20 Sch 9/12; 20 Sch 11/12


Gericht KG Berlin Aktenzeichen 20 Sch 9/12; 20 Sch 11/12 Datum 03.01.2013
Leitsatz
1.           Da das Schiedsverfahren unter keinem Mangel leidet und der Antragsgegner auch ordnungsgemäß an ihm beteiligt worden war, sich jedoch gegen die Forderung des Antragstellers nicht verteidigt hat, kann er dieses jetzt nicht in dem vorliegenden Verfahren nachholen; seine Einwendungen gegen das Bestehen der dem Schiedsverfahren zugrunde liegenden Forderung des Antragstellers sind daher nicht zu beachten.
2.           Die Verfahren nach § 1062 Abs. 1 Nr. 4 betreffen den rechtsgestaltenden Anspruch auf Vollstreckbarerklärung und nicht die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung. Der Antragsgegner kann sich daher nicht darauf berufen, er sei zahlungsunfähig, gegen ihn sei ein Insolvenzeröffnungsbeschluss ergangen, die Zwangsvollstreckung sei daher unzulässig.
Rechtsvorschriften§§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b, 1061 Abs. 1 ZPO
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteAnerkennung und Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs; Zustandekommen der Schiedsvereinbarung; AGB; ordre public; Aufrechnung; Vollstreckung des Schiedsspruchs
Volltext
Beschluss
Geschäftsnummer: 20 Sch 9/12
20 Sch 11/12 (51 O 10/12 Landgericht Berlin)
1.
Der Schiedsspruch vom 15. September 2011, erlassen in CH-6300 Zug, durch den Einzelschiedsrichter LIC. JUR, x wird in folgendem Umfang für vollstreckbar erklärt:
a.
Die Schiedsbeklagten werden gesamtschuldnerisch verpflichtet, dem Kläger CHF 24.315, 10 nebst Zins zu 5 % seit 5. Januar 2011 zu bezahlen.
b.
Die Schiedsbeklagten werden gesamtschuldnerisch verpflichtet, dem Schiedskläger die auf sie fallenden Kosten von CHF 3.500,00 zu vergüten.
c.
Die Schiedsbeklagten werden gesamtschuldnerisch verpflichtet, an den Schiedskläger eine Entschädigung in Höhe von CHF 2.500,00 zu zahlen.
2.
Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
3.
Die Antragsgegner haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
4.
Der Gegenstandswert des gerichtlichen Verfahrens beträgt 25.098,36 EUR.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Vollstreckbarerklärung des im Tenor bezeichneten ausländischen Schiedsspruchs.
Die Antragsgegner, die im Schiedsverfahren keine Erklärungen abgegeben haben, machen geltend, es sei in dem zwischen den Parteien geschlossenen Mandantsvertrag unter Ziffer 15 keine wirksame Schiedsabrede getroffen worden. Es habe sich um vorformulierte AGB gehandelt, die Klausel sei "überraschend und intransparent."
Der Antragsteller habe in grober Weise seine Verpflichtungen aus dem Mandatsverhältnis und Treuhandvertrag verletzt; vor diesem Hintergrund sei der Schiedsspruch zu Unrecht ergangen; seine Anerkennung würde gegen die öffentliche Ordnung verstoßen. Den Antragsgegnern stehe ein "Schadensersatzanspruch gegen den Antragsteller wegen Vernichtung des anvertrauten Rechtsträgers zu." Insoweit erklären die Antragsgegner "die Aufrechnung mit ihrem Schadensersatzanspruch gegenüber dem angeblichen Honoraransprüchen des Klägers."
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Der Schiedsspruch war wie beantragt nach § 1061 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit Art. IV UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958 für vollstreckbar zu erklären.
Versagungs- und Aufhebungsgründe im Sinne von § 1059 Abs. 2 ZPO sind nicht ersichtlich. Insbesondere liegt eine Verletzung des materiellen ordre public (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO) nicht vor. Da Aufhebungsgründe nicht in Betracht kommen, ist eine mündliche Verhandlung nach § 1063 Abs. 2 ZPO nicht erforderlich (BGH, Beschluss vom 15.7.99 - III ZB 21/98 -, NJW 1999, 2974).
Die Schiedsabrede in Ziffer 15. des Mandatsvertrages vom 20.10.09 ist wirksam. Abgesehen davon, dass die Vereinbarung weder überraschend, noch in irgendeiner Form "intransparent" ist, was die Antragsgegner auch selbst nicht näher ausführen, ist auch nicht erkennbar, dass es sich bei dem umfangreichen und individuell auf die Parteien zugeschnittenen Vertragswerk um Allgemeine Geschäftsbedingungen des Antragstellers im Sinne der §§ 305 f. BGB handelt.
Da das Schiedsverfahren unter keinem Mangel leidet und die Antragsgegner auch ordnungsgemäß an ihm beteiligt worden sind, sich jedoch gegen die Forderung des Antragstellers nicht verteidigt haben, können sie dieses jetzt nicht in dem vorliegenden Verfahren nachholen; ihre Einwendungen gegen das Bestehen der dem Schiedsverfahren zugrunde liegenden Forderung des Antragstellers sind daher nicht zu beachten. Abgesehen davon ist ihre diesbezügliche Einlassung nicht ansatzweise nachvollziehbar. Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner gegen den Treuhandvertrag verstoßen hat, indem er die ihm zustehenden Honorarforderungen aus dem Vermögen der für die Antragsgegner treuhänderisch verwalteten Gesellschaft entnommen hat. Vielmehr ist diese Vorgehensweise in Ziffer 9. des Mandatsvertrages so vereinbart worden. Dort ist im Übrigen auch vereinbart worden, dass der Antragsteller "für die Übernahme des Amtes als Verwaltungsrat der Gesellschafter eine jährliche Entschädigung von CHF 10.400,00 exkl. MwSt. (Verwaltungsratshonorar) erhält", so dass die Einlassung der Antragsgegner, sie seien "damit nicht einverstanden" unverständlich ist.
Soweit die Antragsgegner geltend machen, sie seien nicht zahlungsfähig, gegen den Antragsgegner zu 2. sei zudem ein Insolvenzeröffnungsbeschluss ergangen, die Zwangsvollstreckung gegen sie sei daher unzulässig, ist lediglich darauf hinzuweisen, dass es im vorliegenden Verfahren nicht um die die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung geht, sondern um den rechtsgestaltenden Ausspruch der Vollstreckbarerklärung.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 1064 Abs. 2 ZPO.
In dem Verfahren 51 O 10/12 des Landgerichts Berlin hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 19.6.12 einen Antrag auf Durchführung des Exequaturverfahrens gestellt. Nach dem Hinweis des Landgerichts vom 20.8.12, dass Bedenken gegen den Antrag bestünden, da der Schiedsrichter aufgrund einer Schiedsabrede tätig geworden sei, hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 14.9.12 mitgeteilt, dass sich die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs in der Tat nach dem Übereinkommen vom 10.6.68 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche richte, und um Abgabe des Verfahrens an das Kammergericht gebeten. Dort hat das Verfahren das im Rubrum ebenfalls aufgeführte Aktenzeichen 20 Sch 11/12 erhalten. In der Sache ist das Verfahren aber identisch mit dem Verfahren 20 Sch 9/12.
Summary
The applicant asked the Higher Regional Court of Berlin for the recognition and enforcement of a foreign arbitral award. The court declared the award enforceable.
The parties have concluded a contract of mandate which contained an arbitration agreement. During the arbitral proceedings, the parties opposing the application have not made any submissions. However, they invoked before the state court that the clause which contained the arbitration agreement was a pre-formulated standard business term that has not been validly incorporated into the contract and that was surprising and ambiguous. Furthermore, the parties opposing the application invoked a violation of the ordre public, since they found that the applicant has recklessly violated its obligations resulting out of the contract of mandate and an escrow agreement. Due to the breach of contract, the parties opposing the application declared a set-off of the payment ordered in the award with alleged claims for damages.
The declaration of enforceability of the award followed from section 1061 subsec. 1 of the German Code of Civil Procedure (ZPO) in conjunction with Art. IV of the United Nations Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards of 10 June 1958 (NYC). Grounds for setting aside the award in terms of section 1059 subsec. 2 ZPO – in particular a violation of the material ordre public under section 1059 subsec. 2 no. 2 lit. b ZPO – have not been apparent to the court.
The court found that the arbitration agreement was valid. It found no indications for the relevant clause falling under sections 305 et seq. of the German Civil Code (BGB). Furthermore, the court found that the arbitral proceedings have been in accordance with the 10th book of the ZPO and that the parties opposing the application have been properly involved. However, they failed to make use of their means of defense during the arbitral proceedings. Therefore, they could not invoke them anymore before the state court. Additionally, the court stated that it found that the applicant has acted in accordance with the contract.
Insofar as the parties opposing the application further asserted that they were unable to pay as insolvency proceedings have been opened over the assets of one of the parties opposing the application and therefore enforcement would be inadmissible, the court pointed out that the pending proceedings did not deal with the admissibility of enforcement, but with the constitutive declaration of enforceability.