34 SchH 09/05


Gericht OLG München Aktenzeichen 34 SchH 09/05 Datum 07.08.2006
Leitsatz
Abgrenzung von schiedsrichterlicher und schiedsgutachterlicher Tätigkeit
Amtlicher Leitsatz:
Für die Ablehnung eines Schiedsgutachters wegen Zweifeln an dessen Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit ist eine Zuständigkeit des Oberlandesgerichts gemäß § 1062 ZPO nicht gegeben.
Ergänzender Leitsatz der Redaktion:
In Zweifelsfällen ist letztlich grundsätzlich davon auszugehen, dass wegen der erheblichen Tragweite der Regelung kein Schiedsgericht gewollt ist, sondern nur die gegenüber einer Schiedsabrede weniger weitgehende und daher für die Parteien weniger gefährliche Schiedsgutachterklausel (BGH BB 19822, 1077 f.).
Rechtsvorschriften§ 1029 Abs. 1 ZPO, § 1037 Abs. 3 ZPO
§ 317 BGB, § 319 BGB
FundstelleSchiedsVZ 2006, 286
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteSchiedsvereinbarung: - Abgrenzung, Schiedsgutachten
Volltext
B E S C H L U S S:
I. Der Antrag wird als unzulässig verworfen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert für das Verfahren wird auf 620.000 € festgesetzt.
G R Ü N D E:
I. Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin zu 1, beide Handelsgesellschaften in der Rechtsform der GmbH & Co.KG, gründeten mit Gesellschaftsvertrag vom 13.10. 2000 die ... mit Sitz in S. (Bayern). An dieser GmbH waren sie seit 2002 mit jeweils 50 % beteiligt. Im Gesellschaftsvertrag ist in § 16 die Einrichtung eines Beirats vorgesehen. Dessen Zusammensetzung, Aufgaben und Rechte sind unter anderem wie folgt beschrieben:
"§ 16 Beirat
1. Zusammensetzung des Beirates
a) Die Gesellschaft hat einen aus drei Mitgliedern bestehenden Beirat.
b) Die Beiratsmitglieder können Gesellschafter des jeweiligen Gesellschafterstammes der beiden Gesellschafter ... oder Dritte sein. Sie müssen über die notwendige Sachkenntnis verfügen, die dem Umfang und der Bedeutung ihres Amtes entsprechen. Geschäftsführer und Prokuristen der Komplementär-GmbH und Prokuristen der Gesellschaft sowie im Wettbewerb zur Gesellschaft stehende Personen dürfen dem Beirat nicht angehören. Letztere Einschränkung gilt nicht für Gesellschafter der beiden Gesellschafterstämme ...
c) (Regelungen zur Wahl bzw. zur Bestimmung des Beirats)
(...)
2. Aufgaben und Rechte des Beirates
a) Bei fehlender Mehrheit zu Gesellschafterbeschlüssen und allen Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern und diesen untereinander oder auf Verlangen eines Gesellschafters tritt der Beirat entscheidend in Funktion und entscheidet endgültig (...) unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges als Schiedsgericht.
(...)
f) Auf das schiedsrichterliche Verfahren sind die §§ 1025 ff. ZPO anwendbar. Ort des Verfahrens ist der Sitz der Gesellschaft.
3. Innere Ordnung des Beirates
a) Vorsitzender des Beirats ist, sofern die Gesellschafterversammlung nicht einstimmig etwas anderes beschließt, das gemäß Abs. 1 Buchst. c) bestimmte dritte Mitglied.
(...)
d) Schriftliche, fernschriftliche (auch Fax und E-mail), telegrafische und fernmündliche Beschlussfassungen sind zulässig, wenn kein Mitglied einer solchen Beschlussfassung widerspricht und alle Mitglieder ihre Stimme abgeben.
e) Über die Sitzungen des Beirats sowie über die nicht in Sitzungen gefassten Beiratsbeschlüsse sind unverzüglich Niederschriften anzufertigen, die der Vorsitzende zu unterzeichnen und allen Beiratsmitgliedern sowie den beiden Gesellschafterstämmen der Gesellschafter ... zu senden hat.
(...)"
.
Während des Bestehens der gemeinsamen GmbH wurde ein Beirat eingesetzt, wobei die Antragstellerin Dr. P. und die Antragsgegnerin zu 1 Dr. I. als jeweils ihr Beiratsmitglied einsetzten. Diese wählten sodann gemeinsam den Richter R. als Vorsitzenden.
Mit Kaufvertrag vom 1./11.10.2004 veräußerte die Antragstellerin der Antragsgegnerin zu 1 ihre Anteile an der "GmbH". Die Antragsgegnerin betreibt die GmbH nunmehr unter dem Namen GmbH (= Antragsgegnerin zu 2) weiter. Im Vertrag vom 1./11.10.2004 ist unter Punkt III. Nr. 1 u.a. geregelt:
"Der vereinbarte Kaufpreis beträgt 150.000 € zuzüglich eines Geldbetrages, der dem Schuldenstand der zum 30.9.2004 bestehenden Gesellschafterdarlehen, die der Veräußerer der Gesellschaft gewährt hat, entspricht, abzüglich eines Geldbetrages, der dem Schuldsaldo auf dem Gesellschafterverrechnungskonto des Veräußerers zum 30.9.2004 entspricht. Die genaue Höhe des Schuldenstandes des Gesellschafterdarlehens und des genauen Schuldsaldos auf dem Gesellschafterverrechnungskonto wird verbindlich durch den Beirat der Gesellschaft festgestellt und den Vertragsteilen mitgeteilt."
In der Folgezeit trat der Beirat der GmbH mehrfach zusammen, um über die Höhe der von ihm zu ermittelnden Kontenstände zu beraten. Zwischen den Beteiligten ist der genaue Umfang der dem Beirat zugewiesenen Aufgabe streitig.
Durch vertrauliche Informationen wurde der Antragstellerin am 7.1.2005 bekannt, dass mangels ausreichender sonstiger Finanzierung die Übernahme der Gesellschaftsanteile durch die Antragsgegnerin zu 1 nur dadurch möglich war, dass das Beiratsmitglied Dr. I. zugunsten der Antragsgegnerin zu 1 eine Zahlung in Höhe eines sechsstelligen Euro-Betrages eingebracht hatte. Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 18.1.2005 beantragte sie wegen dadurch begründeter Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Dr. I. dessen Ablehnung gemäß § 1037 Abs. 2 ZPO. In der Beiratssitzung vom 30.9.2005 wurde der Antrag abgelehnt.
Über die in der Sitzung vom 30.9.2005 gefassten Beschlüsse informierte der Vorsitzende des Beirats eine Kanzleiangestellten des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 4., 5. oder 6.10.2005 telefonisch. Der Inhalt der Mitteilung ist im Einzelnen zwischen den Parteien streitig. Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin war zu diesem Zeitpunkt im Urlaub. Er erhielt von dem ablehnenden Beschluss zu dem von ihm gestellten Befangenheitsantrag laut eigenen Angaben mit Eingang des Protokolls der Beiratssitzung vom 30.9.2005 am 18.10.2005 Kenntnis.
Am 24.11.2005 fand eine Beiratssitzung unter Beteiligung von Vertretern der Antragstellerin und der Antragsgegnerin zu 1 statt, in der bekannt gegeben wurde, dass die Antragstellerin (= Verkäuferin) 350.000 € als "Restkaufpreis" zu bezahlen habe. Dieser Beschluss wurde zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt Anfang 2006 vom Vorsitzenden nochmals schriftlich gefasst, begründet, von ihm unterschrieben und an die Parteien versandt.
Mit am 7.11.2005 eingegangenem Fax hat die Antragstellerin gerichtliche Entscheidung über die Ablehnung gemäß § 1037 Abs. 3 ZPO beantragt. Die Antragsgegner haben beantragt, den Antrag zurückzuweisen, da die Monatsfrist des § 1037 Abs. 3 ZPO nicht eingehalten worden sei. Die Antragstellerin habe bereits seit dem Telefonat des Vorsitzenden am 4., 5. oder 6.10.2005 Kenntnis von der Ablehnung ihres Antrags gehabt. Zudem sei Dr. I. kein Schiedsrichter, sondern Beiratsmitglied. Der Antrag sei aber jedenfalls unbegründet, da die wirtschaftliche Beteiligung eines Beiratsmitglieds an einer Partei gemäß dem Gesellschaftsvertrag der Parteien vom 15.11.2000 zulässig sei. Im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens hat Dr. I. seine mittelbare Beteiligung an der Antragsgegnerin zu 1 offen gelegt. Die Parteien hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
II. 1. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München für Entscheidungen gemäß § 1037 Abs. 3 ZPO ergibt sich aus § 1025 Abs. 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 ZPO i.V.m. § 8 der Gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz (GZVJu vom 4.11.2004, GVBl. S. 471).
2. Der gestellte Antrag ist nicht bereits wegen Fristversäumung unzulässig. Der Antrag vom 7.11.2005 ist vielmehr fristgerecht gestellt. Gemäß § 1037 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist ein Antrag auf Entscheidung durch das staatliche Gericht innerhalb eines Monats nach Kenntniserlangung von der Entscheidung des Schiedsgerichts zu stellen. Diese Frist wurde gewahrt. Die Sitzung am 30.9.2005 fand nicht im Beisein der Parteien statt. Entscheidend ist daher die spätere Kenntniserlangung der Partei, die nicht an eine bestimmte Form gebunden ist (vgl. Schlosser in Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. § 1037 Rn. 5; Münch in Münchner Kommentar 2. Aufl. § 1037 Rn. 10). Dabei kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls wann der Vorsitzende des Beirats telefonisch die Zurückweisung des Dr. I. betreffenden Ablehnungsantrags mitteilte. Denn die Mitteilung erfolgte unstreitig an die Kanzleiangestellte des Verfahrensbevollmächtigten. Auf deren Kenntniserlangung kommt es aber nicht an, da sie nicht die Vertreterin der Partei ist, sondern im Verhältnis zu dieser Dritte (vgl. Zöller/Greger ZPO 25. Aufl. § 233 Rn. 23 "Büropersonal"). Entscheidend ist die Kenntniserlangung durch den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin, der sich zumindest bis einschließlich 6.10.2005 im Urlaub befand. Falls er tatsächlich nach seiner Urlaubsrückkehr (frühestens 7.10.2005) und vor Zugang des Protokolls am 18.10.2005 von dem Beschluss Kenntnis erlangt haben sollte, steht dies der Einhaltung der Monatsfrist nicht entgegen. Einer näheren Sachverhaltsaufklärung dazu bedarf es daher nicht.
3. Der gestellte Antrag gegen beide Antragsgegnerinnen ist jedoch unzulässig, weil es sich bei dem Gremium, das über die restliche Kaufpreisforderung entscheiden soll, nicht um ein Schiedsgericht im Sinne der §§ 1025 ff ZPO handelt. Der von den Parteien eingesetzte Beirat wird jedenfalls bei der ihm durch den Kaufvertrag vom 1.10./11.10.2004 zugewiesenen Aufgabe nicht als Schiedsgericht tätig.
a) Die Parteien haben mit Einsetzung des Beirats gemäß dem Gesellschaftsvertrag vom 13.10.2000 ein Gremium geschaffen, dessen Rechtsnatur durch Auslegung des von den Parteien Gewollten zu ermitteln ist (vgl. grds. BGH NJW 2004, 2226). Der sogenannte Beirat ist kein gesetzliches Organ der juristischen Person mit gesetzlich festgelegten Aufgaben und kann auch in unterschiedlichen Funktionen tätig werden. Daher ist bei der Auslegung, in welcher Funktion er tätig wird, auf den jeweiligen Einzelfall, hier auf die Aufgabenstellung aus dem Kaufvertrag vom 1./10.10.2004, abzustellen.
b) Aus der Formulierung im Kaufvertrag ergibt sich eine Aufgabenzuweisung an den Beirat ohne kontradiktorisches Verfahren (vgl. § 1029 Abs. 1 ZPO). Diese Konstellation entspricht nicht der typischen Gestaltung im Rahmen von Schiedsverfahren, bei denen das Verfahren durch Antragsteller und Antragsgegner und ein entsprechendes streitiges Verfahren gekennzeichnet ist (vgl. § 1044 ff ZPO). Auch der Verfahrensgegenstand wird nicht wie bei einem Schiedsgericht üblich durch die gestellten Anträge vorgegeben. Dem Beirat wird hier aufgegeben, tatbestandliche Feststellungen zu unbekannten Einzelfaktoren zu treffen, aus denen sich dann die zweite Kaufpreisrate ergibt. Bei der Feststellung dieser Einzelfaktoren ist der Beirat an Antragsvorgaben nicht gebunden. Nach Ermittlung der beiden für den Restkaufpreis wertbildenden Faktoren soll der Beirat diese den Vertragsparteien mitteilen. Auch diese Formulierung spricht dagegen, dass mit der Feststellung und Mitteilung des Beirats ein zur Vollstreckung geeigneter Schiedsspruch angestrebt wird. Die Mitteilung von zwei Beträgen ist zur Vollstreckung ungeeignet. Die Auslegung der Vertragsgestaltung im Kaufvertrag ergibt daher, dass es sich eher um die Dritten überlassene Bestimmung von Tatsachen handelt, die für den Umfang der Leistung von Bedeutung sind.
c) Gegen diese Auslegung spricht nicht, dass die Parteien eine "verbindliche" Bestimmung der Kontenhöhe durch den Beirat wollen. Auch die Bestimmung durch einen Schiedsgutachter ist grundsätzlich verbindlich für die Beteiligten sowie ein eventuell mit der Sache befasstes Gericht. Sie ist nur im Rahmen des § 319 BGB durch das staatliche Gericht auf offenbare Unbilligkeit hin überprüfbar (Palandt/Grüneberg BGB 65. Aufl. § 319 Rn. 1; vgl. BGH NJW 1957, 1834; BB 1982, 1077).
d) Auch die bisherigen Tätigkeit des Beirats unter Berücksichtigung des Gesellschaftsvertrages der Parteien vom 13.10.2000 ergibt nicht, dass es sich zwingend und stets um eine schiedsgerichtliche Tätigkeit handelt. Zwar ist im Gesellschaftsvertrag der Parteien geregelt, dass der Beirat "als Schiedsgericht unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges entscheidet" und "auf das Verfahren die §§ 1025 ff ZPO anwendbar" sind. Dies ist jedoch für den Fall von Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern (u.a.) vorgesehen, was bei der Aufgabenzuweisung im Kaufvertrag jedenfalls zunächst noch nicht gegeben ist. Zudem enthält der Vertragspassus über die Zusammensetzung des Beirats Regeln, die mit der Besetzung eines Schiedsgerichts unvereinbar sind. Erlaubt ist danach nämlich die Beiratszugehörigkeit von Gesellschaftern der beiden Gesellschafterstämme (Gesellschaftsvertrag § 16 Nr. 1 b, letzter Satz). Dies würde aber zu einem Schiedsrichter in eigener Sache führen (vgl. Mankowski SchiedsVZ 2004, 304/308 m.w.N.). Auch die Regelungen zur inneren Ordnung des Beirats (Gesellschaftsvertrag § 16 Nr. 3 d, e) sind mit zwingenden Vorschriften eines Schiedsgerichtsverfahrens unvereinbar (vgl. Senat vom 28.6.2006, 34 SchH 11/05). Letztlich spricht auch die bisherige Art und Weise der Aufgabenerfüllung des Beirats sowie dessen eigene Auffassung von seiner Stellung jedenfalls gegen die Annahme eines dauernden Schiedsgerichts.
e) Der Kaufvertrag vom 1./11.10.2004 verwendet das Wort "Schiedsgericht" oder "Schiedsvereinbarung" nicht. Die Bezeichnung durch die Parteien ist jedoch für die Auslegung, was gewollt ist, nicht allein entscheidend (Palandt/Grüneberg § 317 Rn. 8; Zöller/Geimer ZPO 25. Aufl. §1031 Rn. 12). Die Formvorschrift des § 1031 ZPO für Schiedsvereinbarungen wäre jedoch nur dann eingehalten, wenn auf den Gesellschaftsvertrag vom 13.10.2000 zurückgegriffen werden könnte (§ 1031 Abs. 3 ZPO) und dieser eine auch für den Kaufvertrag geltende, eindeutige Regelung enthielte. Letzteres ist jedoch nicht der Fall. Entsprechend ist in der Verwendung des Begriffs "Beirat" im Kaufvertrag und unter Auslegung dieses Begriffes unter Rückgriff auf den Gesellschaftsvertrag nicht zwingend eine Schiedsvereinbarung zu sehen. Ob möglicherweise eine allgemeine, im Gesellschaftsvertrag vom 13.10.2000 enthaltene Schiedsklausel auch Streitigkeiten der Parteien bei der Abwicklung des Kaufvertrages erfasst, braucht der Senat nicht zu entscheiden, da der Beirat nach eigenem Bekunden bei der Kontenstandsermittlung ausdrücklich in Erfüllung der ihm durch den Kaufvertrag zugewiesenen Aufgabe und damit keinesfalls in schiedsrichterlicher Funktion tätig wurde.
f) In Zweifelsfällen ist letztlich grundsätzlich davon auszugehen, dass wegen der erheblichen Tragweite der Regelung kein Schiedsgericht gewollt ist, sondern nur die gegenüber einer Schiedsabrede weniger weitgehende und daher für die Parteien weniger gefährliche Schiedsgutachterklausel (BGH BB 1982, 1077 f.; Palandt/Grüneberg § 317 Rn. 8).
4. Die Frage, ob auf den Schiedsgutachter die gesetzlichen Regelungen über die Ablehnung von Schiedsrichtern analog anzuwenden sind (dafür Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. Kap. 2 Rn. 12; dagegen Palandt/Grüneberg § 317 Rn. 7 m.w.N.) oder aber die begründete Besorgnis der Befangenheit das Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Gutachtervertrages gibt (vgl. BGH DB 1980, 967), braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn für beide Verfahren besteht keine (erstinstanzliche) Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes gemäß § 1062 ZPO (str. für Befangenheitsanträge, vgl. Schwab/Walter und Palandt/Grüneberg, jeweils aaO.). Ausgehend davon, dass die besondere erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts gemäß § 1062 ZPO ausschließlich für schiedsrichterliche Verfahren festgelegt ist, die schiedsgutachterliche Tätigkeit aber gemäß § 319 BGB der Überprüfung durch die auch ansonsten zuständigen allgemeinen Zivilgerichte unterliegt, ist eine analoge Anwendung des § 1062 Abs. 1 Nr. 1 ZPO weder notwendig noch geboten. Auch für Streitigkeiten betreffend die Kündigung eines Schiedsgutachtervertrages verbleibt es bei den allgemeinen Zuständigkeiten (vgl. BGH aaO.).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Der Streitwert für das Verfahren ist gemäß § 3 ZPO, §§ 48, 63 GKG zu schätzen. Der wirtschaftliche Wert der Hauptsacheentscheidung liegt in der Differenz zwischen dem Restkaufpreis laut Vorstellung der Antragstellerin (zu erhaltende 270.000 €) und der Entscheidung des Beirats (zu bezahlende 350.000 €), somit bei 620.000 €. Gemäß seiner Rechtsprechung zur Schiedsrichterbestellung (vgl. 34 SchH 004/06 m.w.N.) legt der Senat den vollen Streitwert für die Schiedsrichterablehnung zugrunde. Zwar handelt es sich bei der beantragten Schiedsrichterablehnung nur um einen Teilakt eines schiedsrichterlichen Verfahrens. Dem Umstand, dass der Verfahrensaufwand für das Gericht wie für die Parteien im Allgemeinen geringer ist, tragen die Gebührensätze des Kostenverzeichnisses (KV 1624) bzw. des Vergütungsverzeichnisses (VV 3327) jedoch bereits Rechnung.
Summary
Higher Regional Court (OLG) München, Decision of 7 Aug. 2006 - 34 SchH 09/05
R u l i n g:
With regard to the challenge of an expert evalautor ("Schiedsgutachter") on the basis of doubts as to his or her impartiality or independence there is no competence of the Higher Regional Court to rule as court of first instance pursuant to Sec. 1062 Code of Civil Procedure (ZPO).
In cases of doubt whether a contractual provision is to be interpreted as arbitration clause or an expert evaluation clause, preference is in principle to be given to refers to the interpretation as expert evaluation clause, as it is less intrusive than an arbitration clause.
F a c t s:
The parties, both companies incorporated as a GmbH & Co. KG (limited partnership whose fully liable partner is a private limited company), founded in 2002 a private limited company. The articles of association provided for the creation of an advisory board, who, i.a. was to decide on disputes between the company and the shareholders as arbitral tribunal without recourse to the state courts on the basis of the provisions of the German arbitration law (Sec. 1025 et seqq. Code of Civil Procedure - ZPO). The advisory board consisted of three members, who could be shareholders of the parties or third persons.
By share purchase agreement of 2004, the petitioner sold its shares to the defendant. The agreed purchase price consisted of the payment of 150.000 € plus an amount corresponding to the balance of a loan granted by the petitioner to the company, from which an amount was to be deducted corresponding to the petitioner's balance of debt towards the company. These amounts were to be fixed definitively by the advisory board and communicated to the parties. A dispute arose between the parties with regard to the scope of the task referred to the advisory board. When the petitioner obtained information that Dr. I., the member of the advisory board nominated by the first defendant, had made available to the first defendant a substantive amount for the purchase of the shares of the petitioner, it challenged Dr. I. for lack of impartiality and independence pursuant to Sec. 1037 sub. 2 ZPO. The challenge was rejected by the advisory board on 30 Sep. 2005.
The chairman of the advisory board informed a staff member of the law firm acting for the petitioner of the decision rejecting the challenge on 4, 5 or 6 Oct. 2005 by telephone. The lawyer himself was only informed of the decision on 18 Oct. 2005. On 24 Nov. 2005 a meeting of the advisory board took place, in which it was announced that the petitioner (vendor) had to pay a "residual purchase price" of 350.000 €. This decision was put in writing, motivated and signed by the chairman.
By fax of 7 Nov. 2005 to the Higher Regional Court (OLG) of Munich the petitioner filed a challenge against the Dr. I. pursuant to Sec. 1037 sub. 3 ZPO. The defendants contended that the motion was time-barred, since the decision rejecting the earlier challenge had been made known to the petitioner on 4, 5 or 6 October 2005. Furthermore, Dr. I. was not an arbitrator but a member of the advisory board. Finally, the challenge was unfounded since the parties had explicitly agreed that an economic stake of a member of the advisory board was admissible.
G r o u n d s:
The Higher Regional Court of Munich rejected the challenge. It held that the motion was not time-barred. Since the parties were not present at the meeting of 30 Sep. 2005, the one-month time-limit to file a motion of challenge with the court commenced only upon the party/its representative receiving notice of the decision. In this respect notice to a staff member of the petitioner's lawyers was not sufficient. The period commenced only when the lawyer received notice of it on 18 October. However, the challenge was unfounded, since the advisory board was not an arbitral tribunal for the purpose of Sec. 1025 et seqq. ZPO. The purchase agreement conferred on the advisory board the function of decision-making without a contentious procedure, which was not typical for arbitral proceedings. It had to make factual determinations regarding unknown individual factors, on the basis of which the second instalment of the purchase price was to be determined. The wording of the contract - "determination" of the two amounts and "communication" to the parties - indicates that the parties did not intend the arbitral tribunal to issue an award capable of enforcement, as a "communication" is not suitable for enforcement. The court held that upon proper interpretation of the wording, the parties had rather agreed to have certain elements relevant for the scope of the contractual obligations of the parties determined by a third party. The agreement that such determination would be binding on the parties was not incompatible with this interpretation, since a determination by expert evaluation is in principle binding on the parties and a court having to deal with the matter. It can only be reviewed by the court in respect of obvious unfairness (Sec. 319 Civil Law Code - BGB).
Though the articles of association provide that the advisory board may act as arbitral tribunal, this does not mean that the advisory board acts as arbitral tribunal always and exclusively. In the present case, there was no dispute between the shareholders as contemplated in the articles of association when the provision regarding the determination of the amounts was included in the purchase agreement. In addition, the provisions on the composition of the advisory board are not compatible with the composition of an arbitral tribunal. Since shareholders of the parties can be nominated as members of the advisory board, the arbitrators would become judges in their own affairs. Furthermore, other provisions relating to the decision-making procedure of the advisory board are not compatible with the mandatory provisions of the arbitration law.
Furthermore, the purchase agreement does not contain the words "arbitral tribunal" or "arbitration agreement." Though this is in itself not harmful, the form requirement of Sec. 1031 ZPO would only have been respected if there had been a reference to the articles of association. Thus the reference to the "advisory board" in the purchase agreement constitutes only a reference to the advisory board in all its functions, not only in its function as an arbitral tribunal. And finally, the advisory board had explicitly stated that in determining the amounts, it had acted pursuant to the relevant provisions in the purchase agreement, it had not purported to act as arbitral tribunal.
The court held that as a rule, where there is doubt regarding the distinction between an arbitration agreement and an agreement for expert evaluation, preference should be given to expert evaluation, since it is more invasive than an arbitration agreement.
The court did not consider whether the provisions regarding the challenge of arbitrators were to be applied by analogy to the challenge of experts or whether reasonable fears of bias may give rise to an extraordinary right of termination of the expert evaluation agreement, as it held that it was not competent to rule on this issue in first instance (controversial). The first-instance competence of the Higher Regional Courts was restricted to arbitration-related matters.