Gericht | OLG Hamburg | Aktenzeichen | 6 Sch 03/98; 6 U 34/98 | Datum | 30.07.1998 |
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Leitsatz | |||||
Eine schriftliche Vereinbarung der Schiedsklausel im Sinne des Art 2 Abs. 2 des UNÜ liegt vor, wenn sich bei ursprüglicher Formunwirksamkeit der Schiedsabrede aus dem Schriftwechsel, durch den die Parteien ihre Schiedsrichter bestellt haben, der beiderseitige Wille entnehmen läßt, dass das Schiedsgerichts über den streitigen Anspruch entscheiden soll. | |||||
Rechtsvorschriften | § 1061 ZPO, § 1062 ZPO, § 1064 ZPO; Art. V UNÜ | ||||
Fundstelle | BB, Beilage 4 zu Heft 11/2000 (RPS), S. 13ff.; Yearbook Comm. Arb'n XXV (2000), S. 714ff. | ||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | Aufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Schiedsspruch, ausländisch; - Vollstreckbarerklärung Aufhebungs-/Versagungsgründe: - rechtliches Gehör, Behinderung in den Verteidigungsmitteln; - nicht ordnungsgem&aum | ||||
Volltext | |||||
Der am 4. August 1997 erlassene Einstweilige Endgültige Schiedsspruch des Londoner Schiedsgerichts, bestehend aus den Schiedsrichtern A. und K. H., in dem Schiedsgerichtsverfahren zwischen der Antragstellerin (im Schiedsspruch als Eigentümer bezeichnet) und der Antragsgegnerin (im Schiedsspruch als Charterer bezeichnet), dessen Tenor wie folgt lautet: "a) Der Charterer zahlt dem Eigentümer den Betrag von US $ 86.608,73, zusammen mit Zinsen von 7 % jährlich, die sich auf der Basis eines Kalendermonats ab 4. September 1996 bis zum Datum dieses Schiedsspruchs errechnen; b) der Charterer zahlt dem Eigentümer die Kosten des Schiedsverfahrens, die, sofern nicht anders vereinbart, vom Schiedsgericht gemäß § 63 Abs. 3 des Schiedsgesetzes von 1996 auf der Grundlage von § 63 Abs. 5 dieses Gesetzes festgesetzt werden, und c) der Charterer zahlt die Schiedsgerichtskosten in Höhe von englischen Pfund 1.950,00 zusammen mit Zinsen von 8 % jährlich, die sich auf der Basis eines Kalendermonats ab Datum der Veröffentlichung dieses einstweiligen endgültigen Schiedsspruchs errechnen, unter der Voraussetzung, daß der Eigentümer, wenn er bereits einen Betrag in bezug auf die Schiedsgerichtskosten gezahlt hat, er Anspruch auf eine sofortige Rückerstattung dieses Betrags durch den Charterer hat, zusammen mit Zinsen in o.g. Höhe ab Datum der Zahlung durch den Eigentümer, und d) falls der Charterer keinerlei Zahlung des festgesetzten Betrags zzgl. Zinsen binnen 14 Tagen nach Erlaß dieses einstweiligen endgültigen Schiedsspruchs leistet, sind auf den fälligen Gesamtbetrag oder Restbetrag Zinseszinsen in Höhe von 8 % jährlich, errechnet auf der Basis eines Kalendermonats, bis zur Zahlung zu zahlen." wird für vollstreckbar erklärt. Die Kosten des Vollstreckbarkeitsverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt. Der Beschluß ist vorläufig vollstreckbar. Er beschwert die Antragsgegnerin um etwa 155.000,-- DM. G r ü n d e : I. Die Antragstellerin begehrt die Vollstreckbarerklärung des von ihr in Urschrift und beglaubigter Übersetzung vorgelegten Interim Final Arbitration Award vom 4. August 1997 (Anl. AST 3). Durch diesen Einstweiligen Endgültigen Schiedsspruch ist die Antragsgegnerin verurteilt worden, an die Antragstellerin 86.608,73 US-$ nebst den aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen Zinsen zu zahlen sowie die Kosten nach Maßgabe der aus dem Tenor ersichtlichen Entscheidungen zu tragen. Die Antragstellerin ist Reederin des MS A., das sie durch Zeitchartervertrag vom 10. Mai 1996 an die Antragsgegnerin verchartert hatte. Der Inhalt des Chartervertrages ergibt sich aus dem der Antragstellerin per Telefax übermittelten "Fixture Recap" der als Agentin der Antragsgegnerin handelnden Firma A. Ltd. vom 11. Mai 1996 (vgl. die beglaubigte Kopie AST 1). In diesem Bestätigungsschreiben wurde auf den Inhalt eines NYPE-Chartervertrages (Anl. AST 2) Bezug genommen, den die Antragsgegnerin als Charterin am 16. August 1995 mit einer dritten Firma als Owner des MS H. abgeschlossen hatte. Klausel 17 dieser Charterparty enthält die von der Antragstellerin auf Seite 3 ihrer Antragsschrift zitierte Schiedsgerichtsvereinbarung. Durch den Schiedsspruch ist der Antragstellerin Chartermiete in Höhe des vorgenannten Betrages aufgrund dieses Chartervertrages zuerkannt worden. Wegen der Einzelheiten des zugrunde liegenden Sachverhalts, der Bildung des Schiedsgerichts sowie wegen des Verlaufs des Schiedsgerichtsverfahrens wird auf den Inhalt des Schiedsspruchs vom 4. August 1997 verwiesen. Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die begehrte Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs mit folgenden Einwänden: 1.) Entgegen Art. 2 des UN-Übereinkommens von 1958 (im folgenden: UNÜ) existiere keine schriftliche Schiedsvereinbarung. Eine bloße Bezugnahme auf Schriftstücke, die eine Schiedsklausel enthalten, genüge nicht. Außerdem erfülle auch eine einseitige schriftliche Fixing-Note als "halbe Schriftform" nicht das Schriftformerfordernis des Art. 2. 2.) Die Entscheidung des Schiedsgerichts ohne mündliche Verhandlung stelle einen schwerwiegenden Verfahrensverstoß dar, zumal der Antragsgegnerin auch sonst die Möglichkeit genommen worden sei, sich zum Streitgegenstand zu äußern. Sie besitze einen Schadensersatzanspruch gegen die Antragstellerin, weil das von ihr gecharterte Schiff mit nicht einsatzbereitem Schiffsgeschirr ausgerüstet gewesen sei. Ein Kran sei außer Betrieb gewesen, zusätzlich sei die Hydraulik ausgefallen. Infolgedessen hätten die Ladearbeiten 8 statt 1 1/2 Tage gedauert. Sie habe infolgedessen mehr "Hire" als vorgesehen bezahlen müssen, ohne daß sie vom Unterbefrachter Liegegeld habe beanspruchen können. 3.) Die Antragsgegnerin habe die Anlagen AST 7, 8 und 9 nicht erhalten und nicht zur Kenntnis genommen. Auch die Anlage AST 11 sei ihr nicht zugegangen; die Postverwaltung habe ihr auf ihren Nachforschungsantrag hin mitgeteilt, daß diese Sendung vermißt werde. Ihr Geschäftsführer habe sich Ende Mai für 3 Wochen in Südbrasilien befunden. In dem kleinen Hafen, wo ein von der Antragsgegnerin gechartertes Schiff abzufertigen gewesen sei, habe die Handy-Verbindung nicht funktioniert. Es hätten vor Ort Verständigungsschwierigkeiten bestanden. Anschließend sei er nach Senegal, Tunesien und in die Türkei gereist und sei erst ab Mitte September 1997 wieder ständig in seinem Büro gewesen. Das Schiedsgericht habe ihr weder mitgeteilt, daß es einen Schiedsspruch erlassen habe, noch ihr diesen oder eine Kopie zugestellt. Dadurch sei ihr die Möglichkeit genommen worden, diesen anzufechten, da nach Sect. 70.3 des Arbitration Act 1996 ein Schiedsspruch nur binnen 28 Tagen ab Datum des Schiedsspruchs mit der Berufung angefochten werden könne. Das vorgenannte Unterlassen verstoße sowohl gegen den Arbitration Act 1996 als auch gegen die LMAA-Terms 1997. 4.) Die Antragstellerin habe lediglich bis zum Erlaß des Schiedsspruchs Zinsen beantragt. Die Zuerkennung von Zinsen durch das Schiedsgericht über diesen Antrag hinaus bedeute ein "ultra petita". Das gleiche folge aus der Zubilligung von Zinseszinsen für die Zeit vor und nach Erlaß des Schiedsspruchs. Dieses widerspreche auch dem deutschen internationalen ordre public. Außerdem fehle insoweit im Schiedsspruch die nach dem Arbitraton Act 1996 vorgeschriebene Begründung. Die Antragstellerin macht demgegenüber im einzelnen geltend: 1.) Eine wirksame schriftliche Vereinbarung über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts sei zumindest nachträglich getroffen worden, wie sich aus dem Schriftwechsel zwischen den Solicitors der Antragstellerin und dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin (Anlagenkonvolut AST 16 sowie Anl. AST 5) ergebe. Die Schiedsvereinbarung sei im übrigen nach § 1027 Abs. 2 ZPO a.F., der hier aufgrund der Übergangsvorschriften noch anzuwenden sei und auf den sich die Antragstellerin aufgrund der Meistbegünstigungsklausel des Art. 7 UNÜ berufen könne, auch ohne Einhaltung der Schriftform wirksam. Zudem verstoße die Antragsgegnerin mit der Berufung auf das Schriftformerfordernis gegen Treu und Glauben, da die Charterbedingungen von ihr stammten und sie selbst am besten gewußt habe, daß die von ihr "ins Spiel gebrachte" Charterparty die Schiedsklausel enthielt. Im übrigen habe sie auch im Verlauf des Schiedsverfahrens die Wirksamkeit der Schiedsabrede nicht in Zweifel gezogen, sondern habe vielmehr mit Fax vom 14. März 1997 (Anl. AST 5) vorbehaltlos Kapitän K. H. als ihren Schiedsrichter ernannt. Sie habe sich auch durch das Fax der Firma S. GmbH vom 20. Mai 1997 in der Sache vorbehaltlos auf das Schiedsverfahren eingelassen. 2.) Die Antragsgegnerin habe in ausreichendem Maße Gelegenheit gehabt, ihre Angriffs- oder Verteidigungsmittel im Schiedsverfahren vorzubringen. Sache der Antragsgegnerin sei es gewesen, für eine ordnungsgemäße Vertretung im Schiedsgerichtsverfahren während der Abwesenheit ihres Geschäftsführers zu sorgen. Angesichts der eingewandten Verhinderung ihres Geschäftsführers hätte sie deshalb einen Rechtsanwalt oder Solicitor mit der Wahrnehmung der Angelegenheit beauftragen müssen. Das Schiedsgericht habe ihr immer wieder die gewünschten Fristverlängerungen zugestanden, zuletzt mit Erlaß der Final Peremptory Order vom 5. Juni 1997 (Anl. AST 7). In dieser sei die Antragsgegnerin vom Schiedsgericht darauf hingewiesen worden, daß das Schiedsgericht bei fruchtlosem Verstreichen der bis zum 3. Juli 1997 eingeräumten Stellungnahmefrist auf der Grundlage der von der Antragstellerin eingereichten Unterlagen entscheiden werde. Mit Fax vom 7. Juli 1997 (Anl. AST 8) habe der Schiedsrichter A. der Antragsgegnerin im übrigen angekündigt, daß das Schiedsgericht nunmehr beabsichtige, einen Schiedsspruch zu erlassen. Mit einem weiteren Fernschreiben vom 1. August 1997 (Anl. AST 9) habe er darüber informiert, daß der Schiedsspruch am 4. August 1997 erlassen werde und jede Partei diesen gegen Zahlung der Schiedsrichterkosten von 1.950 englischen Pfund aufnehmen könne. Beide Fernschreiben seien ausweislich der beigefügten Sendeberichte der Antragsgegnerin über deren Faxanschluß übermittelt worden und unter dem angegebenen Faxanschluß angekommen. Mit Fax vom 29. August 1997 (Anl. AST 11) habe im übrigen A. die Antragsgegnerin unterrichtet, daß er den Parteien den Schiedsspruch übermittelt habe, der Antragsgegnerin per Einschreiben. Ausweislich des Einlieferungsbelegs (Anl. AST 13) sei diese Einlieferung am 29. August 1997 erfolgt. 3.) Das englische Verfahrensrecht lasse eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zu. Das ergebe sich sowohl aus Ziffer 12 der LMAA-Terms 1997 als auch aus Art. 34 des Arbitration Act 1996. Die Antragsgegnerin habe zu keinem Zeitpunkt beantragt, daß eine mündliche Verhandlung stattfinden solle. Die durch den Schiedsspruch ausgeurteilte Forderung von 86.608,73 US-$ sei im übrigen unbestritten gewesen; denn die Antragsgegnerin habe gegenüber dem ursprünglichen Anspruch der Antragstellerin von US-$ 131.627,36 wegen unbezahlter Chartermiete lediglich Gegenansprüche in Höhe von US-$ 45.118,63 erhoben. Vor Einleitung des Schiedsverfahrens habe die Antragsgegnerin mehrfach anerkannt, den ausgeurteilten Betrag zu schulden. 4.) Nach englischem Recht stehe es im Ermessen des Schiedsgerichts für die Zeit vor und nach Erlaß des Schiedsspruchs Zinsen und Zinseszins auch ohne Antrag zuzusprechen, wie sich aus Art. 49 Arbitration Act 1996 ergebe. Das Schiedsgericht habe sich im Rahmen seines ihm durch Art. 49 eingeräumten Ermessens gehalten. Die Zahlung von Zinseszinsen verstoße auch nicht gegen den deutschen internationalen ordre public. Im übrigen hätte die Antragsgegnerin den angeblichen Verfahrensverstoß des Schiedsgerichts durch eine Berufung gegen den Schiedsspruch rügen müssen und sei deshalb im Vollstreckbarkeitsverfahren präkludiert. Einer besonderen Begründung für die zugesprochenen Zinsen habe es nicht bedurft, wie sich aus Art. 23 LMAA-Terms 1997 ergebe. II. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs vom 4. August 1997 ist zulässig und sachlich gerechtfertigt: a) Die begehrte Vollstreckbarerklärung richtet sich gemäß § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO n.F. nach dem UN-Übereinkommen vom 10. Januar 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBl. 1961 II S. 121 - im folgenden: UNÜ). b) Die Antragstellerin hat mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung den Schiedsspruch in Urschrift sowie eine beglaubigte Übersetzung vorgelegt. Damit ist der Vorschrift des § 1064 Abs. 1, Abs. 3 ZPO genüge getan. c) Nach Art. 2 I des UNÜ muß die Schiedsklausel durch schriftliche Vereinbarung getroffen werden. Gemäß Art. 2 Abs. 2 des UNÜ ist unter einer "schriftlichen Vereinbarung" eine Schiedsklausel in einem Vertrag oder eine Schiedsabrede zu verstehen, sofern der Vertrag oder die Schiedsabrede von den Parteien unterzeichnet oder in Briefen oder Telegrammen enthalten ist, die sie gewechselt haben. Diesem Schriftformerfordernis genügt das Bestätigungsschreiben der Agentin der Antragsgegnerin vom 11. Mai 1995 (Anl. AST 1) nicht, das zudem die Schiedsklausel nicht selbst enthält, sondern diese lediglich durch die allgemeine Verweisung auf die Charter-Party vorn 16. August 1995 einbezieht (vgl. zur Problematik Albers in Baumbach/Lauterbach, ZPO, 55. Aufl., Art. 2 UNÜ Rn. 2 sowie Schlosser in Stein-Jonas, ZPO, 21. Aufl., Anhang zu § 1044 III ZPO Rn. 35 a). Die Parteien haben jedoch nachträglich die Schiedsabrede in einer dem Art. 2 Abs. 2 genügenden Form bestätigt und dadurch formgerecht zum Ausdruck gebracht, daß über den von der Antragstellerin geltend gemachten Anspruch im Schiedsverfahren entschieden werden sollte. Dies läßt sich dem Schriftwechsel zwischen den Solicitors der Antragstellerin und dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin (Anlagenkonvolut AST 16, AST 5) entnehmen. Nachdem durch die vorgenannten Solicitors seitens der Antragstellerin ein Schiedsrichter bestellt worden war zur Entscheidung über den Chartermietanspruch der Antragstellerin aus der CP vorn 10. Mai 1996 und diese die Antragsgegnerin aufgefordert hatten, ihrerseits ihren Schiedsrichter zu bestellen, hat die Antragsgegnerin K. H. zu ihrem Schiedsrichter bestellt und hat den Solicitors der Antragstellerin mit Fernschreiben vom 14. März 1997 (Anl. AST 5) mitgeteilt, daß dieser für jede und alle Streitigkeiten berufen sei, die unter oder aus der Charter-Party vom 10. Mai 1996 betreffend MS A. erwachsen. Daraus läßt sich entnehmen, daß auch die Antragsgegnerin die Entscheidung durch das Schiedsgericht wünschte, zumal die Antragsgegnerin in dem vorangegangenen Schriftsatz keine Bedenken gegen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts erhoben hatte und überdies auch danach im Schiedsgerichtsverfahren keine Bedenken geltend gemacht hat. Aus dem vorgenannten Schriftwechsel läßt sich eindeutig der Wille beider Parteien entnehmen, daß das Schiedsgericht über den Anspruch entscheiden sollte, nachdem sich eine in dem Schriftwechsel ebenfalls angesprochene gütliche Regelung nicht hatte erreichen lassen. Damit liegt eine Schiedsabrede per Schriftwechsel im Sinne des Art. 2 Abs. 2 UNÜ vor. Daß angesichts der inzwischen eingetretenen Entwicklung in der Nachrichtenübermittlungstechnik ein Telex oder ein Telefax ebenso wie ein Telegramm einem Brief gleichstellt, ist allgemein anerkannt (vgl. die Nachweise bei Schlosser a.a.O. Anhang zu § 1044 III ZPO Rn. 37). d) Der Anerkennungsversagungsgrund des Art. 5 Abs. I b UNÜ liegt nicht vor, denn die Antragsgegnerin ist von dem schiedsrichterlichen Verfahren gehörig in Kenntnis gesetzt worden und hätte ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel in diesem Verfahren auch geltend machen können. Das Schiedsgericht hat nicht die Grundsätze eines fairen Verfahrens mißachtet und hat der Antragsgegnerin das gebotene rechtliche Gehör gewährt. Der Antrag (wohl: Anspruch) auf rechtliches Gehör besagt, daß eine Partei nicht durch gerichtliche Maßnahmen betroffen werden darf, ohne vorher Gelegenheit zur Äußerung gehabt zu haben; ob eine Partei von der ihr eingeräumten Möglichkeit zur Äußerung Gebrauch macht, ist dagegen ihre Sache. Dieser Anspruch auf rechtliches Gehör ist vom Schiedsgericht nicht verletzt worden. Die Antragsgegnerin wußte aufgrund der ihr bekannten Bildung des Schiedsgerichts, daß über den Charter-Mieteanspruch der Antragstellerin nunmehr im Schiedsgerichtsverfahren entschieden werden würde. Sie mußte damit rechnen, daß dieses Verfahren alsbald durchgeführt werden würde und mußte deshalb, falls ihr Geschäftsführer längere Zeit nicht erreichbar war, in geeigneter Form dafür Sorge tragen, daß ihre Interessen in dem Verfahren wahrgenommen werden konnten. Das Schiedsgericht hat ihr jedenfalls durch Fristverlängerungen in angemessener Weise die Möglichkeit gegeben, ihre Einwände im Schiedsgerichtsverfahren zur Geltung zu bringen. Es hat am 19. Mai 1997 an sie ein Fax mit der Anfrage übersandt, ob sie gegen den Antrag Einspruch erheben wolle. Nachdem daraufhin am 20. Mai 1997 Herr G. von der unter der gleichen Adresse domizilierenden Firma S. sich per Fax für die Antragsgegnerin gemeldet und um eine Fristverlängerung um mindestens 15 Tage gebeten hatte, weil die betreffende Person der Antragsgegnerin (gemeint war deren Geschäftsführer) bis 2. Hälfte 22. Woche/Anfang der 23. Woche ortsabwesend sei, hat das Schiedsgericht der Antragsgegnerin am gleichen Tage eine Frist von 10 Tagen zur Einreichung einer detaillierten Klagbeantwortung bewilligt. Nachdem daraufhin Herr G. dem Schiedsgericht per Fax am 29. Mai 1997 mitgeteilt hatte, daß der Geschäftsführer der Antragsgegnerin noch nicht verfügbar sei, die Firma S. aber nicht bevollmächtigt sei, die Angelegenheiten der Antragsgegnerin zu erledigen, und um eine Fristverlängerung um mindestens 4 Wochen gebeten hatte, hat das Schiedsgericht der Antragsgegnerin am 5. Juni 1997 per Fax (Anl. AST 7) eine Final Peremptory Order übermittelt, in der es der Antragsgegnerin eine weitere Fristverlängerung zur Einreichung des Verteidigungsvorbringens bis zum 3. Juli 1997 einräumte und zugleich ankündigte, daß es andernfalls ohne weitere Benachrichtigung mit der Prüfung des Klagevorbringens und der vorliegenden Unterlagen fortfahren werde. Das Schiedsgericht hat sodann, nachdem sich weder die Antragsgegnerin noch die Firma S. gemeldet hatten, der Antragsgegnerin am 7. Juli 1997 per Fax (Anl. AST 8) mitgeteilt, daß es nunmehr beabsichtigte, einen Schiedsspruch zu erlassen. Es hat überdies der Antragsgegnerin per Fax vom 1. August 1997 (Anl. AST 9) mitgeteilt, daß das Schiedsgericht am 4. August 1997 den Schiedsspruch verkünden werde und dieser beiden Parteien gegen Zahlung der Schiedsgerichtsgebühren zur Verfügung stehe. Die Antragsgegnerin bestreitet zwar, die vorgenannten Faxschreiben Anl. AST 7, AST 8 und AST 9 erhalten zu haben. Der Senat hält jedoch dieses pauschale, in keiner Weise substantiierte Bestreiten der Antragsgegnerin für eine bloße unrichtige Schutzbehauptung, da die für die Faxschreiben vom 7. Juli und 1. August 1997 vorgelegten Sendeberichte belegen, daß diese Telefaxe an den Faxanschluß der Antragsgegnerin übermittelt und auch von diesem empfangen worden sind. Im übrigen hat die Antragsgegnerin selbst das Fax der Solictors der Antragstellerin vorn 4. Juni 1997 (Anl. AG 1) vorgelegt, in dem die Antragstellerin sich damit einverstanden erklärt hatte, der Antragsgegnerin letztmalig eine 4-wöchige Fristverlängerung bis zum 2. Juli 1997 einzuräumen, und das Schiedsgericht aufgefordert hatte, eine entsprechende Peremptory Order zu erlassen. Nach allem hat das Schiedsgericht die Grundsätze eines fairen Verfahrens gewahrt und den Anspruch der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör nicht verletzt: Die Antragsgegnerin ist von dem schiedsrichterlichen Verfahren gehörig in Kenntnis gesetzt worden und sie hätte ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen können, wenn sie nur im Hinblick auf die Ortsabwesenheit ihres Geschäftsführers für eine Wahrnehmung ihrer Interessen im Schiedsgerichtsverfahren durch einen entsprechend instruierten Vertreter Sorge getragen hätte. e) Auch der Anerkennungsversagungsgrund des Art. 4 Abs. 1 d UNÜ liegt nicht vor; denn das schiedsrichterliche Verfahren entsprach der Vereinbarung der Parteien und überdies dem Recht des Landes, in dem das schiedsrichterliche Verfahren stattfand: 1.) Die Entscheidung des Schiedsgerichts ohne mündliche Verhandlung entsprach den LMAA-Terms 1997, deren Geltung für das Schiedsgerichtsverfahren die Parteien vereinbart hatten; denn. nach Ziffer 12 c dieser Regeln stand es mangels einer gegenteiligen Vereinbarung im Ermessen des Schiedsgerichts, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Diese Regelung steht in Übereinstimmung mit Artikel 34 Abs. 1, Abs. 2 h des Arbitration Act 1996. Im übrigen stand auch das weitere bereits unter d) angeführte Verfahren des Schiedsgerichts in Einklang mit den in Ziffer 12 LMAA-Terms 1997 niedergelegten Regeln für den Verfahrensablauf und auch mit Artikel 34 Arbitration Act 1996. 2.) Die Zinsentscheidungen des Schiedsgerichts stehen in Einklang mit Art. 49 des Arbitration Act 1996. Nach den Absätzen 3 und 4 dieser Bestimmung kann das Schiedsgericht mangels anderweitiger Parteivereinbarung (vgl. dazu Art. 49 Abs. 2) nach billigem Ermessen Zinsen und Zinseszinsen für die Zeit bis zum Erlaß des Schiedsspruchs und für die Zeit ab Erlaß des Schiedsspruchs zusprechen. Diese Bestimmung setzt ersichtlich keinen besonderen Antrag voraus, sondern überläßt die vorgenannten Zinsentscheidungen dem billigen Ermessen des Schiedsgerichts ("The tribunal may award simple or compound interest ... as it considers meets the justice of the case"). Eine derartige Befugnis des Schiedsgerichts, Zinsen auch ohne Antrag zusprechen zu können, ist im übrigen häufig (vgl. Schlosser a.a.O. Anhang zu § 1044 IV ZPO Rdn. 68). Die Zubilligung von Zinsen für den Zeitraum seit Erlaß des Schiedsspruchs bis zur Bezahlung sowie die Zubilligung von Zinseszins widerspricht auch nicht dem auf Seite 2 des Schiedsspruchs wiedergegebenen Antrag der Antragstellerin; denn dieser Antrag ist ersichtlich nicht als Beschränkung der Befugnis des Schiedsgerichts zu verstehen, der Antragstellerin Zinseszins und Zinsen auch für die Zeit nach Erlaß des Schiedsspruchs bis zur Bezahlung zuzusprechen. Eine andere Auslegung verbietet sich schon angesichts der Interessenlage der Antragstellerin. Somit liegt insoweit auch kein Verfahrensfehler im Sinne des Art. 5 Abs. 1 d UNÜ oder eine Überschreitung der schiedsrichterlichen Entscheidungsbefugnisse im Sinne des Art. 5 Abs. 1 c UNÜ vor. Auch der Umstand, daß der Schiedsspruch hinsichtlich der Zinsentscheidungen keine besondere Begründung enthält, stellt kein Verfahrensverstoß im Sinne des Art. 5 Abs. 1 d UNÜ dar, wie sich aus Ziffer 23 a und b der LMAA-Terms 1997 ergibt. 3.) Nur der Vollständigkeit halber sei deshalb darauf hingewiesen, daß die Antragsgegnerin nach Art. 68 des Arbitration Act 1996 wegen wesentlicher Verfahrensfehler das staatliche Gericht hätte anrufen können, daß die Antragsgegnerin aber mit diesem Rechtsbehelf ausgeschlossen ist, weil eine Anrufung binnen 28 Tagen nach Erlaß des Schiedsspruchs hätte erfolgen müssen (vgl. Art. 68 Abs. 1 i.V.m. Art. 70 Abs. 3 Arbitration Act 1996). Die Antragsgegnerin ist demgemäß mit der Geltendmachung von Verfahrensfehlern auch präkludiert, weil die Aufhebungsklage verfristet ist. f) Die Vollstreckbarerklärung widerspricht schließlich auch nicht der öffentlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Art. 5 Abs. 2 b UNÜ. Ein Verstoß gegen den deutschen ordre public läge nur dann vor, wenn die Anerkennung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar ist. Dagegen verstößt weder die Zubilligung von Zinseszinsen (vgl. OLG Hamburg in RIW 1991, S. 152, 154) noch die Zubilligung von Zinsen von Amts wegen noch die fehlende Begründung der Zinsentscheidung und die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung. Gerade in verfahrensrechtlicher Hinsicht kann einem ausländischen Schiedsspruch unter dem Gesichtspunkt des deutschen verfahrensrechtlichen ordre public die Anerkennung nur dann versagt werden, wenn das schiedsrichterliche Verfahren an einem schwerwiegenden, die Grundlagen des staatlichen und wirtschaftlichen Lebens berührenden Mangel leidet (vgl. BGH in NJW 1988, S. 3090, 3092). Derartige grobe Verfahrensfehler sind hier nicht ersichtlich. | |||||
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