34 SchH 10/10


Gericht OLG München Aktenzeichen 34 SchH 10/10 Datum 15.11.2010
Leitsatz
Rechtsvorschriften
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
Stichworte
Volltext
B E S C H L U S S
I. Zum Einzelschiedsrichter zur Durchführung eines Schiedsverfahrens zwischen den Parteien wegen der Kündigung des Gesellschaftsvertrages und zur etwaigen Entscheidung über die Höhe der dem Schiedskläger zustehenden Abfindung wird bestellt:
Herr xxx.
II. Die Kosten des Bestellungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
III. Der Streitwert wird auf 400.000,00 € festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
Die Parteien sind die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die mit Vertrag vom 8.3.2006 errichtet wurde. In § 17 des Gesellschaftsvertrages ist geregelt, dass alle Streitigkeiten aus und im Zusammenhang mit diesem Vertrag einschließlich Streitigkeiten über seinen Bestand oder seine Beendigung unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges endgültig und verbindlich von einem Schiedsgericht entschieden werden, das aus einem Schiedsrichter besteht. Auf das schiedsrichterliche Verfahren sollen die Vorschriften der ZPO Anwendung finden; als Ort des Schiedsverfahrens ist München vereinbart. Weitere Regelungen, insbesondere solche über die Bestellung des Schiedsrichters, enthält der Gesellschaftsvertrag nicht.
Der Antragsteller hat mit gleichlautenden Schreiben vom 21.6.2010 die GbR gegenüberden Antragsgegnern zum 31.12.2010 gekündigt. Mit gleichlautenden Schreiben vom 30.6.2010 haben auch die Antragsgegner die GbR gegenüber dem Antragsteller „mit Wirkung zum 31.12.2010“ gekündigt. Die Antragsgegner haben mit Schreiben vom 9.8.2010 eine weitere - außerordentliche - Kündigung ausgesprochen, die der Antragsteller für unwirksam hält. Die ordentlichen Kündigungen hält er wegen Nichteinhaltung der Kündigungsfrist für nicht zum 31.12.2010 wirksam.
Der Antragsteller will zur Frage der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung Schiedsklage erheben. Der Schiedsrichter soll außerdem gegebenenfalls über die Höhe der dem Antragsteller zustehenden Abfindung zu entscheiden haben.
Die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers haben den Antragsgegnern am 17.8.2010 vorgeschlagen, Herrn X … , zum Schiedsrichter zu bestellen und die Antragsgegner dazu aufgefordert, dem Vorschlag bis zum 2.9.2010 zuzustimmen. Diese haben sich bis zum Ablauf der Frist nicht geäußert.
Unter dem 3.9.2010 hat der Antragsteller beantragt, den Schiedsrichter gerichtlich zu bestellen und dabei wiederum Herrn X vorgeschlagen.
Die Antragsgegner bringen nach einer vom Vorgeschlagenen vorgelegten Erklärung zur Unparteilichkeit keine Einwendungen gegen dessen Person mehr vor, weisen jedoch darauf hin, dass beim Landgericht München I (…) eine Klage des Antragstellers gegen die GbR anhängig sei. In diesem „Parallelverfahren“ stelle der Antragsteller zur Begründung seiner Ansprüche gegen die GbR auch auf Sachverhalte und Rechtsfragen ab, die im hiesigen Schiedsverfahren zu klären seien. Es müsse daher sichergestellt sein, dass der als Schiedsrichter vorgeschlagene Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht in dieser Eigenschaft nicht mit dem Parallelverfahren befasst werden wird.
II.
1. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München folgt aus § 1062 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5, § 1025 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 8 GZVJu vom 16.11.2004 (GVBl S. 471). Als Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens ist München vorgesehen.
2. Der Antrag ist begründet. Die Voraussetzungen für die Bestellung des Schiedsrichters durch den Senat sind gegeben (§ 1035 Abs. 4 ZPO).
Gegen die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung bestehen keine durchgreifenden Bedenken, ohne dass es im Rahmen des Bestellungsverfahrens einer abschließenden Entscheidung über deren Gültigkeit bedarf. Die Parteien haben sich nicht auf einen Schiedsrichter einigen können. Daher hat das staatliche Gericht gemäß § 1035 Abs. 4 ZPO auf Antrag einer Partei die erforderlichen Maßnahmen, hier also die gerichtliche Bestellung des Einzelschiedsrichters, vorzunehmen.
3. Gemäß § 1035 Abs. 5 ZPO bestellt der Senat die oben genannte Person zum Einzelschiedsrichter.
Für die Auswahl des Schiedsrichters enthält § 17 des Gesellschaftsvertrags keine Vorgaben. Auch wenn das Bestimmungsrecht auf das Gericht übergegangen ist, können Vorschläge der Parteien berücksichtigt werden. Mit dem Vorschlag des Antragstellers sind nunmehr auch die Antragsgegner grundsätzlich einverstanden. Soweit noch Bedenken geäußert werden, dass Herr X in seiner beruflichen Tätigkeit als Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht möglicherweise mit einem derzeit beim Landgericht anhängigen Rechtsstreit, in dem die im Schiedsverfahren zu klärenden Fragen ebenfalls eine Rolle spielen, befasst werden könnte, ergibt sich aus der Geschäftsverteilung für das Oberlandesgericht wie aus dessen Erklärung zur Unparteilichkeit vom 29.9.2010, dass der 19. Zivilsenat, dessen Vorsitz der Schiedsrichter inne hat, für Berufungen gegen Entscheidungen von Kammern für Handelssachen nicht zuständig ist. Die theoretische Möglichkeit, dass der 19. Zivilsenat nach Urteilsaufhebung und Zurückverweisung durch den Bundesgerichtshof an einen anderen Senat (§ 563 Abs. 1 ZPO) einmal zuständig werden könnte, ist vernachlässigbar, wie letztlich auch Änderungen der Geschäftsverteilung nicht für alle Zeiten ausgeschlossen werden können. Im Übrigen gilt der Grundsatz der Überparteilichkeit für Schiedsrichter wie für staatliche Richter.
Der vom Senat bestellte Schiedsrichter ist ausgewiesener Experte in gesellschaftsrechtlichen Fragen. Er bietet die Gewähr für eine sachgerechte Erfassung der mit der Streitigkeit verbundenen materiell-rechtlichen Probleme sowie für ein justizförmiges und den Interessen der Parteien gerecht werdendes Verfahren.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. In Fällen, in denen sich die Parteien nicht auf einen Schiedsrichter einigen können, ist die Kostenaufhebung sachgerecht.
IV.
Die Bestimmung des Streitwertes beruht auf § 3 ZPO i. V. m. § 48 Abs. 1 GKG. Mit einem Bruchteil (etwa 1/3 des Hauptsachebetrages) ist im Regelfall, so auch hier, eine angemessene Bewertung für die Bestellung gegeben (vgl. z. B. Senat vom 23.5.2007, 34 SchH 001/07; vom 14.10.2010, 34 SchH 007/10). Aus den vorgelegten Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers an den Prozessbevollmächtigten der Antragsgegner ergibt sich eine Größenordnung der möglicherweise zu prüfenden Abfindungsansprüche von 1,2 Mio. €.
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