4Z Sch 16/04


Gericht BayObLG Aktenzeichen 4Z Sch 16/04 Datum 08.10.2004
Leitsatz
Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs
Auch wenn kein begründeter Zweifel an der Erfüllung des Schiedsspruchs besteht, ist ein Rechtsschutzbedürfnis für dessen Vollstreckbarerklärung schon im Hinblick auf die erhöhte Bestandskraft eines für vollstreckbar erklärten Schiedsspruchs (§ 1059 Abs. 3 S. 4 ZPO) zu bejahen. (Ls der Red.)
Rechtsvorschriften§ 91 ZPO, § 93 ZPO, § 1059 Abs. 3 S. 4 ZPO, § 1060 ZPO
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteAufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Schiedsspruch, inländisch; -Vollstreckbarerklärung; - formelle Antragserfordernisse,
Volltext
B E S C H L U S S:
l. Der Einzelschiedsrichter Rechtsanwalt K. erließ am 28.7.2004 in Nürnberg in dem zwischen den Parteien geführten Schiedsverfahren folgenden Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut:
"1. Die Schiedsbeklagte hat an die Schiedsklägerin noch 176.000 Euro sowie eine Zinspauschale von 6.500 Euro zu bezahlen.
2. Im Schiedstermin vom 28.7.2004 wird ein Teilbetrag von 55.000 Euro per Scheck bezahlt.
3. Ein weiterer Teilbetrag von 10.000 Euro wird binnen 4 Wochen nach Übergabe einer den vertraglichen Bestimmungen entsprechenden Gewährleistungsbürgschaft für die Werkleistung der Schiedsklägerin betreffend das Bauvorhaben in Eisingen fällig.
4. Der Restbetrag wird in 5 Monatsraten à 20.000 Euro beginnend ab 15.9.2004 bezahlt.
5. Die Schiedsbeklagte zahlt an die Schiedsklägerin als 6. Rate 11.000 Euro, die Zinspauschale von 6.500 Euro sowie die der Schiedsklägerin gem. nachfolgender Ziff. 8 zu erstattenden Kosten des Schiedsgerichts in Höhe von 4.538,79 Euro, insgesamt also 22.038,79 Euro.
6. Kommt die Schiedsbeklagte mit einer Rate länger als 10 Tage in Rückstand, werden die gesamten nach diesem Vergleich dann noch offenen Beträge zur Zahlung fällig. Ab diesem Zeitpunkt sind die Beträge mit 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen, ausgenommen die Zinspauschale von 6.500 Euro.
7. Mit diesem Vergleich und den vorstehend festgelegten Zahlungen sind die Ansprüche der Schiedsklägerin betreffend das Bauvorhaben Eisingen abgegolten. Die Schiedsbeklagte erklärt, dass derzeit keine Mängel an dem Gewerk der Klägerin gemäß Werkvertrag vom 14.10.2003 vorliegen. Die Parteien sind sich einig, dass künftige Gewährleistungsansprüche der Schiedsbeklagten durch diesen Vergleich unberührt bleiben.
8. Die Schiedsbeklagte trägt die Kosten des Schiedsgerichts, ihre außergerichtlichen Kosten sowie auf die Anwaltskosten der Schiedsklägerin 25/10-Gebühren nach der BRAGO. Die übrigen außergerichtlichen Kosten behält die Schiedsklägerin auf sich."
II. Dieser Schiedsspruch wird für vollstreckbar erklärt.
III. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens zu tragen.
IV. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
V. Der Streitwert wird auf 132.038,79 Euro festgesetzt.
G R Ü N D E
I. Die Parteien beendeten das vorbezeichnete schiedsgerichtliche Verfahren am 28.7.2004 durch Vergleich, den der Schiedsrichter antragsgemäß zum Inhalt des vorstehend wiedergegebenen Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut machte.
Unter Vorlage des Originals des Schiedsspruchs b e a n t r a g t die Antragstellerin, diesen für vollstreckbar zu erklären.
Zu dem ihr am 10.8.2004 zugestellten Antrag hat die Antragsgegnerin im Wesentlichen vortragen lassen: Sie habe keine Einwendungen gegen den Schiedsspruch und wehre sich nicht gegen dessen Vollstreckbarerklärung, jedoch gegen die Auferlegung von Verfahrenskosten, denn sie sei mit den nach dem Schiedsspruch geschuldeten Leistungen nicht im Verzug. Sie habe auch kein Verhalten gezeigt, das die Besorgnis rechtfertigen könnte, sie wolle sich der rechtzeitigen Leistung entziehen. Solange sie ihren Verpflichtungen aus dem Schiedsspruch nachkomme, fehle das Rechtsschutzbedürfnis für eine Vollstreckbarerklärung.
Die Antragstellerin ist dem mit Sach- und Rechtsausführungen entgegengetreten. Wegen der Einzelheiten des Parteienvortrags wird auf die Schriftsätze der Antragsgegnerin vom 13.8., 31.8. und 20.9. und der Antragstellerin vom 24.8., 9.9., 13.9. und 22.9.2004 verwiesen.
II. Der Antrag ist zulässig und begründet. Ein Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich bereits aus dem erhöhten Bestandsschutz, den der Schiedsspruch durch die Vollstreckbarerklärung erhält (§ 1059 Abs. 3 Satz 4 ZPO).
1. Die Zuständigkeit des Senats ergibt sich aus § 1025 Abs. 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 ZPO i.V.m. § 6a der Gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz.
2. Die formellen Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung hat die Antragstellerin durch Vorlage des Schiedsspruchs im Original erfüllt (§ 1064 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
3. Versagungs- oder Aufhebungsgründe im Sinne des § 1059 Abs. 2 ZPO sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
4. Als im Verfahren der Vollstreckbarerklärung unterlegene Partei hat die Antragsgegnerin die Kosten dieses Verfahrens gemäß § 91 ZPO zu tragen. Auch bei unterstellter Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung des § 93 ZPO (die Frage der Anwendbarkeit bedarf daher in diesem Verfahren keiner Entscheidung) kommt eine Kostenentscheidung zu Lasten der Antragstellerin nicht in Betracht. Denn die Antragsgegnerin hat durch ihr bisheriges Verhalten der Antragstellerin Veranlassung zu der Befürchtung gegeben, dass die Antragstellerin ihre Rechte aus dem Schiedsspruch im Wege der (eine Vollstreckbarerklärung voraussetzenden) Zwangsvollstreckung durchsetzen muss. Dies folgt aus dem mit der Wirkung des § 138 Abs. 3 ZPO unbestritten gebliebenen Sachvortrag der Antragstellerin im Schriftsatz vom 9.9.2004. Nach Ziffer 8 des Schiedsspruchs vom 28.7.2004 hat die Schiedsbeklagte sowohl die Kosten des Schiedsgerichts an das Schiedsgericht als auch eine 25/10-BRAGO-Gebühr an die Schiedsklägerin ohne jeden zeitlichen Aufschub (etwa in Gestalt von Ratenzahlungen wie in den Ziffern 4 und 5 des Schiedsspruchs), also sofort zu zahlen. Nach dem Sachvortrag der Antragstellerin vom 9.9.2004 und der Entgegnung der Antragsgegnerin ist die letztgenannte beiden Zahlungspflichten trotz Mahnungen und Fristsetzungen im August noch bis zum 20.9.2004 (Datum der Entgegnung) nicht nachgekommen. In dieser Entgegnung räumt die Antragsgegnerin vielmehr ein, dass die Antragstellerin sich - zu Recht - veranlasst sah, sich ihren Kostenerstattungsanspruch durch einen ergänzenden Schiedsspruch, nämlich die "Kostenfestsetzung" vom 10.9.2004, titulieren zu lassen; bei der vorgetragenen Fristsetzung zum 23.9.2004 handelt es sich nur um eine weitere Zahlungsaufforderung, die die Wirkung der vorausgegangenen Aufforderungen nicht aufhebt.
5. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 1064 Abs. 2 ZPO.
6. Der Streitwert entspricht dem durch die Vollstreckbarerklärung durchsetzbaren Zahlungsanspruch, nämlich 176.000 und 6.500 Euro aus Ziffer 1 des Schiedsspruchs, weitere 4.538,79 Euro aus Ziffer 5, abzüglich Zahlung von 55.000 Euro am 28.7.2004 It. Ziffer 2 und Quittierung im Verhandlungsprotokoll vom selben Tag.
V e r f ü g u n g des BayObLG vom 28.5.2004:
l. Gemäß § 139 ZPO werden die Parteien im Hinblick auf die in den Schriftsätzen vom 13. und 24.8.2004 erörterten Rechtsfragen darauf hingewiesen, dass der Senat für die anstehende Entscheidung sich voraussichtlich von folgenden Grundsätze leiten lassen wird:
a) Das Verfahrensrecht wird von dem allgemeinen Grundsatz beherrscht, dass Gerichte nicht unnütz in Anspruch genommen werden dürfen (BGH NJW 2002, 2720 m.w.N.).
b) Für das gerichtliche Verfahren nach dem 10. Buch der ZPO gelten ergänzend die allgemeinen Vorschriften der ZPO, „soweit mit dem Charakter des Vollstreckbarerklärungsverfahrens als eines Erkenntnisverfahrens eigener Art vereinbar" (BGH NJW-RR 2002, 933 = BB 2002, 963 m.w.N.). Für die Anwendung der §§ 91, 92 ZPO wird dies, soweit ersichtlich, von keinem Autor in Frage gestellt.
c) Auch die Anwendung von § 93 ZPO ist „mit dem Charakter des Vollstreckbarerklärungsverfahrens vereinbar" (OLG Frankfurt a.M. Beschluss vom 31.5.2001 - 8 Sch 1/01 - bei Juris und BB 2001 Beil. 7, 23; Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 6. Aufl. Kap. 27 Rn 29; Henn Schiedsverfahrensrecht 3. Aufl. Rn 508; Stein/Jonas/Schlosser ZPO 22. Aufl. § 1063 Rn 8).
2. Beiden Parteien wird aus diesem Grund Gelegenheit gegeben, alle Tatsachen vorzutragen, die für eine Entscheidung nach § 93 ZPO von Bedeutung sein können, insbesondere den Inhalt der seit Erlass des Schiedsspruchs vom 28.7.2004 außergerichtlich geführten Korrespondenz mitzuteilen.
Frist: zwei Wochen.
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