Gericht | KG Berlin | Aktenzeichen | 20 Sch 3/13 | Datum | 14.10.2013 |
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Leitsatz | |||||
1. Es gehört nicht zu den zwingenden Voraussetzungen eines in Deutschland durchgeführten Schiedsverfahrens nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 d 2. Alt. ZPO, dass die Klageschrift unterschrieben wird. 2. Das Verfahren nach § 1059 ZPO dient nicht der inhaltlichen Überprüfung des Schiedsspruchs. | |||||
Rechtsvorschriften | §§ 1046, 1048 Abs. 1, 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d ZPO | ||||
Fundstelle | |||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | Aufhebung eines inländischen Schiedsspruchs; Bildung des Schiedsgerichts; Benennungsverfahren; ordre public; rechtliches Gehör | ||||
Volltext | |||||
Beschluss Geschäftsnummer: 20 Sch 3/13 Der Antrag der Antragstellerin vom 14.3.2013 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Der Verfahrenswert wird auf 2.240.468,41 EUR festgesetzt. Gründe I. Die Antragstellerin rügt, das Schiedsgericht, das den angegriffenen Schiedspruch erlassen hat, sei nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, weil die Ernennung des Schiedsrichters x seitens der Klägerin ohne Vollmacht erfolgt sei, was sich auch auf die Bestellung des Obmanns x ausgewirkt habe, an der der Schiedsrichter x mitwirkte. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Antragsschrift, Bl. 17-19 d.A. Bezug genommen. Zudem liege kein ordnungsgemäßes Schiedsverfahren vor, weil die ihr zugestellte Klageschrift nicht unterschrieben gewesen sei und die Anlage C 18 und 19 nicht enthalten habe. Außerdem habe das Schiedsgericht fehlerhaft geänderte Anträge der Schiedsklägerin zugelassen, ohne Schriftsatznachlass zu geben. Dadurch sei sie, die Antragstellerin, an weiterem Vortrag, der entscheidungserheblich gewesen wäre (Abmahnung nicht durch Vertragspartei erfolgt) gehindert worden. Außerdem sei die Entscheidung inhaltlich fehlerhaft. Die Antragstellerin beantragt den in dem Schiedsvertrag zwischen den Parteien durch das Schiedsgericht, bestehend aus dem Schiedsrichter x als Vorsitzendem und den Schiedsrichtern Prof. Dr. x und Rechtsanwalt x als Beisitzer, am 114.12.2012 ergangenen und den Parteien am 1.8.12.2012 übersandten Schiedsspruch, Geschäftsnummer A aufzuheben, durch den die Antragstellerin wie folgt verurteilt worden ist: (1) an die Antragsgegnerin USD 2,240,468.41 zu zahlen (2) Es wird festgestellt, dass der Vertrag Nr. x vom 22. Juli 2005, abgeändert durch die ergänzenden Vereinbarungen Nr. 1 vom 08. August 2007 und Nr. 2 vom 14. Januar 2008, beendet ist. (3) an die Antragsgegnerin innerhalb von 30 Tagen ab Erlass des Schiedsspruchs die nach dem Vertrag Nr. x gelieferte Ausrüstung, beschrieben in der dem Schiedsspruch beigefügten Ausrüstungsliste, dergestalt zurückzugeben, dass dieser Gelegenheit gegeben wird, die betreffende Ausrüstung vom Lagerhaus der Antragstellerin in Kiew/Ukraine zu entfernen. (4) an die Antragsgegnerin EUR 126,762.28 USO, USD 19,322.41 RUB 86,243.26, UAH 21,552.84 als Kostenerstattung betreffend das Schiedsgerichtsverfahren einschließlich der beiden Parteien angefallenen Kosten zu zahlen. Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie trägt vor, das Begleitschreiben der Klageschrift sei vom Prozessbevollmächtigten der Schiedsklägerin unterzeichnet gewesen. II. Der Antrag war zurückzuweisen, da Fehler des Schiedsverfahrens nach § 1059 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. 1) Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist das Schiedsgericht nicht fehlbesetzt iSd § 1059 Abs. 2 Nr. 1d, 1. Alt. ZPO. Aus dem Ablehnungsverfahren 20 SchH 4/12 und 20 SchH 13/12 ist dem Senat bekannt, dass die Frage der Vollmacht des früher für die Schiedsklägerin (die hiesige Antragsgegnerin) auftretenden Rechtsanwaltes im Schiedsverfahren auch mündlich diskutiert wurde und der Prozessbevollmächtigte der Schiedsklägerin erklärte, der frühere Prozessbevollmächtigte habe Vollmacht gehabt. Angesichts dessen kann dahin stehen, ob die nunmehr eingereichte Vollmacht (AG 1O) ausreichend und/oder zutreffend ist, was die Antragstellerin bestreitet, denn jedenfalls hat die Schiedsklägerin sich durch diese Einlassung mit der Berufung des Schiedsrichters x und damit auch mit dessen Mitwirkung an der Berufung des Obmanns einverstanden erklärt; etwaige Mängel der Bestellung wären dadurch geheilt. 2) Ob die Klageschrift nicht unterschrieben war, kann dahin stehen, weil es nicht zu den zwingenden Voraussetzungen eines in Deutschland durchgeführten Schiedsverfahrens nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 d 2. Alt ZPO gehört, dass die Klageschrift unterschrieben wird. § 1046 ZPO enthält insoweit keine Angaben zur Form; aus § 1048 Abs. 1 ZPO wird geschlossen, dass jedenfalls Schriftlichkeit zu verlangen ist (Lachmann, Handbuch Schiedspraxis, Rn. 1442); die strengen Formvorschriften des staatlichen Zivilprozesses gelten im schiedsrichterlichen Verfahren grundsätzlich nicht entsprechend (Lachmann, a.a.O., Rn. 1368). Im Übrigen ergibt sich aus dem Schiedsspruch, dass die Schiedsklägerin mit dem Schiedsantrag verhandelte, so dass jedenfalls von einer Genehmigung ausgegangen werden muss, da sich die Schiedsklägerin die Schiedsklage vollständig zu eigen gemacht hat. Dass der Klageschrift die Beistücke C18 und 19 nicht beilagen, ist unerheblich, weil es nicht anzunehmen ist, dass die Tatsache des Fehlens von Anlagen über die bereits oben behandelte Frage des Vollmachtsnachweises hinaus sich auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat. 3) Soweit die Antragstellerin eine Gehörsverletzung nach § 1059 Abs. 2 b) ZPO als ordre-publicVerstoß rügt, kann sie damit nicht durchdringen. Aus dem Schiedsspruch ergibt sich (Rn. 295ff), dass die Antragstellerin nach Schluss der mündlichen Verhandlung noch schriftlich mit dem Schiedsgericht verkehrte und das Schiedsgericht dies berücksichtigte. Insofern ist nicht ersichtlich, dass der Antragstellerin Vortragsmöglichkeiten abgeschnitten wurden. 4) Soweit die Antragstellerin rügt, das Schiedsgericht hätte von Amts wegen auch ohne ihren Vortrag hierzu rechtliche Hinweise erteilen müssen, dass es eine Abmahnung von einer anderen als der Vertragspartei als ausreichend erachtet, stellt dies einen Angriff gegen die materiellrechtliche Bewertung des Schiedsgerichts dar, bei der ein ordre-public-Verstoß nicht ersichtlich ist. Selbst wenn ein solcher Hinweis erfolgt wäre, hätte die Antragstellerin nichts anderes tun können, als auf ihre gegenteilige Auslegung des Vertrages hinzuweisen; dass die vom Schiedsgericht getroffenen Auslegung unvertretbar wäre, ist nicht ersichtlich. 5) Soweit die Antragstellerin ab S. 13 des Schriftsatzes vom 25.6.2013 (Bl. 72ff d.A.) en Detail in eine Entscheidungskritik einsteigt, ist nicht ansatzweise erkennbar, worin hier ein ordre-public-Verstoß gesehen werden soll. Das Verfahren nach § 159 ZPO dient gerade nicht der inhaltlichen Überprüfung des Schiedsspruchs. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass eine Beweiswürdigung üblicherweise nicht Gegenstand eines gerichtlichen Hinweises ist; die Antragstellerin rügt hierzu auch nur, dass ein anders besetztes Schiedsgericht möglicherweise anders gewürdigt hätte. Soweit die Auslegung des Schiedsvertrages durch das Schiedsgericht in Rn. 217 angegriffen wird, ist diese jedenfalls nicht willkürlich und unvertretbar. Soweit die Beweislastverteilung angegriffen wird, stützt sich der Schiedsspruch erstrangig ersichtlich darauf, der Mangel sei nicht substantiiert vorgetragen, was keinen ordre-public-Verstoß erkennen lässt. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. | |||||
Summary | |||||
The applicant asked the Higher Regional Court of Berlin to set aside an arbitral award. The court rejected the application. Contrary to the applicant’s objection, the court found that the composition of the arbitral tribunal has been in accordance with the provisions of the 10th book of the Code of Civil Procedure (ZPO). The power of representation of the party opposing the application’s attorney has been discussed between the parties and the arbitral tribunal and the applicant has not objected to this during the arbitral proceedings. Thereby, the party opposing the application’s attorney has rightfully participated in appointing the arbitrators and there was no ground for setting aside in terms of section 1059 subsec. 2 no. 1 lit. d alt. 1 ZPO. Furthermore, the court stated that the lack of a signature in the statement of claim was irrelevant, since a signature is not a compulsory prerequisite of German arbitral proceedings in terms of section 1059 subsec. 2 no. 1 lit. d alt. 2 ZPO. Section 1046 ZPO does not contain requirements on the form. It only follows from section 1048 subsec. 1 ZPO that written form is required. There is no general rule that the strict provisions of state civil procedure apply for arbitral proceedings as well. It also followed from the award that the applicant has conducted written correspondence with the arbitral tribunal after the termination of the oral hearings and the latter has considered this. Therefore, it was not apparent to the court that the arbitral tribunal has violated the applicant’s right to be heard. Insofar as the applicant further asserted that the arbitral tribunal has been obliged to issue an indication ex officio regarding its legal assessment, the court stated that this objection only concerned the arbitral tribunal’s legal opinion, which is not to be considered in the ordre public. It was not apparent to the court that the arbitral tribunal’s legal assessment has been unjustifiable. This also applied to further objections raised by the applicant. The court emphasized that the proceedings in terms of section 1059 ZPO do not serve to examine the material correctness of the award. The arbitral tribunal’s interpretation of the arbitration agreement has not been arbitrary nor unjustifiable and its opinion that the applicant has not sufficiently substantiated its claim has not been a violation of the ordre public either. |