7 U 144/98


Gericht OLG Naumburg Aktenzeichen 7 U 144/98 Datum 14.12.1998
Leitsatz
Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche aufgrund innerkirchlich verbindlichen Schiedsurteils
Rechtsvorschriften§ 862 BGB, § 1004 BGB § 13 GVG Art. 137 WV Art. 140 GG
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz8 O 406/97 LG Halle
StichworteInterne Gerichtsbarkeit der Religionsgemeinschaften
Volltext
Die Berufung des Beklagten gegen das am 22.06.1998 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Halle wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass festgestellt wird, dass sich die Hauptsache hinsichtlich Ziff. 1 des Klageantrages erledigt hat.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen.
B e s c h l u s s:
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin im Kostenpunkt durch Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Der Streitwert für den Berufungsrechtszug und die Beschwer des Beklagten betragen 50.000,00 DM.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d:
Die Jüdische Gemeinde zu Halle (Saale) ist eine Religionsgemeinschaft mit dem juristischen Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz in Halle/Saale.
Sie hatte sich nach der Wende in Halle neu konstituiert. Es existieren eine Satzung vom 18.07.1991 (Bl. 2 - 7 von Bd. III d. A. 7 U 1218/97) sowie nochmals eine vom 01.10.1993 (Bl. 8-14 von Bd. III d. A. 7 U 1218/97). Die Klägerin hält diese Satzungen für nicht ordnungsgemäß zustande gekommen.
Änderungen in der zweiten Satzung betreffen die Aufnahme von Mitgliedern in die Gemeinde, wofür nunmehr der Vorstand statt der Gemeindeversammlung zuständig ist. Auch fehlt nunmehr die Zugehörigkeit zum Landesverband Jüdischer Gemeinden Sachsen-Anhalt und zum Zentralrat der Juden in Deutschland.
Demzufolge wäre die Jüdische Gemeinde bei Zugrundelegung dieser Satzung weder Mitglied im Landesverband Jüdische Gemeinden Sachsen-Anhalt noch wäre sie direkt Mitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland.
Auf eine nunmehrige Satzung vom 21. Juni 1998, deren wirksames Zustandekommen unter den Parteien umstritten ist, wird nachfolgend eingegangen.
Die Jüdische Gemeinde zu Halle an der Saale setzt die Tradition der bereits 1692 gegründeten Jüdischen Gemeinde zu Halle fort und führt sie weiter. Der Bereich der Jüdischen Gemeinde zu Halle umfasst gegenwärtig das Gebiet des Regierungsbezirks Halle sowie in Abstimmung mit der Synagogengemeinde zu Magdeburg Teile des Regierungsbezirks Dessau.
Der Vorstand der Jüdischen Gemeinde zu Halle an der Saale bestand ursprünglich aus den Herren Dr. G.H., Prof. Dr. M. Sch. und G. W.
Nach der Satzung der Gemeinde vom 01.10.1993 wird die Gemeindeversammlung vom Vorstand einberufen (§ 6 Ziff. 3 der Satzung), wohingegen die Gemeindeversammlung ihrerseits wieder den Vorstand wählt.
Im Jahre 1993, in der Wahl vom 08.06.1993 in der Gemeindeversammlung, wurde nach § 9 der Satzung zur Unterstützung der Gemeindearbeit ein Beirat gewählt.
Zwischen dem Vorstand, der gewissermaßen die bereits ansässigen Juden in Halle repräsentierte und dem Beirat, der das Sprachrohr für die aus Osteuropa zugewanderten neuen jüdischen Bürger Halles darstellte, kam es zu Auseinandersetzungen.
Jedenfalls forderte der Beirat, der sich mittlerweile „der aktive Beirat der Zuwanderer der Jüdischen Gemeinde zu Halle" nannte, eine Vollversammlung zur Vorstandswahl einzuberufen und abzuhalten. Nachdem der Vorstand diesem nicht innerhalb der Fristen und Zeitpläne des Beirats entsprach, berief der Beirat selbst eine außerordentliche Gemeindeversammlung ein, und zwar für den 22.10.1995 ins Gemeindehaus der Jüdischen Gemeinde. Zu einer derartigen Versammlung kam es dann aufgrund einer Intervention des Vorstandes nicht im Gemeindehaus, sondern unter freiem Himmel, wobei bei dieser Versammlung ein Vorstand gewählt wurde, bestehend aus 7 Personen.
In einer Sitzung bestimmte nun der gewählte Vorstand Herrn K. S. zum ersten Vorsitzenden.
Vorher und nachher warfen sich die alten und neuen Vorstandsmitglieder wechselseitig finanzielle Misswirtschaft, bzw. eigensüchtige wirtschaftliche Interessen und Satzungsfälschung vor.
Gegen die Wahl vom 22.10.1995 rief die Jüdische Gemeinde zu Halle/Saale, vertreten durch den bisherigen Vorstand, mit Antragsschrift vom 24. Oktober 1995 das Verwaltungsgericht Halle an, mit dem Begehren, den Antragsgegnern, und zwar waren dies die als Vorstand neu gewählten 7 Personen, zu verbieten, sich bis zu einer Hauptsacheentscheidung als Vorstandsmitglieder der Jüdischen Gemeinde Halle an der Saale auszugeben und als solche Maßnahmen oder Handlungen im Namen der Jüdischen Gemeinde durchzuführen. Es sollte ihnen weiterhin untersagt werden, Äußerungen in Wort und Schrift zu verfassen oder zu veranlassen, die geeignet waren, das Ansehen der Jüdischen Gemeinde und ihrer Repräsentanten in der Öffentlichkeit herabzusetzen. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass die Wahl nicht satzungsgemäß erfolgt sei.
Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren abgetrennt, soweit damit den Antragsgegnern -dem neu gewählten Vorstand - untersagt werden sollte, Äußerungen in Wort und Schrift zu verfassen oder zu veranlassen, die geeignet sind das Ansehen der Jüdischen Gemeinde und ihrer Repräsentanten in der Öffentlichkeit herabzusetzen. Dieses Verfahren hat ein neues Aktenzeichen 3 B 96/95 erhalten und sollte an das Zivilgericht verwiesen werden.
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt und dies damit begründet, dass der Antrag unzulässig sei. Insoweit sei der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten nicht eröffnet, weil dies eine innere Angelegenheit der Jüdischen Gemeinde zu Halle betreffe. Dies führt das Verwaltungsgericht näher aus. Mit Beschluss vom 24. Februar 1997 wies das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalts die Beschwerde der Jüdischen Gemeinde zu Halle gegen diesen Beschluss des Verwaltungsgerichts Halle zurück und trat der Begründung des Verwaltungsgerichts bei, was im einzelnen noch näher ausgeführt wird.
Am 01.12.1995 fanden erneut Wahlen zur Repräsentanz der Jüdischen Gemeinde zu Halle an der Saale statt, welche u. a. das Ergebnis hatten, dass der Beklagte dieses Rechtsstreits E. G., in den Vorstand gewählt und von diesem zum Vorsitzenden des Vorstands gewählt worden ist.
Diese Wahl wurde nunmehr von der erstgewählten Gruppe um Herrn K S. nicht anerkannt und diese beide Gruppierungen um K. S. einerseits und E. G. andererseits, erstere Gruppe den sogenannten Reformjuden zuzuordnen, die zweite Gruppe den orthodoxen Juden, stritten um die wahre Berechtigung, die Jüdische Gemeinde in Halle an der Saale zu repräsentieren.
Mitte 1996 resignierte der ursprüngliche Vorstand und legte seine Ämter nieder.
Der Beklagte beruft sich - von der Klägerin bestritten - darauf, dass der alte Vorstand ihn, sowie die Herren I. Z. und I. Wi. als Handlungsbevollmächtigte zur nächsten Vorstandswahl eingesetzt habe.
In dieser Situation wandten sich beide streitenden Gruppen, eine, repräsentiert durch Herrn K. S., die andere durch den Beklagten, jeweils mit der Behauptung, die Jüdische Gemeinde zu Halle an der Saale zu repräsentieren, an das Schiedsgericht des Zentralrats der Juden in Deutschland.
Der Beklagte behauptet dabei, da es zur Eskalation des Konflikts durch Einmischung des Vorsitzenden des Landesverbandes Jüdischer Gemeinden Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg, des Herrn L. gekommen sei.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland ist die Spitzenorganisation der Jüdischen Gemeinden in Deutschland und ihrer Landesverbände. Er ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit dem Sitz in Berlin (§ 1 seiner Satzung). Die Jüdische Gemeinde zu Halle an der Saale ist - wie bereits erwähnt - bei Zugrundelegung der Satzung vom 01.10.1993 nicht Mitglied des Landesverbands Jüdischer Gemeinden Sachsen-Anhalts, welcher selbst Mitglied beim Zentralrat der Juden in Deutschland ist. Die Gemeinde ist aufgrund jener Satzungen auch nicht selbst Mitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland. Es handelt sich um eine autonome Gemeinde. Ob dies nunmehr aufgrund der Satzung vom 21. Juni 1998 anders zu beurteilen ist, kann offen bleiben, was sich aus den Entscheidungsgründen ergeben wird. Der Zentralrat hat lt. § 15 seiner Satzung ein Schiedsgericht installiert. Dieses ist unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges zuständig für
a) satzungsrechtliche Streitigkeiten zwischen Organen des Zentralrats
b) Streitigkeiten zwischen dem Zentralrat bzw. seinen Organen und seinen Mitgliedern
c) andere satzungsrechtliche Streitigkeiten, sofern keine andere Zuständigkeit eines
Schiedsgerichts begründet ist
d) Streitigkeiten dienstrechtlicher Art zwischen Kultusbeamten usw.
e) andere Streitigkeiten nicht satzungsrechtlicher Art,
sofern der Rechtsstreit einen Bezug zu Angelegenheiten der Jüdischen Gemeinschaft aufweist. In letzterem Fall wird das Schiedsgericht nur nach Vorlage einer von den Streitparteien rechtswirksam unterzeichneten Unterwerfungserklärung tätig (§15 Abs. 2 der Satzung des Zentralrats der Juden in Deutschland).
Dieses Schiedsgericht riefen sowohl K. S., handelnd nach seinen Angaben für die Jüdische Gemeinde zu Halle an der Saale, wie auch E. G., nach seinen Angaben ebenfalls handelnd für die Jüdische Gemeinde zu Halle an der Saale an, ohne dass dem Senat bisher die entsprechenden Unterwerfungserklärungen vorliegen. Jedoch haben die Beteiligten Anträge gestellt und mündlich verhandelt, ohne der Entscheidungskompetenz des Schiedsgerichts zu widersprechen.
Nach unstreitiger Darstellung beider Streitteile begehrten sie die Feststellung der wirksamen Vertretung der Jüdischen Gemeinde zu Halle an der Saale und nach mündlicher Verhandlung erließ das Schiedsgericht ein Schiedsurteil vom 17.04.1997, welches beide Wahlen für rechtsunwirksam erklärte, die ersten Wahlen deswegen, weil nicht der damalige Vorstand zu ihnen eingeladen hatte und die zweiten Wahlen deswegen, weil u. a. K. S. das aktive und passive Wahlrecht mit dem Bestreiten seines Judentums verwehrt worden war.
Hintergrund dessen war, dass K. S. vor dem Rabbiner St. in Halle an der Saale den Übertritt zum Judentum erklärt hatte und dieser Übertritt von dem nunmehrigen orthodoxen Rabbiner B. A. nicht anerkannt worden ist.
Dies aber sei unwirksam, so das Schiedsgericht, weil die mitgliedschaftliche Folge des Übertritts durch den späteren Rabbiner hätte anerkannt werden müssen. Gemeinderechtlich, so das Schiedsgericht, nicht aber bei der Ausübung religiöser Handlungen, seien nachfolgende Rabbiner an die Entscheidungen ihrer Vorgänger gebunden.
Das Schiedsgericht führte weiterhin aus, dass die Parteien übereinstimmend erklärt hätten, dass sie die Überprüfung der Gemeindefinanzen durch eine neutrale Stelle, möglichst durch den Landesrechnungshof, wünschten. Dabei gehe es auch um die Verwendung öffentlicher Zuschüsse. Der Landesrechnungshof habe sich zu dieser Aufgabe bereit erklärt und demzufolge hat das Schiedsgericht den Landesrechnungshof des Landes Sachsen-Anhalts ersucht, das Rechnungswesen, die Buchhaltung und die Geschäftsführung der Jüdischen Gemeinde zu Halle auf ihre Ordnungs- und Satzungsmäßigkeit zu überprüfen.
Zwischenzeitlich ist dies geschehen und soll nach Darstellung der Klägerin Unregelmäßigkeiten der Geschäftsführung des Vorstands unter Vorsitz des Beklagten ergeben haben, ohne dass das Ergebnis der Prüfung im Detail von irgendeiner Seite dem Senat vorgetragen worden ist.
Aufgrund dessen, dass die Geschäftsführung dem Gemeindevorstand obliegt, jedoch die Gemeinde über keinen ordnungsgemäß gewählten Vorstand verfugte, übertrug das Schiedsgericht gewissermaßen als Notvorstand die Geschäftsführung kommissarisch einer von dem Präsidium des Zentralrats der Juden in Deutschland zu benennenden Person, mit der Aufgabe, nach Vorlage des Berichts des Landesrechnungshofes Neuwahlen in der Jüdischen Gemeinde zu Halle ausschreiben und durchfuhren zu lassen.
Das Schiedsgericht entschied wörtlich: "IV. Die Geschäftsführung des Jüdischen Gemeinde zu Halle K. d. ö. R. wird ab sofort kommissarisch von einer von dem Präsidium des Zentralrats der Juden in Deutschland zu benennenden Personen wahrgenommen. Diese wird alsbald nach Vorlage des Berichts des Landesrechnungshofes Neuwahlen in der Jüdischen Gemeinde zu Halle K. d. ö. R. ausschreiben und durchführen sowie alle zur Durchführung einer Wahl notwendigen Entscheidungen und Feststellungen für alle Beteiligten verbindlich treffen." In den Gründen führt das Schiedsgericht abschließend aus: "In dieser Situation wäre vereinsrechtlich geboten, dass ein "Notvorstand" durch die ordentlichen Gerichte bestellt würde. Da es sich bei der Jüdischen Gemeinde zu Halle aber um eine Religionsgemeinschaft handelt, die auch gegenüber den staatlichen Gerichten die Respektierung religiöser Autonomie zu beanspruchen vermag, lag es im Interesse dieser Gemeindeautonomie, die Geschäftsführung der Gemeinde dadurch zu sichern, dass der Zentralrat mit der Bestellung eines kommissarischen Geschäftsführers beauftragt wird. Dieser war hinsichtlich seiner Vollmachten nicht zu beschränken, weil jede Beschränkung dem Ziel der Regelung, die Funktionsfähigkeit der Gemeinde zu sichern, entgegenstehen kann. Allerdings wird der kommissarische Geschäftsführer Vorstandswahlen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt ansetzen. Dieser Zeitpunkt ist aus naheliegenden Gründen erst nach Abschluss der Prüftätigkeit des Landesrechnungshofs festzulegen."
Das Präsidium beauftragte mit dieser Aufgabe den jetzt für die Jüdische Gemeinde auftretenden Herrn Dr. P. F.
Zwischen diesem und der Gruppe um E. G. kam es zu Auseinandersetzungen um die Führung der Jüdischen Gemeinde. Dr. F. sollte dies verwehrt werden. Umgekehrt verbat sich dieser Einmischungen des Herrn G. in die Verwaltungsführung. Das ganze eskalierte zu handfesten Auseinandersetzungen, die zur Folge hatten, dass die Beteiligten die Hilfe staatlicher Gerichte anriefen. Insgesamt existieren mittlerweile folgende Verfahren:
Landgericht Halle 8 O 224/97 = OLG Naumburg 4 W 170/97
Hier hatte das Landgericht mit Beschluss vom 27.05.1997 einen Antrag der Jüdischen Gemeinde Halle/Saale, vertreten durch die Herrn E. G. und F. Be., gegen
1. das Präsidium des Zentralrats der Juden in Deutschland,
2. den Landesrechnungshof des Landes Sachsen-Anhalt und
3. Herrn Dr. P. F. auf Erlass einer einstweiligen Verfügung als unzulässig abgelehnt, mit dem den Antragsgegnern untersagt werden sollte, das Schiedsurteil des Schiedsgerichts des Zentralrats der Juden in Deutschland zu vollstrecken, prüfend tätig zu werden und die Gemeinde zu vertreten. Zur Begründung verneinte das Landgericht seine Entscheidungsbefugnis in dieser innerkirchlichen Angelegenheit. Das Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung auf die Beschwerde hin mit Beschluss vom 9. Juli 1997.
Dieses Verfahren ist abgeschlossen.
Landgericht Halle 8 O 225/97
Hier begehrte Herr F. Be. sich berühmend als kommissarischer Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde zu Halle/Saale von Herrn Dr. P. F. im Wege der einstweiligen Verfugung Unterlassung des Tätigwerdens im Sinne seines Auftrags durch das Präsidium des Zentralrats der Juden in Deutschland. Das Landgericht lehnte die Entscheidung mangels Entscheidungskompetenz ab, und zwar mit Beschluss vom 27.05.1997.
Diese Entscheidung ist nicht angegriffen worden.
Landgericht Halle 8 O 229/97
Hier erhob die Jüdische Gemeinde zu Halle, vertreten durch die Herren E. G., F. Be., I. Z. und I. Wi., Klage gegen
1. das Präsidium des Zentralrats der Juden in Deutschland,
2. den Landesrechnungshof des Landes Sachsen-Anhalt,
3. Herrn Dr. P. F.
und begehrte mit dieser Klage das Schiedsurteil des Schiedsgerichts beim Zentralrat der Juden in Deutschland in Ziff. 3 und IV aufzuheben. Dies sind die Punkte die die Prüfung durch den Landesrechnungshof und die kommissarische Geschäftsführung der Jüdischen Gemeinde zu Halle an der Saale durch eine vom Präsidium des Zentralrates der Juden zu benennende Person betreffen. Diese Klage ist zurückgenommen worden.
Landgericht Halle 8 O 291/97
Hier hat die Jüdische Gemeinde zu Halle/Saale, vertreten durch den kommissarischen Geschäftsführer, Herrn Dr. P. F., gegen Herrn E. G. einen Antrag gestellt, wonach der Antragsgegner es unterlassen sollte, die Jüdische Gemeinde zu Halle/Saale im Rechtsverkehr zu vertreten, deren Kopfbogen zu führen, einen Siegelstempel der Gemeinde zu fuhren oder auch einen Siegelstempel mit der Innenschrift "Rabbiner B. A. Rabbinat der Jüdischen Gemeinde zu Halle/Saale".
In diesem Verfahren hat die Antragstellerin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgenommen.
Landgericht Halle 8 O 297/97
Hier hat die Jüdische Gemeinde zu Halle an der Saale, vertreten durch den Vorstand, die Herren E. G., I. Wi. und I. Z., gegen Herrn Dr. P. F. begehrt, dass ihm im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben werden soll, nicht für die Antragstellerin tätig zu werden und ihm weiter untersagt werden möge, die Räumlichkeiten und Grundstücke der Jüdischen Gemeinde zu Halle an der Saale zu betreten. Diesen Antrag hat das Landgericht mit Urteil vom 14. Juli 1997 als unzulässig abgelehnt mit der Begründung,dass die Verfügungsklägerin nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht habe, dass sie durch die genannten Herren ordnungsgemäß vertreten werde. Diese Entscheidung ist nicht angegriffen worden.
Landgericht Halle 8 O 210/97 = OLG Naumburg 7 U 1218/97
Hier ist durch einstweilige Verfügung, bestätigt mit Urteil vom 16.06.1997 der Verfügungsbeklagte, der zugleich der Beklagte dieses Verfahrens ist, verurteilt worden, es zu unterlassen, die Verwaltungsräume der Jüdischen Gemeinde zu Halle/Saale in der Großen Märkerstraße 13, 06108 Halle zu betreten. Weiterhin ist ihm aufgegeben worden:
1. Der Antragsgegner hat es zu unterlassen, die Führung der Geschäfte der Jüdischen Gemeinde zu Halle/Saale durch den kommissarischen Geschäftsführer Herrn Dr. P. F. zu behindern, insbesondere dadurch, Herrn Dr. P. F. den Zutritt zu den Verwaltungsräumen zu verwehren.
2. Der Antragsgegner hat es zu unterlassen, Einfluss auf die Verwaltungstätigkeit der Jüdischen Gemeinde zu Halle zu nehmen, insbesondere dadurch, den Angestellten der Jüdischen Gemeinde zu Halle organisatorische Anweisungen zu erteilen.
3. Dem Antragsgegner wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in den vorgenannten Ziffern ausgesprochenen Verpflichtungen ein Ordnungsgeld bis zu 500.000,00 DM und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten festgesetzt werden kann.
Die hiergegen gerichtete Aufhebungsklage des Verfügungsbeklagten hatte beim Landgericht Erfolg, wurde jedoch mit Urteil des Oberlandesgerichts vom 11.09.1997 unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung abgewiesen.
Landgericht Halle 8 O 321/97 « OLG Naumburg 7 U 1328/97
In diesem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist auf die Berufung der jetzigen und damaligen Klägerin der jetzige und seinerzeitige Beklagte vom Oberlandesgericht unter Abänderung der anderslautenden landgerichtlichen Entscheidung verurteilt worden wie folgt:
"Der Antragsgegner hat es zu unterlassen, die Jüdische Gemeinde zu Halle/Saale im Rechtsverkehr überhaupt und insbesondere als Mitglied des Vorstandes zu vertreten. Der Antragsgegner hat es zu unterlassen, den mit dem David-Stern versehenen Kopfbogen der Jüdischen Gemeinde zu Halle/Saale im Rechtsverkehr zu verwenden. Der Antragsgegner hat es zu unterlassen, einen Siegelstempel der Jüdischen Gemeinde zu Halle zu führen.
Der Antragsgegner hat es zu unterlassen, einen Siegelstempel mit der Innenschrift "Rabbiner A. - Rabbinat der Jüdischen Gemeinde zu Halle/Saale - zu führen.
Dem Antragsgegner wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in den vorgenannten Ziffern ausgesprochenen Verpflichtungen ein Ordnungsgeld bis zu 500.000,00 DM und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten festgesetzt werden kann."
Hinsichtlich der Begründung des oberlandesgerichtlichen Urteils vom 11.09.1997 wird auf dieses in den beigezogenen Akten befindliche Urteil Bezug genommen.
In dem hier streitgegenständlichen Verfahren handelt es sich um ein Hauptsacheverfahren zum Verfahren 8 O 210/97 (später 7 U 1218/97 OLG Naumburg).
Die Klägerin zur Begründung ihrer Klage, ebenso wie der Beklagte zur Verteidigung gegen die Klage haben sich im weitgehenden Umfang auf ihre Ausführungen in den Vorverfahren 7 U 1218/97 und 7 U 1328/97 bezogen. Der Senat hält ebenso wie das Landgericht diese Bezugnahme für zulässig und hat zur Ergänzung des Sachvortrags beider Parteien die Akten 7 U 1328/97 und 7 U 1218/97 beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Im nachfolgenden wird der beiderseitige Sachvortrag der besseren Lesbarkeit halber ohne Bezugnahmen wiedergegeben.
Die Klägerin hat sich auf das Schiedsurteil berufen und geltend gemacht, der kommissarische Geschäftsführer sei mehrfach bei seinem Erscheinen in der Gemeindeverwaltung bedrängt worden, zu erst nur verbal, später aber dadurch, dass z. B. 30 Gemeindemitglieder in sein Büro eingedrungen seien und lauthals die Gefolgschaft für Herrn G. bekundet hätten. Im Nebenzimmer habe Herr G. mit großer Lautstärke von einem Videoband das Goebbelszitat „Wollt ihr den totalen Krieg?" abgespielt. Der kommissarische Geschäftsführer habe sich bei diesem Vorfall letzten Endes bedroht gefühlt und unter Polizeischutz die Räume verlassen.
Herr G. habe aufgrund dessen Hausverbot erteilt bekommen. Er habe hierauf jedoch mit der Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung reagiert, in der zahlreiche Beschlüsse gefasst worden seien, die letzten Endes darauf hinausliefen, die kommissarische Geschäftsführung des Herrn Dr. P. F. in Frage zu stellen und eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen, welche ihn abberufen und einen neuen kommissarischen Geschäftsführer bestellen sollte. Bis dahin sollte Herr F. Be. als Verwaltungsgeschäftsführer bestellt werden und die Geschäfte fuhren.
Im nachfolgenden hätten der Verwaltungsleiter Be. und Anhänger des Herrn G. z. B. auch durch Transparente aus den Fenstern der Jüdischen Gemeinde etwa des Inhalts "F. raus" oder "B. go home" und "B. Ermächtigungsgesetze mit uns niemals" versucht, die kommissarische Geschäftsführung des Dr. P. F. unmöglich zu machen.
So seien dessen Anweisungen, die fünf gemeindeeigenen Fahrzeuge zurückzugeben, von keinem der Nutzer befolgt worden. Der kommissarische Geschäftsführer sei aufmerksam geworden durch negative Schlagzeilen der Regionalpresse über den Beklagten. Hieraus und aus anderen Anhaltspunkten habe er befürchten müssen, die Verwaltung der Geschäfte der Jüdischen Gemeinde sei unregelmäßig vorgenommen worden. Er sei deshalb nicht nur kraft seines Auftrags, sondern auch um Schaden von der Jüdischen Gemeinde abzuwenden, dringend auf die Durchführung seines Auftrages angewiesen.
Auch jetzt noch werde die Alleinvertretungsmacht des kommissarischen Geschäftsführers von dem Beklagten ständig ignoriert.
Obwohl dem Beklagten nur die Stellung eines einfachen Gemeindemitgliedes zukomme, bezeichne er sich als Vorstandsvorsitzenden der Klägerin, trete in deren Namen auf und maße sich weitergehende Rechte an.
Die Klägerin hat daher beantragt:
1. Der Beklagte hat es zu unterlassen, die Räume der Jüdischen Gemeinde zu Halle/Saale in der Großen Märkerstraße 13, 06108 Halle zu betreten.
2. Der Beklagte hat es zu unterlassen, die Führung der Geschäfte der Jüdischen Gemeinde zu Halle/Saale durch den kommissarischen Geschäftsführer Herrn Dr. P. F. zu behindern, insbesondere dadurch, Herrn Dr. P. F. den Zutritt zu den Verwaltungsräumen Halle zu verwehren.
3. Der Beklagte hat es zu unterlassen, Einfluss auf die Verwaltungstätigkeit der Jüdischen Gemeinde zu Halle/Saale zu nehmen, insbesondere dadurch, den Angestellten der Jüdischen Gemeinde zu Halle/Saale organisatorische Anweisungen zu erteilen.
4. Der Beklagte hat es zu unterlassen, sich weiterhin als Vorstandsvorsitzenden der Jüdischen Gemeinde zu Halle/Saale zu bezeichnen und unter dieser Bezeichnung im Rechtsverkehr aufzutreten, insbesondere durch Verwendung des Kopfbogens der Jüdischen Gemeinde zu Halle/Saale sowie unter Verwendung des David-Sterns oder des Amtssiegels.
5. Dem Beklagten wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in den vorgenannten Ziffern ausgesprochenen Verpflichtungen ein Ordnungsgeld bis zu 500.000,00 DM und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten festgesetzt werden kann.
6. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen. Er hat die Zulässigkeit des Antrags gerügt, da die beantragte Entscheidung eine Einmischung in innerkirchliche Angelegenheiten darstellen würde, für welche eine Entscheidungskompetenz der staatlichen Gerichtsbarkeit nicht gegeben sei.
Im Übrigen sei der Tenor des Urteils des Schiedsgerichts beim Zentralrat der Juden in Deutschland nicht von den Parteianträgen gedeckt, könne also bereits aus diesem Grunde keine Wirksamkeit entfalten.
Der Beklagte behauptet weiterhin, nicht die Jüdische Gemeinde zu Halle (Saale) habe sich dem Schiedsspruch des Schiedsgerichts beim Zentralrat der Juden in Deutschland unterworfen.
Dies hätten vielmehr die Herren S. und der Beklagte selbst in Person getan, somit könne das Schiedsurteil nicht die Jüdische Gemeinde zu Halle (Saale) an sich binden.
Davon abgesehen hätten sich auch die seinerzeitigen Streitparteien K. S. und er, der Beklagte, mit Vereinbarung vom 29.05.1997 (Bl. 66 f. von Bd. I d. A. 7 U 1218/97) geeinigt und im nachhinein auf die Rechte aus dem Schiedsurteil verzichtet; was sie dem Schiedsgericht des Zentralrats der Juden in Deutschland auch mitgeteilt hätten (Schreiben vom 29.05.1997, Bl. 68 f. von Bd. I 7 U 1218/97).
Schließlich sei in einer Mitgliederversammlung vom 25.05.1997 Herr Dr. P. F. als kommissarischer Geschäftsführer abgewählt und Herr F. Be. als solcher gewählt worden. Der neue kommissarische Geschäftsführer habe das Hausverbot an Herrn G. aufgehoben. Er hat darüber hinaus dargelegt, dass das zwischenzeitlich vorliegende Urteil des Rabbinatsgerichts unter Vorsitz des Rabbiners K. vom 25.06.1997 aus B. und weitere diesbezügliche Äußerungen und Mitteilungen kirchlicher und/oder staatlicher Stellen aus Israel zumindest zeigten, dass keine eindeutige Situation bezüglich der Außenvertretung der Jüdischen Gemeinde zu Halle/Saale festzustellen sei, weshalb es dem Landgericht, bzw. nun dem Oberlandesgericht als staatlichem Gericht verwehrt sei, in diese innerkirchliche Angelegenheit entscheidend einzugreifen. Im Einzelnen hat er ausgeführt, auf sein Betreiben sei in Israel das Urteil eines Rabbinatsgerichts vom 25.06.1997 erwirkt worden, welches unter Ziff. 4 die Unwirksamkeit des Schiedsurteils vom 17.04.1997 festgestellt und unter Ziff. 5 bekräftigt habe, dass die Herren G., Wi. und Z. wirksam zum Vorstand der Jüdischen Gemeinde zu Halle an der Saale bestellt worden seien.
Dieses Urteil hat er mit beglaubigter Übersetzung vorgelegt (Bl. 153 - 157 von Bd. I d. A. 7 U 1218/97). Es bezeichnet dieses Gericht sich darin selbst als "Rabbinischer Gerichtshof, Vorsteher S. N. K., B. B., C." Dieses Urteil führt unter Pkt. 4. aus:
"Die Entscheidung des Schiedsgerichtes des Zentralrats der Juden Deutschlands vom (17.4.97) hat keinerlei Gültigkeit, dass dieses Gericht nach jüdischem Religionsgesetz kein Recht hat in Bezug auf das Judentum derjenigen, die die Wahlen anfechten, zu entscheiden
1. HerrS.
2. Herr D.
3. Frau Ge.
sind nicht als Juden anerkennt, da die Entscheidung in diesem Punkt nach jüdischem Religionsgesetz ausschließlich in den Händen eines Religionsgerichtes von wenigstens drei Richtern, die nach dem Religionsgesetz davon autorisiert sind, liegt."
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin vorgebracht, dass es lediglich ein sogenanntes Gerechtigkeitsgericht sei, dessen Spruch nur zwischen Parteien Wirkung entfalte, die sich dem Urteil unterwerfen und eine solche Unterwerfung zu Lasten der Jüdischen Gemeinde zu Halle sei nicht abgegeben worden.
Umgekehrt hat der Beklagte wiederum in Übersetzung ein Schreiben eines Rabbinischen Gerichtshofs der Region H. vorgelegt, wonach bestätigt wird, dass der vorgenannte Gerichtsbeschluss gründlich geprüft worden sei und man seine volle Zustimmung zu dem genannten Urteil gebe. Diese Mitteilung ist von 3 Rabbinern unterschrieben.
Kurze Zeit später hat die Klägerin vorgelegt, eine weitere Mitteilung des Bezirksrabbinatsgerichts H., die mit Klarstellung überschrieben ist, welche im Wortlaut lautet, "Da man vor uns verheimlicht hatte, dass beim Rabbiner N. K. (richtig: K.) neue Information eingegangen ist, und er infolgedessen am 10. Juli 1997 das Urteil bezüglich der Wahl der Würdenträger des Vorstands der Gemeinde in der Stadt Halle in Deutschland zurückgenommen hat, wollen wir hiermit klarstellen, dass unsere Bekanntmachung bezüglich des genannten Urteils hiermit aufgehoben ist." Erneute Unterschrift der 3 Rabbiner (BI. 174, Bd. I d. A. 7U 1218/97).
Dies bezieht sich auf ein ebenfalls in beglaubigter Übersetzung vorgelegtes Schreiben des Gerechtigkeitsgerichts B. unter dem Vorsitz des Rabbiners Sch. J. N. K. (richtig K.), welches folgendermaßen lautet: "Was wir in unserem Urteil vom 25. Juni dieses Jahres bezüglich der Gemeinde Halle (an der Saale) geschrieben haben, beruhte auf unserer Absicht, die Reformisten zu hindern, Entscheidungen und Lebensführung in der Gemeinde zu bestimmen, da diese Lebensführung der Führung nach der Thora Israels überhaupt nicht entspricht. Da wir aber gehört haben, dass die Personen, von denen im Urteil die Rede ist, als ob sie geeignet seien, die Häupter der Gemeinde zu sein, Menschen sind, an denen Zweifel haften, ist es selbstverständlich, dass wir es nicht so gemeint haben, und wir annullieren diesen Teil unseres Urteils.". Unterschrift Sch. N. K. (richtig K.) (Bl. 178, Bd. I d. A. 7 U 1218/97).
Schließlich ist dem Gericht ein weiteres Schreiben eingereicht worden, in dem die Unterzeichneten bestätigen, dass das Schiedsgericht beim Zentralrat der Juden in Deutschland kein Kirchengericht sei, da es nicht den Vorschriften des Religionsgesetzes entspreche. Dieses Schreiben ist unterschrieben von den Rabbinern Ht., K. und noch zwei weiteren Rabbinern. Rabbiner Ht., der sich als Rabbinatsassessor und als Rabbiner der Gemeinde ehemaliger deutscher Juden bezeichnet, hat darüber hinaus eine schriftliche Begründung des Urteils in Angelegenheit der Wahlen zum Vorstand der Gemeinde in Halle an der Saale in deutscher Übersetzung vorgelegt.
Der entscheidende Kern der Ausführungen besteht darin, dass die Entscheidung des Rabbinatsgerichtes in Israel davon ausgeht, dass K. S. zu Recht mangels bestehenden Judentums von der Wahl ausgeschlossen gewesen sei und insofern das Schiedsurteil des Schiedsgerichts beim Zentralrat der Juden in Deutschland falsch sei. Die Erklärungen des Rabbiners K. hinsichtlich einer Teilannullierung des Urteils seien nur in dem Sinne zu verstehen, dass die Wahl des Vorstandes der Gemeinde Halle vom 01.12.1996 formal Gültigkeit habe, wobei der Rabbinische Gerichtshof keine Wertung über die Würde der Häupter nach den Religionsgesetzen getroffen haben will. Es heißt wörtlich: "Wenn es nach den Religionsgesetzen entspricht, kann leider kein Vorstand in ganz Deutschland als Vorstand gelten, einschließlich Mitglieder des Zentralrates, der Landesverbände etc. Trotzdem hat das Religionsgericht beschlossen, den Vorstand in Halle ausnahmsweise zu bestätigen und der Brief von Rabbiner K. vom 10.07.1997 sagt nur, dass dies ein Ausnahmefall ist und kein Präzedenzfall." Unter Rechtsausführungen hat die Klägerin behauptet, dass weder ein Staatliches Rabbinatsgericht in Israel noch erst recht nicht ein Gerechtigkeitsgericht irgendeine Kompetenz besitze, das Schiedsurteil des Schiedsgerichtes beim Zentralrat der Juden in Deutschland aufzuheben.
Der Beklagte hat erstinstanzlich noch vorgetragen, ihm sei zwischenzeitlich durch ausdrückliche Genehmigung des kommissarischen Geschäftsführers der Klägerin Zugang zum gesamten Gemeindehaus Große Märkerstraße 13 gewährt worden, so daß die Klageanträge zu 1. und 2. aufgrund dieses unstreitigen Vortrages offensichtlich unbegründet seien.
Das Landgericht hat, nachdem es mit einem nicht angegriffenen Beschluss vom 12. Januar 1998 den Rechtsweg zu den Zivilgerichten für eröffnet erklärt hat, mit dem angefochtenen Urteil der Klage stattgegeben und den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Es hat einen Anspruch gegen den Beklagten nach §§ 862, 1004 BGB bejaht und sich zur Begründung den Ausführungen des Oberlandesgerichts Naumburg im Urteil vom 11.09.1997 - 7 U 1218/97 -angeschlossen.
An der Fortgeltung des Schiedsgerichtsurteils vom 17.04.1997 ändere auch die vom Beklagten einberufene Mitgliederversammlung vom 25.05.1997 nichts, weil diese nicht durch den kommissarischen Geschäftsführer einberufene Mitgliederversammlung keine wirksamen Beschlüsse habe fassen können.
Hinsichtlich der fortdauernden Tätigkeit des kommissarischen Geschäftsführers könne das Landgericht keine zeitliche Befristung vornehmen, weil dies ein nicht zulässiges Entscheiden einer innerkirchlichen Angelegenheit darstelle. Aus dem Urteil des Schiedsgerichts beim Zentralrat der Juden in Deutschland selbst ergebe sich eine solche Befristung nicht.
Gegen dieses Urteil des Landgerichts wendet sich der Beklagte mit der Berufung, mit der er seine sämtlichen Argumente und Darlegungen aus dem ersten Rechtszug wiederholt.
Darüber hinaus bezieht er sich auf eine Aussage des Senats im Urteil vom 11.09.1997 in der Sache 7 U 1218/97, wo der Senat im seinerzeitigen Verfahren auf Aufhebung der erlassenen einstweiligen Verfügung nicht ausgeschlossen hat, dass eines Tages Aufhebungsgründe vorliegen könnten, "z.B., wenn sich herausstellen sollte, dass der aufgrund des Schiedsurteils eingesetzte Verwalter seinem Auftrag der Vorbereitung und Durchführung von Neuwahlen grundlos nicht nachkommen sollte." (S. 27 des Urteils). Aufgrund des zwischenzeitlichen Zeitablaufes sei dieser Fall mittlerweile gegeben.
Der Beklagte und Berufungskläger ist der Ansicht, Hintergrund aller Rechtsstreitigkeiten und auch der Auseinandersetzungen innerhalb der Jüdischen Gemeinde in Halle überhaupt, sei der Versuch sogenannter Reformjuden oder liberaler Juden, die Jüdische Gemeinde in Halle "zu übernehmen", bzw. sie dem Zentralrat der Juden in Deutschland zu unterstellen, und zwar zu Lasten der orthodoxen Juden, welche sich nicht einer Einheitsgemeinde zugehörig fühlen könnten. Diese aus seiner Sicht zentrale Problematik des vorliegenden Falles erläutert er unter Hinweisen auf die Geschichte des Judentums in Deutschland (vgl. Schriftsatz vom 24.09.1998, dort Seiten 4 - 6, Bl. 75 bis 77 d. A.). Auch werde die Problematik dadurch verdeutlicht, dass sich mittlerweile ein Bund der gesetzestreuen Jüdischen Gemeinden in Deutschland als Alternative zum Zentralrat der Juden in Deutschland gegründet habe.
Er beantragt, in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils,
die Klage abzuweisen. Die Klägerin erklärt die Klage zu Ziff. 1 für erledigt und beantragt im übrigen,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich der Erledigterklärung trägt sie vor, sie halte das ursprünglich dem Beklagten auferlegte Hausverbot nunmehr vorerst für den Fall des Wohl Verhaltens des Beklagten nicht mehr aufrecht.
Es habe zwar der kommissarische Geschäftsführer der Klägerin Dr. P. F. bereits mit Schreiben vom 02.02.1998 das Hausverbot aufgehoben jedoch nur unter bestimmten Wohlverhaltensauflagen. Angesichts dessen, dass diese keineswegs uneingeschränkt eingehalten worden seien, habe man erstinstanzlich den Klageantrag 1. aufrechterhalten.
Nunmehr wolle man es bei der Aufhebung des Hausverbotes vorerst belassen, wenngleich der Beklagte keineswegs das von ihm geforderte Verhalten durchgängig an den Tag lege. So habe er beispielsweise am Yom Kippur (Versöhnungstag) dem 30.09.1998, vor der Synagoge dem Gemeindemitglied P. das Festtagsgebetbuch ins Gesicht geschlagen, um ihn für ein von ihm angenommenes Fehlverhalten zu sanktionieren. Dies zeige, dass er sich weiterhin Ordnungsgewalt in der Gemeinde anmaße.
Gleichwohl sehe man die Situation derzeit als nicht so gravierend an, dass das Hausverbot aufrechterhalten bleiben müsse.
Im Übrigen beruft sich die Klägerin und Berufungsbeklagte hinsichtlich ihres Antrages auf Zurückweisung der Berufung voll umfänglich auf ihr bisheriges Vorbringen in erster Instanz.
Gegen das Argument des Beklagten, zwischenzeitlich könne aufgrund des Zeitablaufs nicht davon ausgegangen werden, dass die Tätigkeit des kommissarischen Geschäftsführers noch von dem Mandat durch das Schiedsurteil des Schiedsgerichts beim Zentralrat der Juden in Deutschland gedeckt sei, nimmt die Klägerin denselben Standpunkt wie das Landgericht im angefochtenen Urteil ein. Sie ist der Ansicht, dies zu beurteilen, könne nicht der Entscheidungskompetenz der staatlichen Gerichte unterfallen.
Hilfsweise trägt sie im einzelnen vor, welche umfangreiche Tätigkeit der kommissarische Geschäftsführer der Klägerin mittlerweile entfaltet habe und welche Versuche er unternommen habe, beispielsweise in drei umfangreichen und intensiven Gemeindeversammlungen die Verabschiedung einer ordnungsgemäßen Satzung zustande zu bringen.
Eine neue Satzung habe beschlossen werden müssen, weil sich aus keinerlei Unterlagen ergebe, auf welche Weise die Satzungen vom 18.07.1991 und vom 01.10.1993 zustande gekommen seien.
Nachdem aber weder in Mitgliederversammlungen am 01.02.1998 noch am 05.04.1998 eine Satzungsverabschiedung zustande gekommen sei, habe man schließlich am 21.06.1998 mit Stimmenmehrheit die Satzung sowie die Wahlordnung angenommen.
Nachdem anlässlich dieser Versammlung lediglich 38,91 % aller stimmberechtigten Gemeindemitglieder versammelt gewesen seien, habe man sich dafür entschieden, nochmals unter Übersendung der Satzung und Wahlordnung die Mitglieder zu einer schriftlichen Zustimmung aufzufordern und habe auf diesem Wege bis Anfang September 1998 von 70 % aller stimmberechtigten Mitglieder ihre schriftliche Zustimmung zur Satzung und Wahlordnung erhalten.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vortrags der Klägerin insoweit wird auf den Schriftsatz vom 19.11.1998 (BI. 120 ff. d. A.) Bezug genommen.
Im Anschluss hieran und unter Zugrundelegung dieser Satzung und Wahlordnung sei es nun zur Ernennung eines Wahlausschusses gekommen, dieser habe einen Wahltermin auf den 28. Februar 1999 festgelegt und einen genauen Wahlkalender für das Verfahren bis dahin veröffentlicht. Insoweit wird wegen Einzelheiten auf das Vorbringen der Klägerin im Schriftsatz vom 09.12.1998 (Bl. 146 f. d. A.) Bezug genommen.
Im Übrigen aber wolle auch sie ergänzend zur Verdeutlichung des Streitstandes darauf hinweisen, dass Hintergrund der Auseinandersetzungen nicht in erster Linie der Streit sogenannter Reformjuden oder liberaler Juden mit orthodoxen Juden darstelle. Dem Beklagten gehe es vielmehr um persönliche Bereicherung für sich und ihm nahestehende Personen im Zusammenhang mit der Übernahme der Vorstandsschaft der Jüdischen Gemeinde in Halle. Dies ergebe sich z. B. aus dem von ihm seinerzeit eingeführten Fuhrpark (Mercedes der S-Klasse für ihn selbst, 2 Audi A 6 und darüber hinaus weitere Fahrzeuge), aus der bewilligten Geschäftsführervergütung für den ihm nahestehenden Herrn Be. von ca. 10.000,00 DM pro Monat sowie aus der großzügigen Inanspruchnahme von Aufwendungsersatz für seine Tätigkeit durch den Beklagten selbst.
Der Beklagte hat sich der Teilerledigungserklärung der Klägerin nicht angeschlossen.
Er verweist noch darauf, dass sein Prozessbevollmächtigter nunmehr durch drei Gemeindemitglieder mandatiert worden sei, vor dem Schiedsgericht beim Zentralrat der Juden in Deutschland das ordnungsgemäße Zustandekommen der nunmehrigen Satzung und Wahlordnung anzufechten und damit auch gleichzeitig die anberaumten Wahlen.
Wegen weiterer Einzelheiten des beiderseitigen Partei Vorbringens wird auf die in diesem Verfahren und auf die in den beigezogenen Verfahren 7 U 1328 und 7 U 1218/97 eingereichten Schriftsätze beider Parteien und die von ihnen vorgelegten Unterlagen und Anlagebände Bezug genommen.
Der Senat hat in zwei Beschlüssen vom 6. Oktober 1998 und vom 20. Oktober 1998 jeweils Anträge des Beklagten auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung abgelehnt mit Ausnahme hinsichtlich der bereits absehbar für erledigt zu erklärenden Ziff. 1 des ursprünglichen Klageantrages im zweiten Beschluss. Wegen des genauen Inhalts der Beschlüsse wird auf Bl. 96 f. und auf Bl. 113 f. d. A. Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 22.06.1998 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Halle - 8 0 406/97 - ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden (§§ 511, 511 a, 516, 518, 519 ZPO).
Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Die Zuständigkeit des Senates zur Entscheidung ist gegeben. Nachdem er über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung des Landgerichts zur Sache zu entscheiden hat, hat er nicht mehr zu prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist (§ 17 a GVG).
Im Übrigen hält der Senat an seiner in den Verfahren 7 U 1328/98 und 7 U 1218/97 niedergelegten Rechtsmeinung fest. Er wiederholt daher im nachfolgenden die dort zur Sach- und Rechtslage getätigten Aussagen, die er jedoch der besseren Lesbarkeit des Urteils halber auch dort, wo sie sich wörtlich decken, nochmals im Einzelnen aufführt.
Von o. a. Erwägungen (§ 17 a GVG) abgesehen, hält der Senat den Zivilrechtsweg auch im Übrigen für gegeben.
Zwar bejaht der Bundesgerichtshof für die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsurteils vergleichbarer Art die Zuständigkeit des Verwaltungsrechtsweges (BGH in DÖV 1965, 394). Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um ein derartiges Begehren, sondern um eine einstweilige Verfügung wegen Eigentumsstörung (§ 1004 BGB), wobei die Frage der ordnungsgemäßen Repräsentanz nur eine Vorfrage darstellt und noch dazu eine, die durch das Schiedsurteil als innerkirchlich geklärt anzusehen ist. Für derartige Rechtsstreitigkeiten ist der Zivilrechtsweg gegeben (§ 13 GVG).
Die Berufung des Beklagten ist zurückzuweisen, denn der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Unterlassung wie von ihr beantragt aufgrund des §§ 862, 1004 BGB zu. Würde der Beklagte Handlungen wie im Tenor näher bezeichnet vornehmen, würde er damit das Eigentum der Jüdischen Gemeinde zu Halle/Saale in "anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes" beeinträchtigen und auch sie im Besitz stören. Deswegen kann die Klägerin bei der Besorgnis weiterer Beeinträchtigungen deren Unterlassung verlangen (§§ 862, 1004 Abs. 1 BGB).
Der Beklagte hat die ihm von der Klägerin vorgeworfenen Handlungen auch eingeräumt. Er berühmt sich in der Klageerwiderung ja gerade seiner Berechtigung hierzu. Dann aber ist durch die geschehenen Vorkommnisse ebenso wie durch den vom Beklagten eingenommenen Rechtsstandpunkt, so er denn unzutreffend sein sollte, die Wiederholungsgefahr begründet und es besteht ein Interesse der Klägerin an einer Unterbindung derartiger Handlungen und Vorgehens weisen.
Der Unterlassungsanspruch nach §§ 862, 1004 BGB ist gegeben, denn die alleinige Vertretungsbefugnis des Dr. P. F. steht aufgrund des Schiedsurteils des Schiedsgerichts beim Zentralrat der Juden in Deutschland vom 17.04.1997 als einer von einer innerkirchlichen Gerichtsbarkeit getroffenen Entscheidung fest.
Ausgangspunkt aller Überlegungen muss vorab sein, dass die staatlichen Gerichte die Autonomie der Religionskörperschaften zu achten haben. Dies ergibt sich aus den Vorschriften des Grundgesetzes i. V. mit den insoweit fortgeltenden Vorschriften der Weimarer Reichsverfassung und entspricht ständiger Rechtsprechung aller Oberen Bundesgerichte und des Bundesverfassungsgerichts. Zuletzt erneut BVerfG, 1. Kammer des 2. Senats, in vier - soweit ersichtlich - bisher unveröffentlichten Beschlüssen mit den Aktenzeichen 2 BvR 1476/94, 2 BvR 626/90, 2 BvR 2059/93 und 2 BvR 69/93). Es ist vom Grundsatz her auch unumstritten. Der Senat bezieht sich hierbei auf die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt in dessen Beschluss vom 24. Februar 1997 - Az. B 2 S 30/96 - und macht sich die nachfolgend aus der Entscheidung zitierten Ausführungen inhaltlich zu eigen:
"Wahlen und daraus resultierende Vertretungsbefugnisse sind "innere Angelegenlieiten" einer Religionsgemeinschaft; die staatliche Rechtsordnung hat auch wegen der mit der Bestellung von Vorständen verbundenen "Außenvertretung" keine "Notkompetenz", sich in die Angelegenlieiten der Religionsgesellschaft einzumischen.
Die Wahl von Vorständen der Religionsgemeinschaft gehört zum "Kernbereich" der "inneren Angelegenlieiten". Sie wird auch nicht deshalb zur vom Staat wenigstens kontrollierbaren Maßnahme, weil und sofern mit der Wahl die Vertretung der Körperschaft im Rechtsverkehr verbunden ist. Diese Regeln gelten nicht nur dann, wenn einzelne Mitglieder der Religionsgemeinschaft einen internen Streit vor die staatlichen Gerichte bringen, sondern auch wenn die Religionsgemeinschaft selbst das Gericht anruft.
Der über Art. 140 des Grundgesetzes - GG - als Bundesverfassungsrecht fortgeltende Art. 137 der Verfassung des Deutschen Reichs vom 11.08.1919 (RGBl, S. 1383) – "Weimarer Verfassung" - WV - bekennt sich nicht nur in seinen beiden ersten Absätzen zur Neutralität des Staates gegenüber den Religionsgesellschaften, indem er keine von ihnen als "Staatskirche" mit Vorrang behandelt und die Vereinigungsfreiheit nach den Grundsätzen der Gleichberechtigung gewährleistet, sondern hält auch in seinem hier einschlägigen dritten Absatz die innere Organisation der Religionsgesellschaften "staatsfrei"; die Religionsgesellschaft bestimmt ohne jede Mitwirkung von außen über ihre Ämter (Art. 137 Abs. 3 Satz 2 WV). Diese "Weimarer Regelung" wird nochmals durch Art. 32 Abs. 5 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt - LVerf LSA - vom 16.07.1992 (LSA-GVBI 600) übernommen. Außerdem wiederholen Art. 32 Abs. 1 Satz 1 LVerf LSA die "Trennung" beider Sphären und Art. 32 Abs. 2 LVerf LSA die "Organisationsfreiheit". Der aufgrund des Art. 32 Abs. 4 LVerf LSA mit der Jüdischen Gemeinschaft in Sachsen-Anhalt geschlossene Vertrag vom 23.03.1994 - Vertrag -([LSA-GVBI 795], Zustimmungsgesetz vom 05.07.1994 [LSA-GVBI 794], Bek. v. 01.08.1994 [LSA-GVBI 936]) garantiert den jüdischen Kultusgemeinden, ihre Angelegenheiten entsprechend jüdischer Tradition und Gesetze selbständig zu ordnen und zu verwalten (Art. 1 Abs. 2 Vertrag). Der Vertrag lässt keine Ausnahmeregelung dahin erkennen, dass die jüdischen Gemeinden Teile ihrer Organisationsgewalt auf den Staat übertragen haben oder Kontrollen des Staats in weiterem Umfang zulassen wollen, als dies allgemein von der Rechtsprechung zu Art. 140 GG angenommen wird.
Danach sind "rein innerkirchliche Maßnahmen" schlechthin staatsfrei (BVerfG, Beschl. v. 17.02.1965 - 1 BvR 732/64 -, BVerfGE 18, 385 [386], verneint ihren Charakter als (staatliche) "öffentliche Gewalt"; BVerfG, Beschl. v. 21.09.1976 - 2 BvR 350/75, BVerfGE 42, 312 [333], lässt in diesem Kernbereich keine Einschränkung durch staatliche Gesetze zu; BVerfG, Beschl. v. 25.03.1980 - 2 BvR 208/76 -, BVerfGE 53, 366 [401], verlangt Rücksichtnahme staatlicher Gesetzgebung in dem durch Art. 137 Abs. 3 WV zulässigen Regelungsbereich auf die "Kirchenfreiheit" sowie das "Eigenverständnis" der jeweiligen Religionsgesellschaft; BVerfG, Beschl. v. 05.02.1991 - 2 BvR 263/86 -, BVerfGE 83, 341 [354 ff], schließlich verlangt, staatliches Organisationsrecht so anzuwenden, dass dem Eigenorganisationswillen und dem Eigenverständnis der Religionsgesellschaft so weit wie möglich entsprochen werden kann [Bahà'i und Vereinsrecht]).
Diese Grundsätze gelten unabhängig davon, ob sich die Religionsgesellschaft als Verein des Privatrechts organisiert oder nach Art. 137 Abs. 5 S. 1,2 WV Körperschaft des öffentlichen Rechts wird; denn auch als solche unterliegt sie keinerlei staatlicher Aufsicht und ist dem Staat nicht nach - sondern gleichgeordnet (BVerfGE 42, 312 [312 f]; BVerfG, Beschl. v. 13.12.1983 - 2 BvL 13-15/82 -, BVerfGE 66, 1 [19 f], m. w. Nachw.).
Was zu den "inneren Angelegenheiten" zählt, ist "materiell" danach zu bestimmen, was "der Natur der Sache oder Zweckbeziehung nach" als "eigene" Angelegenheit anzusehen ist (BVerfGE 18, 385 [387]).
Die Rechtsprechung hat - ausgehend von der Organisationshoheit - insbesondere hierzu Fragen gerechnet, die "Ämter" innerhalb der Religionsgesellschaft betreffen (vgl. etwa: BVerfGE 42, 312 [322]; BVerfG [Vorprüfungsausschuss], Beschl. v. 01.06.1993 - 2 BvR 453/83 -, NJW 1983, 2569; BVerwG, Urt. v. 27.10.1966 - BVerwG II C 98.64 -, BVerwGE 25, 226 [230]; Urt. v. 25.11.1982 - BVerwG 2 C 21.78 -, BVerwGE 66, 241 [243]; Urt. v. 28.04.1994 -BVerwG 2 C 23.92 -, Buchholz 230 [BRRG] § 135 Nr. 6 = DVB1 1994, 1081 = DÖV 1994, 961 =NJW 1994, 3367; OVGNW, Urt. v. 23.08.1977 - VIII A 1813/75 -, NJW 1978, 905 [906]; VGH BW, Urt. v. 08.06.1993 - 4 S 27776/92 -, NVwZ-RR 1994, 422 [422]; vgl. auch LAG Berlin, Beschl. v. 19.04.1985 -14 TaBV 1/85-, NJW 1985, 3039 ff [Streit zwischen religiöser Einrichtung und Mitarbeitervertretung]). Das gilt auch für Wahlen innerhalb der Religionsgesellschaft (BVerwG, Beschl. v. 20.11.1992 - BVerwG 7 B 48.92 -, Buchholz 11 [GG] Art. 140 Nr. 51 - NVwZ 1993, 672; vgl. auch OVG NW, NJW 1978, 905 [906]).
Nichts anderes folgt daraus, dass die Rechtsprechung den Kreis der "inneren Angelegenheiten" verlassen sieht, wenn sich die Maßnahme nicht nur im rein internen Bereich auswirkt, sondern "mittelbar" staatliche Aufgaben wahrgenommen werden (BVerwGE 25, 226 [229]; 25, 364 [365]; 66, 241 [242]; BVerwG, Beschl. v. 31.05.1990 - BVerwG 7 CB 31.89 -, Buchholz 11 [GG] Art. 140 Nr. 45 = NJW 1990, 2079 = BayVBl 1991, 220; BayVGH, Beschl. v. 04.05.1994 - 3 B 92.1966 -, NVwZ-RR 1995, 59) oder sonst in den staatlichen, gesamtgesellschaftlichen oder nachbarschaftlichen Bereich hineinwirkt (vgl. insoweit etwa: BVerwG, Urt. v. 07.10.1983 - BVerwG 7 C 44.81 -, BVerwGE 6S, 62 [63] ; Urt. v. 30.04.1992 - BVerwG 4 C 25.91 -, BVerwGE 90, 163 [165] ; OVG Bremen, Beschl. v. 28.03.1995 - 1 B 75/94 -, NVwZ 1995, 793, und BayVGH, Beschl. v. 28.03.1994 -7 CE 93.2403 -, NVwZ 1994, 787 [788 f] <Äußerung einer Religionsgesellschaft über eine andere>). Durch die Außenvertretung nimmt die Religionsgesellschaft keine staatlichen Aufgaben wahr, sondern am Rechtsverkehr teil. Die Ausstrahlung in die staatliche Rechtsordnung erschöpft sich hierin aber auch.
Würde der Staat die aus der Wahl folgende „Vertretungsbefugnis" zum Anlass einer Kontrolle nehmen, dann müsste er mittelbar die Interna kontrollieren, welche zu dieser Befugnis geführt hatten, und sich damit in den Kern der "inneren Angelegenheiten" einmischen. Das muss dem Staat in ähnlicher Weise versagt sein, wie er die ihm ausdrücklich zugewiesene Kontrolle von Amtsbezügen nicht zum Anlass nehmen darf, auch die Statusfrage zu beantworten, ob dem Amtsinhaber das Amt zusteht (vgl. insoweit etwa: BVerwGE 25, 226 [230]; 66, 241 [244]; BVerwG, Beschl. v. 28.04.1994 - BVerwG 2 C 23.92 -, Buchholz 230 [BRRG] § 135 Nr. 6 = DVB1 1994, 1081 = DÖV 1994, 961 -NJW 1994, 3367).
Die Religionsgesellschaft kann nur aus eigenem Entschluss dafür sorgen, dass Streitigkeiten über die korrekte Besetzung eines Amts, die Richtigkeit einer Wahl und deren Verbindlichkeit in der Regel aus eigener Macht geklärt werden. Dafür ist in erster Linie auf die Rechtsgrundlagen zu verweisen, welche sich die Religionsgemeinschaft selbst gegeben hat."
Der Senat folgt dem Oberverwaltungsgericht auch darin, dass der Vertrag zwischen den jüdischen Gemeinden und dem Land Sachsen-Anhalt offenkundig keine Zuständigkeit der staatlichen Gerichte begründet und auch sonstige Übertragungsnormen oder -erklärungen, die eine staatliche Zuständigkeit für die Regelung religionsinterner Konfliktfragen der jüdischen Gemeinden begründen könnten, nicht ersichtlich sind, weshalb auch an dieser Stelle die Frage, ob dies grundsätzlich möglich ist (hierzu das OVG a. a. O. S. 7 f.) keiner weiteren Vertiefung bedarf.
Angesichts des Inhalts dieses Rechtsstreits bedarf es an dieser Stelle auch keines Eingehens auf die Frage, ob ein staatliches Recht auf „Neubestellung" eines Vorstands anzuerkennen ist (auch hierzu OVG a. a. O. S. 8 f der Entscheidungsgründe).
Aus all diesen Erwägungen heraus folgt, dass es dem Senat verwehrt ist, in der Sache zu entscheiden, wer von denjenigen, die sich dessen berühmen, die Jüdische Gemeinde zu Halle/Saale rechtmäßig vertritt.
Dies tut der Senat aber auch nicht.
Wenn er über das Anliegen der Antragstellerin des einstweiligen Verfügungsverfahrens entscheidet, greift er auf diese Weise nicht in die Religionsautonomie ein.
Hierfür ist entscheidend, dass die Frage, um die es hier geht, nicht mehr unentschieden ist sondern dem vom Schiedsgericht beim Zentralrat der Juden in Deutschland durch dessen Schiedsurteil vom 17.04.1997 verbindlich und abschließend innergemeindlich entschieden worden ist.
Diese Entscheidung des Schiedsgerichts beim Zentralrat der Juden in Deutschland ist für die staatlichen Gerichte bindend. Als Entscheidung einer innerkirchlichen Angelegenheit durch ein kirchliches Gericht unterliegt sie ihm Rahmen einer Inzidentprüfung durch staatliche Gerichte nur einer Überprüfung anhand elementarer Menschenrechte und grundlegender Staatsgesetze bzw. auf Willkür (vgl. dazu Rüfner in Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band 2, 2. Auflage, S. 1090 f., Scheuner, ZevKR 3 (1953/54), Die Nachprüfung kirchlicher Rechtshandlungen durch staatliche Gericht, S. 358 f; Hesse, Der Rechtsschutz der staatlichen Gerichte im kirchlichen Bereich, S. 129 ff, 133).
Vorliegend ist das Urteil auch als Entscheidung einer innerkirchlichen Angelegenheit durch ein kirchliches Gericht anzusehen.
Das Schiedsgericht beim Zentralrat der Juden in Deutschland mag kein Religionsgericht (Bet-Din) sein. Es ist aber nach seiner Art, Struktur und nach seinen Zuständigkeiten, wie sie sich aus seiner Schiedsordnung ergeben, als innerkirchliches Verwaltungsgericht anzusehen.
Dafür spricht, dass es für Streitigkeiten betreffend die Organe und Mitglieder des Zentralrates der Juden in Deutschland schlechthin zuständig ist und zwar ohne Unterwerfungsnotwendigkeit im Einzelfall. Eine Unterwerfungserklärung als Voraussetzung für sein Tätigwerden, was indiziell für einen Schiedsgerichtscharakter sprechen könnte, wird überwiegend nicht verlangt sondern nur dort, wo das Schiedsgericht auch für andere Auseinandersetzungen die Jüdische Gemeinschaft betreffend zur Verfügung steht.
Ist das so, so ist davon auszugehen, dass die Jüdische Gemeinde zu Halle/Saale sich dem Spruch des Schiedsgerichts unterworfen hat, und zwar in Kenntnis von dessen Schiedsordnung, wonach der Spruch endgültig ist und zwischen den Parteien die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils hat (§ 16 der Schiedsordnung i. V. m. § 15 Abs. 7 der Satzung des Zentralrates der Juden in Deutschland).
Zwar liegen dem Senat bis heute keine schriftlichen Unterwerfungserklärungen vor. Jedoch haben beide damaligen Streitteile die Gruppe um K. S. (Reformjuden) und die Gruppe um den Beklagten (orthodoxe Juden) das Schiedsgericht angerufen, sind dort aufgetreten und haben Anträge gestellt, ohne dass in irgendeiner Form die Entscheidungskompetenz des Schiedsgerichts in Frage gestellt worden wäre.
Das hält der Senat für ausreichend, um anzunehmen, dass sich die Jüdische Gemeinde zu Halle an der Saale dem Schiedsgerichtsspruch unterworfen hat. Auszugehen ist von drei Gruppen damals in der Jüdischen Gemeinde zu Halle an der Saale: den beiden widerstreitenden Gruppen als den Aktivisten, wobei es hierfür unerheblich ist, ob hinter einer davon, wie vom Beklagten behauptet, der Landesverband "steckte", und einer vermutlich zahlenmäßig kleineren Gruppe insoweit indifferenter Gemeindemitglieder. Wenn aber bei dieser Situation, die ja auch mit der Resignation des alten Vorstandes verbunden war, die zwei aktiven Gruppen, vertreten durch ihre jeweiligen Wortführer, den zwischen ihnen bestehenden Streit dem Schiedsgericht unterworfen haben, dürfte dies ausreichen, um jenem die Entscheidungskompetenz übertragen zu haben.
Gegen die Ansicht des Beklagten, Herr K. S. und er hätten das Schiedsgericht gewissermaßen als Privatpersonen angerufen, spricht, dass beide bei der Anrufung im Namen der Jüdischen Gemeinde aufgetreten sind.
Geht man hiervon aus, so hat das Schiedsgericht als innerkirchliches Verwaltungsgericht, ein Bet-Din musste es nicht sein, entschieden, und zwar lt. seiner Schiedsordnung rechtskräftig und abschließend.
Es hat dabei auch nicht seine Entscheidungskompetenz überschritten. Zwar hat es nicht nur entschieden, das weder die Wahl von S. noch die des Beklagten rechtmäßig war, sondern es hat weiterhin die Einsetzung eines kommissarischen Geschäftsführers durch das Präsidium des Zentralrates der Juden in Deutschland verfugt und die Prüfung der Geschäfte durch den Landesrechnungshof.
Jedoch zu letzterem haben sich die Streitteile ausweislich der Gründe des Schiedsurteils vorab bereit erklärt. Damit ist dieser Punkt von ihrem Einverständnis mit umfasst.
Was nun die Bestellung eines vom Präsidium des Zentralrates der Juden in Deutschland zu benennenden kommissarischen Geschäftsführers angeht, so hat sich das Schiedsgericht vor der Situation gesehen, aussprechen zu müssen, dass die Gemeinde keine rechtmäßig dazu befugten Organe hat.
Nach dem Vereinsrecht des bürgerlichen Rechts wäre bei einer vergleichbaren Situation durch das Amtsgericht für die Zeit bis zur Behebung des Mangels ein Notvorstand zu bestellen gewesen (§ 29 BGB). Nur hätte dies ein Amtsgericht hier wegen der Religionsautonomie nicht tun können. Deshalb hat es das Schiedsgericht selbst getan und dies erscheint angemessen und von der Regelungskompetenz des Schiedsgerichts mit gedeckt.
Das Urteil des Schiedsgerichts konnte auch nicht dadurch aus der Welt geschafft werden, dass die Wortführer der damals streitenden Lager sich nach dem Schiedsspruch einigten und das Schiedsgericht wissen ließen, seiner Entscheidung nicht mehr zu bedürfen.
Derartiges mag angehen, bei einem klassischen Schiedsverfahren nach der Zivilprozessordnung. Wenn dort zwei Parteien miteinander streiten, ein Schiedsverfahren vereinbaren, aber hinterher beide den Schiedsspruch für falsch halten und zu - vermeintlicher oder wirklicher - besserer Erkenntnis kommen, so ist es ihnen unbenommen, nicht nach dem Schiedsspruch zu verfahren. Alles steht ja zu ihrer vertraglichen Disposition.
Gerade letzteres aber dürfte bei der Frage, wer satzungs- und körperschaftsrechtlich eine religiöse Körperschaft des öffentlichen Rechts repräsentiert, nicht der Fall sein. Dies ist der Parteidisposition entzogen, sonst wäre es ja per Individualvereinbarung regelbar, wer Vorstand einer solchen öffentlich-rechtlichen Körperschaft ist und wer nicht.
Geht man aber davon aus, dass dies nicht geht, so konnte die spätere Einigung der Gruppen um K. S. und den Beklagten das Schiedsurteil nicht mehr aus der Welt schaffen, respektive ungeschehen oder wirkungslos machen.
Auch die auf der vom Berufungsbeklagten ins Feld geführten Mitgliederversammlung vom
25.05.1997 gefassten Beschlüsse sind nicht geeignet, das Schiedsurteil in Frage zu stellen. Aufgrund des Schiedsurteils des Schiedsgerichts vom Zentralrat der Juden in Deutschland vom 17.04.1997 war durch Entscheidung einer autonomen innerkirchlichen Gerichtsbarkeit niemand anders als der eingesetzte Verwalter Dr. P. F. zur Einberufung einer Mitgliederversammlung berufen. Eine anders zustande gekommene Mitgliederversammlung konnte daher keine wirksamen Beschlüsse fassen. Diese Situation ist aufgrund der Religionsautonomie vom Senat ohne nähere Überprüfung hinzunehmen.
Das Schiedsurteil des Schiedsgerichts beim Zentralrat der Juden in Deutschland vom 17.04.1997 besteht und wirkt fort.
Der Senat sieht auch die Ausarbeitung einer neuen Satzung und die Beschlussfassung hierüber als noch vom Auftrag des Schiedsgerichts an den Verwalter gedeckt an. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Entscheidung und Begründung des Schiedsurteils.
Nach neuerer Überlegung schließt sich der Senat hinsichtlich der Frage, der Beendigung des Mandats des kommissarischen Geschäftsführers den hierzu gemachten Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung an. Es nimmt zur Begründung ausdrücklich insoweit auf die Ausnahrungen im zweiten Absatz auf S. 12 des angefochtenen Urteils Bezug (§ 543 Abs. 1 ZPO).
Darüber hinaus hat die Klägerin nachgewiesen, dass sich ihr kommissarischer Geschäftsführer Herr Dr. P. F. fortlaufend und intensiv um das Zustandekommen einer mehrheitlich auf einer Gemeindeversammlung zustande gekommenen Satzung und Wahlordnung bemühte, um auf dieser Grundlage sodann gemeinde verfassungsrechtlich unangreifbare Vorstandswahlen durchführen zu können.
Dass er sich dabei nicht auf die Satzung vom 01.10.1993 stützte, sondern davon ausging, eine neue Satzung beschließen lassen zu müssen, nachdem nicht klar ist, wie die früheren Satzungen zustande gekommen sind, ist als innerkirchliche Entscheidung vom Senat hinzunehmen. Dass es auf dem ursprünglich beabsichtigten Wege nämlich im Rahmen einer Mitgliederversammlung nicht zu einer Satzungsverabschiedung mit 2/3 Mehrheit kam, liegt offensichtlich nicht am nicht Wollen oder nicht Können des kommissarischen Geschäftsführers, sondern ist in den Eigenheiten und Zerstrittenheiten der jüdischen Gemeinde zu Halle (Saale) begründet. Ob die gleichwohl nunmehr im Wege der schriftlichen Mitgliederbefragung beschlossene Satzung und Walordnung als ordnungsgemäß zustande gekommen anzusehen sein wird, wird - wie vom Beklagten im Termin mitgeteilt - erneut das Schiedsgericht beim Zentralrat der Juden in Deutschland zu entscheiden haben.
Der Senat hat somit weder grundsätzlich noch durch den zwischenzeitlichen Zeitablauf noch durch das in dieser Zeit gezeigte Verhalten des kommissarischen Geschäftsführer Dr. P. F. Anlass, von seinem Standpunkt abzugehen, dass die Einsetzung von Dr. P. F. und dessen Agieren in der jüdischen Gemeinde zu Halle (Saale) vom Schiedsurteil des Schiedsgerichts beim Zentralrat der Juden in Deutschland gedeckt ist, was zur Folge hat, dass die durch ihn vertretene jüdische Gemeinde als Klägerin gegen den Beklagten die mit dieser Klage verfolgten Ansprüche geltend machen kann.
Das Schiedsurteil des Schiedsgerichts beim Zentralrat der Juden in Deutschland vom 17.03.1997 ist auch nicht etwa deshalb als Grundlage der Entscheidung entfallen, weil der Beklagte ein Urteil des Rabbinatsgerichts in B. vom 25.06.1997 vorgelegt hat. Angesichts der Verbindlichkeit des Schiedsurteils des Schiedsgerichts beim Zentralrat der Juden in Deutschland vom 17.04.1997 kann das vorgelegte Urteil des Rabbinatsgerichts in B. vom 25.06.1997 keine Wirkungen entfalten.
Dessen Maßgeblichkeit begegnet aber auch darüber hinaus erheblichen Bedenken.
Nachdem von der Berufungsklägerin vorgelegten Rechtsgutachten des Dr. jur. M., Lehrbeauftragter für jüdisches Recht im Fachbereich Rechtswissenschaft der Johann-Wolfgang-von-Goethe-Universität in Frankfurt am Main, ist dieses Rabbinatsgericht ein sogenanntes Gerechtigkeitsgericht, also eine private Institution, die keinerlei öffentliche Rechtssprechungszuständigkeit hat, wenn sie auch für die Mitglieder der Gemeinde des Rabbiners K. (richtig K.) für Fragen des kirchlichen Rechts bindend sein mag (4.1 des Privatgutachtens vom 23. Juli 1997 [Bl. 14 von Bd. II d. A. 7 U 1218/97]).
In die gleiche Richtung geht die Äußerung des Direktors der Rabbinatsgerichte Rabbiner E. D. von der Verwaltung der Rabbinatsgerichte (Bl. 44 u. 45 von Bd. II d. A.
7 U 1218/97). In dieser Mitteilung, welche voraussichtlich an einen Bevollmächtigten der Klägerin gerichtet wurde,
Summary
Als Vorfrage im Hinblick auf zivilrechtliche Unterlassungsansprüche war zwischen den Beteiligten streitig, wer von ihnen befugt war, die Jüdische Gemeinde zu Halle rechtmäßig zu vertreten. Die von ihnen begehrte Feststellung des Schiedsgerichts beim Zentralrat der Juden in Deutschland ging dahin, dass beide nicht zur Vertretung berechtigt seien und dass die Geschäftsführung kommissarisch von einer vom Präsidium des Zentralrats der Juden in Deutschland zu bestimmenden Person wahrgenommen werden sollte, als welche vom Präsidium Dr. P. F. benannt wurde. Zwischen den Parteien wurden etliche einstweilige Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Halle angestrengt. Im vorliegenden Verfahren hatte das Landgericht den Beklagten im Hinblick auf seine fehlende Vertretungsbefugnis in mehrfacher Hinsicht zu Unterlassungen gemäß §§ 862, 1006 BGB verurteilt. Die Berufung des Beklagten gegen dieses Urteil hat der Senat zurückgewiesen. In seinen Augen waren die Unterlassungsansprüche begründet, da der Beklagte angesichts des Schiedsurteils des Schiedsgerichts beim Zentralrat der Juden nicht befugt war, die beanstandeten Handlungen vorzunehmen. Dieses Schiedsurteil sei als Schiedsurteil eines innerkirchlichen Verwaltungsgerichts anzusehen und nicht als Schiedsspruch nach Maßgabe der §§ 1025 ff. ZPO. Mit ihm habe die zuständige religiöse Instanz abschließend entschieden;