Gericht | BayObLG | Aktenzeichen | 4Z Sch 17/04 | Datum | 09.11.2004 |
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Leitsatz | |||||
Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs | |||||
Rechtsvorschriften | § 1061 ZPO Art. IV UNÜ, Art. V Abs. 1 Buchst. b UNÜ, Art. V Abs. 2 Buchst. b UNÜ, Art. VII Abs. 1 UNÜ | ||||
Fundstelle | |||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | Aufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Schiedsspruch, ausländisch; - Vollstreckbarerklärung, - formelle Antragserfordernisse Aufhebungs-/Versagungsgründe: - nicht ordnungsgemäßes Verfahren; - ordre pub | ||||
Volltext | |||||
B E S C H L U S S: I. Das aus dem Einzelschiedsrichter Rechtsanwalt Dr. H. bestehende Schiedsgericht erließ am 17. März 2003 in Prag in dem zwischen dem Antragsteller und dem Antragsgegner geführten Schiedsverfahren folgenden Schiedsspruch: 1. Es sind die Regeln für das Schiedsverfahren der Internationalen Handelskammer und das tschechische Recht anzuwenden. Der einzige Schiedsrichter erklärt seine Zuständigkeit. 2. Der Beklagte, Dipl. Ing. Arch. Z. ist verpflichtet, binnen 15 Tagen ab Zustellung des Schiedsspruchs an die Klägerin 830.000.- CZK nebst 7,5 % Verzugszinsen p.a. ab dem 16.12,2001 bis zum Tag der Zahlung zu bezahlen. 3. Die Klage hinsichtlich der Pflicht des Beklagten, der Klägerin 0,5 % Verzugszinsen p.a. auf die Summe von 830.000.- CZK ab dem 16.12.2001 bis zum Tag der Zahlung zu zahlen, wird abgewiesen. 4. Der Beklagte Dipi.-Ing. Arch. Z. ist verpflichtet, binnen 15 Tagen ab Zustellung des Schiedsspruchs 22.000.-- CZK als Kosten für die rechtliche Vertretung der Klägerin und 7.500 USD als Kosten des Schiedsverfahrens, die von dem Internationalen Schiedsgericht bei der Internationalen Handelskammer festgesetzt wurden, zu bezahlen und zwar auf das Konto des Rechtsanwalts der Klägerin, Dr. B." II. Der vorstehend wiedergegebene Schiedsspruch wird für vollstreckbar erklärt. III. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. IV. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar. V. Der Streitwert wird auf 32.879,85 Euro festgesetzt. G R Ü N D E: Der Antragsteiler ist ein tschechischer Interessenverband. Er hat das vorerwähnte Schiedsgericht angerufen und dort gegen den Antragsgegner Ansprüche im Zusammenhang mit einem Werkvertrag geltend gemacht. In dem in tschechischer Sprache abgefassten und handschriftlich unterzeichneten Werkvertrag vom 9.4.2001 hatten die Parteien unter Artikel 18.1 die Anwendung der Schiedsverfahrensregeln der Internationalen Handelskammer vereinbart und festgehalten, dass die Sprache des Schiedsverfahrens tschechisch sein solle. Am 22.8.2002 forderte der Einzelschiedsrichter den Antragsgegner in einem in Tschechisch abgefassten Schreiben auf, sich bis 5.9.2002 zu der vom Kläger eingereichten Liste der Streitfragen zu äußern. Der Antragsgegner teilte dem Schiedsgericht daraufhin unter Hinweis auf ein Gerichtsverfahren in Deutschland mit, dass er eine Stellungnahme ablehne. In der Folgezeit beteiligte sich der Antragsgegner nicht am Schiedsverfahren. Am 17. März 2003 erließ das Schiedsgericht in Prag den in Ziffer 1 der Entscheidungsformel in deutscher Übersetzung wiedergegebenen Schiedsspruch. Der Antragsteller beantragt, den im Original vorgelegten tschechischen Schiedsspruch vom 17. März 2003 für vollstreckbar zu erklären. Der Antragsgegner beantragt Abweisung des Antrags. Er rügt die Verletzung des rechtlichen Gehörs und macht geltend, dass das schiedsrichterliche Verfahren ordre-public-widrig sei. Er habe nur Schriftstücke in tschechischer bzw. englischer Sprache erhalten, was nach seiner Auffassung keine ordnungsgemäße Anhörung sei. Vielmehr hätte man ihm die Schriftstücke und insbesondere den Schiedsspruch mit beglaubigten deutschen Übersetzungen zur Verfügung stellen müssen. Er beherrsche die tschechische Sprache nicht. Er sei damit von dem Schiedsverfahren nicht gehörig in Kenntnis gesetzt worden und habe Hilfs- und Verteidigungsmittel nicht geltend machen können. Der Antrag des Antragstellers ist zulässig und begründet. Es liegen keine Gründe vor, dem Schiedsspruch die Anerkennung im Inland zu verweigern. 1. Die Zuständigkeit des Senats ergibt sich aus §§ 1025 Abs. 4, 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 und Abs. 5 ZPO i.V.m. § 6 a GZVJu. Der Antragsgegner hat seinen Wohnsitz in Bayern. 2. Die formellen Antragserfordernisse gemäß § 1064 Abs. 1 ZPO hat der Antragsteller erfüllt, indem er das Original des Schiedsspruchs vorgelegt hat. Für den Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs genügt nach §§ 1025 Abs. 4, 1064 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 ZPO die Einreichung des Schiedsspruchs in Urschrift oder beglaubigter Abschrift. Die Vorlage der Schiedsvereinbarung wird in § 1064 ZPO nicht verlangt. Die nationale Regelung des § 1064 ZPO hat nach dem Günstigkeitsprinzip des Art. VII Abs.1 des UN-Übereinkommens vom 10.6.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (UNÜ) Vorrang vor der entsprechenden Bestimmung des Art. IV UNÜ (vgl. BGH SchiedsVZ 2003, 281, 282). 3. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs vom 17. März 2003 ist begründet. Versagungs- oder Aufhebensgründe nach § 1061 ZPO i.V.m. Art. V UNÜ liegen nicht vor, insbesondere wurde der Antragsgegner bei der Durchführung des Schiedsverfahrens weder verfahrensfehlerhaft in seinen Rechten behindert (Art. VAbs.1 b UNÜ) noch führt die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht (Art. V Abs.2 b UNÜ). Unstreitig ist der Antragsgegner vom Schiedsgericht davon in Kenntnis gesetzt worden, dass der Antragsteller die Durchführung des Schiedsverfahrens betreibt. Ihm wurde Gelegenheit gegeben, zu der Liste der Streitfragen Stellung zu nehmen, was der Antragsgegner ausdrücklich abgelehnt hat. Ihm wurde damit ordnungsgemäß rechtliches Gehör gewährt und auch hinreichend Gelegenheit gegeben, Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend zu machen. Das tschechische Schiedsgericht war nicht gehalten, mit dem Antragsgegner in deutscher Sprache zu kommunizieren oder seinen Schreiben öffentlich beglaubigte deutsche Übersetzungen beizufügen. Es hatte auch nicht die Pflicht, dem Antragsgegner eine beglaubigte Übersetzung des Schiedsspruchs zur Verfügung zu steilen. Das Schiedsgericht hat sich vielmehr in zulässiger Weise der Verfahrenssprache bedient, die die Parteien bereits in Artikel 18.1 des Werkvertrages vom 9.4.2001 vereinbart haben. Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Antragsgegner nicht (mehr) an diese von ihm persönlich unterzeichnete Vertragsklausel gebunden sein soll. Unabhängig davon, inwieweit er die tschechische Sprache beherrscht, oblag es damit dem Antragsgegner, sich - gegebenenfalls mit Hilfe eines Übersetzers oder Dolmetschers - über den Inhalt der tschechischen Dokumente zu informieren (vgl. hierzu auch Dr. Stefan Kröll, Schiedsrichterliche Rechtsprechung 2003 in SchiedsVZ 3/2004, S. 113, 121 unter Hinweis auf OLG Celle vom 2.10.2001, Az. 8 Seh 03/01). Dementsprechend liegt auch kein Verstoß gegen deutsche Rechtsvorschriften, die der öffentlichen Ordnung zuzurechnen sind oder gegen grundlegende rechtsstaatliche Verfahrensvorschriften (ordre public) vor. Sonstige Versagungs- oder Aufhebungsgründe sind weder vorgetragen noch ersichtlich. 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. 5. Gemäß § 1064 Abs. 2 ZPO ist die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Der Streitwert wurde in Höhe der Summe der Beträge festgesetzt, die dem Antragsteller in Ziffer 2 und 4 des Schiedsspruchs zugesprochen wurden (830.000,00 CZK und 22.000,00 CZK bei einem Umrechnungskurs von 0,0318 zuzüglich 7.500,00 USD bei einem Umrechnungskurs von 0,7715). Die als Nebenforderung geltend gemachten Zinsen wurden nicht berücksichtigt (§§2, 3 und 4 ZPO). | |||||
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