I ZB 1/16


Gericht BGH Aktenzeichen I ZB 1/16 Datum 23.07.2019
Leitsatz
1.           Der Streitwert in Verfahren auf Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen bemisst sich nach dem Interesse des Antragstellers an der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs. Geht dieses Interesse über den Wert der zu vollstreckenden Forderungen hinaus, weil zum Beispiel das Schiedsgericht eine Schiedswiderklage abgewiesen und hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Forderungen negativ beschieden hat, wirkt sich das streitwerterhöhend aus.
2.           Für die Gegenvorstellung gegen Streitwertbeschlüsse des Bundesgerichtshofs gilt die sechsmonatige Frist nach § 68 Abs. 1 Satz 3, § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG entsprechend.
Rechtsvorschriften§ 1060 Abs. 1 ZPO
Fundstelle
Aktenzeichen der VorinstanzOLG Karlsruhe, 10 Sch 12/13
StichworteVollstreckbarerklärung eines Schiedsspruches; Gegenvorstellung; Frist für die Gegenvorstellung; Änderung des Streitwerts; Statthaftigkeit der Streitwertbeschwerde; Berücksichtigung der Abweisung der Widerklage im Schiedsverfahren bei d
Volltext
BESCHLUSS
I ZB 1/16
Tenor:
In Abänderung des Senatsbeschlusses vom 2. Mai 2017 wird der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 13.735.891,07 € festgesetzt.
Gründe:
I.
1
Der Senat hat mit Beschluss vom 2. Mai 2017 auf die Rechtsbeschwerde der Schiedsbeklagten den Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18. Dezember 2015 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Den Gegenstandswert hat der Senat in diesem Beschluss auf 6.120.000 € festgesetzt.
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Mit Beschluss vom 31. Januar 2019 hat der Senat die gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 1. Juni 2018 gerichtete Rechtsbeschwerde der Schiedsbeklagten zurückgewiesen und den Wert des Beschwerdegegenstands wiederum auf 6.120.000 € festgesetzt (BGH, Beschluss vom 31. Januar 2019 - I ZB 46/18, WM 2019, 875). Auf die Gegenvorstellung des Verfahrensbevollmächtigten der Schiedsklägerin hat der Senat mit Beschluss vom 16. Mai 2019 den Beschluss vom 31. Januar 2019 abgeändert und den Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 13.735.891,07 € festgesetzt (BGH, Beschluss vom 16. Mai 2019 - I ZB 46/18, WM 2019, 1355).
II.
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Die nunmehr gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss vom 2. Mai 2017 gerichtete Gegenvorstellung des Verfahrensbevollmächtigten der Schiedsklägerin ist statthaft und auch sonst zulässig. In der Sache hat sie ebenfalls Erfolg.
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1. Die Gegenvorstellung ist statthaft, weil eine Streitwertbeschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29. März 2018 - I ZB 12/17, juris Rn. 3 mwN).
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2. Die Gegenvorstellung ist auch im Übrigen zulässig. Die für ihre Einlegung entsprechend geltende sechsmonatige Frist des § 68 Abs. 1 Satz 3, § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG ist gewahrt. Die Frist beginnt mit der formellen Rechtskraft (§ 705 ZPO) der Hauptsacheentscheidung (Dörndörfer in Binz/Dörndörfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 4. Aufl., § 63 GKG Rn. 11) und beginnt nicht, wenn das Verfahren durch das Rechtsmittelgericht zurückverwiesen wird (Dörndörfer in Binz/Dörndörfer/ Zimmermann aaO § 63 GKG Rn. 11a). Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache ist erst mit dem Senatsbeschluss vom 31. Januar 2019 (BGH, WM 2019, 875) eingetreten, so dass die Frist frühestens mit Ablauf des 31. Juli 2019 endet.
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3. Die Gegenvorstellung ist auch begründet.
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a) Der Streitwert in Verfahren auf Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen bemisst sich nach dem Interesse des Antragstellers an der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs und entspricht deshalb grundsätzlich dem Wert der zu vollstreckenden Forderungen. Die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs dient allerdings nicht nur dazu, die Zwangsvollstreckung zu ermöglichen, sondern soll den Spruch auch gegen die Geltendmachung von Aufhebungsgründen sichern. Nur durch die Vollstreckbarerklärung ist der Schiedsspruch umfassend gegen Aufhebungsgründe gesichert. Es kann sich deshalb als streitwerterhöhend auswirken, wenn der Antrag auf Vollstreckbarerklärung und das Interesse des Antragstellers über den Wert der zu vollstreckenden Forderungen hinausreichen (vgl. BGH, WM 2019, 1355 Rn. 5 mwN).
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b) Danach ist der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wie im Verfahren I ZB 46/18 (BGH, WM 2019, 1355) auf 13.735.891,07 € festzusetzen, weil die Vollstreckbarerklärung nicht nur die gegen die Schiedsbeklagte zu vollstreckende Forderung in Höhe von 6.120.000 €, sondern auch die Abweisung der Widerklage mit einem Wert von 2.372.220 € sowie die Entscheidung des Schiedsgerichts über die von der Schiedsbeklagten hilfsweise erklärten Aufrechnungen in Höhe von 4.203.671,07 € und 1.040.000 € umfasst (vgl. BGH, WM 2019, 1355 Rn. 8 bis 11).
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4. Der Gegenvorstellung ist entgegen der Auffassung der Schiedsbeklagten nicht deswegen der Erfolg zu versagen, weil die Schiedsklägerin mit der Gegenvorstellung zugewartet hat oder der Senat den Gegenstandswert seinerzeit abweichend festgesetzt hat. Nach § 63 Abs. 3 Abs. 1 GKG ist dem Gericht kein Ermessensspielraum eingeräumt, wenn es die Unrichtigkeit der vorherigen Wertfestsetzung erkennt; das Gericht ist dann zur Änderung verpflichtet (zu § 23 Abs. 1 GKG in der Fassung vom 26. Juli 1957 [BGBl. I S. 941] vgl. BGH, Urteil vom 6. November 1961 - III ZR 143/60, BGHZ 36, 144, 146 [juris Rn. 5]; BeckOK.Kostenrecht/Jäckel, 26. Edition [Stand 1. Juni 2019], § 63 GKG Rn. 29). Die Unrichtigkeit der Wertfestsetzung im Beschluss vom 2. Mai 2017 ergibt sich aus dem Beschluss des Senats vom 16. Mai 2019 (BGH, WM 2019, 1355).
Summary
On 23 July 2019, the German Federal Supreme Court decided that in amendment to its decision of 2 May 2017, the amount in dispute for the appeal procedure was set at € 13,735,891.07.
By decision dated 2 May 2017, the Federal Supreme Court had set aside a decision of the Higher Regional Court of Karlsruhe (10 Sch 12/13), referred the matter back to the Higher Regional Court and set the value in dispute at € 6,120,000. After the Higher Regional Court declared the arbitral award enforceable again, the German Federal Supreme Court dismissed an appeal on a point of law against this decision on 31 January 2019 (I ZB 46/18). With a decision dated 16 May 2019, the Federal Supreme Court amended the value in dispute for this decision. The decision at hand dated 23 July 2019 relates to the decision on the first appeal of the respondent in arbitration on 2 May 2017.
It found that the counter-presentation of the attorney of the claimant in arbitration was allowed because an appeal against the setting of the value in dispute to the Federal Supreme Court is excluded. The counter-presentation was also permissible in all other respects. The six-month deadline for the submission pursuant to section 68 subsec. 1 sentence 3, section 63 subsec. 3 sentence 2 of the of the German Court Cost Act (GKG) was complied with. The Federal Supreme Court held that the time limit begins with the formal legal validity (section 705 of the German Code of Civil Procedure (ZPO)) of the decision on the main proceedings and does not begin if the matter is referred back by the appellate court. The decision in the main action had only become final with the court’s decision of 31 January 2019, so that the period ended at the earliest at the end of July 2019.
The counter-presentation was also well-founded on the merits.
The Federal Supreme Court held that the amount in dispute in proceedings for a declaration of enforceability of arbitral awards is determined by the interest of the applicant in the declaration of enforceability of the arbitral award and therefore in principle corresponds to the value of the claims to be enforced. The declaration of enforceability of an arbitral award, however, serves not only to enable enforcement but also to protect the award against the assertion of grounds for setting aside. Only the declaration of enforceability comprehensively secures the arbitral award against grounds for setting aside. It may therefore be necessary to increase the value in dispute if the application for a declaration of enforceability and the interest of the applicant exceed the value of the claims to be enforced.
Therefore, the value in dispute for the appeal proceedings in question was to be set at € 13,735,891.07, because the declaration of enforceability included not only the claim to be enforced against the respondent in the amount of € 6,120,000, but also the rejection of the counterclaim with a value of € 2,372,220 and the decision of the arbitral tribunal on the alternatively declared set-offs of € 4,203,671.07 and € 1,040,000.
Contrary to the opinion of the respondent in arbitration, the request of the attorney of the claimant was not to be denied because the claimant in arbitration waited with the counter-presentation or because the court determined the value of the subject matter differently at the time. According to section 63 subsec. 3 GKG, the court is not granted any discretionary powers if it recognizes the incorrectness of the previous determination of the value in dispute; the court is then obliged to change it. The incorrectness of the determination of the value in dispute in the decision of 2 May 2017 resulted from the decision of the Federal Supreme Court of 16 May 2019.