34 Sch 06/08


Gericht OLG München Aktenzeichen 34 Sch 06/08 Datum 22.07.2008
Leitsatz
Vollstreckbarerklärung einer Kostengrundentscheidung in einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut
Zur Einbeziehung von Parteien des Schiedsverfahrens, die nicht vom Schiedsspruch betroffen sind, in das Vollstreckbarerklärungsverfahren.
Rechtsvorschriften§ 1025 Abs. 1 ZPO, § 1053 Abs. 2 ZPO, § 1054 ZPO, § 1060 Abs. 1 ZPO, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO, § 1063 Abs. 1 ZPO, § 1064 ZPO
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteAufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Vollstreckbarerklärung; - Schiedsspruch, inländisch; - formelle Antragserfordernisse Aufhebungs-/Versagungsgründe: - Vollstreckungsfähiger Inhalt des Schiedsspruchs Sch
Volltext
B E S C H L U S S:
I. Das aus den Schiedsrichtern J., H. und S. bestehende Schiedsgericht erließ in dem zwischen den Parteien geführten Schiedsverfahren am 19. Mai 2008 in München folgenden Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut:
"1. Zur Abgeltung sämtlicher finanzieller Ansprüche des Schiedsklägers und Auskunftsansprüche des Schiedsklägers gegen die Schiedsbeklagte zu 1. (fort an: Schiedsbeklagte) zahlt die Schiedsbeklagte an den Schiedskläger einen Betrag in Höhe von EUR 250.000,00 (in Worten: zweihundertfünfzigtausend Euro). Die Forderung ist sofort fällig und wird mit 6 % - Punkten über dem Basiszinssatz p.a. ab dem Tag des Zustandekommens dieses Schiedsvergleiches verzinst.
...
2. Die Schiedsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits sowie eventuell weitere, im Zusammenhang mit der Vollstreckbarerklärung und der Zwangsvollstreckung dieses Schiedsvergleichs entstehende Verfahrenskosten. ...
Unabhängig von den weiteren Regelungen in diesem Schiedsvergleich, ..., verpflichtet sich die Schiedsbeklagte einen Betrag in Höhe von EUR 10.000,00 bis zum 31. Mai 2008 an den Schiedskläger als Abschlagszahlung auf den Kostenerstattungsanspruch gemäß dieser Ziffer 2. zu zahlen.
...
3. - 12. ..."
II. Dieser Schiedsspruch wird in den Ziffern 1 und 2 in dem oben dargestellten Umfang für vollstreckbar erklärt mit der Maßgabe, dass der Betrag in Höhe von 10.000,00 € als Abschlagszahlung auf den Kostenerstattungsanspruch beglichen ist.
III. Die Gerichtskosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens tragen der Antragsteller und die Antragsgegnerin zu 1 je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners zu 2 trägt der Antragsteller, die des Antragstellers trägt zur Hälfte die Antragsgegnerin zu 1. Im Übrigen tragen sie die Parteien selbst.
IV. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
V. Der Streitwert wird auf 250.000 € festgesetzt.
G r ü n d e:
I.
Unter den Parteien war in München ein schiedsgerichtliches Verfahren anhängig, das die gesellschaftsrechtliche Abfindung des Antragstellers und Schiedsklägers, der einer Sozietät von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern angehörte, zum Gegenstand hatte. Am 19.5.2008 erging ein Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut, wie er auszugsweise im Tenor festgehalten ist.
Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 12.6.2008, zunächst ohne Beschränkung, die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs beantragt. Zuletzt hat er gemäß Schriftsätzen vom 1. und 9.7.2008 den Antrag auf Ziff. 1 sowie die Kostengrundentscheidung (Ziff. 2) beschränkt und klar gestellt, dass sich der Antrag nur gegen die Antragsgegnerin zu 1 richtet. Ferner ist unstreitig, dass 10.000 € als Abschlagszahlung auf den Kostenerstattungsanspruch am 5.6.2008 gezahlt wurden.
Die Gegenseite hatte Gelegenheit zur Äußerung.
II.
Dem Antrag ist im wiedergegebenen Umfang stattzugeben.
1. Die Zuständigkeit des Senats folgt aus § 1025 Abs. 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 ZPO i.V.m. § 8 GZVJu vom 16.11.2004 (GVBl. S. 471). Soweit Ziff. 12 (a.E.) des Schiedsspruchs eine Gerichtsstandsvereinbarung enthält, ist diese auf Streitigkeiten aus und im Zusammenhang mit dem schiedsgerichtlichen Vergleich beschränkt. Sie erfasst nicht das Vollstreckbarerklärungsverfahren, zumal die Klausel kein Oberlandesgericht bezeichnet (vgl. § 1062 Abs. 1 ZPO).
2. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut im zuletzt beantragten Umfang ist zulässig und begründet.
a) Die formellen Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung hat der Antragsteller durch Vorlage des Schiedsspruchs im Original erfüllt (vgl. § 1064 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Der Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut erfüllt die förmlichen Voraussetzungen von § 1053 Abs. 2, § 1054 ZPO.
b) Gegenstand der Vollstreckbarerklärung kann auch die Kostengrundentscheidung bilden. Selbst wenn sie keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, so bewirkt die Vollstreckbarerklärung doch die Bestandskraft der mit dieser Zwischenentscheidung erreichten teilweisen Streitklärung (BGH WM 2006, 1121/1123) und stellt die Grundlage für die spätere Kostenfestsetzung dar.
c) Versagungs- oder Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 ZPO sind weder vorge tragen noch ersichtlich.
Im Rahmen der Titulierung hat der Senat den unstreitig geleisteten Abschlag auf den im Übrigen noch nicht bezifferten Kostenerstattungsanspruch berücksichtigt.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 91, 92, 100 Abs. 1 ZPO (vgl. Hüßtege in Thomas/Putzo ZPO 28. Aufl. § 100 Rn. 15). Der Antragsteller hat den zunächst auch gegen die Antragsgegnerin zu 2 gerichteten Antrag zurückgenommen. Das Vollstreckbarerklärungsverfahren findet zwar im Allgemeinen unter sämtlichen Parteien des Schiedsverfahrens statt. Betrifft der Schiedsspruch selbst aber nur eine von mehreren Parteien, etwa weil die andere Partei zuvor aus dem Schiedsverfahren ausgeschieden ist oder der Schiedsspruch als Teilschiedsspruch nur die Ansprüche gegen eine von mehreren Beklagten umfasst, besteht kein Anlass, auch die andere nicht vom Schiedsspruch betroffene Partei in das Vollstreckbarerklärungsverfahren einzubeziehen.
Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 1064 Abs. 2 ZPO:
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 48 Abs. 1, § 43 Abs. 1 GKG, §§ 4 und 6 ZPO. Die Kosten sind, auch im Fall ihrer Bezifferung, nicht streitwerterhöhend (Senat vom 22.7.2008, 34 Sch 010/08).
Summary
Das OLG erklärte den Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut (vom 19.5.2008) hinsichtlich der Kostengrundentscheidung für vollstreckbar.
Auch ohne vollstreckungsfähigen Inhalt bewirkt die Vollstreckbarerklärung die Bestandskraft der mit dieser Zwischenentscheidung erreichten teilweisen Streitklärung und stellt die Grundlage für die spätere Kostenfestsetzung dar.
Versagungs- bzw. Aufhebungsgründe gem. § 1059 Abs. 2 wurden weder vom Antragsgegner, der Gelegenheit zur Stellungnahme hatte, vorgetragen noch ersichtlich.
Die Kosten für das Vollstreckbarerklärungsverfahren wurden zwischen den Parteien geteilt, da der Antragssteller zunächst weiteren nicht vom Schiedsspruch betroffene Parteien des Schiedsverfahrens gerichtet hatte und in diesem Umfang in einem späteren Stadium den Antrag zurückgenommen hat.
Das Vollstreckbarerklärungsverfahren findet zwar grundsätzlich unter sämtlichen Parteien des Schiedsverfahrens statt. Betrifft der Schiedsspruch jedoch bestimmte Parteien des Verfahrens nicht, so besteht kein Anlass, diese in das Vollstreckbarerklärungsverfahren einzubeziehen.