Gericht | OLG München | Aktenzeichen | 34 Sch 20/16 | Datum | 09.01.2017 |
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Leitsatz | |||||
1. Den Parteien ist im schiedsrichterlichen Verfahren rechtliches Gehör in wesentlich gleichem Umfang zu gewähren wie vor staatlichen Gerichten. Die DIS-Schiedsgerichtsordnung statuiert keine die Schutzwirkung des Art. 103 Abs. 1 GG übersteigenden Pflichten. (amtlicher Leitsatz) 2. Zur Überprüfung geltend gemachter Aufhebungsgründe wegen der schiedsrichterlichen Behandlung einer Parteirüge zum erstellten Verhandlungsprotokoll, wonach die Angaben eines einvernommenen Zeugen lückenhaft dokumentiert worden seien, ferner wegen Zugrundelegung von Sachvortrag als unstreitig. (amtlicher Leitsatz) 3. Soweit formale Verstöße bei der nach § 29 DIS-SchO erforderlichen Protokollierung vorliegen, bleibt deren Verletzung als solche sanktionslos. | |||||
Rechtsvorschriften | §§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. b, 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d, 1060 Abs. 1 ZPO | ||||
Fundstelle | |||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruches; Einschränkung der Angriffs- und Verteidigungsmittel; rechtliches Gehör; Verstoß gegen Schiedsordnung; Behandlung von Sachvortrag als unstreitig; Verhandlungsprotoko | ||||
Volltext | |||||
BESCHLUSS I. Das aus der Einzelrichterin Dr. H bestehende Schiedsgericht der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. erließ in dem zwischen der Antragstellerin als Schiedsklägerin und der Antragsgegnerin als Schiedsbeklagter geführten Schiedsverfahren am 5. Juli 2016 in München folgenden Schlussschiedsspruch: 1. Die Schiedsbeklagte wird verurteilt, an die Schiedsklägerin einen Betrag in Höhe von EUR I zuzüglich Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR J seit dem 15.09.2013, aus EUR K seit dem 15.10.2013 und aus EUR L seit dem 20.07.2014 zu zahlen. 2. Die Schiedsbeklagte wird verurteilt, an die Schiedsklägerin als Kosten des schiedsrichterlichen Verfahrens einen Betrag in Höhe von EUR M und einen weiteren Betrag in Höhe von EUR N zu zahlen. II. Dieser Schiedsspruch wird für vollstreckbar erklärt. III. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens. IV. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar. V. Der Streitwert wird auf 235.751 € festgesetzt. Gründe: I. 1. Die Parteien, zwei Handelsgesellschaften, streiten über Forderungen aus einem Lizenzvertrag. Die Antragstellerin (Schiedsklägerin) stellt u. a. Automaten und Zubehör für die Überprüfung von Halbleitern auf ihre Funktionsfähigkeit sowie von Automaten im Bereich der Sortierung von Halbleiterbauelementen her. Sie ist Erfinderin einer Vorrichtung und eines Verfahrens zur Ausrichtung einer Mehrzahl singulierter Halbleiterbauelemente in Aufnahmetaschen eines plattenartigen Klemmträgers, den sogenannten InCarriern. Für diese Vorrichtung sowie das Verfahren verfügt die Antragstellerin über mehrere Patente. Die Antragsgegnerin entwickelte und verkaufte sogenannte InCarrier-Gurter, die dazu bestimmt sind, InCarrier zu be- und entladen. Mit Lizenzvertrag (LV) vom 21./30.4.2011 stellte die Antragstellerin der Antragsgegnerin ein bestimmtes Know-How zur Verfügung und erteilte ihr Lizenzen. § 3 enthält folgende Regelung zur Vergütung: Für jeden InCarrier-Gurter, den (die Antragsgegnerin) in Ausübung der Lizenz hergestellt und verkauft hat, zahlt (die Antragsgegnerin) an (die Antragstellerin) eine Lizenzgebühr. Lizenzgebühren sind einmalig pro Gurter zu zahlen. a. Die Lizenzgebühren sind in einer separaten Übersicht in Anlage 2 detailliert … Die Antragstellerin stellte mit zwei Rechnungen vom 14.8.2013 und einer weiteren vom 3.7.2014 Lizenzgebühren für 16 InCarrier-Gurter in Höhe von insgesamt P € in Rechnung. Aufgrund eines bereits vorab geschlossenen Vergleichs zahlte die Antragsgegnerin im Jahr 2015 der Antragstellerin einen Betrag von Q €. Mit der Schiedsklage zum nach § 9 LV vereinbarten DIS-Schiedsgericht (Einzelschiedsrichter) begehrte die Antragstellerin die restlichen R € als Lizenzgebühren. Das Schiedsgericht hat am 10.3.2016 mündlich verhandelt und Zeugen vernommen. Über die Erörterung der Sach- und Rechtslage ist folgendes protokolliert (Anlage R 2, Seite 3 oben): Im Zuge der Erörterung signalisierte die Schiedsbeklagte, dass außer den streitgegenständlichen 16 Modulen wohl keine weiteren Module verkauft wurden, wobei sie sich nicht exakt festlegen will. Mit Schriftsatz vom 15.4.2016 (Anlage R 1) beharrte die Schiedsbeklagte darauf, Schutzrechte nicht verletzt, außerdem bereits eine Zahlung von Q € geleistet zu haben. Des Weiteren beanstandete sie (Seite 5), dass in der Sitzungsniederschrift die Aussage des Zeugen R unvollständig aufgenommen sei. Es fehle dessen Angabe, dass eine Lizenzpflicht nur anzunehmen sei, soweit Anlagen als InCarrier-Gurter fungieren, so dass für den Umfang der Lizenzpflicht die Gesamtzahl der mit InCarrier- Modulen betriebenen Anlagen maßgeblich sei. Darauf gestützt rechnete sie vor (Seite 6), dass bei insgesamt 26 gelieferten Anlagen, von denen nach ihren Recherchen lediglich 10 Gurter mit InCarrier-Zuführung arbeiten, und entrichteten Lizenzgebühren für 8 Anlagen nur noch maximal zwei weitere Gebühren abzüglich der Vergleichszahlung beansprucht werden könnten. Anlagen mit einer Anlagennummer höher als G 46 habe sie ohnehin nicht geliefert, weshalb die Rechnung vom 3.7.2014 angesichts der dort bezeichneten Anlagennummern G 46 bis G 50 zu kürzen sei. Außerdem seien die gelieferten Anlagen G 32 bis G 37 nicht mit InCarrier-Gurtern ausgestattet worden. Mit weiterem Schriftsatz vom 13.5.2016 (Anlage AS 2) führte die Schiedsbeklagte ergänzend und hilfsweise berichtigend aus, dass nach aktuell beim Lieferempfänger durchgeführter Bestandsaufnahme insgesamt nur 15 Anlagen gemäß konkretisierender Aufstellung als InCarrier-Gurter anzusehen seien. Das Schiedsgericht übersandte am 1.7.2016 den Verfahrensbeteiligten ein ergänztes Protokoll (Anlage R 4), das den Ergänzungsantrag der Schiedsbeklagten vom 15.4.2016 und die widersprechende Stellungnahme der Schiedsklägerin vom 22.6.2016 (R 3) wiedergibt und hierzu ausführt, die Schiedsrichterin könne die vorgeschlagene Ergänzung auch unter Rückgriff auf ihre eigenen Notizen „insbesondere nicht in dieser Detailtiefe“ bestätigen. Am 5.7.2016 erließ das Schiedsgericht in München folgenden Schiedsspruch: 1. Die Schiedsbeklagte wird verurteilt, an die Schiedsklägerin einen Betrag in Höhe von EUR I zuzüglich Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR J seit dem 15.09.2013, aus EUR K seit dem 15.10.2013 und aus EUR L seit dem 20.07.2014 zu zahlen. 2. Die Schiedsbeklagte wird verurteilt, an die Schiedsklägerin als Kosten des schiedsrichterlichen Verfahrens einen Betrag in Höhe von EUR M und einen weiteren Betrag in Höhe von EUR N zu zahlen. Nach Darstellung des Verfahrensgangs unter Auflistung der von den Parteien eingereichten Schriftsätze nach Datum und stichpunktartiger Wiedergabe ihres Gegenstands (Rn. 8 bis 22 des Schiedsspruchs – SSp), führte das Schiedsgericht zum unstreitigen Sachverhalt aus (SSp. Rn. 35): Die Schiedsklägerin stellte der Schiedsbeklagten insgesamt Lizenzgebühren für 16 InCarrier Gurter in Rechnung …. Die InCarrier Gurter sind in den Rechnungen als G29, G30, G31, G38, G39, G40, G41, G42, G43, G44, G45, G46, G47, G48, G49, G50 bezeichnet. Diese InCarrier Gurter hat die Schiedsbeklagte an die Firma S geliefert. Bei der Würdigung der zum richtigen Verständnis der Lizenzvergütungsvereinbarung vernommenen Zeugen stellte es u. a. auf die Aussage des Zeugen Q ab (SSp. Rn. 56). Dieser habe bestätigt, dass jedes Inverkehrbringen eines neuen Moduls mit Lizenzgebühren belegt sein soll. Die Höhe der geschuldeten Lizenzgebühren begründete es wie folgt (SSp. Rn. 61 f.): Die Schiedsbeklagte (gemeint: Schiedsklägerin) hat einen Anspruch auf Zahlung von Lizenzgebühren für 16 Lizenzen … Zwischen den Parteien war zunächst streitig, wie viele InCarrier Gurter … geliefert wurden. Auch hat die Schiedsbeklagte unterschiedlich schriftsätzlich vorgetragen, wie viele InCarrier Gurter in Verkehr gebracht worden seien. In der mündlichen Verhandlung bestätigte die Schiedsbeklagte auf Frage des Schiedsgerichts, dass 16 Module verkauft wurden. Sie konnte keine definitiven Angaben dazu machen, ob weitere Module verkauft wurden. 2. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 2.8.2016 unter Vorlage des Schiedsspruchs in anwaltlich beglaubigter Abschrift um dessen Vollstreckbarerklärung nachgesucht. Dem hat sich die Antragsgegnerin widersetzt. Sie ist der Ansicht, zu ihren Lasten sei gegen das Gebot rechtlichen Gehörs verstoßen worden. a) Die Schiedsrichterin habe streitentscheidenden Sachvortrag ignoriert und bestrittenen Vortrag als unstreitig der Entscheidung zugrunde gelegt, indem es die Lieferung von 16 InCarrierGurtern (bezeichnet in den Rechnungen als G 29 – G 31, G 38 – G 50) als unstreitig behandelt habe (SSp. Rn. 35). Gerade dies habe sie, die Antragsgegnerin, jedoch bestritten. Sie habe ihrerseits dargelegt, für welche Anlagen überhaupt Lizenzgebühren geltend gemacht werden könnten (Anlage R 1), und ausdrücklich bestritten, überhaupt Module geliefert zu haben, die in der Summe die Lizenzforderung begründen könnten (Anlage AS 2). Diesen Vortrag habe das Schiedsgericht ebenso ignoriert wie das Vorbringen, keine Anlagen mit einer Nummer nach G 46 geliefert und die Anlagen G 32 bis G 37 nicht mit InCarrier-Gurtern ausgestattet zu haben. Die bei der Firma S, der einzigen Kundin der Antragsgegnerin, befindlichen Anlagen könnten sowohl mit als auch ohne Gurter der beschriebenen Technologie betrieben werden. Eine Lizenzpflicht könnten nur solche Anlagen auslösen, in denen ein InCarrier Modul eingesetzt sei. Dabei seien die Module zwischen den Anlagen austauschbar. Indem das Schiedsgericht jedes Inverkehrbringen eines neuen Moduls als entgeltpflichtig angesehen habe, habe es außerdem – so wörtlich – gegen das „Prinzip des notwendigen Parteivorbringens“ verstoßen. Das gesamte Vorbringen der Schiedsklage habe sich nämlich ausschließlich auf die Behauptung bezogen, die in den Rechnungen benannten Anlagen würden eine Lizenzpflicht auslösen. Ob und welche Module geliefert worden seien, habe die Antragstellerin hingegen nicht vorgetragen. b) Das Schiedsgericht habe im Zuge der Ergänzung des offensichtlich lückenhaften Verhandlungsprotokolls vom 10.3.2016 den tatsächlichen Inhalt der Zeugenaussage Q trotz seiner wesentlichen Bedeutung nicht – ggfls. durch erneute Zeugenvernehmung – aufgeklärt. Infolgedessen habe es im Schiedsspruch (insbesondere unter Rn. 56) den nicht protokollierten Teil der Aussage unberücksichtigt gelassen. 3. Die Antragstellerin hält das Vorbringen der Antragsgegnerin bereits für präkludiert (§ 1027 ZPO); während des Schiedsverfahrens sei zu keiner Zeit die Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt worden. Außerdem sei die Anzahl der gelieferten InCarrier- Gurter und damit die Höhe der Lizenzforderung in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt worden. Soweit die Antragsgegnerin – in der Sache unzutreffend – die Unvollständigkeit des Protokolls rüge, sei auf die die Stellungnahmen der Parteien berücksichtigende Ergänzung zu verweisen. Das Schiedsgericht habe kein Verteidigungsmittel der Antragsgegnerin übergangen, denn diese habe eine nochmalige Zeugenvernehmung nicht beantragt. Unabhängig davon fehle es an Vortrag dazu, was sich aus der Zeugenaussage hätte ergeben sollen und wie die Entscheidung deshalb bei Berücksichtigung ausgefallen wäre. 4. Der Senat hat am 14.10.2016 die mündliche Verhandlung angeordnet (§ 1063 Abs. 2 ZPO) und diese am 21.11.2016 durchgeführt. Auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 24/26 d. A.) wird verwiesen. Zum Parteivorbringen wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. II. Dem Antrag ist stattzugeben. 1. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München folgt aus § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5, § 1043 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 7 GZVJu vom 11.6.2012 (GVBl S. 295). 2. Die formellen Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung sind bei dem in anwaltlicher Beglaubigung vorgelegten Schiedsspruch (§ 1064 Abs. 1 ZPO), der den gesetzlichen Anforderungen des § 1054 ZPO genügt, erfüllt 3. Der Schiedsspruch ist für vollstreckbar zu erklären, weil Aufhebungsgründe gemäß § 1059 Abs. 2 ZPO nicht begründet geltend gemacht sind (Nr. 1) und, soweit sie von Amts wegen zu berücksichtigen sind (Nr. 2), nicht vorliegen (§ 1060 Abs. 1 und 2 ZPO). a) Gegen das Gebot rechtlichen Gehörs wurde nicht verstoßen. aa) Ob dessen Verletzung nur wegen begründeter Geltendmachung des in § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZPO bezeichneten Aufhebungsgrundes oder schon wegen des amtswegig zu berücksichtigenden verfahrensrechtlichen ordre public gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO beachtlich ist, kann auf sich beruhen. Denn zu einer unterschiedlichen Beurteilung führt dies hier nicht. bb) Gemäß § 1042 Abs. 1 Satz 2 ZPO und § 26.1 Satz 2 DIS-SchO ist den Parteien im schiedsrichterlichen Verfahren rechtliches Gehör in wesentlich gleichem Umfang wie vor staatlichen Gerichten zu gewähren (vgl. nur BGHZ 96, 40/47 f.). Nach Art. 103 Abs. 1 GG haben die Parteien Anspruch darauf, dass ihre Ausführungen von den Schiedsrichtern zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen werden (BVerfGE 42, 364/367 f.; BVerfG WM 2012, 492; BGH a. a. O.), soweit das Vorbringen nicht nach den Prozessvorschriften ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann (BVerfGE 50, 32/35 f.; 60, 147; 70, 288/294). Allerdings sind auch die Schiedsgerichte – wie die staatlichen Gerichte – nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Schiedsgerichte entgegengenommenes Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Gegebenenfalls kommt es darauf an, ob dem Gesamtzusammenhang des Urteils unter Zugrundelegung der Rechtsanschauung des urteilenden (Schieds-)Gerichts entnommen werden kann, dass es das Vorbringen zwar erwogen, aber als unwesentlich beurteilt hat (BVerfGE 86, 133/146; BVerfG NJW 1999, 1387/1388; Sandrock BB 2001, 2173/2176). Dieser Maßstab gilt auch im Hinblick auf die hier vereinbarte schiedsgerichtliche Verfahrensordnung. Die DIS-SchO statuiert keine die Schutzwirkung des Art. 103 Abs. 1 GG übersteigenden Pflichten (vgl. § 26 DIS-SchO; Haller in Nedden/Herzberg ICC-SchO/DIS-SchO Rn. 13 und 20 zu § 26 DIS-SchO). cc) Das Schiedsgericht hat die als übergangen gerügten Schriftsätze der Antragsgegnerin vom 15.4. und 13.5.2016 bei der Darstellung des Verfahrensgangs ausdrücklich erwähnt. Aus der Kurzangabe zum Inhalt geht zudem hervor, dass es die Schriftsätze inhaltlich zur Kenntnis genommen hat (Ssp. Rn. 17 und 19). Dass es die Lieferung von 16 InCarrier-Gurtern von der Antragsgegnerin an die Fa. S nach dem Inhalt der mündlichen Verhandlung für unstreitig angesehen (Ssp. Rn. 62) und das Vorbringen in den nachgereichten Schriftsätzen nicht als nachträgliches Bestreiten und demzufolge nicht als entscheidungserhebliches Vorbringen gewertet hat, stellt keinen Verstoß gegen das rechtliche Gehör dar. (1) Die Antragsgegnerin behauptet selbst nicht, dass ihre Einlassung in der im Schiedsverfahren durchgeführten mündlichen Verhandlung unzutreffend protokolliert worden sei. Mit ihrem Antrag auf Protokollberichtigung hat sie diesen Teil der Niederschrift auch im Schiedsverfahren nicht beanstandet. Sollte die Antragsgegnerin ihre festgehaltene Äußerung als (so) nicht gefallen bestreiten oder als anders verstanden wissen wollen, wäre es an ihr gewesen, sich mit dem Antrag auf Protokollberichtigung auch zu dieser Passage zu erklären oder aber nun klar zu stellen, dass sie ihr früheres Bestreiten nicht aufgegeben habe. (2) Mit den Schriftsätzen vom 15.4. und 13.5.2016 hat sie zwar geltend gemacht, dass nach den angestellten Recherchen aktuell lediglich 10 bzw. 15 Gurter mit InCarrier- Zuführung arbeiteten und – nach der insoweit nicht protokollierten Aussage des Zeugen Q – eine Lizenzpflicht nur bestehe, soweit Anlagen als InCarrier-Gurter fungierten. Daraus musste die Schiedsrichterin aber unter dem Gesichtspunkt rechtlichen Gehörs nicht zwingend den Schluss ziehen, die in der mündlichen Verhandlung zugestandene Tatsache, (mindestens) im klagegegenständlichen Umfang (16 Stück) InCarrier-Gurter geliefert zu haben, bestreiten zu wollen. Die Schriftsätze vom 15.4. und 13.5.2016 decken zudem die Behauptung der Antragsgegnerin nicht ab, sie habe ausdrücklich die Lieferung einer Anzahl von Modulen bestritten, die in der Summe die Lizenzforderung begründen könnten. Ihre Ausführungen betreffen differierende Ergebnisse aktueller Bestandsaufnahmen, nicht jedoch den zurückliegenden Lieferumfang. Es stellt keine Verletzung rechtlichen Gehörs dar, wenn das Schiedsgericht in den Angaben zu Recherchen über den aktuellen Einsatz bei der Fa. S keinen Widerruf der protokollierten Äußerung über den Lieferungsumfang sieht. Ob eine andere Würdigung möglich erschiene, bedarf wegen des Verbots der „revision au fond“ keiner Vertiefung. (3) Ein nachträgliches Bestreiten ergibt sich auch nicht daraus, dass die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 15.4.2016 zu den Anlagen G 32 bis G 37 ausführte, diese seien nicht mit InCarrier-Gurtern ausgestattet gewesen. Diese Anlagen waren ohnehin nicht berechnet (SSp. Rn. 35). (4) Auch das Vorbringen der Antragsgegnerin, sie habe keine Anlagen mit Nummern höher als G 46 an die Fa. S geliefert, zwang unter Gehörsgesichtspunkten nicht dazu, den Lieferumfang an lizenzpflichtigen Modulen als bestritten anzusehen. Die Antragsgegnerin führte nämlich zugleich aus, dass die von der Antragstellerin gewählte Abrechnungsweise durch Bezeichnung der bei der Fa. S geführten Anlagennummern wenig sachdienlich sei, weil es der Fa. S überlassen sei, ob und bei welchen Anlagen sie die gelieferten Module einsetze oder austausche. (5) Die Würdigung des Vorbringens dahingehend, die Antragsgegnerin habe den Verkauf der streitgegenständlichen 16 Module unstreitig gestellt und dies nicht nachträglich widerrufen, ist deshalb unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs nicht zu beanstanden. Die von der Antragsgegnerin behauptete Zahlung für acht Lizenzen hat das Schiedsgericht bei der Bemessung der deshalb geschuldeten Vergütung - unangegriffen - als nicht erwiesen angesehen. dd) Soweit die Antragsgegnerin rügt, das Schiedsgericht habe die Aussage des Zeugen Q unvollständig protokolliert und deshalb bei der Entscheidung einen wesentlichen Gesichtspunkt übergangen, ist ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör ebenfalls nicht festzustellen. Soweit es sich um formale Verstöße bei der nach § 29 DIS-SchO erforderlichen Protokollierung handelt, bleibt deren Verletzung als solche sanktionslos (vgl. Stumpe/Haller § 29 DIS-SchO Rn. 11). Im Übrigen hat das Schiedsgericht die Behauptung, es sei unvollständig protokolliert worden, in einem ergänzten Protokoll festgehalten. Dass es die Rüge nicht zur Kenntnis genommen hätte, kann daher ausgeschlossen werden. Dass der Zeuge die behauptete, nicht protokollierte Angabe tatsächlich gemacht hat, ist allerdings streitig geblieben und nicht unter Beweis gestellt. Schon deshalb kann nicht festgestellt werden, dass das Schiedsgericht bei der Entscheidung erheblichen Prozessstoff außer Acht gelassen hat. Ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör liegt auch nicht darin, dass das Schiedsgericht den Zeugen nicht erneut einvernommen hat. Die Antragsgegnerin hat im Schiedsverfahren weder eine erneute Zeugenvernehmung beantragt noch sonst Beweis für den Inhalt der – angeblich – gemachten Aussage angetreten. Entsprechende Verteidigungsmittel hat das Schiedsgericht deshalb nicht übergangen. Dass das Schiedsgericht seiner Überzeugungsbildung über das zutreffende Verständnis der Vergütungsvereinbarung die insoweit streitig gebliebene Behauptung über den Inhalt der Zeugenaussage nicht zugrunde gelegt hat (Ssp. Rn. 56), verletzt den Anspruch auf rechtliches Gehör nicht. Die von den Parteien vereinbarte Verfahrensordnung statuiert zwar nicht die Parteimaxime, sondern gemäß § 27.1 DIS-SchO einen beschränkten Untersuchungsgrundsatz, dessen Anwendung im Ermessen des Schiedsgerichts steht. Dass das Schiedsgericht sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt und deshalb gegen das rechtliche Gehör verstoßen hätte, indem es den Zeugen Q nicht von Amts wegen erneut einvernommen hat, ist jedoch nicht ersichtlich. Deshalb ist auch ein Verstoß gegen das vereinbarte Verfahren, § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO, unabhängig von der Frage der hinreichenden Geltendmachung, nicht gegeben. b) Auch sonstige Verstöße der in § 1059 Abs. 2 ZPO enumerativ aufgezählten Art liegen nicht vor. Das Schiedsgericht hat weder die ihm schiedsvertraglich eingeräumte Entscheidungskompetenz überschritten noch sonst ultra petita (vgl. § 308 Abs. 1 ZPO) gehandelt, also die durch die Parteianträge und den zu ihrer Begründung vorgetragenen Sachverhalt gesetzten Grenzen verletzt. Die Behauptung, das Schiedsgericht habe eine Vergütungspflicht für gelieferte Module zugesprochen, obwohl die Antragstellerin nicht vorgetragen habe, ob und welche Module geliefert worden seien, geht schon im Tatsächlichen fehl, weil der Lieferumfang – aus der nicht zu beanstandenden Sicht des Schiedsgerichts (siehe zu a)) – im Verfahren unstreitig gestellt worden ist. Daher liegen weder ein Verstoß gegen § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c ZPO – unabhängig davon, ob er hinreichend geltend gemacht worden ist (vgl. BGH NJW 2001, 373) – noch eine Verletzung des verfahrensrechtlichen ordre public wegen Überschreitens des dem Schiedsgericht zur Entscheidung unterbreiteten Streitstoffs (vgl. OLG Köln SchiedsVZ 2012, 161) vor. 4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nach § 1064 Abs. 2 ZPO anzuordnen. Der Streitwert entspricht dem Wert der mit dem Schiedsspruch zuerkannten Zahlungsansprüche (Hauptsache und Kosten). | |||||
Summary | |||||
The applicant asked the Higher Regional Court of Munich for a declaration of enforceability of an arbitral award. The court declared the award enforceable. The party opposing the application was of the opinion that the arbitral tribunal had violated its right to be heard. However, the court found that the right to a fair hearing of the party opposing the application had not been infringed. Pursuant to section 1042 subsec. 1 sentence 2 of the German Code of Civil Procedure (ZPO) and section 26.1 sentence 2 of the DIS Arbitration Rules, the parties in arbitral proceedings are to be granted a fair hearing to the same extent as in state courts. Pursuant to Article 103 subsec. 1 of the German Basic Law (GG), the parties are entitled to have their observations taken into account and considered by the arbitrators insofar as the submissions do not have to or cannot exceptionally be disregarded under the law. However, arbitral tribunals - like the state courts - are not obliged to expressly deal with every submission in the grounds for the decision. Rather, it is generally to be assumed that the arbitral tribunals have taken note of and taken into consideration the submissions received from the parties. If necessary, it depends on whether it can be inferred from the overall context of the judgment, on the basis of the legal reasoning of the judging (arbitral) tribunal, that it considered the submissions but found them to be immaterial. The court held that this standard also applied with regard to the arbitration rules agreed upon by the parties. In particular, that the DIS Arbitration Rules do not lay down any obligations exceeding the protective effect of Art. 103 subsec. 1 GG. The arbitral tribunal had expressly mentioned the submissions of the party opposing the application, which were criticised as having been ignored, in the description of the course of proceedings. In addition, it became clear from it that it had taken note of the contents of the pleadings. The fact that it regarded the delivery of the goods from the party opposing the application as undisputed according to the content of the oral hearing and did not consider the submissions in the subsequent pleadings as subsequent denials and, consequently, as submissions not relevant to the decision, did not constitute a violation of the right to be heard. The party opposing the application did not claim that its submission was incorrectly recorded at the oral hearing in the arbitral proceedings. When it made a request for rectification of the records during the arbitral proceedings, it did not object to this part of the record in the arbitration proceedings either. The court held that if the party opposing the application wanted its submissions to be understood differently, it would have been up to it to make it clear that it had not abandoned its earlier denial and denied what the arbitral considered to be undisputed. To the extent that the party opposing the application complained that the arbitral tribunal had incompletely recorded the testimony of a witness and therefore had ignored an essential aspect in its decision, a violation of the right to be heard could not be established either. Insofar as formal violations of the records required under section 29 of the DIS Arbitration Rules were concerned, their violation as such remained without sanction. Furthermore, the arbitral tribunal had recorded the assertion that the records were incomplete in an amended protocol. The fact that it had not taken note of the complaint could therefore be excluded. However, the fact that the witness actually made the alleged, unrecorded statement remained disputed and not proven. Already for this reason alone, the court was not able to ascertain whether the arbitral tribunal disregarded substantial means of defence in its decision. A violation of the right to be heard also did not lie in the fact that the arbitral tribunal did not hear the witness again. In the arbitral proceedings, the party opposing the application neither requested a new hearing of the witness nor otherwise provided evidence for the content of the testimony. Therefore, the court found that the arbitral tribunal did not ignore corresponding means of defence. The fact that the arbitral tribunal did not base its decision on the content of the testimony of the witness, which remained disputed in this respect, did not violate the right to be heard of the party opposing the application either. The court held that the rules of procedure agreed upon by the parties only stipulated a limited principle of investigation pursuant to section 27.1 of the DIS Arbitration Rules. Its application depends on the discretion of the arbitral tribunal. However, it was not apparent that the arbitral tribunal would have misused its discretion and therefore violated the right to be heard by not ex officio hearing the witness again. Therefore, there was also no violation of the agreed procedure, section 1059 subsec. 2 no. 1 lit. d ZPO. The court found that also no other infringements of the kinds enumeratively listed in section 1059 subsec. 2 ZPO existed. The arbitral tribunal neither exceeded the decision-making authority granted to it by the arbitration agreement nor acted ultra petita (cf. section 308 subsec. 1 ZPO), i.e. violated the limits set by the parties claims and the facts presented in support of them. The assertion that the arbitral tribunal had granted an obligation to pay remuneration for delivered modules, although the applicant had not submitted whether and which modules had been delivered, was in fact mistaken, because the scope of delivery - from the point of view of the arbitral tribunal - was undisputed in the proceedings. Therefore, there neither was a violation of section 1059 subsec. 2 no. 1 lit. c ZPO - irrespective of whether it had been sufficiently asserted – nor a violation of procedural public policy existed. |