25 Sch 09/08


Gericht OLG Hamm Aktenzeichen 25 Sch 09/08 Datum 28.11.2008
Leitsatz
Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs
Der Schiedsspruch vom 17.12.2008, erlassen von einem Schiedsgericht nach der Schiedsgerichtsordnung des Internationalen Handelsschiedsgerichts bei der IHK der R.F., wurde für vollstreckbar erklärt.
Soweit Anerkennungsversagungsgründe geltend gemacht wurden, sah das Gericht diese als präkludiert an, weil die Ag. nicht von der Möglichkeit der Anfechtung im Ursprungsland Gebrauch gemacht hatte. Darüber hinaus waren die Versagungsgründe - u.a. Verletzung des rechtlichen Gehörs, Befangenheit eines Schiedsrichters, Nichtzulassung der Aufrechnung - nach Auffassung des OLG nicht substantiiert dargelegt.
Rechtsvorschriften§ 1061 Abs. 1 S. 1 ZPO
Art. V Abs. 1 lit. b UNÜ, Art. V Abs. 1 lit. c UNÜ, Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ, Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteAufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarkeitserklärungsverfahren: - Schiedsspruch, ausländisch; - IHK der Russischen Föderation; - Vollstreckbarerklärung Aufhebungs-/Versagungsgründe: - nicht ordnungsgemäßes Verfahren; -
Volltext
B E S C H L U S S:
Der Schiedsspruch vom 17. Dezember 2007 des Internationalen Handelsschiedsgerichts bei der Industrie- und Handelskammer der Russischen Förderation in Moskau (Akte 36/07), durch den die Antragsgegnerin verurteilt worden ist, an die Antragstellerin eine Schuldsumme von 34.894,08 USD sowie 4.089,00 USD und 4.000,00 USD als Schiedsgerichtsgebühr und Schiedsgerichtskosten zu zahlen, wird für vollstreckbar erklärt.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens nach einem Gegenstandswert von 24.977,88 € (entspricht 34.894,08 USD).
Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Die Antragsgegnerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach diesem Beschluss vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragstellerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
G r ü n d e
I.
Die Antragstellerin begehrt die Vollstreckbarerklärung eines von dem Internationalen Handelsschiedsgericht bei der Industrie- und Handelskammer der Russischen Föderation am 17.12.2007 erlassenen Schiedsspruchs, zu dessen Inhalt auf Anlage K2 Bezug genommen wird.
Die Parteien hatten zunächst im Jahr 2000 einen Exklusivvertrag geschlossen, welcher die Rahmenbedingungen für ihre Zusammenarbeit festlegte und nicht nur die Geltung schweizerischen Rechts "für diesen Vertrag", sondern ausdrücklich auch den Abschluss separater Lieferverträge vorsah. Der Rahmenvertrag wurde 2004 geändert und 2006 mit folgendem Zusatz versehen: "Streitigkeiten...aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag...sind durch ein Schiedsverfahren gemäß der Internationalen Schiedsordnung der Schweizerischen Handelskammern zu entscheiden... Der Sitz des Schiedsverfahrens ist Zürich...".
Der Liefervertrag vom 2. April 2004, auf welchen die Antragstellerin ihre Klage vor dem Schiedsgericht in Moskau stützte, enthält den Passus: "Alle Streitigkeiten und Meinungsverschiedenheiten, die bei der Erfüllung des Vertrages entstehen, unterliegen, unter Ausschluss des allgemeinen Gerichtsweges, dem Schiedsspruch der Internationalen Handels-Schiedskommission bei der Kammer für Handel und Industrie der Russischen Föderation auf Basis des dortigen Reglements." Zudem haben die Parteien russisches Recht vereinbart. Der Liefervertrag vom 2. April 2004 enthält eigenständige Zahlungs- und Fälligkeitsregeln.
Das Verfahren vor dem russischen Schiedsgericht unterlag der Schiedsordnung des Internationalen Handelsschiedsgerichts bei der Handels- und Industriekammer der Russischen Föderation (die Schiedsordnung ist abgedruckt in der Beilage 1 zu Heft 2/2007 SchiedsVZ und in dem Parallelverfahren 25 Sch 8/2008 OLG Hamm zu den Akten gereicht worden) - im Folgenden als IHSG - bezeichnet. Das Schiedsgericht hat seine Zuständigkeit bejaht und in der Sache zugunsten der Antragstellerin entschieden. Die Antragsgegnerin legte im Ursprungsland keine Rechtsbehelfe gegen den Schiedsspruch ein.
Mit verfahrenseinleitendem Schriftsatz vom 11.3.2008 hat die Antragstellerin eine beglaubigte Abschrift samt notariell beglaubigter Übersetzung und Apostille des Schiedsspruchs vorgelegt.
Sie b e a n t r a g t,
den von dem Internationalen Handelsschiedsgerichts bei der Industrie- und Handelskammer der Russischen Förderation in Moskau, bestehend aus dem Vorsitzenden der Schiedsgerichtssetzung W.W.D. und den Schiedsrichtern A.A.K. und P.R., am 17. Dezember 2007 erlassenen Schiedsspruch, durch den die Antragsgegnerin zur Zahlung von insgesamt 42.983, 08 USD an die Antragstellering verurteilt worden ist, für uneingeschränkt ohne Sicherheitsleistung für vollstreckbar zu erklären.
Die Antragsgegnerin b e a n t r a g t,
den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zurück zu weisen.
Sie macht im Wesentlichen geltend, der russische Schiedsspruch sei nicht verbindlich im Sinne des Art. V. Abs. 1 lit. e) UNÜ, da er in drei Instanzen angefochten werden könne. Überdies habe das russische Schiedsgericht zu Unrecht seine Zuständigkeit angenommen, so dass ein Versagungsgrund nach Maßgabe von Art. V Abs. 1 lit. c) UNÜ vorliege. Ihr sei unter Verstoß gegen Art. V Abs. 1 lit. b) UNÜ dadurch nicht hinreichend rechtliches Gehör gewährt worden, dass sie sich nicht im Klaren über die vom russischen Schiedsgericht bejahte russische Verhandlungssprache gewesen sei. Ferner habe sie auf einen erst drei Tage vor der mündlichen Verhandlung von der Antragsgegnerin beim Schiedsgericht eingereichten Schriftsatz nicht erwidern können.
Darüber hinaus widerspricht die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs nach Ansicht der Antragsgegnerin der deutschen öffentlichen Ordnung im Sinne des Art. V Abs. 2 lit. b) UNÜ, da das Schiedsgericht keine Zwischenentscheidung über seine Zuständigkeit gefällt, sondern sogleich in der Sache entschieden habe. Zudem sei der mitwirkende Schiedsrichter A.A.K. befangen gewesen, weil er einen Vortrag auf einer Konferenz gehalten habe, die in der Hauptsache von den russischen Prozessbevollmächtigen der Antragstellerin finanziert worden sei.
Die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs sei insbesondere auch deshalb zu versagen, weil das russische Schiedsgericht die von ihr, wie sie behauptet, geltend gemachte Aufrechnung mit Gegenforderungen, welche auf den Exklusivverträgen aus den Jahren 2000 und 2004 beruhten, trotz Zahlung der erforderlichen Gebühren unberücksichtigt gelassen habe.
Die Antragstellerin trägt hierzu vor, dass das russische Schiedsgericht den Inhalt des drei Tage vor der Verhandlung eingereichten Schriftsatzes, der zudem nur Rechtsausführungen beinhaltet habe, nicht berücksichtigt habe. Sie behauptet, ihre russischen Bevollmächtigten hätten die von der Antragsgegnerin angesprochen Konferenz lediglich organisatorisch unterstützt. Sie bestreitet, dass die Antragsgegnerin die Aufrechnung mit einer Gegenforderung erklärt habe.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Der Senat hat mündlich verhandelt. Die Antragsgegnerin hat sich damit einverstanden erklärt, dass die Anlagen, welche die Antragstellerin nach dem Inhalt ihrer Schriftsätze nur in einem Verfahren eingereicht hat, auch in den anderen Verfahren verwertet werden dürfen.
II.
Dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung des im Beschlusstenor genannten Schiedsspruchs ist gemäß § 1061 Abs. 1 S. 1 ZPO in Verbindung mit dem UN-Übereinkommen vom 10.6.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBl. 1961 II, S. 121) - UNÜ - und §§ 1062 ff. ZPO stattzugeben.
1.
Die Zuständigkeit des OLG Hamm ergibt sich § 1062 Abs. 2 ZPO. Die formellen Antragsvoraussetzungen der §§ 1064 Abs. 1, 1061 Abs. 1 S. 1 ZPO (in Verbindung mit Art. IV UNÜ) sind erfüllt. Die Antragstellerin hat den Schiedsspruch vom 17.12.2007 in beglaubigter Abschrift samt notariell beglaubigter Übersetzung und Apostille vorgelegt.
2.
Der Vollstreckbarerklärung stehen keine Versagungsgründe nach Maßgabe des Art. V UNÜ entgegen.
2.1.
Wegen der von der Antragsgegnerin geltend gemachten Versagungsgründe nach Art. V Abs. 1 UNÜ spricht nach Auffassung des Senats viel dafür, dass die Antragsgegnerin insoweit bereits präkludiert ist, weil sie von der Möglichkeit eines Aufhebungsverfahrens im Ursprungsland des Schiedsspruchs, also in Russland, keinen Gebrauch gemacht hat (für eine Präklusion OLG Karlsruhe SchiedsVZ 2006, 281, 282 f.; Adolphsen in Münch-Komm-ZPO, 3. Aufl. 2008, § 1061 Anh 1 UNÜ Art. V Rn. 12; Voit in Musielak, ZPO, 6. Aufl. 2008, § 1061 Rn. 20). Dies kann letztlich aber dahinstehen, weil Versagungsgründe iSd. Art. V Abs. 1 UNÜ von der Antragsgegnerin nicht bewiesen sind (dazu 3.).
2.2.
Ob eine Präklusion auch bzgl. der von Amts wegen zu berücksichtigenden Versagungsgründe des Art. V Abs. 2 UNÜ möglich ist, kann dahinstehen, weil auch solche nicht vorliegen (dazu 4.).
3.
Die Antragsgegnerin hat Versagungsgründe nach Art. V Abs. 1 UNÜ nicht bewiesen.
3.1.
Die Antragsgegnerin hat nicht bewiesen, dass ein Versagungsgrund nach Maßgabe von Art. V. Abs. 1 lit. e) UNÜ vorliegt. Vielmehr folgt aus § 44 Abs. 1 IHSG (Anlage K 19 in dem Parallelverfahren 25 Sch 8/08; die Schiedsordnung ist abgedruckt in der Beilage 1 zu Heft 2/2007 SchiedsVZ), dass der am 17.12.2007 erlassene Schiedsspruch ab dem Tage seines Erlasses endgültig und verbindlich ist. Die Antragsgegnerin hat zudem den ausländischen Schiedsspruch im Ursprungsland nicht angegriffen. Unabhängig davon, ob Art. 230 der Schiedsverfahrensordnung der Russischen Föderation (vgl. in dem Parallelverfahren 25 Sch 8/08 Anlage B 5 d. A.) oder Art. 34 des Gesetzes Nr. 5338-1 vom 14.8.1993 (vgl. in dem Parallelverfahren 25 Sch 8/08 Bl. 302) eingreift, ist jedenfalls mittlerweile die Frist hierfür verstrichen. Dass aber das ausländische Recht womöglich noch Anfechtungsmöglichkeiten eröffnen sollte, welche mit dem Aufhebungsantrag nach Maßgabe von § 1059 ZPO vergleichbar sind, steht der Annahme eines verbindlichen Schiedsspruchs im Sinne des Art. V. Abs. 1 lit. e) UNÜ ohnehin nicht entgegen (BGH NJW 1988, 3090, 3091; NJW 2007, 772, 774).
3.2.
Ebenso wenig hat die Antragsgegnerin den Beweis für das Vorliegen eines Versagungsgrundes im Sinne von Art. V. Abs. 1 lit. c) UNÜ erbracht. Denn sie hat nicht nachgewiesen, dass das Internationale Handelsschiedsgericht bei der Industrie- und Handelskammer der Russischen Föderation unzuständig war. Vielmehr folgt die Zuständigkeit daraus, dass der Liefervertrag vom 2. April 2004, auf welchen die Antragstellerin ihre Klage vor dem Schiedsgericht in Moskau stützte, den Passus enthält: "Alle Streitigkeiten und Meinungsverschiedenheiten, die bei der Erfüllung des Vertrages entstehen, unterliegen, unter Ausschluss des allgemeinen Gerichtsweges, dem Schiedsspruch der Internationalen Handels-Schiedskommission bei der Kammer für Handel und Industrie der Russischen Föderation auf Basis des dortigen Reglements." Zudem haben die Parteien russisches Recht vereinbart. Der einzelne Liefervertrag enthält überdies eigenständige Zahlungs- und Fälligkeitsregeln. Dieses Rechtsgeschäft ist von dem durch die Parteien im Jahr 2000 geschlossenen Exklusivvertrag zu unterscheiden, welcher die Rahmenbedingungen für ihre Zusammenarbeit festlegte und nicht nur die Geltung schweizerischen Rechts "für diesen Vertrag", sondern ausdrücklich auch den Abschluss separater Lieferverträge vorsah (in denen dann die Schiedsgerichtsvereinbarung nach Moskau getroffen wurde). Der Rahmenvertrag wurde 2004 geändert und 2006 mit folgendem Zusatz versehen: "Streitigkeiten...aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag...sind durch ein Schiedsverfahren gemäß der Internationalen Schiedsordnung der Schweizerischen Handelskammern zu entscheiden...Der Sitz des Schiedsverfahrens ist Zürich..." Dass damit die bereits getroffenen Vereinbarungen in den Lieferverträgen geändert werden sollten, lässt sich der Vereinbarung nicht entnehmen. Insbesondere folgt dies nicht aus den Worten "im Zusammenhang mit diesem Vertrag": "Dieser Vertrag" war 2006 geschlossen bzw. ergänzt worden, der Liefervertrag bereits 2004.
Im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf die überzeugenden Gründe sowohl des Schiedsspruchs selbst, dem sich (in Parallelverfahren) gleichermaßen das staatliche Schiedsgericht Moskau wie das Föderale Schiedsgericht des Bezirks Moskau angeschlossen haben, als auch auf die Begründung des vom Schiedsgericht der Züricher Handelskammer am 28.9.2007 erlassenen Schiedsspruchs, welchen das Schweizerische Bundesgericht bestätigt hat.
3.3.
Die Antragsgegnerin hat weiterhin nicht den Beweis dafür erbracht, dass ein Versagungsgrund im Sinne des Art. V. Abs. 1 lit. b) UNÜ vorliegt. Denn ein Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs wegen einer Unklarheit auf Seiten der Antragsgegnerin hinsichtlich der vom Schiedsgericht bejahten russischen Verhandlungssprache ist nicht ersichtlich. Aus § 23 Abs. 1 IHSG-Verfahrensordnung folgt eindeutig, dass mangels gesonderter Vereinbarung über die Sprache allein Russisch als Verhandlungssprache in Betracht kam. Selbst wenn man annehmen würde, dass die Antragsgegnerin dies nicht wissen musste, könnte ein Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs nicht angenommen werden, denn auf Antrag der Antragsgegnerin, der auf die Verfahrenssprache gestützt war, ist der Termin zur mündlichen Verhandlung verlegt worden. Zudem ist nicht ersichtlich, wie sich ein - unterstellter - Verfahrensfehler ausgewirkt haben soll. Das Vorbringen der Antragsgegnerin ist in russischer Sprache abgegeben und vom Schiedsgericht berücksichtigt worden.
3.4.
Die Antragsgegnerin hat ebenfalls nicht bewiesen, dass ein Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs und damit gegen Art. V. Abs. 1 lit. b) UNÜ daraus folgt, dass die Antragstellerin erst drei Tage vor der mündlichen Verhandlung einen Schriftsatz vor dem Schiedsgericht eingereicht habe, auf den die Antragsgegnerin nicht habe erwidern können. Nach dem Inhalt des Schiedsspruchs hat das Schiedsgericht diesen Schriftsatz nicht berücksichtigt. Den gegenteiligen Nachweis hat die Antragsgegnerin nicht erbracht; sie hat nicht einmal nachgewiesen, dass der Schriftsatz überhaupt neues tatsächliches Vorbringen enthielt.
4.
Die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs widerspricht nicht der deutschen öffentlichen Ordnung im Sinne von Art. V. Abs. 2 lit. b) UNÜ.
4.1.
Ein Verstoß gegen den ordre public international folgt nicht daraus, dass das russische Schiedsgericht eine Zwischenentscheidung über seine Zuständigkeit unterlassen und sogleich in der Sache entschieden hat. Dies gilt selbst für den Fall, dass eine derartige Zwischenentscheidung (wie laut § 2 Abs. 4 S. 2 IHSG-Verfahrensordnung) nach der Verfahrensordnung des Schiedsgerichts möglich ist. Der Weg, nicht durch Zwischenentscheid, sondern im Schiedsspruch über die Zuständigkeit und zugleich in der Sache zu entscheiden, widerspricht weder international kodifizierter Rechtsauffassung noch ist dies dem deutschen Recht fremd (vgl. BGH NJW 2007, 772, 775). Dann kann auch kein Widerspruch gegen den ordre public international bejaht und das Exequatur nicht aus diesem Grund versagt werden.
4.2.
Ferner begründet die Mitwirkung des Schiedsrichters A.A. K. keinen kausalen Verstoß gegen den (verfahrensrechtlichen) ordre public (international) im Sinne des Art. V. Abs. 2 lit. b) UNÜ. Die Befangenheit eines Schiedsrichters kann sich im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruches nur auswirken, wenn entweder die benachteiligte Partei nach dem maßgebenden ausländischen Recht ihretwegen die Aufhebung des Schiedsspruchs noch verlangen könnte (vgl. BGHZ 52, 184, 189) oder die Anerkennung des Schiedsspruchs ihretwegen zu einem Ergebnis führte, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist (BGH NJW-RR 2001, 1059, 1060). Letzteres ist zu verneinen, wenn die Befangenheit im Ursprungsstaat des Schiedsspruchs vor einem staatlichen Gericht geltend gemacht werden konnte, das im Wesentlichen nach den gleichen Grundsätzen entscheidet, die nach deutschem Recht für die Berücksichtigung der Befangenheit gelten (BGH NJW-RR 2001, 1059, 1060). Nur wenn dies nicht möglich war oder ohne Erfolg versucht worden ist, kann zur Prüfung gestellt werden, ob die Anerkennung des Schiedsspruchs aus diesem Grund zu einem Ergebnis führen würde, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist.
Darüber hinaus muss sich der in der Mitwirkung eines befangenen Schiedsrichters liegende Verstoß gegen das Gebot überparteilicher Rechtspflege im schiedsrichterlichen Verfahren konkret ausgewirkt haben; es muss nachgewiesen sein, dass der befangene Schiedsrichter gegenüber einer Partei voreingenommen war und sich bei seiner Entscheidung hiervon hat leiten lassen (BGH NJW-RR 2001, 1059, 1060; BGHZ 98, 70, 75 zu Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ). Dies gilt umso mehr, als die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs dem weniger strengen Regime des ordre public international unterliegt (vgl. BGHZ 98, 70, 73 f und 110, 104, 106 f).
Hiernach kann dahinstehen, ob der Umstand, dass der Schiedsrichter A.A.K. einen Vortrag auf einer Konferenz gehalten hat, die nach Aussage der Antragsgegnerin von den russischen Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in der Hauptsache finanziert oder wie diese einwendet, lediglich organisatorisch unterstützt worden ist, den Schluss auf eine nicht hinreichende Unparteilichkeit des Schiedsrichters A.A.K. begründet. Denn selbst bei Annahme seiner Befangenheit ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass sich der unterstellte Verstoß gegen das Gebot überparteilicher Rechtspflege im schiedsrichterlichen Verfahren konkret ausgewirkt hat. Es ist nicht erkennbar, dass der Schiedsrichter A.A.K. gegenüber einer Partei voreingenommen war und sich bei seiner Entscheidung hiervon hat leiten lassen.
4.3.
Schließlich kann auch dahin stehen, ob die Antragsgegnerin, wie von ihr behauptet, im Schiedsverfahren die Aufrechnung erklärt hat. Selbst wenn entgegen dem Inhalt des Schiedsspruchs unterstellt und davon ausgegangen wird, das russische Schiedsgericht habe die Aufrechnung aus unzulässigen Verfahrensgründen unter Hinweis darauf nicht berücksichtigt, dass jene nicht fristgerecht erklärt und ein erforderlicher Vorschuss nicht rechtzeitig gezahlt worden seien, begründet dies keinen kausalen Verstoß im Sinne des Art. V. Abs. 2 lit. b) UNÜ. Ob hierin ein Widerspruch zur Verfahrensordnung des russischen Schiedsgerichts liegt, kann dahinstehen. Jedenfalls fehlt es an einem kausalen Verfahrensverstoß. Denn kraft § 13 Abs. 1 IHSG konnte das russische Schiedsgericht die zur Aufrechnung gestellten Ansprüche ohnehin nicht berücksichtigen. Diese haben ihre Grundlage in den Exklusiv-Verträgen aus den Jahren 2000 und 2004 (ergänzt 2006), wonach sie der Schweizer Schiedsgerichtsbarkeit unterstehen. Mangels eines kausalen Verstoßes kann ebenso offen bleiben, ob die Nicht-Zulassung der Aufrechnung lediglich einen beweisbedürftigen und womöglich präkludierten Anerkennungsversagungsgrund nach Maßgabe von Art. V Abs. 1 lit. b) UNÜ oder darüber hinaus als etwaige Verletzung des rechtlichen Gehörs einen von Amts wegen zu prüfenden ordre public-Verstoß im Sinne des Art. V. Abs. 2 lit. b) UNÜ darstellt.
5.
Jedenfalls wegen der Schiedsbefangenheit kann die Antragsgegnerin im vorliegenden Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht mit behaupteten (keineswegs substanziiert dargelegten) Gegenansprüchen aus dem Rahmenvertrag aufrechnen (zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Aufrechnung bei nicht schiedsbefangener Gegenforderung: BGH SchiedsVZ 2008, 40, 43). Denn bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung ist die Schiedsbefangenheit der Gegenforderung nicht entfallen, da die Antragsgegnerin weder vorgetragen hat noch Hinweise darauf ersichtlich sind, dass das Schiedsverfahren in der Schweiz durchgeführt und mit einem abschließenden Schiedsspruch über den schiedsbefangenen Anspruch beendet worden ist (vgl. BGH NJW-RR 2008, 556, 557).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 1064 Abs. 2 ZPO, § 711 ZPO analog.
Summary
Higher Regional Court (OLG) Hamm, Decision of 28 November 2008 - 25 Sch 06/08
Declaration of enforceability of foreign (Russian) arbitral award
F a c t s:
In this and 3 related proceedings (see also 25 Sch 06/08, 25 Sch 07/08 and 25 Sch 08/08), the applicant requested the court to declare enforceable various arbitral awards rendered on 17 December 2007 by the International Commercial Arbitration Court of the Chamber of Industry and Commerce of the Russian Federation (ICAC), by which the defendant was ordered to pay to the applicant a certain amount plus costs of the arbitration (case 36/07).
The parties had concluded a framework agreement for their cooperation in 2000. Swiss law was to apply to "this agreement" and to supply contracts still to be concluded. The framework agreement was amended in 2004 and 2006 to include an arbitration clause referring all disputes out of or in connection with this agreement to arbitration under the Swiss International Arbitration Rules. The place of arbitration was to be Zurich, Switzerland.
In April 2004 the parties concluded a separate supply contract (the basis for the present dispute), which contained a clause referring disputes to arbitration under the ICAC Arbitration Rules. Russian law was to apply to the contract.
The arbitral tribunal constituted under the ICAC Arbitration Rules found that it was competent and issued an award on 12 Dec. 2007, ordering the defendant to pay to applicant 42,983.08 USD. The defendant did not pursue any legal recourse against the award in the country of origin.
In these enforcement proceedings the defendant alleged various grounds to refuse recognition and enforcement of the award(s). The following grounds were raised:
- the award was not final and binding in the sense of Art. V sub. 1 lit. e) New York Convention (NYC), since legal recourse before the state courts was available;
- the arbitral tribunal had erred in assuming that it was competent (Art. V sub. 1 lit. c) NYC;
- the right to be heard was violated (Art. V sub. 1 lit. b) NYC) since it had not been aware of the Russian language which had been decided to be the applicable language of the proceedings by the arbitral tribunal; furthermore it had not been given an opportunity to comment on a brief submitted by the applicant only 3 days prior to the oral hearing;
- enforcement of the award would violate German ordre public ( (Art. V sub. 2 lit. b) NYC) since the arbitral tribunal had not decided by an interim decision on its competence but had included it in its decision on the merits; furthermore, one of the arbitrators was biased, since he had participated as a speaker in a conference financed and organised by the applicant's Russian lawyers;
- the arbitral tribunal had refused to take into account set-off claims raised by the defendant arising out of the framework agreement.
The Higher Regional Court declared the award enforceable.
G r o u n d s:
The court considered that since the defendant had omitted to avail himself of the means of recourse against the award, he was most likely already precluded from relying on these grounds in the enforcement proceedings for that reason.
Furthermore, the grounds raised did not justify a refusal to recognize and enforce the award.
No ground to refuse enforcement pursuant to Art. V sub. 1 NYC was shown.
The award was final and binding for the purpose of Art. V sub. 1 lit. e) NYC. Irrespective of wehter Sec. 230 of the Arbitration Rules or Art. 34 of trhe (Russian) Arbitration Act applied, the award had become final after expiry of the period for filing appeals against the award.
Defendant had not shown that the ICAC arbitral tribunal was not competent, so that there was no ground to refuse recognition of the award pursuant to Art. V sub. 1 lit. c) NYC. On the contrary, the supply contract on which the applicant had based its claims specified that disputes were to tbe submitted to the International Commercial Arbitration Court at the Chamber of Industry and Commerce of the Russian Federation. In addition parties had agreed on Russian substantive law as applicable to the merits of the case and contained specific due dates and payment instructions. The supply contract was distinct from the framework agreement concluded in 2000, which provided explicitly for the conclusion of separate supply agreements. This framework agreement was amended in 2004 and 2006 to include an arbitration clause referring disputes to the Swiss International Arbitration Rules, however, without indicating that this amendment was to apply also to supply agreements already concluded (as was the case with the contracts relevant to the present matter). This argument had also been confirmed by the the arbitral tribunal, the Moscow state court and the arbitral award issued by the Zurich Chamber of Commerce issued on 28 Sep. 2007, subsequently confirmed by the Swiss Federal Tribunal.
The defendant had also not shown that a ground to refuse recognition pursuant to Art. V sub. 1 lit. b) NYC applied. The fact that there had been some confusion on the part of the defendant regarding the Russian language of procedure did not amount to a violation of the right to be heard. Section 23 of the ICAC Arbitration Rules specify that in the absence of a party agreement proceedings are to be conducted in Russian. Furthermore, it was not evident that such an - alleged -procedural defect had had an impact on the outcome of the proceeding. The oral hearing had been postponed due to the objection of the defendant based on the procedural language. The defendant had presented subsequently its arguments in Russian and the arbitral tribunal had taken these arguments into consideration.
Neither did the fact that the applicant had filed a brief only 3 days prior to the oral hearing (without the defendant being allowed to respond) violate the defendant's right to be heard. The arbitral tribunal had not taken the brief into consideration. It was not even clear that the brief had contained new factual allegations.
The enforcement of the award did not violate German public policy (Art. V sub. 2 lit. b) NYC.
The fact that the arbitral tribunal had not decided by separate interim decision on its competence did not violate public policy. This practice is not in violation of codified international legal opinion nor unknown to German arbitration law.
The objection based on the alleged bias of one of the arbitrators, A.A.K., also did not support a violation of the ordre public international. The alleged bias of an arbitrator can only be raised in the enforcement proceedings if the affected party could still raise the issue under the applicable arbitration law at the place of arbitration or if the recognition of the award would lead to a result patently incompatible with fundamental principles of German law.
Such was not the case in the present matter. Allegations of bias could have been raised before Russian courts which would have decided on materially the same grounds as a German court. There was no reason to assume that it had not been possible for the defendant to raise these grounds or that any attempt to do so would have been futile.
Furthermore, it had not been shown, even assuming that the participation of A.A.K. at the conference organised by the applicant's Russian lawyers would amount to bias, that such bias had affected the outcome of the proceedings.
Finally the fact that the arbitral tribunal had not taken into consideration the claims raised by the defendant in set-off also did not amount to a violation of due process, since these claims arose out of the framework agreement which were subject to a diffent arbitration agreement and therefore did not fall within the competence of the (Russian) arbitral tribunal.
On the basis of the above considerations, the request to enforce the awards was granted.