34 Sch 16/08


Gericht OLG München Aktenzeichen 34 Sch 16/08 Datum 07.02.2011
Leitsatz
Rechtsvorschriften
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
Stichworte
Volltext
B E S C H L U S S
I. Der Antrag der Antragstellerin, den in dem Schiedsverfahren zwischen der Antragsgegnerin als Schiedsklägerin und der Antragstellerin als Schiedsbeklagten am 7. August 2008 in München erlassenen Schiedsspruch in Ziffern 1 und 3 seines Tenors aufzuheben, wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
III. Der Streitwert beträgt 2.498.248,60 €.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die gerichtliche Aufhebung eines inländischen Schiedsspruchs. Im zugrunde liegenden Schiedsverfahren verlangte die Antragsgegnerin als Schiedsklägerin von der Antragstellerin als Schiedsbeklagten Schadensersatz aus einem Unternehmenskauf. Die Antragsgegnerin und ein weiteres Unternehmen hatten mit notariellem Kaufvertrag vom 26.11.2003 von der Antragstellerin den von dieser gehaltenen Geschäftsanteil an einer österreichischen GmbH erworben. Der Vertrag enthält unter VII. folgende Schiedsabrede:
Alle aus oder in Zusammenhang mit diesem Vertrag sich ergebenden Streitigkeiten werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges durch ein Schiedsgericht endgültig entschieden. Das Schiedsgericht entscheidet sowohl über die Gültigkeit und Auslegung dieses Vertrages wie auch dieser Schiedsklausel. Das Schiedsgericht entscheidet auch über etwa zur Aufrechnung gestellte Gegenforderungen, die mit der Hauptforderung in Zusammenhang stehen.
Das Schiedsgericht besteht aus zwei Schiedsrichtern und einem Obmann. …

Das Schiedsgericht entscheidet nach materiellem deutschem Recht und nach den Vorschriften der ZPO, soweit nicht in dieser Schiedsklausel etwas anderes bestimmt ist.
Sitz des Schiedsgerichtes ist München. …
Über die Kosten des Schiedsgerichtsverfahren(s) entscheidet das Schiedsgericht gemäß §§ 91 ff. ZPO, den Wert des Streitgegenstandes setzt das Schiedsgericht nach freiem Ermessen fest.
Ende 2005 hatte die Antragsgegnerin Schiedsklage erhoben und für sich und aus abgetretenem Recht für eine weitere Käuferin geltend gemacht, von der Antragstellerin arglistig getäuscht worden zu sein. Sie verlangte Schadensersatz in Höhe von 6.869.467,10 € nebst Zinsen und die Feststellung, dass die Schiedsbeklagte verpflichtet sei, weitere Schäden auszugleichen. Nach mündlicher Verhandlung und Beweisaufnahme erließ das Schiedsgericht am 7.8.2008 folgenden Schiedsspruch:
1. Die Schiedsbeklagte hat an die Schiedsklägerin 2.498.248,60 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 22.10.2005 zu bezahlen.
2. Im Übrigen wird die Schiedsklage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Schiedsverfahrens trägt die Klägerin 2/3, die Beklagte 1/3.
Wegen der Begründung des Schiedsspruchs wird auf den Beschluss des Senats vom 20.4.2009 (34 Sch 017/08, …), der im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung zwischen den Parteien umgekehrten Rubrums ergangen ist, Bezug genommen.
Unter dem 1.9.2008 hat die Antragstellerin gerichtliche Aufhebung des Schiedsspruchs beantragt. Wegen des mit ihrer Verteidigung im Verfahren 34 Sch 017/08 identischen Vorbringens wird wiederum auf den Beschluss vom 20.4.2009 (…) Bezug genommen.
Auf den Antrag der Antragsgegnerin vom 2.9.2008 hat der Senat mit Beschluss vom 20.4.2009 den Schiedsspruch in Ziffern 1 und 3 zugunsten der Antragsgegnerin für vollstreckbar erklärt. Die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde der Antragsstellerin hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 20.5.2010 als unzulässig verworfen (III ZB 46/09).
Mit Beschluss vom 17.12.2010 hat der Senat im gegenständlichen Verfahren die mündliche Verhandlung angeordnet.
Die Antragstellerin ist der Meinung, durch das Schiedsgericht mehrfach in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden zu sein. Das Schiedsgericht sei der ihm obliegenden Aufklärungs- und Ermittlungspflicht nicht nachgekommen. Der Senat setze die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Schiedsgericht fort, wenn er bei seiner Argumentation im Parallelverfahren 34 Sch 017/08 bleibe und "der Gehörsrüge nicht abhelfe". Es wird insoweit ergänzend Bezug genommen auf die Darstellung im Beschluss vom 20.4.2009 und den Schriftsatz vom 7.1.2011.
Die Antragstellerin beantragt, den Schiedsspruch vom 7.8.2008 in Ziffern 1 und aufzuheben, hilfsweise - für den Fall, dass ein teilweiser Aufhebungsantrag nicht zulässig sei - die vollständige Aufhebung.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie hält den Antrag gemäß § 1059 Abs. 3 Satz 4 ZPO für unzulässig.
Ergänzend wird auf die Sitzungsniederschrift vom 17.1.2011 Bezug genommen.
II.
Der Antrag, den Schiedsspruch aufzuheben, hat keinen Erfolg.
1. Das Oberlandesgericht München ist zuständig (§ 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 ZPO i. V. m. § 8 Gerichtliche Zuständigkeitsverordnung Justiz vom 16.11.2004 GVBl S. 471), weil das Schiedsverfahren in Bayern geführt wurde.
2. Der Aufhebungsantrag ist unzulässig (Reichold in Thomas/Putzo ZPO 31. Aufl. § 1059 Rn. 5). Er kann nämlich nicht mehr gestellt werden, wenn der Schiedsspruch von einem deutschen Gericht rechtskräftig für vollstreckbar erklärt worden ist (§ 1059 Abs. 3 Satz 4 ZPO; vgl. Reichold in Thomas/Putzo § 1059 Rn. 5; Zöller/Geimer ZPO 28. Aufl. § 1059 Rn. 78; Musielak/Voit ZPO 7. Aufl. § 1059 Rn. 33). Die Entscheidung des Senats vom 20.4.2009 zur Vollstreckbarerklärung ist mit Verwerfung der Rechtsbeschwerde seit 20.5.2010, und damit auch zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung, rechtskräftig. Im Übrigen hat der Gesetzgeber etwa für nach Ablauf der Frist des § 1059 Abs. 3 Satz 1 ZPO bekannt gewordene Aufhebungsgründe, auch Restitutionsgründe, das Schadensersatzrecht als Ausweg gesehen (vgl. BT-Drucks. 13/5274, S. 60). Etwas anderes kann auch für die Präklusion nach § 1054 Abs. 3 Satz 4 ZPO nicht gelten. Dies folgt bereits aus der Rechtskraft des die Vollstreckbarkeit erklärenden Beschlusses, weshalb in der Literatur auch vertreten wird, dass es der ausdrücklichen Vorschrift des § 1059 Abs. 3 Satz 4 ZPO gar nicht bedurft hätte (vgl. z.B. Münchener Kommentar/Münch ZPO 3. Aufl. § 1059 Rn. 69).
Demgemäß scheidet auch eine weitere Aussetzung des Verfahrens aus. Das Bezugsverfahren, das für das Aufhebungsverfahren vorgreiflich war, ist rechtskräftig abgeschlossen (34 Sch 017/08). Eine Aussetzung gemäß § 149 ZPO im Hinblick auf das von der Antragstellerin angesprochene strafrechtliche Ermittlungsverfahren kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil dessen Ergebnis keinen unmittelbaren rechtlichen Einfluss auf das Aufhebungsverfahren haben kann. Denn der Aufhebung steht spiegelbildlich die rechtskräftige Vollstreckbarerklärung entgegen, wobei an dieser Stelle nicht zu prüfen ist, ob gegen den Senatsbeschluss ein Wiederaufnahmeverfahren überhaupt zulässig wäre oder allenfalls Schadenersatzansprüche in Betracht kommen könnten (vgl. BT-Drucks. 13/5274, S. 60).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; der Streitwert bemisst sich nach dem Wert (des Teils) des Schiedsspruchs, dessen Aufhebung begehrt wird.
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