Gericht | OLG Rostock | Aktenzeichen | 1 Sch 01/02 | Datum | 30.01.2003 |
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Leitsatz | |||||
Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs 1. Ist in einer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Schiedsklausel die Person des (Einzel)Schiedsrichters bereits bestimmt, kann hierin eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners im Sinne des § 307 BGB n.F. nicht gesehen werden, da es dem Vertragspartner des Verwenders unbenommen bleibt, dieser Klausel zu widersprechen. 2. Für die Annahme, dass sich ein Verfahrensverstoß im Sinne des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 d ZPO (hier: Erlass eines Versäumnisschiedsspruchs ohne entsprechende Vereinbarung der Parteien) auf den Schiedsspruch "ausgewirkt" hat, genügt die bloße Möglichkeit, dass ohne den Verstoß anders entschieden worden wäre, nicht. Vielmehr muss das für den Aufhebungsantrag zuständige Gericht hierzu eine eigene Prognose treffen. 3. Ein Aufhebungsgrund kommt im Sinne des § 1063 Abs. 2 ZPO nur dann in Betracht, wenn er "begründet geltend gemacht" wird. (Leitsätze der Redaktion) | |||||
Rechtsvorschriften | § 331 ZPO, § 1029 Abs. 2 ZPO, § 1031 Abs. 3 ZPO, § 1048 Abs. 2 ZPO, § 1059 Abs. 2 Ziff. 1 d ZPO, § 1059 Abs. 3 ZPO, § 1060 Abs. 1 ZPO, § 1063 Abs. 2 ZPO § 305 c BGB, § 307 BGB | ||||
Fundstelle | |||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | Aufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerkl | ||||
Volltext | |||||
B E S C H L U S S Der Schiedsspruch des Dachdeckermeisters H. L. vom 24.11.2001 wird für vollstreckbar erklärt. Der Beschluß ist vorläufig vollstreckbar. Der Schiedsbeklagte trägt die Kosten des Verfahrens nach einem Wert von 518,81 €. G r ü n d e: I. Die Schiedsklägerin begehrt die Vollstreckbarerklärung für einen als "Versäumnisurteil" ergangenen Schiedsspruch des Dachdeckermeisters aus Rostock. Der Schiedsbeklagte wendet hiergegen ein, der Schiedsspruch sei ohne eine wirksame Schiedsvereinbarung ergangen und im übrigen nicht titulierungs- und vollstreckungsfähig. II. Der Antrag ist gemäß § 1060 Abs. 1 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig. Er ist auch begründet, weil im Ergebnis keine Aufhebungsgründe im Sinne von § 1059 Abs.2 ZPO vorliegen. 1. Der Senat ist gem. § 1062 Abs. 1 Ziffer 4 ZPO zur Entscheidung berufen, weil der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens (Rostock) in seinem Zuständigkeitsbereich liegt. 2. Zu Unrecht beruft sich der Schiedsbeklagte auf eine fehlende bzw. ungültige Schiedsvereinbarung (§ 1059 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO). a) Eine Schiedsvereinbarung ist in den schriftlichen Angeboten der Schiedsklägerin vom 12.03. und 05.04.2001 enthalten, in denen es jeweils abschließend heißt: "Schiedsgerichtsvereinbarung: Bei Streitigkeiten wird der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige der Handwerkskammer Rostock, zum Schiedsrichter bestellt." Unstreitig hat der Schiedsbeklagte diese beiden Angebote zumindest dadurch angenommen, daß er die angebotenen Werkleistungen der Schiedsklägerin entgegengenommen und Zahlungen auf deren Rechnungen vom 23.03.2001 und 05.04.2001 geleistet hat. b) Gemäß § 1029 Abs. 2 ZPO kann eine Schiedsvereinbarung auch in Form einer Klausel in einem Vertrag (sog. Schiedsklausel) geschlossen werden. Dabei muß die Schiedsvereinbarung in einem von den Parteien unterzeichneten Schriftstück oder in einem zwischen ihnen gewechselten Schreiben enthalten sein (§ 1031 Abs. 1 ZPO). Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn die Schiedsvereinbarung in einem von der einen Partei der anderen Partei übermittelten Schriftstück enthalten ist und der Inhalt dieses Schriftstücks im Fall eines nicht rechtzeitig erfolgten Widerspruchs nach der Verkehrssitte als Vertragsinhalt angesehen wird (§ 1031 Abs. 2 ZPO). So verhält es sich hier. Eine Schiedsgerichtsvereinbarung durch allgemeine Geschäftsbedingungen begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken; sie ist insbesondere auch nicht "überraschend" im Sinne von § 305c BGB n.F. (früher: § 3 ABGB), wie sich bereits aus § 1031 Abs.3 ZPO ergibt (vgl. auch Zöller/Geimer, ZPO, 23. Auflage, Rdz. 9 zu § 1031; ebenso Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Auflage Rdz. 143 zu § 307). Zudem handelt es sich bei dem Schiedsbeklagten ersichtlich nicht um einen "Verbraucher" im Sinne von § 1031 Abs.5 ZPO. c) Die Schiedsklausel ist im vorliegenden Fall nicht deshalb unwirksam, weil sie mit dem Dachdeckermeister bereits den Schiedsrichter benennt und damit dem anderen Teil jede Einflußmöglichkeit auf die Person des Schiedsrichters nimmt. Zwar unterliegen derartige Schiedsgerichtsvereinbarungen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB n.F.(früher: § 9 AGBG). Danach ist eine Schiedsklausel dann unwirksam, wenn sie dem Verwender bei der Zusammensetzung des Schiedsgerichts ein Übergewicht gibt, welches den Vertragspartner unangemessen benachteiligt (vgl. OLG Düsseldorf, NJW 1996, 400). Solches kann hier indes nicht festgestellt werden. Die Klausel verteilt nicht die Einflußmöglichkeiten bei der späteren Konstituierung des Schiedsgerichts zum Nachteil des anderen Teils, sondern bestimmt bereits die Person des Schiedsrichters für den Fall eines späteren schiedsgerichtlichen Verfahrens. In einem solchen Fall bleibt es dem Vertragspartner des Verwenders unbenommen, dieser Klausel mit dem darin genannten Schiedsrichter zu widersprechen. Wenn er von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch macht, trifft er selbst durch Hinnahme der Klausel eine eigene Entscheidung zur Bestellung dieses konkreten Schiedsrichters. Von einem Übergewicht des Verwenders kann unter solchen Umständen keine Rede sein (in diesem Sinne auch OLG Celle, OLG-Report 2000, 57/58). 3. Der Schiedsspruch selbst hätte vorliegend nicht in der Form eines Versäumnisurteils im Sinne von § 331 ZPO ergehen dürfen. a) Die Bestimmungen der ZPO zum schiedsgerichtlichen Verfahren sehen ein derartiges "Versäumnisurteil" oder einen Versäumnis-Schiedsspruch nicht vor. Die §§ 330 ff ZPO können im Schiedsverfahren mithin nur dann Anwendung finden, wenn dies die Parteien ausdrücklich vereinbart haben (vgl. Zöller/Geimer, a.a.O., Rdz. 5 zu § 1048). Die Möglichkeit hierzu gibt ihnen § 1048 Abs. 4 S. 2 ZPO. b) Eine derartige Vereinbarung ist hier nicht getroffen worden. Nach den deshalb anzuwendenden gesetzlichen Vorschriften hätte das Schiedsgericht kein Versäumnisurteil erlassen dürfen, sondern das Verfahren fortsetzen müssen, ohne die Säumnis des Schiedsbeklagten als solche als Zugeständnis der Behauptungen des Klägers zu behandeln (§ 1048 Abs. 2 ZPO). Dies ist nicht geschehen. c) Dieser Verstoß hat nicht zur Folge, daß das "Versäumnisurteil" vom 24.11.2001 von vornherein unwirksam ist. Ebenso wie bei Urteilen staatlicher Gerichte ist die Nichtigkeit im Interesse der Rechtssicherheit auf wenige, eng umgrenzte Extremfälle zu beschränken. Ein solcher ist hier nicht gegeben. Verfahrensfehler sind grundsätzlich im Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO oder im Verfahren zur Vollstreckbarerklärung nach § 1060 ZPO durch die davon betroffene Partei geltend zu machen und können unter den Voraussetzungen der §§ 1959 Abs. 2 Ziffer 1 d) 2. Alt., 1060 Abs. 2 S. 1 ZPO zur Aufhebung des Schiedsspruchs bzw. zur Versagung der Vollstreckbarkeit führen. 4. Indem der Schiedsrichter ohne entsprechende Grundlage einen Versäumnisschiedsspruch erlassen hat, hat das schiedsrichterliche Verfahren nicht den gesetzlichen Bestimmungen (§ 1048 Abs.2 ZPO) entsprochen. Gleichwohl steht dieser Umstand der beantragten Vollstreckbarerklärung nicht entgegen. a) Gemäß § 1059 Abs. 2 Ziffer 1 d) ZPO kann ein derartiger Verfahrensfehler nur dann zur Aufhebung des Schiedsspruchs führen, wenn anzunehmen ist, daß sich dieser auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat. Für eine derartige Annahme genügt die bloße Möglichkeit, daß ohne die Gesetzesverletzung in der Sache anders entschieden worden wäre, nicht. Vielmehr muß der Senat unter Berücksichtigung des gesamten Prozessstoffs einschließlich des Vorbringens der Parteien im Aufhebungsverfahren hierzu eine eigene Prognose treffen (vgl. Zöller/Geimer, a.a.O., Rdz. 44 zu § 1059). Der Senat geht unter Würdigung des bisherigen Vorbringens der Parteien und mangels anderer Anhaltspunkte davon aus, daß auch bei der gebotenen Fortsetzung des Schiedsverfahrens der Schiedsspruch zu einem späteren Zeitpunkt in gleicher Weise ergangen wäre. Die Stellungnahme des Schiedsbeklagten in dem vorliegenden Verfahren verhält sich zu dieser Frage nicht. Den beigezogenen Akten des Schiedsrichters ist zu entnehmen, daß sich der Schiedsbeklagte diesem gegenüber fernmündlich auf diverse, indes nicht näher bezeichnete Mängel der Werkleistungen der Schiedsklägerin berufen hat. In seinem Schreiben an den Schiedsrichter vom 13.11.2001, in welchem er im übrigen eine Stellungnahme ablehnt, heißt es zu eventuellen Mängeln lediglich, die von der Schiedsklägerin gedeckten Dächer seien "zu 30 % Schrott" und der Schiedsrichter solle der Schiedsklägerin erläutern, "wie man ein Dach ordentlich deckt". Der durch die behaupteten Werkmängel entstandene Schaden belaufe sich auf ca. 60.000,00 DM. Hierzu beruft sich der Schiedsbeklagte auf ein anderes, hier nicht betroffenes Bauvorhaben. Dieses Vorbringen erlaubt keine hinreichende Beurteilung der behaupteten Mängel, die der Schiedsbeklagte den streitigen Rechnungen der Schiedsklägerin entgegenhalten könnte. b) Zudem kann der festgestellte Verfahrensmangel nach § 1060 Abs. 2 S.3 ZPO im vorliegenden Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden. Nach der genannten Vorschrift sind Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs.2 Ziffer 1 ZPO dann nicht mehr zu berücksichtigen, wenn die in § 1059 Abs. 3 S. 1 ZPO genannte Frist von 3 Monaten ab Empfang des Schiedsspruchs abgelaufen ist, ohne daß die beschwerte Partei hiergegen einen Aufhebungsantrag nach § 1059 Abs.1 ZPO gestellt hat. So verhält es sich hier. Der Schiedsbeklagte hat gegen den ihm zeitnahe übermittelten Schiedsspruch vom 24.11.2001 bis zum 21.03.2002 (Antrag der Schiedsklägerin) keinen eigenen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs gestellt. 5. Entgegen der Auffassung des Schiedsbeklagten kann dem Schiedsspruch die Anerkennung auch nicht wegen fehlender Titulierungs- und Vollstreckungsfähigkeit versagt werden. Der Schiedsspruch enthält die Bezeichnungen der Parteien und den zu vollstreckenden Betrag. Daß in dem Rubrum die Anschriften der Parteien nicht aufgeführt sind, ist insoweit unschädlich. III. Der Senat hat gemäß § 1063 Abs. 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden. Die mündliche Verhandlung ist nur dann anzuordnen, wenn bei einem Antrag, auf Vollstreckbarerklärung Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 2P0 "in Betracht kommen" (§ 1063 Abs. 2 ZPO). Der Schiedsbeklagte hat hier den Aufhebungsgrund des § 1059 Abs.2 Ziffer 1 d) ZPO nicht im Sinne von § 1063 Abs. 2 ZPO "begründet geltend gemacht". Zudem kam dieser Aufhebungsgrund auch im Hinblick auf die Präklusionswirkung des § 1060 Abs. 2 S. 3 ZPO nicht in Betracht. IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 1 GKG und Nr. 1630 KV zu § 11 GKG. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 1064 Abs. 2 ZPO. Der Senat hat den Wert des Verfahrensgegenstandes gem. § 3 ZPO auf 518,81 € festgesetzt. Dies entspricht dem Wert des Schiedsspruchs. Zinsen und Kosten bleiben bei der Wertfestsetzung grundsätzlich außer Betracht {vgl. Zöller/Herget, a.a.O., Rdz.16 zu § 3 - schiedsrichterliches Verfahren). | |||||
Summary | |||||
Die Parteien hatten eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Schiedsklausel vereinbart, in der die Person des (Einzel)Schiedsrichters bereits bestimmt war. Aufgrund dieser Klausel erließ der Schiedsrichter ohne entsprechende Vereinbarung der Parteien einen Versäumnisschiedsspruch. Dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung gab der Senat statt. Nach Auffassung des Senats war die Schiedsgerichtsvereinbarung nicht "überraschend" im Sinne des § 305 c BGB, wie sich bereits aus § 1031 Abs. 3 ZPO ergebe. Des Weiteren stellt die Tatsache, dass die Person des (Einzel)Schiedsrichters bereits bestimmt war, nach seinem Dafürhalten keine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners im Sinne des § 307 BGB n.F. dar, weil es diesem unbenommen geblieben sei, der Schiedsklausel zu widersprechen (so auch OLG Celle OLG-Report 2000, 57,58). Das Schiedsgericht habe zwar im Hinblick auf § 1048 Abs. 2 ZPO einen Versäumnisschiedsspruch nicht erlassen dürfen. Hierin sah der Senat jedoch deshalb keinen Aufhebungsgrund, weil sich dieser Verfahrensfehler nach seinen Feststellungen nicht im Sinne des § 1059 Abs. 2 ZPO auf den Schiedsspruch ausgewirkt hatte. Darüber hinaus habe dieser Verfahrensmangel wegen Verstreichens der Dreimonatsfrist des § 1059 Abs. 3 Satz 1 ZPO gemäß § 1060 Abs. 2 Satz 3 ZPO ohnehin nicht mehr berücksichtigt werden können. Die Entscheidung des Senats erging ohne mündliche Verhandlung, da der Aufhebungsgrund des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 d ZPO seines Erachtens nicht im Sinne des § 1063 Abs. 2 ZPO "in Betracht kam", da er nicht begründet geltend gemacht worden sei. |