34 SchH 05/11


Gericht OLG München Aktenzeichen 34 SchH 05/11 Datum 20.09.2011
Leitsatz
Rechtsvorschriften
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
Stichworte
Volltext
B E S C H L U S S
I. Zum Einzelschiedsrichter zur Durchführung eines Schiedsverfahrens zwischen den Parteien wegen strittiger Ansprüche aus dem Praxisübernahmevertrag vom 3. September 2010 wird bestellt:
xxx
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Bestellungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 10.000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
Die Antragstellerin, eine Zahnärztin, veräußerte mit Praxisübernahmevertrag vom 3.9.2010 ihre Praxis an den Antragsgegner. § 15 des Vertrages lautet:
„Mediation / Schiedsgericht
1. Die Vertragsparteien verpflichten sich, bei Meinungsverschiedenheiten im Zusammenhang mit und aus diesem Vertrag vor der Einleitung eines schiedsgerichtlichen Verfahrens gemäß Abs. 2 eine Mediation durchzuführen. Sie werden sich innerhalb einer Frist von 14 Tagen auf einen geeigneten Mediator einigen. Erzielen die Vertragsparteien innerhalb dieser Frist keine Einigung, wird auf Antrag einer Partei die Zahnärztliche Vereinigung Bayerns einen Mediator bestimmen. Dieser muss die Ausbildung zum Wirtschaftsmediator (IHK) haben.
2. Sollte im Rahmen des Mediationsverfahrens binnen eines Monats ab Beginn keine Konfliktlösung erreicht werden, ist jede Partei berechtigt, ein schiedsgerichtliches Verfahren einzuleiten. Die Parteien werden sich innerhalb einer Frist von 14 Tagen auf einen geeigneten Schiedsrichter einigen. Erzielen die Parteien innerhalb dieser Frist keine Einigung, wird auf Antrag einer Partei die Zahnärztliche Vereinigung Bayerns einen Schiedsrichter festlegen.
3. Diese Vereinbarung hindert keine Vertragspartei daran, ein gerichtliches Eilverfahren, insbesondere ein Arrest- oder einstweiliges Verfügungsverfahren durchzuführen…“
Die Antragstellerin begehrt vom Antragsgegner in der Hauptsache Zahlung des restlichen Kaufpreises für die Praxis in Höhe von 30.000,00 €, zahnärztliches Honorar für das 3. und 4. Quartal 2010 sowie Zinsen aus einer Darlehensfälligkeitsstellung im Gesamtbetrag von 37.200,40 €.
Die Durchführung des vereinbarten Mediationsverfahrens scheiterte an der fehlenden Mitwirkung des Antragsgegners. Die daraufhin angerufene (Kassen-) Zahnärztliche Vereinigung Bayerns (KZVB) teilte dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 11.3.2011 mit, dass sie sich nicht in der Lage sehe, Mediatoren vorzuschlagen. Gleiches gelte auch für Schiedsrichter.
Mit Schriftsatz vom 6.4.2011 erhob die Antragstellerin Klage vor dem Landgericht München I (Az. 10 O 7371/11). Nach Hinweis des Gerichts, dass die Weigerung der KZVB, einen Schiedsrichter zu bestellen, nicht zur Undurchführbarkeit der Schiedsvereinbarung führe, hat die Antragstellerin unter dem 18.5.2011 beim Oberlandesgericht München um Bestellung eines Schiedsrichters nachgesucht.
Der Antragsgegner hat sich der Bestellung widersetzt. Er ist der Ansicht, dass für eine Schiedsrichterbestellung derzeit das Rechtschutzbedürfnis fehle, da bisher kein Versuch einer Mediation stattgefunden habe.
II.
Dem zulässigen Antrag ist durch die begehrte Bestellung stattzugeben.
1. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München folgt aus § 1062 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5, § 1025 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 8 GZVJu vom 16.11.2004 (GVBl S. 471).
2. Der Antrag ist begründet. Die Voraussetzungen für die Bestellung des Schiedsrichters durch den Senat sind gegeben (§ 1035 Abs. 3 ZPO). Vereinbart ist, wie sich aus § 15 Ziff. 2 des Praxisübernahmevertrags ergibt, ein Ein-Personen-Schiedsgericht, welches die Parteien wirksam vereinbaren können (vgl. § 1034 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Gegen die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung bestehen im Übrigen keine durchgreifenden Bedenken, ohne dass es im Rahmen des Bestellungsverfahrens einer abschließenden Entscheidung über deren Gültigkeit bedarf.
Dem Bestellungsverfahren fehlt auch nicht das Rechtschutzbedürfnis. Zwar sieht der Praxisübernahmevertrag vor, dass die Parteien vor Anrufung eines Schiedsgerichts ein Mediationsverfahren zu durchlaufen haben. Der Antragsgegner kann sich vorliegend jedoch nicht auf die Mediationsklausel berufen, da er nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragstellerin an der Mediation nicht mitgewirkt hat, insbesondere vertragswidrig nicht bereit war, an der Bestellung eines Mediators mitzuwirken. In einem solchen Fall ist die Berufung auf die Einrede rechtsmissbräuchlich (Unberath NJW 2011, 1320/1322 bei Fn. 23).
3. Wie zu verfahren ist, wenn das für den Schiedsrichter vereinbarte Bestellungsverfahren nicht durchführbar ist, weil die Institution, die die Bestellung vornehmen soll, die Mitwirkung verweigert, regelt die Vereinbarung nicht. In diesem Fall gelten ergänzend die gesetzlichen Bestimmungen des § 1035 Abs. 4 ZPO, wonach jede Partei bei Gericht die Anordnung der erforderlichen Maßnahmen, hier die Bestellung des Einzelschiedsrichters, beantragen kann.
4. Gemäß § 1035 Abs. 5 ZPO bestellt der Senat die oben genannte Person zum Einzelschiedsrichter.
Für die Auswahl des Schiedsrichters enthält § 15 des Praxisübernahmevertrages keine Vorgaben. Der Senat wählt daher als Einzelschiedsrichter einen langjährig (zivil-) praxiserfahrenen Berufsrichter aus, der bereits mehrfach schiedsrichterliche Tätigkeiten ausgeübt hat. Dieser ist zur Übernahme des Schiedsrichteramtes bereit.
Umstände, die gegen seine Person sprächen (vgl. § 1036 ZPO), sind weder bekannt geworden noch sonst wie ersichtlich.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
Die Streitwertbestimmung beruht auf § 3 ZPO. Mit einem Bruchteil (1/4 bis 1/3 des Hauptsachebetrags) ist im Regelfall, so auch hier, eine angemessene Bewertung für die Bestellung gegeben (vgl. z.B. Senat vom 23.5.2007, 34 SchH 001/07).
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