten Einwände der Antragstellerinnen überzeugen nicht, zumal sie überwiegend aus gegensätzlichen Wertungen etwa zur Reichweite der Offenbarungspflicht oder zur Art der Auseinandersetzung des Abgelehnten mit dem Ablehnungsantrag bestehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 173 Satz 1 VwGO, § 1065 Abs. 1 ZPO).
Summary
In an ad hoc-arbitration the arbitral tribunal entered into an agreement with the parties in which, inter alia, the members of the tribunal each separately confirmed that there were no grounds in existence which could give rise to doubts as to that arbitrator's impartiality or independence. The arbitral tribunal also committed to keep the arbitration confidential and, in particular, to not provide any interviews or other statements as to the content, status or outcome of the arbitration.
Subsequently, a newspaper article appeared which reported on the underlying dispute which had given rise to the arbitration. The article also named the arbitrators and noted that they were bound by confidentiality obligations. The website maintained by the arbitrator nominated by claimant (Arbitrator A) contained a link to press reports on various topics, including the afore-mentioned article. It also contained a link to electronic publications, which in turn referred to the website of a company in which two individuals acting for claimant were involved. One of those individuals had also previously received a prize for mediation from a jury presided over by Arbitrator A and was the editor of books containing articles written by Arbitrator A. Both men were also listed for the same lecture programme of a university.
In pleadings dated July 24, 2009 respondents (here: applicant) submitted to the arbitral tribunal that they had become aware of circumstances giving rise to the concern that Arbitrator A was not conducting himself with the required objectivity, neutrality and independence. Respondents referred to the company listed in connection with the electronic publications as well as the link to the above-mentioned newspaper article, both on Arbitrator A's website. With respect the latter, Respondent argued that such article clearly blamed Respondent for the dispute and that by listing this article on his website, Arbitrator A had adopted the views expressed in such article as his own.
Arbitrator A replied on July 28, 2009 that he had included this article – together with an article from another newspaper – on his website because these articles referred to his person. He had not adopted the views of the article in question. The other two arbitrators held that respondents' submission of July 24, 2009 did not constitute a challenge of Arbitrator A within the meaning of Section 1036 Subsec. 2 German Code of Civil Procedure (ZPO).
In further pleadings dated August 11, 2009 respondents stated that they were hereby challenging Arbitrator A.
Respondents argued that their concerns had been confirmed by A's communication to the parties of July 28.
Arbitrator A replied on August 24, 2009 that the article in question clearly referred to his duty of confidentiality and, as such, was a clear signal to all that inquiries regarding this arbitration would not be answered. The arbitral tribunal ruled against the challenge of Arbitrator A on the basis that the time-limit for such challenge had expired. It stated that a challenge of an arbitrator must be clearly formulated in an application or petition. As such, respondents' pleadings of July 24 were insufficient; the pleadings of August 11 were too late. Furthermore, the tribunal held, the application was unfounded.
Respondents applied to the Administrative Court of Berlin for a determination pursuant to Sections 173 of the Administrative Court Procedural Law and Sections 1037 Subsec. 3, 1st Sentence, 1062 Subsec. 1 No. 1 and 1063 Subsec. 1, 1st Sentence ZPO. The Court rejected the application. The court held that an arbitrator can only be successfully challenged if circumstances exist which give rise to justifiable doubts as to his impartiality or independence. Such a challenge, however, can only be determined on the basis of grounds submitted by the applicant. The time for the presentation of such grounds was limited by Section 1037 Subsec. 2, 1st Sentence ZPO. According to such provision, a party wishing to challenge an arbitrator must present its grounds for challenge in writing within two weeks after becoming aware of circumstances within the meaning of Section 1036 Subsec. 2 ZPO. In the present case, respondents were already aware of the alleged grounds on July 24, 2009 but did not assert their challenge until more than 2 weeks later.
The court further held that it is insufficient to provide the tribunal with grounds which could give rise to doubts as to the independence or impartiality of the arbitrator. Rather, the challenging party must clearly express that it is actually challenging the arbitrator on such grounds. Respondents' pleadings of July 24, 2009 did not explicitly contain a challenge application, nor did it contain an explicit statement of the applicant, that it was challenging the arbitrator based on the described circumstances. Even an interpretation of respondents' July 24 pleadings did not, give rise to an implicit application for challenge. Rather, respondent's pleadings were ambiguous since they merely requested clarification from Arbitrator A without clear reference to any challenge of such arbitrator. According to the court, respondents' subsequent failure to contradict the tribunal's finding that their July 24 submissions were not an application for challenge confirmed this conclusion.
Finally, the court held that the application for challenge was without merit.