34 Sch 23/10


Gericht OLG München Aktenzeichen 34 Sch 23/10 Datum 13.10.2010
Leitsatz
Rechtsvorschriften
Fundstelle
Aktenzeichen der VorinstanzLG Kleve 6 O 87/10
Stichworte
Volltext
B E S C H L U S S
Die Übernahme wird abgelehnt.
G r ü n d e :
I.
Zwischen der Klägerin als Schiedsklägerin und einer Handelsgesellschaft (GmbH) als Schiedsbeklagten, erging am 10.4.2007 in München folgender Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut:
„I. Die Beklagte zahlt an die Klägerin EUR 84.575,00 und verpflichtet sich, zukünftig keinerlei Geschäftstätigkeiten im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung auszuüben.
II. Wird ein Betrag von EUR 45.000,00 bis spätestens 16.04.2007 gezahlt, so ist der Beklagten der Restbetrag erlassen.
Im Falle der rechtzeitigen Zahlung sind sich die Parteien einig, dass zwischen ihnen aus dem Kooperationsvertrag und dessen Beendigung mit Ausnahme des Wettbewerbsverbots gemäß Ziffer I des Vergleichs keinerlei gegenseitige Ansprüche bestehen und dass das Vertragsverhältnis zum 31. Oktober 2005 beendet worden ist.
Im Falle der rechtzeitigen Zahlung verzichtet die Klägerin im Wege eines Vertrags zugunsten Dritter auf Ersatzansprüche in Zusammenhang mit dem Kooperationsvertrag und dessen Beendigung gegen Herrn R. und Herrn B. persönlich.
III. (Kostenentscheidung)“
Die Klägerin erhob unter dem 25.3.2010 gegen den damaligen Geschäftsführer der Schiedsbeklagten Klage zum Landgericht Kleve mit folgenden Anträgen:
1. Der Schiedsspruch vom 10.04.2007 des Schiedsgerichts, bestehend aus ...., wird im Wege der Zwischenfeststellung für nichtig erklärt.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin als Schadensersatzteilbetrag € 50.000,00 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Das Landgericht Kleve hat mit Beschluss vom 9.9.2010 den Klageantrag zu 1 abgetrennt, mit Beschluss vom 17.9.2010 sich insoweit für örtlich und sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit antragsgemäß, auch hinsichtlich des Prozesskostenhilfegesuch des Beklagten, an das Oberlandesgericht München verwiesen. Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, die Klägerin begehre rechtsgestaltend die Nichtigerklärung des Schiedsspruchs durch ein staatliches Gericht. Damit sei ihr Klageantrag auf die Aufhebung des Schiedsspruchs gerichtet. Dafür sei aber nach §§ 1059, 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO als Eingangsgericht das Oberlandesgericht zuständig, in dessen Bezirk der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens liegt.
II.
Die Übernahme wird abgelehnt. Das Oberlandesgericht München ist zur Entscheidung nicht zuständig; die Verweisung ist nicht bindend.
1. Gemäß §§ 1059, 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ist für den Antrag auf Aufhebung eines Schiedsspruchs (u.a.) das Oberlandesgericht zuständig, in dessen Bezirk der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens liegt. Ein derartiger Antrag liegt indes nicht vor. Die Klägerin hat nämlich ausdrücklich Zwischenfeststellungsklage („im Wege der Zwischenfeststellung“) gemäß § 256 Abs. 2 ZPO erhoben. Ihr Ziel ist nicht die Aufhebung des Schiedsspruchs vom 10.04.2007, sondern die Feststellung, dass dieser – aufgrund ihrer Anfechtung - nichtig sei, was sie als Voraussetzung für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Beklagten erachtet. Für diese Beurteilung spricht auch, dass die Klägerin ihre Anträge trotz entsprechender Hinweise von Gericht und Gegenseite nicht gegen die andere Partei im Schiedsverfahren, sondern gegen den am Schiedsverfahren nicht beteiligten Beklagten richtet. Lediglich im Verhältnis zu Letzterem und als Voraussetzung für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen will sie die Unwirksamkeit, im Übrigen weit außerhalb der Fristen des § 1059 Abs. 3 ZPO, immer noch lediglich festgestellt wissen. Angesichts des eindeutigen Antrags ändert auch die Erwähnung einer analogen Anwendung des § 1059 Abs. 2 ZPO im Falle der arglistigen Täuschung oder des vorsätzlichen sittenwidrigen Erschleichens im Schriftsatz vom 23.7.2010 nichts. Wenn eine solche Feststellungsklage zulässig sein sollte, unterfällt sie der geläufigen Zuständigkeitsordnung (Amtsgericht/Landgericht; siehe MüKo/Münch ZPO 3. Aufl. § 1059 Rn. 80).
Ob dieser Antrag den Voraussetzungen des § 256 Abs. 2 ZPO genügt, ob es trotz des Wortlauts in § 1059 Abs. 1 ZPO („nur“; vgl. Zöller/Geimer ZPO 28. Aufl. § 1059 Rn. 1a; MüKo/Münch § 1059 Rn. 1 und 80) überhaupt zulässig ist, außerhalb eines Aufhebungsverfahrens die Nichtigkeit eines gemäß § 1055 ZPO materiell rechtskraftfähigen
Schiedsspruches feststellen zu lassen, und ob von einer derartigen Nichtigkeit in der Sache hier die Rede sein kann, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.
Maßgeblich ist, was die Klägerin mit der Klage erreichen möchte.
Auch das verweisende Gericht sieht, dass im Verhältnis der Parteien dieses Rechtsstreits ein Aufhebungsverfahren nicht durchgeführt werden kann.
2. Die Verweisung ist nicht bindend. Eine Bindung tritt entgegen dem Wortlaut von § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO dann nicht ein, wenn der Verweisung jede rechtliche Grundlage fehlt, sie als objektiv willkürlich erscheint (vgl. Zöller/Greger § 281 Rn. 17 m. w. N.). Ein solcher Fall liegt beispielsweise vor, wenn ein Rechtsstreit an ein Oberlandesgericht als erste Instanz verwiesen wird (vgl. BGH NJW 1951, 802/803; RGZ 119, 379/384; Musielak/Foerste ZPO 7. Aufl. § 281 Rn. 17). Ein Fall, in dem das Oberlandesgericht tatsächlich erstinstanzlich tätig wird, liegt nicht vor.
3. Daneben erscheint es auch bedenklich, § 281 ZPO entsprechend auf Fälle unterschiedlicher Verfahren (Prozessverfahren – Beschlussverfahren) anzuwenden. Offen lässt es der Senat, ob die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts nach § 1062 ZPO eine funktionale ist, für die § 281 ZPO von vorneherein nicht gilt (so OLG Brandenburg NJW-RR 2001, 645).
Summary