Gericht | BayObLG | Aktenzeichen | 4Z Sch 02/99 | Datum | 29.09.1999 |
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Leitsatz | |||||
Versäumt es der Schiedskläger, seine Klage nach § 1046 Abs. 1 ZPO einzureichen, so hat das Schiedsgericht das Verfahren zu beenden (§ 1048 Abs. 1 ZPO). | |||||
Rechtsvorschriften | § 1046 ZPO, § 1048 ZPO, § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d ZPO, § 1060 ZPO | ||||
Fundstelle | |||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | Aufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Vollstreckbarerklärung Aufhebungs-/Versagungsgründe: - nicht ordnungsgemäßes Verfahren | ||||
Volltext | |||||
I. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung wird abgelehnt. II. Der von dem "Arbiter", Herrn ... am 10. Dezember 1998 erlassene "Arbitrage-Schiedsspruch" wird aufgehoben. III. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. IV. Der Wert der Beschwer der Antragstellerin wird auf 20.638 DM festgesetzt. V. Die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung wird nicht zugelassen. G r ü n d e : I. Die Antragsgegnerin kaufte von der Antragstellerin durch Vermittlung einer Holzagentur zwei LKW-Ladungen Weißholz Fasebretter in der Qualitätsstufe Va. und besser. In dem von der Agentur ausgestellten "Schlußschein Germania 1998" vom 27.04.1998, Schlußschein Nr. 2545/22.899, haben die Parteien die Geltung der Allgemeinen Bedingungen des Schlußscheins "Germania 1998" vereinbart. Mit Warenrechnung Nr. 98144 vom 1. 7. 1998 lieferte die Antragstellerin eine LKW-Ladung nord. Weißholz Fasebretter in der Qualitätsstufe VIa. und besser zum Preis von 19.080 DM ab Werk. Die Käuferin reklamierte bei der Eingangskontrolle schriftlich und telefonisch beim Agenten, daß die Weißholz-Fasebretter nicht, wie vertraglich vereinbart, in der Qualitätsstufe "Va und besser", sondern in "VIa und besser" geliefert wurden und forderte die Holzagentur auf, zu veranlassen, daß die komplette Ladung vom Lager in I. wieder abgeholt werde. Wegen grober ausgeschlagener Kantenäste, grober Durchfalläste und grober Astansammlungen auf den Sichtflächen der Stücke sei dieses Material in ihrem Einzugs- bzw. Verkaufsbereich unverkäuflich. Sie stellte mit Schreiben an die Holzagentur vom 23. 7. 1999 die gelieferte Ware wegen Qualitätsmängeln zur Verfügung und forderte sie auf, zu veranlassen, daß die komplette Ladung vom Lager in I. wieder abgeholt werde. Die Verkäuferin beantragte mit Schreiben vom 06. 11. 1998 beim Verein Deutscher Holzeinfuhrhäuser e. V. Heimhuder Straße 22, Hamburg, unter Beifügung des Kontrakts Nr. 2545/22.899, die Benennung eines "Solo-Arbiters", damit die Streitsache zu Ende gebracht werden könne. Der Gesamtverband Holzhandel, BD Holz-VDH e. V. in D-65008 Wiesbaden bestellte mit Schreiben vom 18. 11. 1998 Herrn ... zum "Arbiter", der am 30. 11. 1998 die gelieferten Hölzer beim Käufer untersuchte und am 10. 12. 1998, obwohl noch keine Schiedsklage eingereicht worden war, einen Schiedsspruch mit folgendem Tenor erließ: "Nach sorgfältiger Prüfung der mir zugestellten Unterlagen zur Schlichtung der Streitigkeit und gewissenhafter Untersuchung ausreichender Mengen der streitbezogenen Ladung nord. Weißholz-Hobelware in der Dimension von 22 x 150 mm nom., hat der Käufer wegen Nichteinhaltung kontraktlich vereinbarter Regularien in Bezug der Zahlungsmodalitäten, so wie der Aufmachung einer ordnungsgemäßen Qualitätsreklamation an den Verkäufer DEM 22.905.92 zuzüglich Zinsen mit DEM 656.64 ergibt DEM 23.562.56, abzüglich Gutschrift über DEM 2.924.16 ergeben DEM 20.638.40 netto (Zwanzigtausendsechshundertdreißigacht 40/100) zu zahlen. Die Warenrechnung des Verkäufers Nr. 98144 mit Datum 1998-07-01 in Höhe von DEM 22.905.92 ist ab dem Verfalldatum, den 01. August 1998 bis einschließlich 10. Dezember 1998 (129 Tage) mit 8 % zu verzinsen = DEM 656.64 netto. Die Qualitätsrüge des Käufers ist inhaltlich im wesentlichen berechtigt vorgetragen worden, die geforderte komplette Rücknahme (zur Verfügungstellung) jedoch nicht." Die Antragsgegnerin hat den Schiedsspruch am 14. 12. 1998 erhalten. Nachdem Zahlungen nicht erfolgten, bevollmächtigte die Verkäuferin den Schiedsrichter, die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs zu beantragen. Mit dem beim Bayerischen Obersten Landesgericht am 22. 1. 1999 eingegangenen Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten beantragt die Antragstellerin: "1. Den von dem Arbiter, Herrn ..., am 10. Dezember 1998 erlassenen Abitrageschiedsspruch, der Antragsgegner zugegangen am 14. Dezember 1998, für vollstreckbar zu erklären. 2. Den die Vollstreckbarkeit aussprechenden Beschluss für vorläufig vollstreckbar zu erklären. 3 .Die Kosten dieses Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen." Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzuweisen, hilfsweise den Schiedsspruch aufzuheben. Sie wendet ein, § 1060 Abs. 2 n.F. ZPO setze einen den Erfordernissen des § 1054 n.F. ZPO entsprechenden Schiedsspruch voraus. In dem vorgelegten "Arbitrage-Schiedsspruch" sei kein Schiedsort im Sinne der §§ 1043 Abs. 1 n.F. i. V. m. 1054 Abs. 3 n.F. ZPO bestimmt. Damit fehlten zumindest bislang die grundlegenden Voraussetzungen für das Vorliegen eines Schiedsspruches. Der Schiedsspruch sei aufzuheben, weil er rechtsstaatliche Grundforderungen nicht erfülle. Die Verletzung des Grundsatzes der Unparteilichkeit des Gerichtes zeige sich daran, daß der Schiedsrichter, Herr ..., nunmehr als Vertreter der Antragstellerin auftrete. Im "Arbitrage-Schiedsspruch" sei der Antragstellerin ein höherer Betrag zugesprochen worden, als in Rechnung gestellt. Es seien Zinsen zugesprochen worden, obwohl diese seitens der Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt begehrt worden seien. Ein faires Verfahren habe nicht stattgefunden. Der Antragsgegnerin sei weder das Begehren der Antragstellerin noch eine Klageschrift oder auch nur irgendeine Einlassung der Antragstellerin vorgelegt worden. Das Urteil sei für die Antragsgegnerin auch völlig überraschend gekommen. Ihr sei im Rahmen der Beweisaufnahme mitgeteilt worden, daß ihre Reklamation berechtigt sei. Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. 1. Die Zuständigkeit des Senats ergibt sich aus § 1062 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 5 i. V. m. § 6 a GZVJu n.F. und § 39 ZPO. 2. Die beantragte Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs ist abzulehnen, da das schiedsrichterliche Verfahren nicht den Bestimmungen der ZPO entsprochen hat und anzunehmen ist, daß sich dies auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d) ZPO). Der "Arbiter" hat einen Schiedsspruch erlassen, obwohl die Antragstellerin entgegen ihrer Obliegenheit aus § 1046 Abs. 1 ZPO noch keine Schiedsklage eingereicht hatte. Nach § 1046 Abs. 1 ZPO hat der Schiedskläger seinen Anspruch und die Tatsachen, auf die sich sein Anspruch stützt, darzulegen. Die Klageschrift muß die Bezeichnung der Parteien, die bestimmte Angaben des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Dadurch wird der Streitgegenstand des Schiedsverfahrens mit seiner zentralen Bedeutung für das Verfahren bestimmt. Diese Vorschrift ist zwingend im Sinne von § 1042 Abs. 3 ZPO (BT-Drucks. 13/5274 S. 48; Baumbach/Lauterbach/ Albers/ Hartmann ZPO 57. Aufl. § 1046 Rn. 2; Thomas/Putzo ZPO 22. Aufl. § 1046 Rn. 2; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis 1998 Rn. 370). Versäumt es der Schiedskläger, seine Klage nach § 1046 Abs. 1 ZPO einzureichen, so hat das Schiedsgericht das Verfahren zu beenden (§ 1048 Abs. 1 ZPO). Dies ist nicht geschehen. Da das Schiedsgericht bei seiner Entscheidung gegen zwingende Bestimmungen der ZPO für das schiedsrichterliche Verfahren verstoßen hat und feststeht, daß dies Auswirkungen auf den Schiedsspruch hatte, ist der Antrag auf Vollstreckbarerklärung unter Aufhebung des Schiedsspruchs abzulehnen (§ 1060 Abs. 2 ZPO), wobei dahinstehen kann, ob auch die übrigen Einwendungen Erfolg gehabt hätten. | |||||
Summary | |||||
Bay ObLG (Bavarian Highest Regional Court), Order of September 29, 1999 - 4 Z Sch 2/99 Enforcement of an arbitral award R u l i n g: If the claimant in arbitral proceedings fails to file a statement of claim pursuant to Sec. 1046 sub. 1 ZPO (Code of Civil Procedure), the arbitral tribunal must terminate the proceedings (Sec. 1048 sub. 1 ZPO). F a c t s: An arbitrator, appointed by the German Timber Trade Association ("Gesamtverband Holzhandel") in order to settle a dispute between a vendor (applicant) and purchasor (defendant) as to the quality of two truckloads of timber, delivered an arbitral award, ordering the purchasor to pay the initial purchase price, although the vendor had not yet filed a statement of claim. G r o u n d s: Enforcement of the arbitral award is refused. Pursuant to Sec. 1046 sub 1 ZPO the claimant must specify his claim, the circumstances on which he bases his claim and the parties involved. This defines the issue in dispute for the purpose of the proceedings. Therefore, the duty to file a statement of claim is an essential and peremptory obligation. If the claimant doesn't file a statement of claim, the arbitral tribunal must terminate the proceedings. By failing to do so, the arbitral tribunal has violated peremptory norms of the ZPO applicable to arbitral proceedings. It must be assumed that this violation has had an impact on the arbitral award. |