Gericht | OLG Koblenz | Aktenzeichen | 2 SchH 01/10 | Datum | 20.09.2010 |
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B E S C H L U S S 1. Das Schiedsgericht im Sinne von §§ 1, 2 des Schiedsvertrages vom 14. Juli 1956 (...) zur Schlichtung der Frage der der Antragstellerin zustehenden Abfindung nach dem Tod des am 22. März 2009 verstorbenen ... ist aus 3 Personen, nämlich 2 Schiedsrichtern und einem Obmann zu bilden (§ 2 Satz 1 Nr. 2 b des Schiedsvertrages). Der Antrag zu 2) wird zurückgewiesen. 2. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin 2/3 und die Antragsgegnerin 1/3. Gründe: A. Die Parteien streiten über den Abfindungsanspruch der Antragstellerin gemäß §§ 3, 8, 9 des Gesellschaftsvertrages ... Gesellschaft bürgerlichen Rechts vom 14. Juli 1956 in der Fassung vom 10. Juli 1962. Es ist unstreitig, dass die Antragstellerin als Alleinerbin nach dem am 22. März 2009 verstorbenen ..., einem Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, gemäß § 3 des Vertrages abzufinden ist. Gemäß § 8 b des Gesellschaftsvertrages ist das Auseinandersetzungsguthaben eines ausscheidenden Gesellschafters gleich seiner Anteilsbeteiligung am Reinvermögen der Gesellschaft, unter der Annahme eines Liquidationsfalles. Die Bemessung ist im weiteren dargelegt. Gemäß IV. des Gesellschaftsvertrages werden Streitigkeiten, die aus dem Gesellschaftsvertrag erwachsen, unter Ausschluss des Rechtswegs von einem Schiedsgericht entschieden. Das Schiedsgericht ist im Streitfall danach vor allem zuständig zur verbindlichen Auslegung einer Einzelbestimmung, zur Entscheidung auch von nicht geregelten Fragen aus dem Sinn und Geist des Vertrages und zur Festsetzung von Auseinandersetzungsguthaben. Unter Bezug darauf wurde, unter dem Datum des 14. Juli 1956 ein Schiedsvertrag vereinbart. Nach dessen § 1 ist das Schiedsgericht zuständig für alle Streitigkeiten aus dem genannten Gesellschaftsvertrag, einschließlich solcher über Rechtsgültigkeit, Bestand, Durchführung, Auslegung und Beendigung. § 2 sieht vor, dass das Schiedsgericht zur Schlichtung ausschließlich nicht rechtlicher Fragen aus einem Sachverständigen als Schiedsgutachter, bei allen sonstigen Fragen bei einem Streitwert bis zu 20.000 DM einschließlich aus einer Person und bei allen Streitwerten über 20.000 DM aus 3 Personen, nämlich 2 Schiedsrichtern und einem Obmann besteht. In § 2 Satz 2 ist vorgesehen, dass bei Uneinigkeit der Parteien über die Zuständigkeit der Vorsteher des Amtsgerichts ... endgültig über die Zuständigkeit entscheiden soll. Es folgen weitere Bestimmungen über die Qualifikation einzelner Schiedsrichter. In § 4 und § 5 ist das Verfahren zur Bestellung der Schiedsrichter und des Schiedsgutachters im Einzelnen geregelt. Mit Schreiben vom 5. Mai 2010 erklärte die Antragstellerin, da man sich über eine angemessene Abfindung nicht habe einigen können, sei ein Schiedsverfahren durchzuführen. Da lediglich die Höhe streitig und grundsätzlich keine rechtlichen Fragen zu entscheiden seien, bestehe gemäß § 2 des Schiedsvertrages das Schiedsgericht aus einem Schiedsgutachter. Sie schlage dafür... vor. Die Antragsgegnerin vertrat demgegenüber die Auffassung, es gehe in hohem Maße um rechtliche Fragen, die näher erläutert wurden, so dass ein dreiköpfiges Schiedsgericht zu bestellen sei. Eine Einigung konnte im anschließenden Schriftverkehr nicht erzielt werden. Die Antragsgegnerin benannte ihrerseits als Schiedsrichter in einem Dreipersonenschiedsgericht… Darauf leitete die Antragstellerin das vorliegende Verfahren ein mit dem Ziel der gerichtlichen Bestimmung des zuständigen Schiedsgerichtes in der Person eines Schiedsgutachters und dessen Benennung. Sie vertritt nach wie vor die Auffassung, dass es um eine rein wirtschaftliche Aufgabenstellung gehe auf der Grundlage eines eindeutig definierten Verfahrens. Dass es dabei auch um das Verständnis der Begriffe gehe, ändere an dem Charakter der Aufgabenstellung nichts. Der von ihr vorgeschlagene Schiedsgutachter sei hervorragend qualifiziert, wie im Einzelnen dargelegt wird. Die Anrufung des nunmehr zuständigen Oberlandesgerichts Koblenz beruhe auf der zwingenden Eingangszuständigkeit des Oberlandesgerichts auf Grund des Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes vom 22.12.1997 in Verbindung mit § 14 der Landesverordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivilsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 22. November 1985 in der Fassung vom 22. Dezember 2009 (GVBI. Rheinland-Pfalz 1985, S. 267; 2009, 413). Danach regele die Zuständigkeitsklausel in der Schiedsvereinbarung aus dem Jahr 1956 lediglich noch die örtliche Zuständigkeit, weshalb das für... zuständige Oberlandesgericht angerufen werde. Die Antragstellerin beantragt, 1. über die Zuständigkeit in dem Schiedsverfahren zwischen den Parteien gemäß § 2 des Schiedsvertrags vom 14. Juli 1956 (...) zu entscheiden; 2. Herrn .... Geschäftsführer der... GmbH,..., ..., zum Schiedsgutachter zu bestimmen. Die Antragsgegnerin rügt die Unzuständigkeit des Oberlandesgerichts. Hilfsweise beantragt sie, über die Besetzung des Schiedsgerichts in dem Schiedsverfahren zwischen den Parteien in dem Sinne zu beschließen, dass das Schiedsgericht gemäß § 2 Satz 1 Ziffer 2 b des Schiedsvertrages vom 14. Juli 1956 aus 2 Schiedsrichtern und einem Obmann zu bilden ist und den Antrag der Antragstellerin im Übrigen abzulehnen. Sie trägt vor: Gemäß § 2 S.2 des Schiedsvertrages sei die Entscheidung bei Uneinigkeit des Schiedsgerichts dem Direktor des Amtsgerichts ... übertragen. Die vor Inkrafttreten des § 1062 ZPO durch das Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz geschlossene Vereinbarung bleibe auf Grund der Überleitungsvorschrift des § 33 EGZPO wirksam. Jedenfalls aber sei das Schiedsgericht gemäß § 2 S.1 Nr. 2b des Schiedsvertrags aus 3 Personen zu bilden, da erhebliche Uneinigkeit über die Auslegung der Abfindungsklausel und damit über eine rechtliche Frage bestehe. Nach ihrer Auffassung sei nicht der Verkehrswert, sondern der Liquidationswert (Versilberungsbetrag) maßgeblich, wie weiter dargelegt wird. B. Der Antrag der Antragstellerin hat in Nr. 1 Erfolg, da das Oberlandesgericht Koblenz gemäß §§ 1062 Abs. 1 Nr. 1, 1035 Abs. 1, Abs. 4 ZPO über die Zuständigkeit in dem Schiedsverfahren zwischen den Parteien gemäß §§ 1, 2 des genannten Schiedsvertrages zu entscheiden hat. Die Rüge der Unzuständigkeit greift nicht. Die Besetzung des Schiedsgerichts entspricht dem hilfsweise von der Antragsgegnerin .gestellten Antrag, da es nach den Voraussetzungen von § 2 Satz 1 Nr. 2 b des Schiedsvertrages mit 3 Personen zu besetzen ist. Demgemäß ist der Antrag zu 2) der Antragstellerin, der auf die Bestimmung eines Schiedsgutachters im Sinne von § 2 Satz 1 Nr. 2 a des Schiedsvertrages gerichtet ist, nicht begründet. Für die Entscheidung über die Frage, wie das Schiedsgericht vorliegend zu besetzen ist, besteht gemäß §§ 1062 Abs. 1 Nr. 1, 1035 Abs. 1, Abs. 4 ZPO die Eingangszuständigkeit des Oberlandesgerichts. Dies gilt ungeachtet der Regelung in § 2 des Schiedsvertrages, dass bei Uneinigkeit der Parteien über die Zuständigkeit der Vorsteher des Amtsgerichts ... endgültig über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts entscheidet. Es entspricht herrschender Auffassung, dass die in § 1062 ZPO geregelte erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberlandesgerichte zwingend ist (vgl, Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 31 Rdnr. 2; Musielak-Voit, 7. Aufl., § 1062 ZPO Rdnr. 2; Putzo-Reichold, 31. Aufl., § 1062 ZPO Rdnr. 1, Baumbach-Lauterbach-Hartmann, 68. Aufl., § 1062 ZPO Rdnr. 1, 2; Zöller/Geimer, 28. Aufl., § 1062 ZPO Rdnr. 1; Stein-Jonas-Schlosser, 22. Aufl., § 1062 ZPO Rdnr. 1; BayObLGZ 2000, 57 ff.). Der Senat folgt dieser Auffassung. Sie entspricht der vom Gesetzgeber gewünschten Konzentration der Schiedsgerichtssachen bei spezialisierten Spruchkörpern. Die von Münch im Münchner Kommentar (§ 1062 Rdnr. 21) vertretene gegenteilige Auffassung ist vereinzelt geblieben und wird dort ausdrücklich unter Darstellung der entgegenstehenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur als von der herrschenden Auffassung abweichende Meinung dargestellt. Gesichtspunkte, die ein Abweichen von der gesetzgeberischen Zielsetzung rechtfertigen würden, sind jedoch nach Wertung des Senats nicht dargetan. Auf die Bedeutung des Gesetzeszwecks weist Münch bei der Kommentierung von § 33 EGZPO, der Überleitungsvorschrift zum Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz, selbst hin (Rdnr. 8 a.E.). Aus Absatz 3 dieser Überleitungsvorschrift, wonach für gerichtliche Verfahren, die bis zum 1. Januar 1998 anhängig gemacht worden sind, das bis zu diesem Zeitpunkt geltende Recht weiter anzuwenden ist, folgt, dass für die danach anhängig gemachten Schiedsgerichtsverfahren die Bestimmungen der ZPO mit der bindenden sachlichen Eingangszuständigkeit in der neuen Fassung gemäß § 1062 ZPO gelten.Dies ist nach der Überleitungsvorschrift unabhängig davon, ob die Schiedsvereinbarung vor Inkrafttreten des Schiedsverfahrens-Neuregelungsverfahren getroffen wurde. Örtlich zuständig ist gemäß § 1062 Abs. 1 ZPO das Oberlandesgericht, das in der Schiedsvereinbarung bezeichnet ist oder, wenn eine solche Bezeichnung fehlt, in dessen Bezirk der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens liegt. Ein örtlich zuständiges Oberlandesgericht ist in der Schiedsvereinbarung aus dem Jahr 1956 nicht genannt; die heutige Gesetzeslage war so lange Zeit vor Verabschiedung des Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes für die Vertragsparteien auch nicht absehbar. Es ist deshalb nach den Regeln der ergänzenden Vertragsauslegung zu bestimmen, welche Regelung die Parteien nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen damals getroffen hätten, wenn sie die Eingangszuständigkeit des Oberlandesgerichts gekannt hätten. Dies ist nach Überzeugung des Senats das für den Bezirk ... zuständige Oberlandesgericht Koblenz. Dafür spricht, dass in der Schiedsvereinbarung ein Gericht genannt ist, das Orts- und Praxisnähe zu der... GmbH in ...und dem Sitz der Gesellschaft aufweist, deren Geschäftsanteile zu bewerten sind. Dies führt auch zur örtlichen Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Koblenz, das gem. § 14 der Landesverordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivilsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 22.11.1985 für Anträge nach § 1062 Abs. 1 ZPO auch für den Bezirk des Oberlandesgerichts ... zuständig ist. Damit ist der Antrag zu 1) begründet; es ist darüber zu befinden, wie das Schiedsgericht gemäß § 2 des Schiedsvertrages zusammenzusetzen ist. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist das Schiedsgericht vorliegend nicht mit einem Sachverständigen als Schiedsgutachter (§ 2 Satz 1 Nr. 1) zu besetzen, sondern mit 2 Schiedsrichtern und einem Obmann (§ 2 Satz 1 Nr. 2 b). Dies beruht darauf, dass nicht ausschließlich nicht-rechtliche Fragen zur Beurteilung durch das Schiedsgericht anstehen. Die Antragsgegnerin hat in diesem Zusammenhang ausführlich dargelegt, dass die Auslegung der Abfindungsklausel zwischen den Parteien streitig sei. Nach ihrer Auffassung sei nicht der Verkehrswert sondern der Liquidationswert maßgeblich, der sich aus dem Barwert aus der angenommenen einzelnen Veräußerung der Vermögensgegenstände der... GmbH abzüglich aller aus der angenommenen Einstellung der Unternehmenstätigkeit zwangsläufig folgenden Verpflichtungen ergebe. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin vertrete hingegen die Auffassung, Versilberung (Liquidationswert) könne auch bedeuten, dass die ... GmbH nicht zu liquidieren sondern zu verkaufen sei, weshalb es auf den Verkehrswert ankomme. Außerdem habe er die Wirksamkeit der Abfindungsregelung in Frage gestellt. Die Antragstellerin hat demgegenüber nicht klargestellt, dass sie der Auslegung und dem Verständnis der Begriffe im Sinne der Antragsgegnerin folge. Sie vertritt vielmehr die Auffassung, es handele sich um Fachtermini, die eindeutig bestimmt seien, so dass ein qualifizierter Schiedsgutachter unter Zugrundelegung des erforderlichen Zahlenmaterials anhand des Gesellschaftsvertrags ohne weiteres den Abfindungsanspruch errechnen könne. Bei dem unterschiedlichen Verständnis maßgeblicher Begriffe zwischen den Parteien ist es jedoch unumgänglich, dass verschiedene Begriffe im Rechtssinne ausgelegt werden, so dass unabhängig davon, ob dies auch ein Sachverständiger könnte, nach der vertraglichen Regelung des § 2 unter Berücksichtigung des Streitwerts ein Schiedsgericht aus 3 Personen, nämlich 2 Schiedsrichtern und einem Obmann zu bestellen ist. Dies bedeutet, dass der Antrag zu 2) der Antragstellerin keinen Erfolg hat, vielmehr der Hilfsantrag der Antragsgegnerin begründet ist. Das weitere Verfahren zur Bestellung der Schiedsrichter, das in dem Schiedsvertrag im Einzelnen geregelt ist, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Insoweit ist den Parteien durch den Schiedsvertrag das weitere Vorgehen vorgegeben. Der Kostenausspruch beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei wurde berücksichtigt, dass die Antragstellerin mit einem ihrer beiden Anträge, die Antragsgegnerin mit ihrem Hilfsantrag Erfolg hatte. Den Streitwert für das Schiedsverfahren bemisst der Senat mit einem Bruchteil des Abfindungsbetrags. Im außerprozessualen Schriftwechsel ist in diesem Zusammenhang von einer Größenordnung von ca. 450.000 € die Rede (...). Der Streitwert wird unter Berücksichtigung des Umstands, dass dieser Betrag noch nicht festliegt und es sich um Vorfragen von dessen Bestimmung handelt, auf 200.000 € festgesetzt. | |||||
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