34 SchH 06/07


Gericht OLG München Aktenzeichen 34 SchH 06/07 Datum 12.02.2008
Leitsatz
Feststellung der Zulässigkeit/Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens
Hauptvertrag und Schiedsvereinbarung sind voneinander unabhängig. Nur in Ausnahmefällen schlägt ein Mangel des Hauptvertrages auf die Schiedsvereinbarung durch.
(Amtl. Ls.)
Rechtsvorschriften§ 1032 Abs. 2 ZPO, § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO
§ 123 BGB, § 134 BGB, § 138 BGB
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
Stichwortesonstige Gerichtsverfahren: - Verfahrensgegenstand, Feststellung Unzulässigkeit des Schiedsverfahrens Schiedsvereinbarung: - Zustandekommen/Formwirksamkeit; - Unwirksamkeit, Anfechtung
Volltext
B E S C H L U S S
I. Der Antrag, festzustellen, dass die Durchführung eines Schiedsverfahrens aufgrund der Schiedsvereinbarung aus der Urkunde des Notars vom 15. Dezember 2006 unzulässig ist, wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III.. Der Streitwert wird auf 750.000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
Der Antragsteller ist Arzt und betreibt eines der größten medizinischen Labors in Europa. Zudem ist er Mit- und Alleininhaber verschiedener Gesellschaften, die im Pharma- und Medizinbereich tätig sind. Der Antragsgegner war bis Ende September 2005 als Hochschullehrer Inhaber eines Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsphilosophie und Rechtsinformatik.
Zum Kontakt der Parteien kam es im Jahr 1999 über einen ehemaligen Doktoranden des Antragsgegners, den späteren Staatsanwalt Dr. H., als gegen den Antragsteller strafrechtlich ermittelt wurde. In der Folgezeit war der Antragsgegner für den Antragsteller neben weiteren Rechtsanwälten auch als Strafverteidiger und Rechtsberater tätig, so auch noch in der zweiten Jahreshälfte 2006 und in der ersten Jahreshälfte 2007. Insbesondere kam es im September 2006 wegen Verdachts der Bestechung bzw. der Vorteilsgewährung -Anlass war ein dem Staatsanwalt Dr. H. gewährtes Darlehen - zur kurzzeitigen Verhaftung des Antragstellers.
Zudem zeigte der Antragsgegner Interesse an der Geschäftsidee des Antragstellers, ein Unternehmen aufzubauen, das Generika von Lohnherstellern produzieren lassen und diese über eine Versandapotheke unter Ausnutzung des für Laborleistungen bestehenden Netzwerks zu Ärzten vertreiben sollte. Der Antragsgegner wollte sich am Aufbau dieses Unternehmens beteiligen, sollte die Aufgaben eines Geschäftsführers übernehmen und durch Anteile an der Projektgesellschaft vergütet werden. Zu diesem Zweck hatte der Antragsteller im November 2005 die S-P Projekt GmbH & Co KG (im folgenden: KG) gegründet. Zwischen dieser und der vom Antragsgegner und dessen Ehefrau betriebenen N-GmbH bestand seit 25.4.2006 eine schriftliche Dienstleistungsvereinbarung über die für den Aufbau der KG erforderlichen Leistungen im IT-Bereich, im administrativen Bereich und zur strategischen Beratung gegen ein monatliches Honorar von 22.000 €.
Im Dezember 2006 wurde die KG umstrukturiert, indem der Antragsteller als Kommanditist ausschied. Die Geschäftsanteile der Komplementär-GmbH übertrug der Antragsteller am 15.12.2006 an eine weitere GmbH, deren Alleingesellschafter er war. Seit Januar 2007 firmiert diese als M.S.-GmbH.
Ebenfalls am 15.12.2006 schlössen die Parteien mit dem Antragsteller als Verpflichteten und dem Antragsgegner als Berechtigtem eine notarielle Optionsvereinbarung, nach deren § 1 der Berechtigte zeitlich unbefristet das Recht erhält, jederzeit die unentgeltliche Übertragung von bis zu insgesamt 3 % der Anteile an der GmbH vom Verpflichteten zu fordern. Zudem bietet der Verpflichtete in § 2 dem Bezugsberechtigten unwiderruflich und unbefristet an, dieses Optionsrecht zu kaufen (Put-Option). Als Kaufpreis wird der jeweils am Tag der Annahme dieses Angebots durch den Bezugsberechtigten bestehende gemeine Wert des Optionsrechts festgesetzt, mindestens aber der Betrag von 1,5 Mio. €. Die Ermittlung des Verkehrswerts erfolgt im Streitfall durch ein verbindliches Schiedsgutachten (§ 3). Nach § 4 Abs. 4 gilt das Recht der Bundesrepublik Deutschland; alle Streitigkeiten, die sich im Zusammenhang mit diesem Vertrag oder über seine Gültigkeit ergeben, werden nach der Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) in der maßgeblichen Fassung unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs endgültig entschieden. Das Schiedsgericht soll ein Drei-Personen-Schiedsgericht sein. Als Ort des Schiedsverfahrens ist München bestimmt.
Mit Wirkung vom 10.6.2007 beendete der Antragsgegner die mit dem Antragsteller noch bestehenden Mandatsverhältnisse. Am 25.6.2007 erklärte der Antragsgegner als Bezugsberechtigter die notarielle Annahme des in der Urkunde vom 15.12.2006 enthaltenen Kaufangebots. Er macht nunmehr gegen den Antragsteller einen Anspruch auf Zahlung des Mindestkaufpreises von 1,5 Mio. € geltend und hat am 19.7.2007 Schiedsklage erhoben.
Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 24.8.2007 die Anfechtung der Vereinbarungen aus der Urkunde vom 15.12.2006 "aufgrund widerrechtlicher Drohung, die zum Abschluss der vorgenannten Verträge führte", erklärt, und zwar ausdrücklich auch hinsichtlich der Schiedsvereinbarung.
Der Antragsteller trägt im Wesentlichen dazu vor:
Die Schiedsvereinbarung sei nichtig, weil der Hauptvertrag wegen Formmangels (§ 125 BGB) unwirksam sei. Jedenfalls sei sie infolge wirksamer Anfechtung nichtig. Überdies sei sie wegen Sittenwidrigkeit unwirksam. Schließlich liege auch ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz mit der Nichtigkeitsfolge aus § 134 BGB vor.
Der Antragsgegner habe den Antragsteller im Zusammenhang mit der Erklärung zur Put-Option im Vertrag vom 15.12.2006 (§ 2) arglistig getäuscht, indem er ihm vorgespiegelt habe, er befürchte eigene dienstrechtliche Probleme aus seiner Beziehung zu Staatsanwalt Dr. H. bis hin zum Verlust seiner Ruhestandsbezüge. Es sei nicht ausgeschlossen, selbst in die Ermittlungen gegen den Antragsgegner und Staatsanwalt Dr. H. hineingezogen zu werden. Das berge für ihn neben strafrechtlichen auch enorme finanzielle Risiken. Er müsse deshalb für seine weitere Tätigkeit honorarmäßig abgesichert werden. Dem habe er, der Antragsteller, weil selbst unter strafrechtlichen Druck geraten, Glauben geschenkt und die notarielle Erklärung abgegeben, dabei zusätzlich auch der, freilich nicht schriftlich fixierten, Zusage vertraut, der Antragsgegner mache von der Option nur Gebrauch, wenn sich die Gefahr, straf-und/oder disziplinarrechtlich belangt zu werden, tatsächlich - wie nicht - verwirkliche.
Die Vereinbarung sei auch nach § 138 BGB nichtig. Die Put-Option mit mindestens 1,5 Mio. € stehe in einem groben Missverhältnis zum tatsächlichen Anteilswert, der höchstens 31.800 € betrage. Die Umstände des Vertragsschlusses ließen auf eine verwerfliche Gesinnung des Antragsgegners schließen, der die besondere Notsituation und seine Vertrauensstellung ausgenutzt habe, um ihm die Vereinbarung abzupressen. Das gelte gleichermaßen für die Schiedsabrede. Es fehle an der Freiwilligkeit eines Verzichtes auf den Zugang zu den staatlichen Gerichten. Es sei die Täuschung des Antragsgegners über dessen persönliche Situation gewesen, die ihn veranlasst habe, sich darauf einzulassen und vor allem rechtsstaatliche Sicherungen und die Überprüfungsmöglichkeit durch verschiedene gerichtliche Instanzen aufzugeben. Schließlich sei die Schiedsvereinbarung auch deshalb nichtig, weil die gesamte Vereinbarung im Zusammenhang mit der Tätigkeit gemäß dem Dienstleistungsvertrag vom 25.4.2006 zu sehen sei und die dort beschriebenen Aufgaben solche der Rechtsberatung seien.
Der Antragsteller hat deshalb am 28.9.2007 die Feststellung beantragt, dass die Durchführung des Schiedsverfahrens unzulässig ist.
Der Antragsgegner ist dem entgegengetreten. Er bestreitet eine Verknüpfung zwischen seiner strafrechtlich beratenden Tätigkeit, den Verpflichtungen der N-GmbH aus dem Vertrag vom 25.4.2006 und dem Anlass für die Option mit Kaufangebot vom 15.12.2006. Mit letzterer habe seine Geschäftsführertätigkeit für das Unternehmen des Antragstellers honoriert werden sollen. Darüber sei man bereits im September 2005 einig gewesen. Seit Sommer 2006 hätten die Parteien mit vom Antragsteller ausgewählten Beratern die rechtlichen und steuerlichen Aspekte der Übertragung von Stammkapital an der Gesellschaft diskutiert. Man habe damit rechnen müssen, dass die Finanzverwaltung den Unternehmenswert mit 50 Mio. € und damit den 3 %-igen Anteil mit 1,5 Mio. € ansetzen würde. Dies wäre bei einem Steuersatz von 50 % für ihn mit einem Kapitalabfluss von rund 750.000 € verbunden gewesen. Um dies zu vermeiden, sei das Optionsmodell entwickelt und als Mindestbetrag für den Abkauf des Optionsrechts mit 1,5 Mio. € der aktuelle mit potentiellen Investoren vereinbarte Wert angesetzt worden. Ein Zusammenhang mit der Verteidigertätigkeit zugunsten des Antragstellers, insbesondere anlässlich dessen kurzzeitiger Verhaftung im September 2006, habe nicht bestanden. Ebenso wenig sei die Vereinbarung auf dem Hintergrund eines befürchteten Verlusts von Pensionsansprüchen zu sehen. Davon sei nie die Rede gewesen. Eine Zusage, von der Option nur bei Verlust der Pensionsansprüche Gebrauch zu machen, sei nicht abgegeben worden.
Überdies sei die Schiedsvereinbarung unabhängig von der Wirksamkeit der Optionsvereinbarung zu beurteilen. Sie sei überhaupt nicht wirksam angefochten. Es bestehe kein Anfechtungsgrund, weil er nicht arglistig getäuscht habe. Weiter fehle es, selbst bei unterstellter Täuschung, an deren Kausalität mit der abgeschlossenen Schiedsvereinbarung. Diese sei weder sittenwidrig noch verstoße sie gegen ein gesetzliches Verbot.
II.
Der nach § 1032 Abs. 2 ZPO vor Bildung des Schiedsgerichts gestellte Antrag ist zulässig, jedoch unbegründet.
Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München ergibt sich aus § 1025 Abs. 1, § 1032 Abs. 2, § 1062 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 5 ZPO i.V.m. § 8 GZVJu vom 16.11.2004 (GVBIS.471).
Prüfungsgegenstand ist allein, ob eine wirksame Schiedsvereinbarung besteht, diese durchführbar ist und der Gegenstand des Schiedsverfahrens dieser Schiedsvereinbarung unterfällt (BayObLGZ 1999, 255/269).
1. Am formell wirksamen Zustandekommen der zu notarieller Urkunde am 15.12.2006 getroffenen Schiedsvereinbarung gibt es keine Zweifel. Einer besonderen vom Hauptvertrag getrennten Urkunde bedarf es dazu nicht (§1031 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 ZPO; Zöller/GeimerZPO 26. Aufl. § 1031 Rn. 38). Ist die schiedsvertragliche Form eingehalten, ist es für die Gültigkeit der Schiedsklausel jedenfalls dann nicht erheblich, ob der Hauptvertrag selbst formgerecht beurkundet ist (vgl. BGHZ 69, 260/263; Lachmann Handbuch für die Schiedsgerichtliche Praxis 3. Aufl. Rn. 362), wenn die Schiedsklausel - wie hier - auch Streitigkeiten über die Gültigkeit des Vertrags erfasst (BGHZ 69, 260/263 f.).
2. Die Schiedsvereinbarung ist nicht nichtig.
a) Selbst wenn die Klausel eine Kompetenz des Schiedsgerichts begründen sollte, auch über dessen Zuständigkeit abschließend, d.h. unter Ausschluss des staatlichen Gerichts zu entscheiden, so wäre nur dieser Teil der Vereinbarung unwirksam, nicht jedoch die Vereinbarung insgesamt. Das Schiedsgericht bleibt zuständig; allerdings kann seine Zuständigkeit vom staatlichen Gericht überprüft werden (BGH NJW 2005, 1125; Zöller/Geimer § 1032 Rn. 22).
b) Die Anfechtung vom 24.8.2007 greift nicht durch.
(1) Es ist bereits zweifelhaft, ob die auf "widerrechtliche Drohung" gestützte Erklärung den Anfechtungsgrund der "arglistigen Täuschung" mit umfasst. Arglistige Täuschung und widerrechtliche Drohung (§ 123 BGB) schließen sich gegenseitig aus. Jedoch kann der Berechtigte Anfechtungsgründe auch, jedenfalls innerhalb der gesetzlichen Fristen (§§ 121, 124 BGB), nachschieben (Palandt/Heinrichs BGB 67. Aufl. § 143 Rn. 3; BGH NJW 1966, 39). Unterstellt man den Vortrag des Antragstellers als zutreffend, die Unrichtigkeit der vom Antragsgegner behaupteten Risiken habe sich für ihn frühestens im Laufe des Frühjahrs 2007 mit Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Staatsanwalt Dr. H. herausgestellt, dann wäre eine Anfechtungserklärung im Antrag vom 28.9.2007 noch rechtzeitig, vorausgesetzt, der Anwaltsschriftsatz ließe sich auch in diesem Sinne interpretieren. Abschließend muss sich der Senat aber aus den nachstehenden Gründen damit nicht auseinandersetzen.
(2) Zur Überzeugung des Senats liegt ein Grund zur Anfechtung der Schiedsvereinbarung nicht vor.
aa) Hauptvereinbarung und Schiedsvereinbarung sind, auch wenn sie in einer Urkunde enthalten sind, streng voneinander zu trennen. Die Unwirksamkeit des Hauptvertrags berührt nicht automatisch die Schiedsvereinbarung oder umgekehrt. Die Schiedsvereinbarung ist autonom; § 139 BGB gilt nicht (vgl. § 1040 Abs. 1 Satz 2 ZPO; Zöller/Geimer § 1029 Rn. 1; Reichold in Thomas/Putzo ZPO 28. Aufl. § 1040 Rn. 1). Nichtigkeitsgründe betreffen im Grundsatz nur den Vertrag, bei dem sie vorliegen. Möglich ist, dass derselbe Nichtigkeitsgrund bei Hauptvertrag und Schiedsvertrag zugleich gegeben ist. Wenn die Nichtigkeit des Hauptvertrags, etwa wegen Sittenwidrigkeit oder Gesetzesverstoßes (§§ 138, 134 BGB), im Raum steht, ist es in der Regel gerade der Zweck der Schiedsklausel, den Streit darüber im vereinbarten Verfahren auszuräumen. Die Schiedsklausel ist in derartigen Fällen regelmäßig wirksam. Bei Arglistanfechtung nach § 123 BGB kommt es darauf an, ob die für den Abschluss des Hauptvertrags ursächliche Täuschung auch den Abschluss der Schiedsvereinbarung unmittelbar beeinflusst hat (Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. Kap. 4 Rn. 16-18 m.w.N.).
bb) Auf den Umstand, dass der Antragsteller sich zur Schiedsklausel nur durch Täuschung bereit gefunden habe, weil der Antragsgegner ihm erfolgreich vorgespiegelt haben soll, wegen einer Gefährdung seiner Altersbezüge sei es notwendig, etwaige Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Option außerhalb der staatlichen Gerichtsbarkeit mit verkürztem Rechtsschutz und nichtöffentlich auszutragen, kann die Anfechtung nicht erfolgreich gestützt werden. Der Antragsgegner stellt bereits die Täuschungshandlung als solche entschieden in Abrede. Der Antragsteller kann indes weder eine Täuschungshandlung noch deren Kausalität für die abgeschlossene Schiedsvereinbarung belegen. Für die Vereinbarung einer Schiedsklausel sprechen hingegen naheliegende Umstände, nämlich der ursprünglich schon vor September 2006 in Aussicht genommene internationale Bezug des Unternehmens, ein Sachverhalt mit wirtschaftlich komplexem Hintergrund und auf beiden Seiten Parteien, deren persönlicher und wirtschaftlicher Ruf durch öffentlichkeitswirksame Gerichtsverfahren Schaden nehmen kann. Denn auch der Antragsteller konnte nicht daran interessiert sein, etwaige rechtliche Auseinandersetzungen mit dem Antragsgegner wegen dessen Geschäftsführerentlohnung öffentlich auszutragen. Dies wäre nämlich dem im Aufbau befindlichen Unternehmen nicht förderlich gewesen. Auch wären Interna zur Firmenbewertung an die Öffentlichkeit gelangt. Demgemäß wurde eine entsprechende Klausel schon in früheren Verträgen des im Aufbau befindlichen Unternehmens verwendet. Zur Schiedsklausel passt ferner die zur Verkehrswertermittlung getroffene Schiedsgutachtensregelung in § 3, die eine zügige und für die Beteiligten verbindliche Bewertung durch einen neutralen Dritten außerhalb des insoweit schwerfälligen gerichtlichen Verfahrens sicherstellen sollte.
cc) Die behauptete Täuschung im Zusammenhang mit der Put-Option und der Schiedsklausel soll in einem Gespräch unter vier Augen stattgefunden haben. Dafür kann der beweisbelastete (Heinrichs/Ellenberger in Palandt § 123 Rn. 30) Antragsteller nur sich selbst als Partei anbieten. Das dazu notwendige ausdrückliche Einverständnis des Gegners (§ 447 ZPO) ist nicht erklärt. Die Voraussetzungen des § 448 ZPO liegen nicht vor, weil diese Vorschrift eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Antragstellerbehauptungen erfordert (Zöller/Greger § 448 Rn. 4), eine solche jedoch nicht besteht. Sie lässt sich auch nicht hinreichend durch die zeugenschaftliche Vernehmung des Rechtsanwalts Dr. I. schaffen, der als Berater der GmbH bekunden können soll, dass die Frage der Altersversorgung des Antragsgegners unter den Parteien durchaus im Gespräch war. Abgesehen davon, dass der Antragsteller entsprechende Äußerungen weder zeitlich noch örtlich hinreichend präzise darstellen kann, könnte eine derartige Wahrnehmung zunächst allenfalls für die Put-Option, nicht aber auch für die Schiedsklausel von Bedeutung sein. Dass die Verteidigertätigkeit des Antragsgegners in einen Zeitraum fällt, in dem auch die maßgeblichen Prüfungen und Verhandlungen zum Abschluss der notariellen Vereinbarung vom 15.12.2006 stattfanden, stellt den erforderlichen Zusammenhang nicht her. Hingegen deutet der im Wesentlichen vom Antragsgegner vorgelegte Schriftverkehr eher darauf hin, dass mit Option und Kaufangebot eine Geschäftsführertätigkeit des Antragsgegners finanziell abgedeckt werden sollte und steuerliche Motive für die konkrete Vertragsausgestaltung maßgeblich gewesen sein dürften.
c) Soweit der Antragsteller die Nichtigkeit aus § 138 BGB abzuleiten versucht, kann er damit jedenfalls die Wirksamkeit der Schiedsklausel nicht in Zweifel ziehen. Stände die Option einschließlich Kaufangebot in einem groben Missverhältnis zu dem Wert der im Rahmen des vereinbarten Bezugsrechts zugesagten Gesellschaftsanteile und handelte es sich danach in der Sache um ein wucherähnliches Rechtsgeschäft, so ließe dies die Wirksamkeit der Schiedsabrede unberührt, weil gerade über einen solchen strittigen Punkt das Schiedsgericht entscheiden soll. Dass nach dem Maßstab des § 1025 Abs. 2 ZPO a.F. der Schiedsvertrag unwirksam wäre, weil eine Partei ihre wirtschaftliche oder soziale Überlegenheit dazu ausgenutzt hat, den anderen Teil zu seinem Abschluss zu nötigen, ist ebenso wenig festzustellen. Die Schiedsklausel selbst bietet dafür keinen Anhaltspunkt; vielmehr belegt sie die Ausgewogenheit der Verhandlungssituation. Mit der Maßgeblichkeit der DIS-Schiedsgerichtsordnung, der Bestimmung eines Drei-Personen-Schiedsgerichts - von dem auch der gesetzliche Regelfall (§ 1035 Abs. 3 Satz 2 ZPO) ausgeht - und der Wahl des Schiedsorts erfährt keine Partei Nachteile. In ihren zivilen Geschäftsbeziehungen begegneten sich die Parteien "auf gleicher Augenhöhe". Der Antragsteller ist eigener Darstellung zufolge nicht nur erfolgreicher Arzt, sondern auch erfolgreicher und erfahrener Geschäftsmann, der sich auch in seinen bisherigen geschäftlichen Aktivitäten bereits der Verwendung von Schiedsklauseln, wie etwa in dem von der Gegenseite vorgelegten Geschäftsbesorgungsvertrag mit einem niederländischen Unternehmen vom April 2006, bedient hat.
d) Schließlich verstößt die Schiedsklausel auch nicht gegen ein gesetzliches Verbot und wäre deswegen nichtig (§ 134 BGB). Selbst wenn die Dienstleistungsvereinbarung vom 25.4.2006 mit der N-GmbH in einem unmittelbaren rechtlichen und tatsächlichen Zusammenhang zur Geschäftsführertätigkeit des Antragsgegners stände und inhaltlich eine unerlaubte Rechtsberatung vereinbart gewesen wäre, schlägt dies nicht auf die davon unabhängige Schiedsklausel durch. Denn von einer Fehleridentität (vgl. Lachmann Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis 3. Aufl. Rn. 535 ff.) kann keine Rede sein.
3. Es fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass die Schiedsvereinbarung als solche nicht durchführbar wäre (dazu Reichold in Thomas/Putzo § 1032 Rn. 3). Der Streit um die Zahlung des Kaufpreises aus der Annahme des Kaufangebots im Vertrag vom 15.12.2006 fällt unter die dort in § 4 Abs. 4 getroffene Schiedsabrede.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Festsetzung des Geschäftswerts auf § 3 ZPO, § 48 Abs. 1, § 63 Abs. 2 GKG. Beim Zulässigkeitsstreit ist das Interesse an der Vermeidung des schiedsrichterlichen Verfahrens, in der Regel ein Bruchteil der Hauptsache, maßgeblich. Angemessen erscheint insoweit die Hälfte der mutmaßlichen Hauptsache.
Summary
Higher Regional Court (OLG) of Munich, Decision of 12 Feb. 2008 - 34 SchH 06/07
Motion to declare arbitral proceedings inadmissible
R u l i n g:
The main agreement and the arbitration agreement are independent of each other. Only under exceptional circumstances a defect of the main agreement will affect the arbitration agreement.
F a c t s:
Claimant is an entrepreneur in the pharmaceutical industry. Respondent advised Claimant in various legal matters. In the context of the restructuring of a company belonging to Claimant, and of which Respondent was the managing director, Claimant and Respondent concluded a notarially certified option agreement pursuant to which Respondent was entitled to exercise an option to request transfer without consideration of up to 3% of the entire stock of the (restructured) limited liability company from Claimant. In addition, in the agreement Claimant undertook to purchase the option from Respondent at any given time for a purchase price equalling the value of the option on the date of acceptance. The value of the option was to be determined by binding expert determination. A minimum purchase price was fixed as well. The agreement contained a dispute resolution clause referring to the Arbitration Rules of the DIS.
In 2007, Respondent terminated the professional relations with Claimant and exercised the put option, requesting payment of the minimum purchase price. In July 2007 Respondent filed a request for arbitration.
By notice of 24 August 2007, Claimant rescinded the agreement - including the arbitration agreement, alleging that he had been compelled by unlawful menace to conclude the agreement. Alternatively, Claimant alleged that the arbitration agreement was invalid due to a form defect and as a result of the rescission. Claimant alleged that the agreement had been concluded to compensate Respondent for an - alleged - threat of suffering criminal prosecutions as a result of his activities for Claimant. In the meantime, this threat had not materialised since Claimant had been cleared of all criminal responsibility. In addition, Cllaimant alleged that he had been compelled by Respondent's fraudulent misrepresentation to conclude the agreement.
Claimant filed a motion with the Munich Higher Regional Court to declare the arbitral proceedings inadmissible pursuant to Sec. 1032 sub. 2 Code of Civil Procedure (ZPO). Respondent contested the motion.
G r o u n d s:
The Munich Higher Regional Court held that the motion to declare the arbitral proceedings inadmissible was admissible but not founded. The proceedings pursuant to Sec. 1032 sub. 2 ZPO are limited to a review by the state court if there existed a valid arbitration agreement, if the agreement was capable of being performed and if the dispute fell within the scope of the arbitration agreement
.
In the present case the court held that the arbitration agreement contained in the notarially certified main agreement did not suffer from a form defect. A separate agreement pursuant to Sec. 1031 sub. 5, sent. 3, 2nd half ZPO was not required. As long as the formal requirements for the arbitration agreement were met, it was immaterial if the form requirements for the main agreement had been respected, at least if the arbitration agreement provided - like in the present case - that the arbitral tribunal was to decide also on the validity of the arbitration agreement.
The arbitration agreement was not invalid. Even if the arbitration agreement would - unlawfully - purport to exclude the competence of the state courts to review the arbitral tribunal's decision in respect of its competence, only that section of the arbitration agreement, not the arbitration agreement as such - would be invalid.
The court held that the arbitration agreement had not been rescinded effectively. Even assuming that Claimant had effectively rescinded the main agreement, this would not necessarily affect the arbitration agreement. The main agreement and the arbitration agreement were to be distinguished strictly. In each case it must be reviewed if the ground for invalidity affected both the main agreement and arbitration agreement. If a main agreement is rescinded for being contra bonos mores, parties usually intend to resolve disputes about the validity by way of arbitration, so that as a rule the arbitration agreement remains valid. In the case of a fraudulent misrepresentation it must evaluated if the misrepresentation also affected directly the conclusion of the agreement.
As regards the allegation of fraudulent misrepresentation, Claimant had failed to show proof of such a fraudulent act and moreover of its causality for the conclusion of the arbitration agreement. The court held that the conclusion of an arbitration agreement - in particular the confidentiality of arbitral proceedings - was presumptively in the interest of both parties. Furthermore, to the extent that Claimant alleges that the option agreement was contra bonos mores, this did not affect the arbitration agreement itself. A gross misbalance between the value of corporate shares and the minimum price might be considered usurious and lead to the invalidity of the main agreement. However the arbitration agreement would be aimed to resolve precisely such disputes. Furthermore there was no evidence of an imbalance between the negotiating parties. The reference to the DIS Arbitration Rules, the determination of a three-member arbitral tribunal, the place of arbitration indicated a balanced negotiation situation.
Furthermore, the conclusion of an arbitration agreement did not violate a statutory prohibition. Even if the activities of Respondent as managing director of the company might have constituted unlawful legal consulting, this would not have affect the conclusion of the arbitration agreement since there was no identity of error in this respect.
Finally, there was no indication that the arbitration agreement was not capable of being performed.
Consequentially, the motion to declare the arbitral proceedings inadmissible was rejected.