Gericht | OLG München | Aktenzeichen | 34 SchH 09/10 | Datum | 21.01.2011 |
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Leitsatz | |||||
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B E S C H L U S S I. Der Antrag, einen Rentenberater zur Entscheidung über die Höhe und Ausgestaltung der von dem Antragsgegner zugunsten der Antragstellerin abzuschließenden Rentenversicherung als Schiedsrichter zu bestellen, wird abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin. III. Der Streitwert wird auf 4.500,00 € festgesetzt. Gründe: I. Die Ehe der Parteien wurde mit Urteil des Amtsgerichts vom 9.5.2007 geschieden. Mit notariellem Vertrag vom 22.12.2005 hatten die Parteien den Versorgungsausgleich unter Ausschluss des gesetzlichen Versorgungsausgleichs vertraglich geregelt. Unter § 2 wurde vereinbart, dass im Streitfall über Höhe und Ausgestaltung einer abzuschließenden Rentenversicherung verbindlich ein vom Familiengericht am Wohnsitz der Beteiligten zu bestimmender Rentenberater entscheiden solle. Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 27.3.2009 den Antragsgegner aufgefordert, ein Rentenversicherungsangebot für die Antragstellerin entsprechend den Vorgaben des notariellen Vertrages vorzulegen. Die in der Folge vorgelegten Angebote genügten nach Meinung der Antragstellerin diesen Vorgaben nicht. Das angerufene, für den damaligen gemeinsamen Wohnsitz zuständige Familiengericht vertrat die Auffassung, dass es sich bei der Bestimmung eines Rentenberaters um keine originäre Aufgabe des Familiengerichts handle. Die Klausel sei als Schiedsvereinbarung gemäß §§ 1029 ff. ZPO zu beurteilen, es gehe um die Bildung eines Schiedsgerichts. Dieser Meinung ist auch die nun im Bezirk des Oberlandesgerichts München wohnhafte Antragstellerin. Sie hat deshalb beim Oberlandesgericht beantragt, einen Rentenberater zur Entscheidung über die Höhe und Ausgestaltung der von dem Antragsgegner zu ihren Gunsten abzuschließenden Rentenversicherung zu benennen. Der angehörte Antragsgegner hat sich dazu, ob eine Schiedsvereinbarung getroffen worden sei, nicht geäußert. Die Antragstellerin hat noch eine Stellungnahme der früheren Rechtsanwälte vorgelegt, die am Zustandekommen der notariellen Ehevertrags mitgewirkt hatten. Diese beurteilen die fragliche Klausel als Vereinbarung eines Schiedsgutachtens gemäß § 317 BGB. II. 1. Da der Ort eines schiedsrichterlichen Verfahrens nicht bestimmt ist, ist das Oberlandesgericht München für die Ausübung der in § 1035 ZPO bezeichneten gerichtlichen Aufgabe zuständig. Denn die Antragstellerin hat ihren Wohnsitz in Bayern (§ 1025 Abs. 1 und 3 ZPO, § 1062 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 und 5 ZPO i.V.m. § 8 der Gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz i.d.F.v. 16.11.2004, GVBl S. 471). Die Antragstellerin geht von einer Schiedsvereinbarung aus. Für die Frage der Zuständigkeit spielt es keine Rolle, ob dem tatsächlich so ist. 2. Zwischen den Parteien wurde keine Schiedsvereinbarung geschlossen, der Antrag, einen Schiedsrichter gerichtlich zu bestellen (vgl. § 1035 ZPO), hat demnach keinen Erfolg (RGZ 152, 201; Palandt/Grüneberg BGB 70. Aufl. § 317 Rn. 7; MüKo/Münch ZPO 3. Aufl. Vor § 1025 Rn. 45 f.; vgl. auch Senat vom 7.8.2006, 34 SchH 009/05 = SchiedsVZ 2006, 286/288 für Ablehnungsverfahren). Denn die Vorschriften des 10. Buchs der ZPO sind weder direkt noch analog anwendbar. a) Eine wirksame Schiedsvereinbarung ist gemäß § 1029 ZPO nicht zustande gekommen. Eine solche legt fest, dass ein Schiedsgericht unter Ausschluss der staatlichen Gerichte eine Rechtstreitigkeit der Parteien entscheidet (Senat vom 2.10.2007, 34 Sch 017/07; zuletzt vom 13.1.2011, 34 Sch 24/11; OLG Koblenz NJW-RR 2000, 365; Reichold in Thomas/Putzo ZPO 31. Aufl. § 1029 Rn. 3). Hingegen handelt es sich um die nicht die prozessuale Seite berührende Vereinbarung eines Schiedsgutachtens, wenn ein Dritter nur Tatumstände festzustellen und Teilfragen zu entscheiden hat, ohne befugt zu sein, auch letztverbindlich darüber zu befinden, welche Verpflichtungen sich daraus für die Parteien ergeben (vgl. Zöller/Geimer ZPO 28. Aufl. § 1029 Rn. 4 m.w.N.). Entscheidend ist, welche Wirkung der Feststellung des Dritten nach dem Parteiwillen zukommen soll. In Zweifelsfällen ist vom weniger weitgehenden Gutachtervertrag auszugehen (vgl. Palandt/Grüneberg § 317 Rn. 8). Bei der Erstattung des Gutachtens kommt es - im Gegensatz zum schiedsgerichtlichen Verfahren – auch lediglich auf das materielle Ergebnis und nicht auf den Verfahrensweg an, der zu diesem Ergebnis führt. Maßgeblich für die Unterscheidung ist dabei der Inhalt der dem Dritten gestellten Aufgabe (vgl. Lachmann Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis 3. Aufl. Rn. 77 und 79). Gegen die Annahme einer schiedsrichterlichen Tätigkeit spricht es insbesondere, wenn kein kontradiktorisches Verfahren vorgesehen ist (vgl. Senat vom 7.8.2006, 34 Sch 9/05 = SchiedsVZ 2006, 286; Lachmann Rn. 81). Der Schiedsgutachter soll Tatsachen und Umstände festlegen; dabei kann die Feststellungsmacht sich auf die tatsächlichen Voraussetzungen beschränken, aber auch die Subsumtion und Beurteilung rechtlicher Vorfragen mit umfassen (vgl. Palandt/Grüneberg § 317 Rn. 6). Gegen die Annahme einer schiedsgutachterlichen Tätigkeit spricht nicht, dass die Feststellungen verbindlich sein sollen. Auch die Leistungsbestimmung durch den Schiedsgutachter ist nämlich grundsätzlich für die Parteien sowie ein eventuell mit der Sache befasstes Gericht verbindlich (vgl. Lachmann aaO.). b) Legt man diese Maßstäbe an, haben die Parteien miteinander im Ehevertrag ein Schiedsgutachten vereinbart. Sie haben in § 2 Vorgaben für den Abschluss einer Rentenversicherung durch den Antragsgegner aufgestellt. Dabei wird zum einen auf eine Rente in Höhe von 1.500,00 € zu einem festgelegten Zeitpunkt abgestellt, zum anderen sind von der Ehefrau selbst erworbene Rentenansprüche abzuziehen. Die maßgebliche Berechnung und Ausgestaltung eines derartigen Versicherungsverhältnisses erfordern Sachkenntnisse im Rentenversicherungsrecht. Deshalb hat im Streitfall ein Fachmann, nämlich ein Rentenberater die Festsetzung zu treffen. Dieser soll lediglich über eine bestimmte Einzelfrage aufgrund seiner Fachkunde entscheiden. Er soll insbesondere nicht über einen durch bestimmte Anträge vorgegebenen Streitgegenstand unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs entscheiden (vgl. Lachmann aaO.), sondern lediglich - wie sich aus dem Zusammenhang der Klausel ergibt - die für den Laien nicht ohne Weiteres nachvollziehbare Berechnung vornehmen. 3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. 4. Beim Streitwert ist, da es sich um ein vorbereitendes Verfahren handelt, von einem Bruchteil (1/4) des von den Parteien angenommenen Wertes für den Ausschluss des Versorgungsausgleichs (18.000,00 €) auszugehen. | |||||
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