34 Sch 17/07


Gericht OLG München Aktenzeichen 34 Sch 17/07 Datum 02.10.2007
Leitsatz
Festsetzung des Geschäftswertes/ Absehen von einer Erhebung der Gerichtskosten Bewertet das Landgericht ein Schiedsgutachten irrigerweise als Schiedsspruch und veranlasst dadurch einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung nach § 1060 Abs. 1 ZPO beim OLG, ist bei Rücknahme des Antrags gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG von einer Erhebung der Gerichtskosten abzusehen. (Ls. d. Red.)
Rechtsvorschriften§ 1029 ZPO § 317 BGB § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteSchiedsvereinbarung: - Abgrenzung, Schiedsgutachten sonstige Gerichtsverfahren
Volltext
B E S C H L U S S: I. Der Geschäftswert wird auf 11.955,73 € festgesetzt. II. Die Kosten für den Antrag auf Vollstreckbarerklärung vom 22. August 2007 werden nicht erhoben. G r ü n d e : I. Zwischen den Parteien war vor dem Landgericht ein Rechtsstreit wegen Forderungen aus der Montage einer Heizungsanlage anhängig. Das Verfahren endete mit einem gerichtlichen Vergleich vom 30.1.2007, der unter anderem vorsah, dass der Nettowert von Teilen der Heizungsanlage, die zur Abholung bereitzustellen sind, durch einen im Vergleich benannten Dritten bestimmt werden sollte. Aus dem Vergleich wurde ein Zwangsvollstreckungsauftrag erteilt. Mit Beschluss vom 3.8.2007 erklärte das Landgericht die Zwangsvollstreckung aus der am 26.2.2007 auf den Vergleich erteilten Vollstreckungsklausel für unzulässig. Zur Begründung führte das Landgericht unter anderem aus, dass die Parteien im Vergleich eine Vereinbarung über ein Schiedsgutachten geschlossen hätten. Die Zwangsvollstreckung könne daher nicht aus dem Vergleich, sondern nur gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 4a ZPO aus einer Entscheidung, die Schiedssprüche für vollstreckbar erkläre, erfolgen. Hierauf hat die Antragstellerin Antrag auf Vollstreckbarerklärung gemäß § 1060 Abs. 1 ZPO beim Oberlandesgericht gestellt. Auf Hinweis des Senatsvorsitzenden hat sie mit Schriftsatz vom 6.9.2007 ihren Antrag zurückgenommen und beantragt, die Gerichtskosten niederzuschlagen, da angesichts des Beschlusses des Landgerichts, der auf die Vollstreckbarerklärung gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 4a ZPO abgestellt habe, der Antrag auf Vollstreckbarerklärung die notwendige weitere Vorgehensweise dargestellt habe. Außerdem habe die Gefahr bestanden, dass andernfalls eine beim Landgericht erhobene Klage im Hinblick auf den vorgenannten Beschluss als unzulässig abgewiesen worden wäre. Der Vertreter der Staatskasse wurde angehört. II. 1. Der Streitwert ergibt sich aus dem Wert der Hauptsache. 2. Von der Erhebung von Gerichtskosten für den Antrag auf Vollstreckbarerklärung wird gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG abgesehen. Nach dieser Vorschrift kann bei Zurücknahme eines Antrages von der Erhebung der Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht. Vorliegend wurde in den Gründen des Beschlusses des Landgerichts vom 3.8.2007 eine falsche rechtliche Würdigung im Hinblick auf die Voraussetzungen für eine Vollstreckbarerklärung getroffen. Der Antrag beruhte auf der falschen rechtlichen Beurteilung des Landgerichts, dass Schiedsgutachten (vgl. § 317 BGB) den Vorschriften der §§ 1025 ff. ZPO unterliegen. Im vorliegenden Fall geht der Senat davon aus, dass den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin kein Verschulden trifft, wenn er sich auf die rechtliche Beurteilung des Landgerichts verlassen hat (vgl. dazu BayObLG WuM 1995, 70 zum Problem der falschen Rechtsmittelbelehrung). Zwar muss ein Anwalt grundsätzlich umfassende Gesetzeskenntnis haben und kann sich nicht auf unverschuldete Rechtsunkenntnis berufen (BFH vom 31.7.2006, II E 3/06 Rn. 8, zitiert nach juris). Ein Anwalt, der mit der Durchsetzung von Ansprüchen betraut wurde, ist aufgrund der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht gehalten, anhand des Gesetzestextes und ggfs. der Kommentierungen zu prüfen, ob er mit dem von ihm gewählten Antrag sein Ziel erreichen kann (vgl. VGH München vom 6.12.2004, Az.: 1 B 03.1830 Rn. 5, zitiert nach juris), so dass die Stellung eines falschen Antrages grundsätzlich durch eine Überprüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen vermieden werden kann (so OLG Zweibrücken, NStZ-RR 2000, 319 m.w.N.). Ein Anwalt muss jedoch in schwierigen Fällen nicht klüger sein als das Gericht (vgl. BGH NJW 1993, 3206 zur Frage des Verschuldens eines Rechtsanwaltes bei einer falschen Rechtsmittelbelehrung m.w.N.). Da es im vorliegenden Fall für den Verfahrensbevollmächtigten nicht ohne weiteres erkennbar war, dass, entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht, die rechtlichen Voraussetzungen für einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung nicht vorliegen, sieht der Senat von einer Erhebung der Kosten ab.
Summary
Higher Regional Court (OLG) Munich, Decision of 2 October 2007 - 34 Sch 17/07 Assessment of amount in dispute R u l i n g: If a Regional Court by mistake considers an expert opinion to be an arbitral award and thereby causes a request for a declaration of enforcement to be filed with the Higher Regional Court pursuant to Sec. 1060 sub. 1 Code of Civil Procedure (ZPO), no court fees will be raised upon withdrawal of the request. F a c t s: A settlement concluded between the parties in the course of proceedings before the Regional Court provided that the value of a heating installation was to be determined by a third person. The Regional Court ruled that execution proceedings on the basis of the execution certificate issued on the settlement were inadmissible. It held that a decision declaring the arbitral award enforceable was required. Accordingly, the claimant filed a request to declare the award enforceable with the Higher Regional Court. Claimant withdrew the request upon direction of the Higher Regional Court and requested that the costs be waived. The Court granted the request G r o u n d s: The Higher Regional Court ruled that the court fee for the request to declare the award enforceable were to be waived pursuant to Sec. 21 sub. 1 phrase 3 Act on Court Fees (GKG). This provision provides that the court fees for a request may be waived if the request was filed through no fault of the party. In the present case the party was caused to file the request on the basis of the erroneous determination of the Regional Court that an expert opinion could only be enforced on the basis of a declaration of enforceability of an arbitral award. While an attorney has a duty to inform his client correctly of the law, failure to do so is excused if the failure was caused by an erroneous assessment of the law by the court.