34 Sch 8/10


Gericht OLG München Aktenzeichen 34 Sch 8/10 Datum 14.03.2011
Leitsatz
1. Vollstreckbarerklärung eines im Inland nach den Regeln der ICC-Schiedsgerichtsordnung ergangenen Schiedsspruchs.
2. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs begründet grundsätzlich keine Hinweispflicht und auch keinen Anspruch darauf, vorab die Rechtsauffassung des Gerichts kennen zu lernen.
3. Eine (Schadens- ) Schätzung des Schiedsgerichts ist nicht schon deshalb eine - unzulässige - Billigkeitsentscheidung, weil die Voraussetzungen des dafür herangezogenen § 287 ZPO nicht erfüllt sind.
RechtsvorschriftenZPO § 1051 Abs. 3, §1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b, d, Nr. 2 Buchst. b, § 1062 Abs. 1 Nr. 4
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
Stichworte
Volltext
B E S C H L U S S
I. Das Schiedsgericht, bestehend aus den Schiedsrichtern... erließ am 26. Februar 2010 in dem in München zwischen der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin als (Schieds-) Beklagten/Schiedswiderklägerin sowie der Antragsgegnerin als (Schieds-) klägerin/Schiedswiderbeklagten geführten Schiedsverfahren folgenden Schiedsspruch (Rn. 2157, 2158, 2167):
2157. Die Klägerin hat der Beklagten die Kapitalsumme von EUR 1.540.024,27 zu zahlen.
2158. Die Klägerin hat Zinsen in Höhe von EUR 200.752,34 zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 247 BGB) auf EUR 550.067,88 seit dem 31. März 2007, auf EUR 394.000,00 seit dem 18. Februar 2009 und auf EUR 595.956,39 seit dem 4. Mai 2009 bis zum Tag der Zahlung zu zahlen.
2167. Die Klägerin hat der Beklagten EUR 650.000,00 zur Erstattung ihrer Kosten zu zahlen.
II. Dieser Schiedsspruch wird im vorgegebenen Umfang für die Antragstellerin für vollstreckbar erklärt.
III. Der Antrag der Antragsgegnerin, den Schiedsspruch vom 26. Februar 2010 aufzuheben, soweit dieser feststellt, dass
1. die Antragsgegnerin ihre eigenen "legal and other costs" zu tragen hat (Rn. 2168 des Schiedsspruchs vom 26.2.2010),
2. das Preliminary Acceptance Certificate (PAC) für die gesamte Kesselanlage zum 17.05.2006 zur Erteilung fällig war (Rn. 2165 des Schiedsspruchs vom 26.2.2010), wird abgewiesen.
IV. Der Antrag der Antragsgegnerin, den Zwischenschiedsspruch (Interim Award) vom 28. November 2008 aufzuheben, soweit dieser feststellt, das die Antragsgegnerin nicht berechtigt war, die Zahlung des instalment Nr. 9 aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag über die Lieferung einer Kesselanlage für das Biomasse-Kraftwerk in Höhe von 788.000,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Januar 2007 wegen der Bildung von Agglomerationen im Kessel zurückzuhalten (Rn. 365, Ziff. 8) wird abgewiesen.
V. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
VI. Der Beschluss ist, soweit er den Schiedsspruch vom 26. Februar 2010 für vollstreckbar erklärt, vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin - nunmehr unstreitig Rechtsnachfolgerin der Schiedsbeklagten - begehrt die Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs.
1. Am 1.10.2004 schlossen die in Italien ansässige X - Rechtsvorgängerin der Schiedsbeklagten - und die Antragsgegnerin einen Vertrag, in dem sich die X verpflichtete, als Nachunternehmerin der Antragsgegnerin, die sich ihrerseits zur Errichtung eines Biomassekraftwerks in Österreich verpflichtet hatte, einen Biomassekessel mit Wirbelschichttechnik zu liefern, einzubauen und in Betrieb zu setzen.
§ 21 des in englischer Sprache abgefassten Vertragswerks enthält - in deutscher Übersetzung - folgende Schiedsklausel:
a) Sämtliche aus dem vorliegenden Vertrag entstehenden oder damit verbundenen Streitigkeiten aufgrund von Vertragsverletzungen, Beendigung, Wirksamkeit oder Ungültigkeit des Vertrages sind gemäß der Schiedsgerichtsordnung des International Chamber of Commerce (ICC) in Paris (Frankreich) von drei gemäß den vorgenannten Regelungen bestimmten Schiedsrichtern endgültig beizulegen. (&)
b) Das Schiedsgericht hat seinen Sitz in München, Deutschland. Die Sprache des Verfahrens, der Dokumentation sowie des Schiedsspruchs ist Englisch. Die Entscheidung der Schiedsrichter ist für alle Parteien endgültig und verbindlich und kann von jedem Gericht mit rechtlicher Zuständigkeit vollstreckt werden.
Es sollte deutsches Recht gelten.
2. Mit Schriftsatz vom 8.1.2007 reichte die Antragsgegnerin einen Antrag auf Durchführung eines schiedsgerichtlichen Verfahrens beim Sekretariat des Gerichtshofs der ICC ein, mit dem sie Mängel geltend machte, insbesondere, dass sich beim Betrieb des Kessels an den Innenwänden Agglomerationen (Anbackungen) bildeten, die eine Abnahme des Werkes ausschlössen, und mit dieser Begründung unter anderem die Verurteilung der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin (Im Folgenden: Beklagte oder Schiedsbeklagte) zur Zahlung eines Vorschusses gemäß § 637 BGB begehrte. Darüber hinaus beantragte sie die Verurteilung zur Herausgabe einer vom TÜV Italia ausgestellten CE-Konformitätserklärung nach der Druckgeräterichtlinie 97/23/EC.
Mit Schriftsatz vom 30.3.2007 erhob die Schiedsbeklagte Widerklage mit dem Antrag, die Antragsgegnerin (im Folgenden: Klägerin oder Schiedsklägerin) wie folgt zu verurteilen:
Zahlung der 6. Rate (Instalment Nr. 6) aus dem Vertrag in Höhe von 394.000,00 €;
Zahlung einer weiteren Vergütung für zusätzliche Leistungen in Höhe von 35.394,00 €;
Zahlung der 9. Rate aus dem Vertrag (Instalment Nr. 9) über 788.000,00 €;
Zahlung von Nachtragsforderungen in Höhe von 3.423.489,00 €.
Mit Zustimmung der Parteien spaltete das Schiedsgericht das Verfahren in zwei Teile auf („Phase I“ und „Phase II“). Gegenstand des Verfahrens in Phase I waren folgende Anträge und Gegenanträge: Anträge der Schiedsklägerin
• Die Schiedsbeklagte zu verurteilen, an die Schiedsklägerin 300.000,00 € zzgl. Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit als Vorschuss für die Kosten der Beseitigung der Mängel zu zahlen, die zur Entstehung der Agglomerationen im Biomassekessel geführt haben (dieser Antrag wurde später in einen Feststellungsantrag umgestellt).
• Die Schiedsbeklagte zu verpflichten, an die Schiedsklägerin die vom TÜV Italia ausgestellte CE-Konformitätserklärung nach der Druckgerätelinie 97/23/EC für den von der Schiedsbeklagten errichteten Biomassekessel herauszugeben.
• Festzustellen, dass die Schiedsbeklagte verpflichtet ist, die tatsächlichen Kosten zu erstatten, die entstehen, weil das Kraftwerk während der Mängelbeseitigungsarbeiten heruntergefahren werden muss.
• Festzustellen, dass die Schiedsbeklagte verpflichtet ist, der Antragsgegnerin den Schaden zu ersetzen, der dadurch entstanden ist, dass die Antragstellerin die CE-Konformitätserklärung nicht geliefert hat.
Anträge der Schiedsbeklagten
• Die Schiedsklägerin zu verpflichten, an die Schiedsbeklagte einen Betrag in Höhe von 429.394,00 € zzgl. Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus ab Fälligkeit zu zahlen (6. Rate in Höhe von 394.000,00 € + 35.394,00 € für zusätzliche Leistungen).
• Die Schiedsklägerin zu verpflichten, an die Schiedsbeklagte einen Betrag in Höhe von 788.000,00 € für die fällige 9. Rate zzgl. Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus ab Fälligkeit zu zahlen.
• Die Schiedsklägerin zu verpflichten, das „preliminary acceptance certificate“ (= vorläufige Abnahmebescheinigung; PAC) gemäß Art. 15 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages mit Wirkung zum 17.5.2006 zu erteilen, weil diese nicht berechtigt sei, das PAC wegen der Agglomerationsbildung zu verweigern, da diese keinen Mangel des Boilers darstelle.
Auf den übereinstimmenden Wunsch der Parteien sollte die Entscheidung des Schiedsgerichts als nicht vollstreckbare Zwischenentscheidung ergehen. Gegenstand und Umfang der in Phase I zu treffenden Entscheidung hat das Schiedsgericht in einer verfahrensleitenden Verfügung vom 7.1.2008 (Anlage AG 2 [Deutsche Übersetzung = AG 2a]) festgehalten.
Die übrigen von den Parteien erhobenen Ansprüche sollten Gegenstand der Phase II des Verfahrens sein.
Am 28. 11. 2008 erging folgender Zwischenschiedsspruch (Rn. 365):
1.1. Es wird erklärt, dass die nachfolgende Haftungsbeschränkung in § 18 des Vertrags gültig ist: Darüber hinaus schließt ... ausdrücklich jeden mittelbaren, konkreten oder Folgeverlust oder -schaden, einschließlich, jedoch ohne darauf beschränkt zu sein, entgangener Gewinn, Nutzungsausfall, Produktionsausfall, Verlust oder Schaden aus, gleichgültig ob es sich um einen Verlust oder Schaden auf der Grundlage von Schadensersatz, Vertragsverletzung, einer gesetzlichen Verpflichtung, aus unerlaubter Handlung oder aus anderen Haftungsgründen handelt, sofern keine grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorliegt bzw. es sei denn das deutsche Recht schreibt zwingend etwas anderes vor.
1.2. Es wird erklärt, dass diese Haftungsbeschränkung auf jeden Fall bei der von der Klägerin in diesem Schiedsverfahren vorgebrachten Haftung der Beklagten Anwendung findet.
2.1. Der Antrag der Klägerin, dass erklärt werde, dass die Beklagte verpflichtet ist, eine Vorauszahlung für Maßnahmen zu leisten, die weiterhin für die Beseitigung der Ursachen einer übermäßigen Anlagerung von Belag/Verschlackung an den Innenwänden des Kessels des Biomassekraftwerks Heiligenkreuz erforderlich sind, wird abgewiesen.
2.2. Es wird erklärt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle im Rahmen des Vertrags geschuldeten Verluste zu ersetzen, es sei denn diese wurden gemäß § 18 des Vertrags ausgeschlossen. Dabei handelt es sich sowohl um Verluste, die bereits entstanden sind, als auch Verluste, die noch entstehen werden in Zusammenhang mit der auf Kosten der Klägerin vom Endkunden ... durchgeführten Beseitigung der Ursachen der Anlagerung von Belag/Verschlackung entlang der Innenwände des Kessels des Biomassekraftwerks Heiligenkreuz in Form von Substitutionsmaßnahmen.
3. Es wird erklärt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die vom TÜV Italien gemäß Richtlinie 97/23/EG ausgestellte CE-Konformitätsbescheinigung für den Biomassekessel, ..., auszuhändigen.
4. Es wird erklärt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für den im Rahmen des Vertrags geschuldete Verlust, der nicht in § 18 des Vertrags ausgeschlossen ist, zu entschädigen, ausgenommen des Teils in § 18 des Vertrags, der in 1.1. zitiert wird, der dadurch entstanden ist, dass die Beklagte die CE-Konformitätsbescheinigung nicht ausgehändigt hat. 5. Der Antrag der Beklagten, dass erklärt werde, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten einen Betrag in Höhe von EUR 394.000,-- zu zahlen, für die Teilzahlung Nr. 6 des Vertrags zuzüglich darauf entfallende Zinsen ... wird abgewiesen, da die CE-Konformitätsbescheinigung nicht ausgehändigt wurde.
6. Der Antrag der Beklagten, dass erklärt werde, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten einen Betrag in Höhe von EUR 35.394,-- aus unbezahlten Rechnungen Nr. 2725900010 vom 26.7.2005 zu zahlen, wird als derzeit unbegründet abgewiesen, ohne den diesbezüglichen Anspruch in der Zukunft zu beeinträchtigen.
7. Es wird erklärt, dass die Klägerin nicht berechtigt ist, die Ausstellung der PAC gemäß § 15 des Vertrags, zum 29.12.2006, aufgrund von Belag/Verschlackung im Kessel abzulehnen; entsprechend ist es der Beklagten nicht aufgrund von Belag/Verschlackung im Kessel zu verwehren, die PAC gemäß § 15 des Vertrags, zum 29.12.2006, zu erlangen.
8. Es wird erklärt, dass die Klägerin nicht berechtigt ist, wegen Belag/Verschlackung im Kessel die Zahlung an die Beklagte in Höhe von EUR 788.000,-- für die Teilzahlung Nr. 9 des Vertragspreises zuzüglich darauf entfallende Zinsen ... zurückzuhalten.
9. Alle anderen Anträge der Parteien werden zu einem späteren Zeitpunkt beschieden.
In der Zeit vom 1.1. bis 3.7.2009 fand eine mündliche Verhandlung über die Ansprüche statt, die Gegenstand der Phase II sein sollten. Aufgrund der mündlichen Verhandlung hat das Schiedsgericht den Schiedsspruch vom 26.2.2010 erlassen. Dieser lautet – in Übersetzung - auszugsweise:
2157. Die Klägerin muss der Beklagten die Kapitalsumme in Höhe von EUR 1.540.024,27 zahlen.
2158. Die Klägerin muss Zinsen in Höhe von EUR 200.752,34 zuzüglich Zinsen zu einem Zinssatz von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 247 BGB) auf EUR 550.067,88 ab dem 31.03.2007, auf EUR 394.000,00 ab dem 18.02.2009 bzw. auf EUR 595.956,39 ab dem 04.05.2009 bis zum Tag der Zahlung zahlen.
2159. Es wird erklärt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle im Rahmen des Vertrags geschuldeten Verluste zu ersetzen, es sei denn diese wurden gemäß § 18 des Vertrags ausgeschlossen, wobei es sich sowohl um Verluste handelt, die bereits entstanden sind als auch Verluste, die noch entstehen werden im Zusammenhang damit, dass das Biomassesilo ein um 18,66 % niedrigeres nutzbares Volumen als vertraglich vorgesehen hat, insofern als ein solcher Verlust nicht bereits durch Preisminderung in der der Klägerin gewährten Höhe gemäß § 634 Nr. 3 BGB abgegolten ist.
2160. Es wird erklärt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle im Rahmen des Vertrags geschuldeten Verluste zu ersetzen, es sei denn diese wurden gemäß § 18 des Vertrags ausgeschlossen, wobei es sich sowohl um Verluste handelt, die bereits entstanden sind als auch Verluste, die noch entstehen werden im Zusammenhang mit dem Brand am 14.10.2006, insbesondere für alle von ... geforderten potentiellen Stillstandskosten, insofern als ein solcher Verlust nicht bereits durch den Schadensersatz abgegolten ist, der der Klägerin im Rahmen der Forderung Nr. 27 der Klägerin in Abs. 923 dieses Abschließenden Schiedsspruches gewährt wird.
2161. Es wird erklärt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen im Rahmen des Vertrags geschuldeten Verluste zu ersetzen, es sei denn diese wurden gemäß § 18 des Vertrags ausgeschlossen, wobei es sich sowohl um Verluste handelt, die bereits entstanden sind als auch Verluste, die noch entstehen werden im Zusammenhang mit der Kondensatbildung im Rezirkulationsluftkanal.
2162. Es wird erklärt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle im Rahmen des Vertrags geschuldeten Verluste zu ersetzen, es sei denn diese wurden gemäß § 18 des Vertrags ausgeschlossen, wobei es sich sowohl um Verluste handelt, die bereits entstanden sind als auch Verluste, die noch entstehen werden in Zusammenhang mit der Fehlfunktion des rechten Starter-Gasbrenners.
2163. Es wird erklärt, dass die Beklagte für die Kosten haftbar ist, die durch den Stillstand während der Ersetzung des Einspritzkühlers Nr. 3 entstanden sind.
2164. Es wird erklärt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle im Rahmen des Vertrags geschuldeten Verluste zu ersetzen, es sei denn diese wurden gemäß § 18 des Vertrags ausgeschlossen, wobei es sich sowohl um Verluste handelt, die bereits entstanden sind als auch Verluste, die noch entstehen werden im Zusammenhang mit der fehlenden Errichtungshilfe für den Motor des Hauptluftgebläses, insofern als ein solcher Verlust nicht bereits durch die Zahlungsforderung in Höhe von EUR 10.302,50 abgegolten ist, die der Klägerin gemäß §§ 634 Nr. 2, 638 BGB gewährt wurde.
2165. Es wird erklärt, dass die PAC für den gesamten Kessel zum 17.05.2006 auszustellen ist.
2166. Es wird erklärt, dass die vom ICC-Gericht auf USD 670.000,00 festgelegten Schiedsgerichtskosten von den Parteien jeweils zur Hälfte zu tragen sind.
2167. Die Klägerin muss der Beklagten EUR 650.000,00 zur Erstattung ihrer Kosten zahlen.
2168. Die Klägerin trägt ihre eigenen Rechtsberatungs- und anderen Kosten.
2169. Alle übrigen Forderungen und Anträge der Parteien werden abgewiesen.
Der Betrag von 1.540.024,27 € (Rn. 2157) setzt sich im Wesentlichen (1.538.404,66 €) zusammen aus der 6. Rate (394.000,00 €), der 9. Rate (788.000,00 €), einem Schadenersatzanspruch wegen Behinderung (74.443,00 €) und einem Kostenerstattungsanspruch für Leistungen der Schiedsbeklagten nach der von ihr behaupteten Abnahmefähigkeit der Anlage in der Zeit von Juli bis Oktober 2006 (281.961,66 €).
3. Die Antragstellerin beantragt nunmehr im gerichtlichen Verfahren, den zwischen ihrer Rechtsvorgängerin als Schiedsbeklagten und der Antragsgegnerin als Schiedsklägerin ergangenen Schiedsspruch vom 26. Februar 2010 in den Nrn. 2157, 2158 und 2167 für vollstreckbar zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
1. den Antrag auf Vollstreckbarerklärung abzulehnen,
2. den Schiedsspruch in Rn. 2165 und 2168 aufzuheben,
3. den Zwischenschiedsspruch vom 28.11.2008 in Rn. 365 Ziff. 8 aufzuheben;
hilfsweise:
die Schiedssprüche vom 28.11.2008 und 26.02.2010 aufzuheben.
Die Antragstellerin beantragt, die Aufhebungsanträge zurückzuweisen.
4. Die Antragsgegnerin begründet ihre Anträge im Wesentlichen folgendermaßen:
a) Die Verurteilung zur Zahlung der 6. Rate sei gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO sowie wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 1042 Abs. 1 Satz 2 ZPO) aufzuheben, weil der Schiedsspruch unter Nichtbeachtung anderweitig ergangener rechtskräftiger Entscheidungen ergangen sei.
(1) Der Anspruch auf Zahlung der 6. Rate sei Gegenstand der Phase I des Verfahrens gewesen. Mit Zwischenschiedsspruch vom 28.11.2008 sei die hierauf gerichtete Klage abgewiesen worden, weil das CE-Zertifikat als Fälligkeitsvoraussetzung nicht übermittelt worden sei. In der Sache habe das Gericht die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen. Das Schiedsgerichtsverfahren sei insoweit beendet gewesen.
Im Schiedsspruch vom 26.2.2010 sei die Antragsgegnerin hingegen zur Zahlung eben jener 394.000,00 € verurteilt worden, die bereits Gegenstand der - abgewiesenen - Klage gewesen seien. Sie habe während der Phase II darauf hingewiesen, dass die Zahlung der 6. Rate nicht mehr gegenständlich sei. Dies ergebe sich aus der Prozeduralorder Nr. 14 (Anlage AG 2). Indem das Schiedsgericht sie gleichwohl in Phase II zur Zahlung verurteilt habe, habe es sich über seine eigene Klageabweisung hinweg gesetzt. Zwar schließe eine Klageabweisung als derzeit unbegründet eine erneute Geltendmachung in einem neuen Verfahren nicht aus. Eine solche sei aber nicht erfolgt, vielmehr habe das Schiedsgericht über die bereits abgewiesene Forderung ein zweites Mal entschieden. An anderer Stelle habe das Schiedsgericht die Auffassung vertreten, dass gerichtliche Feststellungen, die in dem zu Phase I ergangenen Schiedsspruch enthalten seien, endgültig sein sollten, so beispielsweise in Rn. 549 zu ihrem Feststellungsantrag in Phase I bezüglich der Haftung für die aus den Agglomerationen entstehenden Schäden. Es habe keinerlei Hinweis darauf gegeben, dass die zu Rate Nr. 6 getroffene Entscheidung anders behandelt werden sollte. Es wäre erforderlich gewesen, den Anspruch auf Zahlung der 6. Rate als neuen Anspruch i.S.v. Art. 19 ICC-SGO in das Verfahren einzuführen, wozu es aber grundsätzlich der Zustimmung der Antragsgegnerin bedurft hätte.
(2) Die Zuerkennung dieses Anspruchs beruhe auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs; denn das Schiedsgericht sei von einer vorher den Parteien mitgeteilten Rechtsansicht stillschweigend abgewichen. Es hätte vor Erlass des Schiedsspruchs mitteilen müssen, dass es gedenke, über diesen Anspruch auch im Rahmen der Phase II zu entscheiden. Durch die Abweisung des entsprechenden Klageantrags habe das Gericht den Eindruck erweckt, dass das Verfahren insofern mit Abschluss der Phase I beendet sei.
b) Der Schiedsspruch sei auch aufzuheben, soweit er die Antragsgegnerin zur Zahlung der 9. Rate in Höhe von 788.000,00 € verurteile. Dem Grunde nach sei die Verpflichtung zur Zahlung bereits in dem nicht vollstreckbaren Zwischenschiedsspruch vom 28.11.2008 festgestellt. Gegen diesen sei ein Aufhebungsantrag nicht zulässig gewesen, so dass erst jetzt die Aufhebung der vollstreckbaren Verurteilung zur Zahlung sowie der im Schiedsspruch vom 28.11.2008 enthaltenen Feststellung beantragt werde. Damals habe das Schiedsgericht festgestellt, dass die Bildung von Agglomerationen an der Innenseite der Kesselwände während des Betriebs der Anlage einen Mangel darstelle. Dieser berechtige den Auftraggeber zum Einbehalt von Werklohn in Höhe von mindestens dem Dreifachen der für die Beseitigung der Mängel erforderlichen Kosten.
Die Regelung stelle sich als Konkretisierung der Einrede des nicht erfüllten Vertrages dar. Sie habe gegen den Anspruch auf Zahlung der 9. Rate vorgebracht, dieser sei nicht fällig, da der Mangel die Verweigerung des PAC (Abnahme) rechtfertige und damit die Rate Nr. 9 gemäß Art. 3 Nr. 9 des Vertrages nicht fällig werde. Hilfsweise habe sie die Leistung nach §§ 320, 641 Abs. 3 BGB verweigert.
Weil nach Auffassung des Schiedsgerichts dieser Mangel nicht die Verweigerung des PAC gerechtfertigt habe, hätte es sich aber mit dem Vorliegen von Zurückbehaltungsrechten befassen müssen. Beständen solche nämlich, wäre ein Anspruch auf Zahlung dieser Rate nicht fällig gewesen. Hierzu habe das Schiedsgericht geäußert, dass Zahlungen nicht zurückbehalten werden könnten, wenn der Auftraggeber selbst Hauptleistungspflichten verletzt habe. Das Gericht sei also der Auffassung gewesen, die Antragsgegnerin habe, weil sie die Erteilung des PAC wegen der Mängel verweigert habe, ihre Zurückbehaltungs- und Leistungsverweigerungsrechte verloren. Aufgrund dessen sei das Schiedsgericht zu dem verfehlten Ergebnis gelangt, dass sie den vollen Werklohn zu bezahlen habe, obwohl die Leistungen der Antragstellerin in erheblichem Umfang mangelhaft gewesen seien. Hierfür werde keinerlei Begründung geliefert außer dem leerformelhaften Hinweis auf ein allgemeines Prinzip. Die Entscheidung sei daher nicht nur falsch, sondern nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO aufzuheben. Schiedssprüche müssten nämlich begründet werden. An die Begründungspflicht dürften zwar nicht die für Urteile staatlicher Gerichte geltenden Maßstäbe angelegt werden. Auch die Begründung eines Schiedsspruches müsse aber gewissen Ansprüchen genügen und zu den wesentlichen Verteidigungsmitteln Stellung nehmen.
c) Im Rahmen ihrer Widerklage habe die Schiedsbeklagte zuletzt 861.105,00 € für Leistungen geltend gemacht, die sie nach der von ihr zum 17.5.2006 behaupteten Abnahmefähigkeit für den Betrieb der Anlage in der Zeit von Juli bis Oktober 2006 erbracht habe. Dieser Anspruch stehe im Zusammenhang mit der verweigerten PACErteilung. Wegen der verweigerten Abnahme seien die Betreiberpflichten bei der Beklagten verblieben. Zum Beleg der Höhe dadurch entstandener Mehrkosten habe sich die Schiedsbeklagte mit der Vorlage eines Eigendokuments (…) begnügt, außerdem habe sie ein 29-seitiges Dokument (…) vorgelegt, das Stundenzettel der angeblich auf der Baustelle beschäftigten Arbeitnehmer enthalten habe. Auch aus der Sicht des Schiedsgerichts sei sie im Hinblick auf die Höhe der geltend gemachten Kosten beweisfällig geblieben. Die Zuerkennung eines Anspruchs in Höhe von 281.961,66 € beruhe daher auf einer Billigkeitsentscheidung, zu der das Schiedsgericht nicht ermächtigt gewesen sei. Die Entscheidung sei ergangen, ohne dass eine unbestrittene Schätzungsgrundlage vorgelegen habe. Das Schiedsgericht habe lediglich aufgrund nicht nachvollziehbarer Überlegungen von dem bestrittenen Schaden in drei Rechenschritten Abzüge vorgenommen. Dieses Vorgehen werde nicht von § 287 ZPO gedeckt. Durch die getroffene Ermessensentscheidung habe das Schiedsgericht nicht nur gegen Art. 18 Abs. 1 Buchst. g ICC-SGO, sondern auch gegen § 1051 Abs. 3 Satz 1 ZPO verstoßen.
Der Schiedsspruch sei schließlich nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c ZPO aufzuheben, da das Schiedsgericht durch die getroffene Billigkeitsentscheidung die Grenzen der Schiedsvereinbarung überschritten habe. Diese habe eine Ermächtigung zur Billigkeitsentscheidung nicht vorgesehen.
d) Auf einer unzulässigen Billigkeitsentscheidung beruhe auch die Zuerkennung eines Anspruchs in Höhe von 74.443,00 €.
Die Schiedsbeklagte habe im Rahmen ihrer Widerklage wegen angeblicher Behinderungen im Zuge der Bauausführung Zahlung von 259.203,00 € begehrt mit der Behauptung, durch von der Antragsgegnerin zu vertretende Umstände sei eine Behinderung über 50 Tage eingetreten. Die Dauer der Behinderung sei bestritten worden. Das Schiedsgericht habe nicht lediglich die Höhe des aus einer Behinderung resultierenden Schadens, sondern bereits die Dauer der Behinderung geschätzt und sich dabei „äußerlich“ auf die Vorschrift des § 287 ZPO gestützt. Dies erlaube § 287 ZPO jedoch nicht. Das Schiedsgericht habe auch insoweit in der Sache eine Billigkeitsentscheidung getroffen. Ferner habe es über die Höhe des Anspruchs entgegen Art. 18 Abs. 1 Buchst. g ICC-SGO nach Billigkeit entschieden. Es habe sich, wie Rn. 2062 zeige, keinerlei Gedanken darüber gemacht, ob die Schätzungsgrundlagen zutreffend seien. Vielmehr habe es die bestrittene Dauer der Behinderung herunter gerechnet und, weil ihm in Anbetracht des vollkommen unzulänglichen Beweisangebotes diese Summe zu hoch erschienen sei, das Ergebnis halbiert (Rn. 2063).
e) Das Schiedsgericht habe festgestellt, dass das PAC mit Wirkung vom 17.5.2006 zu erklären gewesen sei. Dies habe Auswirkung auf die Verzinsung der 9. Rate, die nach Auffassung des Schiedsgerichts 60 Tage nach dem 17.5.2006 fällig geworden sei. Im Zwischenschiedsspruch vom 28.11.2008 sei das Schiedsgericht noch davon ausgegangen, die Abnahme sei spätestens am 29.12.2006 zu erklären gewesen. Wäre es hierbei geblieben, hätte ein Kostenerstattungsanspruch für den Betrieb der Anlage nicht bestanden. Die Entscheidung über den Abnahmezeitpunkt sei unter Gehörsverstoß ergangen.
Nach dem Vertrag wäre die Entscheidung des PAC nicht unmittelbar vom Schiedsgericht zu treffen gewesen, sondern von einem unabhängigen, vom Schiedsgericht benannten Dritten. Nach einer zeitaufwendigen Sachverständigenbefragung hätten aber die Schiedsparteien auf gerichtlichen Vorschlag vereinbart, dass diese Frage vom Schiedsgericht aufgrund der durchgeführten Sachverständigenanhörung beantwortet werden solle. In diesem Zusammenhang habe die Antragsgegnerin erklärt, Klausel 15c des Vertrags schließe eine fiktive Abnahmeerklärung aus, da hiernach die Parteien im Falle der Uneinigkeit über die Frage der PAC-Erteilung ein bestimmtes Verfahren durchführen müssten. Dies entspreche der allgemeinen zum deutschen Recht vertretenen Auffassung. Angesichts dessen hätte das Schiedsgericht eine fiktive Abnahme nicht ohne Weiteres annehmen dürfen, die Antragsgegnerin hierzu noch einmal anhören und sie auf die Möglichkeit einer konkludenten Abnahme zu einem früheren Zeitpunkt hinweisen müssen. Dies sei nicht geschehen und bilde einen Gehörsverstoß. Eine Erklärung des Vorsitzenden (….) habe bei ihr außerdem falsche Vorstellungen über die rechtliche Tragweite eines Verzichts auf die Einhaltung des vertraglich geregelten Verfahrens ausgelöst. Die Schlussfolgerung des Schiedsgerichts, dass die Anlage trotz der Mängel (Agglomerationen und Fehlen einer Rückbrandsicherung) abnahmereif gewesen sei, sei überraschend gewesen.
Wesentliche Argumente ihrerseits seien vom Schiedsgericht nicht zur Kenntnis genommen worden. Sie habe nämlich eine Stellungnahme eines Brandschutzbüros vorgelegt, wonach die Überwachungseinrichtungen, die zum Zeitpunkt ihrer Abfassung am 23.10.2006 bestanden hätten, unzureichend gewesen seien. Hierauf sei das Schiedsgericht mit keinem Wort eingegangen. Es habe die Abnahmefähigkeit der Anlage attestiert, obwohl hiernach die Mindestanforderungen an den Brandschutz nicht erfüllt gewesen seien. Damit hätte sie nicht rechnen müssen. Entsprechendes gelte für das Fehlen des „dritten Einspritzkühlers“ (attemperator No. 3), wozu sie eine gutachtliche Stellungnahme vorgelegt habe.
f) Damit entfalle auch die Grundlage der Zinsentscheidung.
g) Die Kostenentscheidung sei schon deshalb aufzuheben, weil in der Hauptsache mit einer Veränderung des Verhältnisses zwischen Obsiegen und Unterliegen zu rechnen sei, darüber hinaus aber auch wegen Gehörsverstoßes. Sie habe als Schiedsklägerin ihre außergerichtlichen Kosten mit 453.627,76 € beziffert, die Schiedsbeklagte die ihren mit 973.468,97 €. Nach Art. 31 Abs.1 ICC-SGO entscheide das Schiedsgericht im Rahmen der Kostenentscheidung über die angemessenen Aufwendungen. Das Schiedsgericht habe jedoch nicht dargelegt, weshalb die geltend gemachten Kosten angemessen seien, obwohl sie sich auf mehr als das Doppelte beliefen als ihre eigenen außergerichtlichen Kosten. Die Begründung der Kostenentscheidung genüge nicht. Sie sei auch inhaltlich nicht nachvollziehbar, da sie nicht berücksichtigte, dass die Antragstellerin zwar Zahlung von über 4,5 Mio. € verlangt habe, ihr aber nur ein Betrag von rund 1,5 Mio. € zugesprochen worden sei. Auf der anderen Seite sei die Antragsgegnerin mit wichtigen Feststellungsanträgen durchgedrungen.
5. Die Antragstellerin hält dem entgegen, dass die Rügen durch Art. 33 ICC-SGO weitgehend ausgeschlossen seien. Eine Partei, die mit dem Schiedsverfahren fortfahre, ohne einen Verstoß zu rügen, könne diesen später nicht mehr geltend machen.
Die Antragsgegnerin habe sich zu keiner Zeit gegen die Art und Weise der Verfahrensgestaltung gewandt. Ihr Prozessvertreter habe am Ende der mündlichen Verhandlung vom 3.7.2009, die die Phase II abgeschlossen habe, ausdrücklich die Frage nach Einwendungen hinsichtlich der Art und Weise des Schiedsverfahrens verneint.
a) Die Entscheidung über den Zahlungsanspruch aus der Rechnung Nr. 6 verletze weder den ordre public noch das rechtliche Gehör.
(1) Das Schiedsgericht habe mit dem Zwischenschiedsspruch keine rechtskräftige Entscheidung getroffen, im Übrigen stünde eine solche auch nicht im Widerspruch zum endgültigen Schiedsspruch.
aa) Die Entscheidung im Zwischenschiedsspruch sei nicht endgültig gewesen und habe daher nicht in Rechtskraft erwachsen können. Das Schiedsgericht habe seine Entscheidungen dort nicht als abschließend oder bindend bezeichnet; es habe lediglich in Rn. 13 bestimmt, dass sie nicht vollstreckbar seien und mögliche Zurückbehaltungsrechte der Antragsgegnerin wahren sollten.
Eine abschließende Entscheidung hätte auch dem Schiedsauftrag widersprochen. Die Rechnung Nr. 6 habe trotz Unterteilung des Verfahrens in zwei Phasen auch Gegenstand des abschließenden Schiedsurteils bilden sollen. Erst in Phase II habe das Schiedsgericht über die Ansprüche der Antragsgegnerin entscheiden sollen, welche zur Geltendmachung von Zurückbehaltungsrechten im Bezug auf diesen Zahlungsanspruch berechtigt hätten, damit erst endgültig über den Zahlungsanspruch. Mit der Aussage, der Interim Award sei nicht vollstreckbar, hätten Schiedsgericht und Parteien klarzustellen wollen, dass diese Entscheidung nicht abschließend sei, sofern neue Umstände, wie insbesondere die Herbeiführung der Fälligkeit, einträten.
Im Übrigen bilde der Schiedsauftrag die maßgebliche Grundlage für die Verfahrensgegenstände des gesamten Schiedsverfahrens. Selbst die Antragsgegnerin habe den Zahlungsanspruch von Anfang an, wenn auch vorbehaltlich der Erteilung des CE-Zertifikats, anerkannt.
bb) Außerdem stehe ein inländischer Schiedsspruch in seinen rechtlichen Wirkungen einem rechtskräftigen Urteil gleich. Bei einem wegen fehlender Fälligkeit klageabweisenden Urteil erwachse nur in Rechtskraft, dass bis zum Schluss der Verhandlung die klagende Partei keinen fälligen Anspruch habe.
cc) Wenn der Anspruch auf Zahlung nur in einem neuen Verfahren geltend gemacht werden könne und der Zwischenschiedsspruch eine rechtskräftige Entscheidung darstelle, handele es sich bei der Phase II um ein neues (Teil-) Verfahren, in welchem der Anspruch erneut vorgebracht werden könne. Dies habe sie im Schriftsatz vom 2 6.2010 (…) getan, die Antragsgegnerin habe sich hiergegen in Phase II weiterhin verteidigt.
(2) Da das Schiedsgericht nicht von seiner Rechtsansicht abgewichen sei, liege auch keine Gehörsverletzung vor; die Antragsgegnerin habe mit der Entscheidung rechnen müssen.
aa) Die Antragsgegnerin habe dem Schiedsgericht zwar mitgeteilt, dass sie den Anspruch auf Zahlung der Rate Nr. 6 nicht als Gegenstand von Phase II ansehe. Trotzdem habe sie dazu, in Widerspruch zu ihrer Position, erneut vorgetragen. Auch sei über das behauptete Zurückbehaltungsrecht als Fälligkeitshindernis verhandelt worden. Selbst wenn das Schiedsgericht der Antragsgegnerin vor seiner Entscheidung mitgeteilt hätte, dass es über den Anspruch auf Zahlung der 6. Rate abschließend zu entscheiden gedenke, hätte sie nur denselben Einwand erheben können, der bereits erhoben war, sodass es an der Ursächlichkeit fehle.
bb) Dass die Auffassung der Antragsgegnerin nicht berücksichtigt worden sei, stelle keinen Gehörsverstoß dar. Im Übrigen habe das Schiedsgericht (siehe Rn.1397 f., 1402), den Einwand berücksichtigt und sich mit dem Parteivorbringen auseinandergesetzt (Rn. 1398).
b) Bei der Entscheidung über die Zahlung der 9. Rate handle es sich nicht um eine Billigkeitsentscheidung. Die Ausführungen im Zwischenschiedsspruch (Rn. 358) seien vom deutschen Recht gedeckt. Es sei anerkannt, dass dem Schuldner die Einrede des § 320 BGB versagt sei, wenn er sich selbst in Leistungsverzug befinde oder vertragsuntreu verhalte. Dies sei das allgemeine Prinzip, worauf das Schiedsgericht zu Recht verwiesen habe. Hierzu seien nähere Ausführungen nicht erforderlich gewesen. Ob die Entscheidung richtig sei, werde im vorliegenden Verfahren nicht überprüft.
Der Schiedsspruch sei insoweit auch ausreichend begründet. Es genüge im Allgemeinen, wenn sich das Schiedsgericht nicht auf das bloße Zu- oder Absprechen des Anspruchs beschränke, sondern seiner Entscheidung auch rechtfertigende Darlegungen beifüge. Nur wenn diese Darlegungen inhaltsleer oder widersinnig seien, handele es sich um einen nicht begründeten Schiedsspruch.
Das Schiedsgericht habe außerdem die wechselseitigen Positionen ausführlich dargelegt (Rn. 1435 ff.) und auf den Vortrag der Antragsgegnerin abgehoben, wonach die Zahlung der 9. Rate fällig sei, wenn das Abnahmezertifikat (PAC) zu erteilen sei. Das Schiedsgericht habe auch die Aufrechnung mit eigenen Ansprüchen durch die Antragsgegnerin nicht übersehen und berücksichtigt (Rn. 1443 ff.).
c) Ebenso wenig beruhe die Zubilligung des Kostenerstattungsanspruchs über 281.961,66 € auf einer Billigkeitsentscheidung. Das Schiedsgericht habe die angewandten Rechtsgrundsätze zutreffend in Rn. 123 beschrieben und ausgeführt. Das gelte auch für das nach § 287 ZPO eingeräumte Ermessen. Das Schiedsgericht habe sich ausführlich mit der Frage der Begründetheit und der Höhe der der Antragstellerin entstandenen Kosten für ihre Leistungen im Rahmen des Betriebs des Kessels von Juli bis Oktober 2006 auseinander gesetzt.
Das Schiedsgericht habe im Ergebnis der Schiedsbeklagten weniger als 1/3 des dem Grunde nach unstreitigen Anspruchs zugesprochen. Es habe unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung entscheiden können, ob ein Schaden eingetreten sei, welchen Umfang er gehabt habe und ob er auf dem verpflichtenden Verhalten beruhe. Voraussetzung dafür sei lediglich gewesen, dass die Schiedsbeklagte die Schätzungsgrundlagen als Anknüpfungstatsachen dargelegt habe. Diese Voraussetzungen hätten die hätten die vorgelegten Stundenzettel erfüllt.
d) Hinsichtlich des Behinderungsschadens in Höhe von 74.443,00 € habe das Schiedsgericht ebenfalls nach § 287 ZPO eine Abwägung vorgenommen. Ausgangspunkt für die Ausübung des Ermessens sei die Annahme gewesen, dass die Schiedsbeklagte alle ihr zur Verfügung stehenden Beweise vorgelegt habe und eine weitere Beweisaufnahme keinen Erfolg versprechen würde. Das Schiedsgericht sei von einer Störungsdauer von 29 Tagen ausgegangen. Auch die Dauer der Behinderung dürfe im Rahmen von § 287 geschätzt werden.
e) Das Schiedsgericht habe nicht unter Verletzung des rechtliches Gehörs über das Fälligkeitsdatum für die Erteilung des PAC entschieden. Die Schiedsklägerin habe bereits in der Klageerwiderung den Standpunkt eingenommen, dass das PAC am 17.5.2006 hätte erteilt werden müssen. Von da an sei nämlich der Kessel in Betrieb gewesen und kommerziell betrieben worden. Die Antragsgegnerin habe dies unter Hinweis auf behauptete Mängel bestritten. Die widerstreitenden Positionen der Parteien seien im Schiedsauftrag (Terms of Reference - Anlage ASt 6) festgehalten worden. Dann sei einvernehmlich dem Schiedsgericht der Auftrag erteilt worden, zu entscheiden, ob der Beklagten das PAC zu erteilen sei und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt.
Die Parteien hätten bereits im Schiedsauftrag das Schiedsgericht beauftragt, das diesbezügliche Datum festzusetzen. Deswegen habe die Antragsgegnerin darauf verzichtet, das in Art. 15c des Vertrags geregelte Verfahren einzuhalten. Darüber hätten die Parteien auch verhandelt. Möglicherweise hätte eine fiktive Abnahme ausgeschlossen sein sollen. Das Schiedsgericht habe aber - wie auch die Antragstellerin - die Antragsgegnerin so verstanden, dass man letztlich darüber einig gewesen sei, das aufwendige Verfahren der Einschaltung eines weiteren externen Sachverständigen zu vermeiden. Diesem Verständnis habe die Antragsgegnerin auch in ihren späteren Schriftsätzen nicht widersprochen. Sie habe auch akzeptiert, dass das PAC spätestens am 29.12.2006 hätte ausgestellt werden müssen.
Das Schiedsgericht habe insoweit auch keine Überraschungsentscheidung getroffen. Die Antragstellerin verweist dazu auf die Ausführungen im Schiedsspruch (Rn.1422 - 1434).
f) Auch die Kostenentscheidung beruhe nicht auf einer Gehörsverletzung. Um die Angemessenheit von Aufwendungen zu beurteilen, stehe dem Schiedsgericht ein weitgehendes Ermessen zu. Die Ermessensentscheidung sei sachlich nicht überprüfbar. Zur Wahrung des rechtlichen Gehörs genüge es, dass das Schiedsgericht den Kostenantrag einer Partei der Gegenseite übermittle. Es sei davon auszugehen, dass die Partei, die mit der Kostenaufstellung nicht einverstanden sei, dies dem Schiedsgericht auch ohne Aufforderung mitteile. Andernfalls könne sie später nicht die Verletzung rechtlichen Gehörs einwenden. Den Parteien sei aufgegeben worden, ihre Kosten bis 30.10.2009 mitzuteilen. Die Antragsgegnerin habe sich zu dieser Anordnung nicht, auch nicht in ihrem abschließenden Schriftsatz zur Sache vom 15.10.2009, geäußert.
6. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Der Senat hat mit Beschluss vom 22.10.2010 die mündliche Verhandlung angeordnet und diese am 17.1.2011 durchgeführt. Wegen ihres Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
II.
Die Vollstreckbarerklärung ist im beantragten Umfang auszusprechen, der Antrag auf teilweise Aufhebung des Schiedsspruchs sowie des Zwischenschiedsspruchs ist abzuweisen.
1. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München für die Vollstreckbarerklärung (bzw. Aufhebung) der in München ergangenen Schiedssprüche, die in beglaubigter Ablichtung vorgelegt sind (§ 1064 Abs. 1 ZPO), ergibt sich aus § 1025 Abs. 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 ZPO in Verbindung mit § 8 der Gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz vom 16.11.2004 (GVBl. S. 471).
2. Versagungs- und Aufhebungsgründe i.S.v. § 1060 Abs. 2, § 1059 Abs. 2 ZPO liegen hinsichtlich des für vollstreckbar zu erklärenden Schiedsspruchs nicht vor. Die Aufhebungsgründe ergeben sich abschließend aus § 1059 Abs. 2 ZPO.
a) Gerügt wird die Versagung des rechtlichen Gehörs. Insoweit kommt neben einem von Amts wegen zu beachtenden ordre public-Verstoß (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO; Zöller/Geimer ZPO 28. Aufl. § 1042 Rn. 3; § 1059 Rn. 68) zugleich ein geltend zu machender Aufhebungsgrund nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b oder d ZPO in Betracht (siehe Zöller/Geimer § 1059 Rn. 40 m.w.N.).
Das Recht auf rechtliches Gehör gilt nicht nur im staatlichen Verfahren, sondern gleichermaßen im schiedsrichterlichen Verfahren (§ 1042 Abs. 1 ZPO). Allerdings begründen die Verfahrensgesetze im staatlichen Bereich richterliche Aufklärungs- und Hinweispflichten, die weit über den Rahmen des Art. 103 GG hinausgehen (vgl. Lachmann Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis 3. Aufl. Rn. 1298). Hinweispflichten werden indes durch den Grundsatz des rechtlichen Gehörs nicht begründet (vgl. Lachmann aaO.; BGHZ 85, 288/291; OLG Stuttgart SchiedsVZ 2011, 49). Zwar kann je nach Einzelfall die Verletzung von Hinweispflichten eine Gehörsverletzung darstellen und gegebenenfalls gegen den ordre public verstoßen, wenn der betroffenen Partei hierdurch Sachvortrag abgeschnitten wird. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs gibt aber keinen Anspruch darauf, vorab die Rechtsauffassung des Gerichts kennen zu lernen (vgl. OLG Stuttgart aaO. m.w.N.). Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Richter ohne vorherigen Hinweis von einer bereits geäußerten oder sonst erkenntlich gemachten Rechtsansicht abweicht und die Parteien im Vertrauen auf die ursprüngliche Äußerung davon abgesehen haben, weiter vorzutragen (vgl. OLG Stuttgart SchiedsVZ 2011, 49/53 f.). Ganz allgemein verlangt der Grundsatz des rechtlichen Gehörs, dass den Parteien die Sachverhaltselemente, die der Entscheidung zugrunde gelegt werden, rechtzeitig bekannt sind, sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern, ferner dass die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen werden, soweit sie nicht nach den Prozessvorschriften ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben müssen oder können (vgl. z.B. Lachmann Rn. 1299).
(1) Der Verurteilung zur Zahlung der 6. Rate in Höhe von 394.000,00 € liegt kein Gehörsverstoß zugrunde. Das Schiedsgericht ist nicht von einer vorher geäußerten Rechtsmeinung abgewichen. Zwar wurde in der Phase I die Klage in diesem Punkt als unbegründet abgewiesen, dies jedoch deshalb, weil eine Fälligkeitsvoraussetzung fehlte. Die Entscheidung war, wenn auch mit dieser Einschränkung, endgültig. Davon ist das Schiedsgericht indes nicht abgewichen. Denn in der Phase II wurde der Anspruch durch die Schiedsbeklagte erneut geltend gemacht; die Antragsgegnerin erhob hiergegen Einwendungen, die das Schiedsgericht geprüft hat. Da die in Phase I fehlende (Fälligkeits-) Voraussetzung nunmehr vorlag, ist das Schiedsgericht, indem es der Klage nun stattgab, nicht von einer vorher geäußerten Meinung abgewichen. Ob die Behandlung des an sich in Phase I entschiedenen, in Phase II erneut geltend gemachten Anspruchs verfahrensrechtlich zutreffend war, stellt sich nicht als Problem des rechtlichen Gehörs (s.nachfolgend unter II.b.(1) ).
(2) Dasselbe gilt für die Verurteilung zur Zahlung der 9. Rate in Höhe von 788.000,00 €. Das Schiedsgericht hat den Vortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen. Es darf entscheidungserheblichen Vortrag und entscheidungserhebliche Beweismittel nicht übergehen. Ebenso wie die staatlichen Gerichte sind jedoch die Schiedsgerichte nicht verpflichtet, sich in den Entscheidungsgründen mit jedem Vorbringen ausdrücklich zu befassen. Das Recht auf rechtliches Gehör ist allerdings dann verletzt, wenn deutlich wird, dass Vorbringen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. Lachmann Rn. 1354; dazu BVerfG NJW 1999, 1387/1388). Das Schiedsgericht war der Auffassung, die Antragsgegnerin habe ihre Zurückbehaltungs- und Leistungsverweigerungsrechte verloren. Ob diese Rechtsansicht im Vollstreckbarerklärungsverfahren inhaltlich überprüfbar ist und sie letztlich auch zutrifft, bedarf an dieser Stelle keiner Erörterung. Die Rechtsansicht des Schiedsgerichts zugrunde gelegt kam es jedenfalls auf Mängel nicht an. Dann musste sich das Schiedsgericht mit einzelnen Mängeln aber auch nicht auseinander setzen.
(3) Die Feststellung des Schiedsgerichts, dass das PAC mit Wirkung vom 17.5.2006 zu erteilen gewesen sei, beruht ebenfalls nicht auf Gehörsverletzung. Die Antragsgegnerin beruft sich darauf, dass noch nach dem Zwischenschiedsspruch die Abnahme "spätestens" am 29.12.2006 zu erklären gewesen sei, weshalb die endgültige Entscheidung des Schiedsgerichts als Abweichung von der früher geäußerten Rechtsansicht und unter Gehörverstoß ergangen sei. Doch auch die Antragsgegnerin erkennt demnach schon aufgrund des Zwischenschiedsspruchs die Möglichkeit, dass die Abnahme vor dem 29.12.2006 zu erklären gewesen sei. Dies ergibt sich allerdings nicht aus der Entscheidungsformel, die das Wort "spätestens" nicht ausdrücklich enthält, folgt aber - wovon ersichtlich auch die Antragsgegnerin ausgeht, da sie sonst nicht von einem "spätesten" Termin sprechen würde - aus Rn. 350 des Zwischenschiedsspruchs. Dort heißt es, dass immer noch Streit herrsche, ob die Agglomerationen der Abnahme entgegen stehen, der Endabnehmer jedoch "PAC" für die ganze Anlage mit Datum vom 29.11.2006 erklärt habe. Damit sei auch hinsichtlich des Vertragsgegenstandes für diesen Zeitpunkt "PAC" zu erklären. Der Zwischenschiedsspruch lässt demnach gerade die Möglichkeit eines früheren Zeitpunkts - über den die Parteien noch stritten - offen.
Es ist auch keineswegs eindeutig, dass das Schiedsgericht überhaupt von einer fiktiven oder konkludenten Abnahme ausgegangen ist. Es hat einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt festgestellt, zu dem das PAC hätte erteilt werden müssen. Ob dies nach dem vertraglich vorgesehenen Verfahren zulässig ist, kann im Vollstreckbarerklärungsverfahren wegen des Verbots der revision au fond (Zöller/Geimer § 1059 Rn. 74) nicht überprüft werden. Auf die Frage, ob ein formelles Abnahmeverfahren die konkludente Abnahme ausschließt, musste das Schiedsgericht von seinem Standpunkt aus nicht weiter eingehen. Es musste insbesondere auch nicht vorher auf seine Rechtsauffassung hinweisen (vgl. OLG Stuttgart aaO.). Denn auch in dem von der Antragsgegnerin angeführten Rechtsgespräch (Anlage Ag 7/7a) hat der Vorsitzende des Schiedsgerichts keine Rechtsauffassung geäußert, von der das Schiedsgericht in seiner Entscheidung abgewichen wäre.
Das Schiedsgericht ging bei seiner Beurteilung zum Zeitpunkt, zu dem die Abnahme zu erklären gewesen wäre, davon aus, dass die Anlage nicht in Dauerbetrieb genommen worden wäre, wenn wesentliche Mängel vorgelegen hätten. Im endgültigen Schiedsspruch (Rn. 1431/1432) ist dies ausdrücklich für die Brandschutzgenehmigung und für einen dritten Einspritzkühler ausgesprochen. Wenn das Schiedsgericht aber auf die Inbetriebnahme der Anlage abstellt, musste es nicht auf jeden nach Meinung der Antragsgegnerin bestehenden Mangel eingehen. Ausschlaggebend blieb die Tatsache der Inbetriebnahme.
(4) Auch der Kostenentscheidung liegt kein Gehörverstoß zugrunde. Unwidersprochen trägt die Antragstellerin vor, das der Antragsgegnerin der maßgebliche Schriftsatz Anfang November 2009 vorlag, ohne dass sich diese dazu geäußert hätte. Der Schiedsspruch erging erst am 26.2.2010. Die Antragsgegnerin hatte somit ausreichend Gelegenheit zur Äußerung, ohne davon Gebrauch zu machen. Eine ausdrückliche Aufforderung oder Fristsetzung verlangt das Gebot des rechtlichen Gehörs nicht (vgl. Zöller/Greger Vor § 128 Rn. 6; auch Wolff in Lindner/Möstl/Wolff Verfassung des Freistaates Bayern Art. 91 Rn. 24).
(5) Für den Inhalt der Kostenentscheidung gilt im Übrigen auch das Verbot der revision au fond. Der Prüfungsumfang ist daher beschränkt auf die Vereinbarkeit mit dem ordre public (vgl. Senat vom 25.9.2006, 34 Sch 012/06 = OLG-Report 2006, 906) und - bei Rüge - auf verfahrensfehlerfreies Zustandekommen. Dem staatlichen Gericht ist es verwehrt, bei einer vom Verhältnis des Obsiegens zum Unterliegen abweichenden Kostenverteilung sein eigenes Ermessen an die Stelle desjenigen des Schiedsgerichts zu setzen (vgl. Lachmann Rn. 917). Das Schiedsgericht ist grundsätzlich nicht an die Vorschrift des § 91 ZPO gebunden, es gilt § 1057 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Die Schiedsordnung, der sich die Parteien unterworfen haben, enthält darüber hinaus keine Vorschriften (vgl. Art. 31 Abs. 3 ICC-SGO). Das Schiedsgericht hat somit nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere, aber nicht nur, des Verfahrensausganges zu entscheiden.
Das Schiedsgericht hat sein Ermessen ausgeübt und die Gründe, die der Kostengrundentscheidung und der Festsetzung der zu erstattenden Kosten zugrunde liegen, dargestellt. Es hat berücksichtigt, dass beide Parteien obsiegt haben und unterlegen sind. Eine exakt dem entsprechende Quotierung ist nicht geboten. Das Schiedsgericht hat jedenfalls berücksichtigt, dass die Antragsgegnerin als Schiedsklägerin im Ergebnis weniger erfolgreich war als die Schiedsbeklagte. Auch wenn dies nicht ausdrücklich ausgesprochen wird, lässt sich dies damit begründen, dass die Schiedsklägerin (Antragsgegnerin) im Wesentlichen mit Feststellungsanträgen erfolgreich war, die üblicherweise niedriger bewertet werden als Zahlungsansprüche. Das Schiedsgericht ist auch auf die deutliche höheren Kosten, die die Schiedsbeklagte geltend gemacht hat, eingegangen, hat sie aber nicht (Rn. 2149) für unvernünftig hoch oder exzessiv angesehen. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass die italienische Schiedsbeklagte den Rechtsstreit im Ausland führen musste und in Deutschland Anwälte beauftragte, ist die Kostenentscheidung aus Gründen des ordre public nicht zu beanstanden.
b) Auch sonstige Verstöße gegen das von den Parteien vereinbarte Verfahren (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO) liegen nicht vor.
(1) Das Schiedsgericht hat mit Zustimmung der Parteien das Verfahren in zwei Phasen aufgeteilt. Die Entscheidung über die Verpflichtung zur Zahlung der 6. Rate in Höhe von 394.000,00 € sollte Bestandteil von Phase I sein. Hierüber wurde auch entschieden. Der Klageantrag der Schiedsbeklagten wurde abgewiesen, da eine Fälligkeitsvoraussetzung fehlte, also als zur Zeit unbegründet. Dies stand einer späteren Geltendmachung, wenn die bis dahin fehlende Voraussetzung eingetreten ist, nicht entgegen.
Da die Frage aber abschließend in Phase II geklärt werden sollte, musste die Schiedsbeklagte erneut (Wider-) Klage erheben. Die Geltendmachung neuer Ansprüche ist nach der maßgeblichen ICC-SGO möglich und mit Schriftsatz vom 2.6.2009 (…) erfolgt. Über die Zulassung neuer Ansprüche entscheidet gemäß Art. 19 ICCSGO das Schiedsgericht. Sie bedarf nicht der Zustimmung des Gegners.
(2) Eine Billigkeitsentscheidung ohne Ermächtigung durch die Parteien (§ 1051 Abs. 3 ZPO) - anstatt der gebotenen Rechtsentscheidung - würde jedenfalls bei bewusstem und willkürlichem Überschreiten der Ermächtigungsgrundlage den Schiedsspruch aufhebbar machen (Senat vom 22.6.2005, 34 Sch 10/05 = SchiedsVZ 2005, 308; vgl. Zöller/Geimer § 1051 Rn. 7 m.w.N.). Indes liegt eine derartige Entscheidung nicht vor.
Das Schiedsgericht hat in zwei Punkten unter Bezugnahme auf § 287 ZPO Schätzungen vorgenommen. Es hat in dem einen Fall (Zuerkennung eines Kostenerstattungsanspruchs in Höhe von 281.161,66 €: "Operation during Commercial Run") die Zahl der von der Antragsgegnerin zu vergütenden Arbeitsstunden bestimmt. Es zweifelte nicht an der Echtheit der vorgelegten Arbeitserfassungsbögen (Rn. 1862), sah aber Probleme in der Zuordnung und Aufteilung der Arbeitsstunden auf den Betrieb des Kessels während der kommerziellen Nutzung und auf die Behebung der von der Schiedsbeklagten gleichzeitig durchgeführten Mängelbeseitigung. Es hielt (Rn. 1863) die Unterlagen der Schiedsbeklagten für unvollständig, erachtete es aber gleichzeitig für unzumutbar, weitere Nachweise beizubringen. Auf dieser Grundlage kürzte es den geltend gemachten Anspruch durch Abzug von zunächst 15 %, dann um weitere 20 % (wegen der auf die Behebung von Mängeln entfallenden Arbeitsstunden, Rn. 1865) und schließlich wegen der unvollständigen Nachweise noch einmal um 50 %. Im anderen Fall (Behinderungsschadensersatzansprüche: "Disruption during Commissioning" in Höhe von 74.443,00 €) übte das Schiedsgericht das eigene Ermessen gemäß § 287 ZPO dahin aus (Rn. 2046), dass es anstelle der geltend gemachten 22 Tage tatsächlich nur 11 Tage anzusetzte.
Dahingestellt bleiben kann, ob sich die Schätzung noch im Rahmen des vom Schiedsgericht herangezogenen § 287 ZPO gehalten hat. Die Parteien haben die Anwendung der ICC-SGO vereinbart. Hiernach (Art. 20 Abs. 1) hat das Schiedsgericht den Sachverhalt in möglichst kurzer Zeit mit allen angemessenen Mitteln festzustellen. In diesem - weiteren - Rahmen hält sich die Sachverhaltsermittlung des Schiedsgerichts in beiden Fällen. Dass das Schiedsgericht in diesem Zusammenhang eine Norm des deutschen Zivilprozessrechts herangezogen hat, ist unschädlich, solange die Vorgehensweise der maßgeblichen Verfahrensordnung entspricht. Im Übrigen ist auch ein staatliches Gericht bei Anwendung der ZPO nicht in jedem Falle daran gehindert, seine Überzeugung allein auf eine - gegebenenfalls mit Urkunden unterstützte, wenn dadurch auch nicht ausreichend belegte - Parteibehauptung zu stützen, wenn es nach dem Gesamtergebnis keine Zweifel an der Wahrheit hat (BGHZ 82, 13/20; vgl. Zöller/Greger § 286 Rn. 14 m. w. N.). Umso mehr muss dies für ein Schiedsgericht gelten.
Das Schiedsgericht hat die vorgelegten Urkunden für grundsätzlich aussagekräftig erachtet, auch wenn es diese für unvollständig gehalten hat. Ob damit eine ausreichende Rechtsgrundlage für eine Schätzung im Rahmen des § 287 ZPO vorlag, kann aus dem vorgenannten Grund offen bleiben. Es liegt insbesondere keine Billigkeitsentscheidung (§ 1051 Abs. 3 ZPO) vor, die sich dadurch auszeichnet, dass das Schiedsgericht gänzlich davon Abstand nimmt, Erwägungen zum positiven Recht anzustellen (vgl. Schlosser in Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. § 1051 Rn. 9 m. w. N.). Vorliegend hat das Schiedsgericht die Schadenshöhe aufgrund von Anhaltspunkten ermittelt und sich dazu auf deutsche höchstrichterliche Rechtsprechung berufen (Rn. 123; BGH NJW-RR 1992, 202/203). Ob die vorhandene Tatsachengrundlage einem staatlichen Gericht für die Anwendung von § 287 ZPO hätte genügen dürfen, bedarf keiner Klärung. Das Schiedsgericht selbst hat die ihm zugänglichen Belege als unzureichend angesehen, sie aber dennoch für eine Schätzung verwendet und sich erkennbar an der Lebenserfahrung orientiert. Es hat sich dabei mit den gegen die Berechnung sprechenden Einwendungen auseinander gesetzt und bei der Bestimmung des Schadens ein Ermessen ausgeübt. Dies genügt. Denn ob die herangezogenen Grundlagen ausreichen und das Ergebnis auch materiell richtig ist, kann im Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht überprüft werden.
(3) Ein Schiedsspruch ist, wenn die Parteien keine abweichende Vereinbarung getroffen haben, zu begründen. Allerdings stellt § 1054 Abs. 2 ZPO geringere Anforderungen auf als § 547 Nr. 6 ZPO. Er dient nicht dem Zweck, eine Nachprüfung unter dem Gesichtspunkt des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst b ZPO sicher zu stellen (vgl. Zöller/Geimer § 1054 Rn. 8). Auch wenn an die Begründung von Schiedssprüchen nicht die für Urteile staatlicher Gerichte geltenden Maßstäbe angelegt werden, so darf sich die Begründung nicht auf inhaltsleere Wendungen beschränken (vgl. Zöller/Geimer aaO. m.w.N.). Der Schiedsspruch vom 28.11.2008 begründet die Verpflichtung zur Zahlung der 9. Rate (788.000,00 €) im Wesentlichen damit, dass "nach einem allgemeinen Prinzip" Zahlungen nicht zurückgehalten werden könnten, wenn der Auftraggeber seinerseits Hauptleistungspflichten verletzt habe, wobei das Schiedsgericht die Verletzung der Hauptleistungspflicht darin erkennt, dass die Antragsgegnerin die Erteilung des PAC verweigert hat. Der Hinweis auf ein allgemeines Prinzip stellt weder eine Leerfomel noch eine inhaltsleere Wendung dar. Das Schiedsgericht hat im Zwischenschiedsspruch (Rn. 358) zunächst auf Regelungen des deutschen Rechts verwiesen, wendet diese aber aufgrund eines von ihm postulierten allgemeinen Prinzips nicht an. Es entnimmt dieses allgemeine Prinzip ersichtlich (auch) der deutschen Rechtsordnung. Dass es die Herleitung nicht näher erläutert, macht die Begründung nicht zur "Leerformel". Es liegt auch keine Billigkeitsentscheidung vor, weil das Schiedsgericht gerade von einer als zwingend angesehenen Rechtsgrundlage ausgeht. Ob sich dem geltenden Recht ein derartiger Grundsatz in dieser Allgemeinheit tatsächlich entnehmen lässt und ob das Verhalten der Antragsgegnerin darunter subsumiert werden kann, hat das staatliche Gericht im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens nicht entscheiden (vgl. Zöller/Geimer § 1060 Rn. 24).
c) Weil die Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs vom 26.2.2010 in den von der Antragstellerin beantragten Teilen gegeben sind, ergibt sich daraus als unmittelbare Folge auch die Unbegründetheit des (insoweit selbständigen) Aufhebungsantrags der Gegenseite, der die fehlende Berechtigung zum Einbehalt der Teilzahlung Nr. 9 (Zwischenschiedsspruch Rn. 365 Ziff. 8), die Feststellung des maßgeblichen Abnahmezeitpunkts (Schiedsspruch Rn. 2165) und die versagte Kostenerstattung (Schiedsspruch Rn. 2168) betrifft.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 1064 Abs. 2 ZPO.
Summary
The Applicant, defendant and counterclaimant in an ICC arbitration, sought the enforcement of a domestic arbitral award pursuant to which the respondent, the claimant and counter defendant in the arbitration proceedings, had been ordered to make a payment to the applicant.
The tribunal had split the proceedings into two parts (Phase I and II). With respect to the claims which were subject to Phase I, the arbitral tribunal had rendered a non-enforceable interim decision. Phase II ended with the arbitral award, whose declaration of enforceability the applicant sought before the Higher Regional Court of Munich (OLG). The defendant sought to reject the declaration of enforceability and to set aside parts of the award. The defendant asserted, inter alia, a breach of the right to be heard, because the arbitration award was rendered pursuant to non-consideration of prior binding decisions by the arbitral tribunal. In addition, the defendant argued that the arbitral tribunal had overruled a legal opinion which it previously had communicated to the parties.
The OLG declared the award enforceable in the terms sought and denied the existence of a violation of the right to be heard. The court found that the right to be heard does not establish a duty to issue directions. The violation of a duty to issue directions could – depending on the facts of the case – constitute a violation of due process and possibly a breach of the ordre public within the meaning of Section ZPO § 1059 subsec. ZPO § 1059 Absatz 2 No. 2b ZPO if the affected party's factual pleadings were thereby restricted. The principle of due process does not, however, give rise to an entitlement to gain advance knowledge of the court's interpretation of the law.
This would only be the case if the tribunal derogated without notice from an already expressed legal opinion and the parties, in reliance upon the previously expressed opinion, were to refrain from submitting further briefs. This was, in the view of the Court, not the situation in the present case.