Gericht | Obergericht Kanton Bern | Aktenzeichen | ZK 12 111 | Datum | 19.04.2012 |
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Leitsatz | |||||
Rechtsvorschriften | |||||
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Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
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B E S C H L U S S: - Art. 374 ZPO vorsorgliche Maßnahmen im Schiedsverfahren, Art. 261 ZPO vorsorgliche Maßnahmen, Art. 63 ZPO Rechtshängigkeit bei fehlender Zuständigkeit und falscher Verfahrensart - Im vorsorglichen Maßnahmeverfahren wird die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte bejaht, da die Schiedsvereinbarung gemäß Statuten des S die vorsorglichen Maßnahmen nicht explizit erwähnt. Die Verfahrensordnung des TAS (tribunal arbitral du sport) stammt aus der Zeit vor Inkrafttreten der Schweizerischen ZPO und hat sich seither nicht verändert. Von einem expliziten Ausschluss der staatlichen Gerichte auch für vorsorgliche Maßnahmen, kann deshalb keine Rede sein. Es ist ohnehin fraglich, ob gestützt auf Art. 374 ZPO ein Ausschluss der staatlichen Gerichte auch für vorsorgliche Maßnahmen zulässig ist. Die Kammer hat diese Möglichkeit grundsätzlich bejaht. - Zwischen der O und dem S besteht eine Schiedsvereinbarung, welche im Hauptsacheverfahren eine Zuständigkeit des TAS vorsieht. Indem die O in der Hauptsache nicht das TAS, sondern die staatlichen Gerichte angerufen hat, ist die Rechtsmittelfrist von 10 Tagen gemäß Schiedsvereinbarung verwirkt, was zu einer negativen Hauptsachenprognose und zu einem fehlenden Verfügungsanspruch führt. Bezüglich der in Frage gestellten Unabhängigkeit des TAS wird auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung verwiesen. Eine allfällige Befangenheit von TAS-Schiedsrichtern ist direkt beim TAS geltend zu machen. Ein Gericht, welches als befangen oder nicht genügend unabhängig erachtet wird, kann nicht einfach umgangen werden, indem eine andere (staatliche) Instanz angerufen wird. Sodann ist das Gesuch auch wegen fehlender Dringlichkeit und wegen fehlender Verhältnismäßigkeit abzuweisen. Indem die O in der Hauptsache die staatlichen Gerichte angerufen hat, hat sie bewusst ein länger dauerndes Verfahren in Kauf genommen. Redaktionelle Vorbemerkungen: Die O hatte in der Fußballsaison für ihre 1. Mannschaft, den FC S., sechs neue Spieler verpflichtet, obwohl von der FIFA mit einer Transfersperre belegt. Die Qualifikation dieser sechs Spieler wurde rechtskräftig abgewiesen. Dennoch nahmen in der Folge einzelne oder mehrere der sechs Spieler an insgesamt 12 Spielen des FC S. teil. Durch Schreiben der FIFA wurde der S angewiesen, die O so zu stellen, als wenn die der O auferlegte Transfersperre für den Sommer rechtmäßig verbüßt worden wäre (d. h. 3-Punkteabzug bzw. Forfait für sämtliche Spiele, in denen einer oder mehrere der sechs Spieler im Wettspielbetrieb der Saison eingesetzt worden seien). Sollte der S den entsprechenden Maßnahmen nicht Folge leisten, habe dies eine Suspendierung von der FIFA-Mitgliedschaft zur Folge. Infolgedessen ordnete der Zentralvorstand des S einen Abzug von 36 Punkten für die in der Super League spielende 1. Mannschaft der O an. Auszug aus den Erwägungen: I. (...) II. (...) III. 1. (...) 2. Zuständigkeit der staatlichen Gerichte a) Die Berufungsklägerin hat sowohl für die vorliegend zu beurteilenden vorsorglichen Maßnahmen als auch in der Hauptsache direkt die staatlichen Gerichte angerufen. Der Berufungsbeklagte ist der Ansicht, dass die staatlichen Gerichte sowohl für die Hauptsache als auch für das vorsorgliche Maßnahmeverfahren sachlich nicht zuständig seien. Die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte als Prozessvoraussetzung ist von Amtes wegen zu prüfen (Art. 60 ZPO), im vorliegenden Verfahren beschränkt auf die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte betreffend vorsorgliche Maßnahmen. b) Haben die Parteien über eine schiedsfähige Streitsache eine Schiedsvereinbarung getroffen, so lehnt das angerufene staatliche Gericht seine Zuständigkeit ab, es sei denn (a.) die beklagte Partei habe sich vorbehaltlos auf das Verfahren eingelassen; (b.) das Gericht stelle fest, dass die Schiedsvereinbarung offensichtlich ungültig oder nicht erfüllbar sei; oder (c.) das Schiedsgericht könne nicht bestellt werden aus Gründen, für welche die im Schiedsverfahren beklagte Partei offensichtlich einzustehen hat (Art. 61 ZPO). Im vorliegenden Verfahren ist lediglich strittig, ob die abgeschlossene Schiedsvereinbarung offensichtlich ungültig oder nicht erfüllbar ist, die weiteren Tatbestandsvarianten von Art. 61 ZPO scheiden von vornherein aus. c) Gemäß Art. 7 Ziff. 5 der Statuten des Berufungsbeklagten (GB 7) ist für alle zivilrechtlichen Streitigkeiten in Verbandsangelegenheiten zwischen dem S und einem Klub ausschließlich das TAS zuständig. Entscheide des S können ausschließlich beim TAS angefochten werden. Die Anfechtungsfrist beträgt 10 Tage (Art. 7 Ziff. 6 Statuten S). Das Verfahren vor dem TAS richtet sich ausschließlich nach der Schiedsordnung für Streitigkeiten im Bereich des Sports des TAS (Art. 7 Ziff. 7 Statuten des Berufungsbeklagten). Dem S, (...), den Klubs (...) ist es verboten, an die ordentlichen Gerichte zu gelangen, sofern eine Streitsache unter Art. 7 dieser Statuten fällt. Verstöße gegen diese Bestimmung werden disziplinarisch bestraft (Art. 7 Ziff. 8 Statuten S). Gemäß Art. 4 der Statuten des S sind die Statuten, Reglemente und Beschlüsse der FIFA und der UEFA, des Verbandes, seiner zuständigen Organe, ständigen Kommissionen und sonstigen Behörden für die Abteilungen, deren Unterorganisationen und Klubs, etc. verbindlich. In ihrem Schreiben vom 8. März 2011 bestätigte die Berufungsklägerin die Schiedsklausel und somit eine ausschließliche Zuständigkeit des TAS (vgl. GAB 1, R.0510, S. 2). Die Parteien haben somit vorliegend eine Schiedsvereinbarung abgeschlossen resp. diese bestätigt. Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb diese Schiedsvereinbarung nicht gültig oder nicht erfüllbar sein sollte. Für das vorliegende Summarverfahren ist deshalb von einer gültig abgeschlossenen Schiedsvereinbarung auszugehen. Wie die Vorinstanz zu Recht ausführte, werden weder in den Statuten des Berufungsbeklagten noch im erwähnten Schreiben der Berufungsklägerin vorsorgliche Maßnahmen explizit erwähnt, es ist jedoch die Rede von „alle(n) zivilrechtliche(n) Streitigkeiten“ bzw. „tout différend arbitral“. Das Schreiben der Berufungsklägerin wurde nach dem Inkrafttreten der Schweizerischen ZPO verfasst. In der Verfahrensordnung des TAS werden die vorsorglichen Maßnahmen in R 37 geregelt. Abs. 2 von R 37 lautet wie folgt (vgl. GAB 2): „Le Président de la Chambre concernée, avant la transmission du dossier à la Formation, puis la Formation peuvent, sur requête d’une des parties, ordonner des mesures provisionnelles ou conservatoires. Par la soumission au présent Règlement de procédure d’un litige relevant de la procédure arbitrale d’appel, les parties renoncent à requérir de telles mesures de la part des autorités étatiques. Cette renonciation ne s’applique pas à des mesures provisionnelles ou conservatoires concernant des litiges relevant de la procédure d’arbitrage ordinaire.“ Gemäß Verfahrensordnung des TAS sind somit auch im Verfahren betreffend vorsorgliche Maßnahmen die staatlichen Gerichte ausgeschlossen. Sodann wird die funktionelle Zuständigkeit innerhalb des TAS für die Anordnung von vorsorglichen Maßnahmen geregelt. Wie der Berufungsbeklagte zu Recht ausführt, ist die Vorinstanz nicht auf die Verfahrensordnung des TAS eingegangen. Zusammenfassend kann deshalb festgehalten werden, dass die Parteien gestützt auf den Wortlaut von R 37 Abs. 2 der Verfahrensordnung des TAS die staatlichen Gerichte vorliegend grundsätzlich auch für vorsorgliche Maßnahmen ausschließen wollten. Im Folgenden ist zu prüfen, ob dieser Ausschluss zulässig ist und ob die Verfahrensordnung des TAS die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte bezüglich vorsorglicher Maßnahmen ausschließt. d) Die Vorinstanz führte in ihrem Entscheid aus, dass sowohl die Logik des Gesetzeswortlautes als auch der Sinn und Zweck der Norm von Art. 374 Abs. 1 ZPO darauf hindeuteten, dass die Zuständigkeit des staatlichen Richters für den Erlass vorsorglicher Maßnahmen zwingend sei und von den Parteien nicht wegbedungen werden könne. Ein effektiver einstweiliger Rechtsschutz sei nur dann gewährleistet, wenn zeitgleich mit der Maßnahme selber auch die erforderlichen Vollstreckungsmaßnahmen getroffen werden könnten. Art. 7 Abs. 5 der Statuten des Berufungsbeklagten enthalte schließlich keinen Hinweis auf vorsorgliche Maßnahmen. Sodann bestünde eine alternative Kompetenz des Schiedsgerichtes zum staatlichen Richter, unter Geltung des in Kraft gewesenen KSG seien vorsorgliche Maßnahmen explizit dem staatlichen Richter vorbehalten gewesen. Der Wortlaut von Art. 7 der Statuten des Berufungsbeklagten habe sich seither nicht verändert. Nach dem Vertrauensgrundsatz könne kaum davon ausgegangen werden, dass mit dem noch gleichlautenden Wortlaut nun die vorsorglichen Maßnahmen ausschließlich dem Schiedsgericht vorbehalten seien. e) Gemäß Art. 374 Abs. 1 ZPO kann das staatliche Gericht oder, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, das Schiedsgericht auf Antrag einer Partei vorsorgliche Maßnahmen einschließlich solcher für die Sicherung von Beweismitteln anordnen. Mit der Eröffnung hat der Schiedsspruch die Wirkung eines rechtskräftigen und vollstreckbaren gerichtlichen Entscheids (Art. 387 ZPO). Gestützt auf den Wortlaut von Art. 374 ZPO liegt die Kompetenz zur Anordnung vorsorglicher Maßnahmen grundsätzlich sowohl bei den staatlichen Gerichten als auch bei den Schiedsgerichten. Es geht jedoch aus dem Wortlaut nicht klar hervor, ob ein Ausschluss der staatlichen Gerichte zugunsten eines ständigen Schiedsgerichtes für vorsorgliche Maßnahmen zulässig ist. Mit der Vorinstanz ist festzuhalten, dass bezüglich dieser Frage keine einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt und die Frage in der Lehre umstritten ist (vgl. hierzu die einzelnen Lehrmeinungen in den Randziffern 19 f. des vorinstanzlichen Entscheids, p. 253 ff.). Wie die Vorinstanz bereits feststellte, lassen sich die verschiedenen Lehrmeinungen insoweit auf einen gemeinsamen Nenner bringen, als Einigkeit darüber besteht, dass der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz resp. Justizgewährleistung durch einen Ausschluss der staatlichen Gerichte nicht tangiert werden darf. Sodann kann sich der Gesuchsgegner der Zuständigkeit des staatlichen Gerichts zur Anordnung vorsorglicher Maßnahmen nicht mit der Schiedseinrede entziehen, außer die Parteien hätten die Maßnahmekompetenz des staatlichen Richters in der Schiedsvereinbarung ausgeschlossen (Basler Kommentar ZPO – HABEGGER, N 16 zu Art. 374 ZPO). Art. 183 IPRG, welcher die vorsorglichen Maßnahmen im Rahmen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit regelt, begründet ebenfalls keine ausschließliche Kompetenz der Schiedsgerichte zum Erlass von vorsorglichen Maßnahmen (vgl. Basler Kommentar IPRG – BERTI, N 5 zu Art. 183 IPRG sowie VISCHER, Zürcher Kommentar zum IPRG, N 3 zu Art. 183 IPRG). Die Frage ist allerdings, ob die Parteien verbindlich die ausschließliche Zuständigkeit des Schiedsgerichts für vorsorgliche Maßnahmen beschließen können. Da die Parteien Herr des Verfahrens sind, ist die Frage grundsätzlich zu bejahen (vgl. VISCHER, Zürcher Kommentar zum IPRG, N 3 zu Art. 183 IPRG sowie Basler Kommentar IPRG – BERTI, N 5 zu Art. 183 IPRG). f) Mit dem Erlass von Art. 374 ZPO wurde im Vergleich zu dem gültigen KSG ein Wechsel bei den innerstaatlichen schiedsgerichtlichen Verfahren bezweckt. Vorher waren für vorsorgliche Maßnahmen ausschließlich die staatlichen Gerichte zuständig (KSG Art. 26). Neu können solche auch von Schiedsgerichten entschieden werden. Beim TAS handelt es sich um ein ständiges Schiedsgericht, welches in schiedsgerichtlichen Verfahren sowie im Rahmen der Mediation weltweit für die Lösung von sämtlichen Streitigkeiten aus dem Bereich des Sports zuständig ist (vgl. Verfahrensreglement des TAS S12; GAB 2). Da vorsorgliche Maßnahmen in der Verfahrensordnung des TAS ausdrücklich vorgesehen sind und es sich beim TAS um ein ständiges Schiedsgericht handelt, welches sich nicht zuerst konstituieren muss, wird bei einem Ausschluss der staatlichen Gerichte der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz resp. Justizgewährleistung nicht tangiert. Somit werden auch die Verfahrensgarantien der BV (vgl. Art. 29 ff. BV) nicht verletzt. Im internationalen Verhältnis war bereits vor 2011 das TAS zuständig für vorsorgliche Maßnahmen. Auch im Rahmen der innerstaatlichen Schiedsgerichtsbarkeit können die Parteien das Verfahren selbst oder durch Verweis auf eine schiedsgerichtliche Verfahrensordnung regeln (vgl. Art. 373 Abs. 1 ZPO). Sie sind somit auch im innerstaatlichen schiedsgerichtlichen Verfahren „Herr des Verfahrens“. Durch die Schaffung eines speziellen Schiedsgerichts im Bereich des Sportrechts wollte man die ordentlichen staatlichen Gerichte umgehen. Das TAS kann innert nützlicher Frist über vorsorgliche Maßnahmen entscheiden und verfügt über vertieftes Fachwissen und einen großen Erfahrungsschatz im Sportrecht. Sodann ist auch nicht ersichtlich, weshalb im vorliegenden Verfahren anders zu verfahren sein sollte als in einem Verfahren bezüglich derselben Frage im internationalen Bereich, zumal es sich vorliegend in der Hauptsache um einen (Vollstreckungs-)Beschluss des S handelt, gestützt auf eine entsprechende Anordnung der FIFA. Jedes Mitglied des S ist auf die Regeln – hier die „clause compromissoire“ – zu welchen es sich beim Beitritt verpflichtete, zu behaften, ansonsten ein effizienter und geordneter (Sport-)Betrieb übermäßig erschwert oder verunmöglicht würde. g) Demgegenüber würde ein Ausschluss der staatlichen Gerichte auch für vorsorgliche Maßnahmen insofern einen Nachteil für die gesuchstellende Partei darstellen, als diese - nachdem sie beim Schiedsgericht eine vorsorgliche Maßnahme erwirkt hat – zusätzlich noch die staatlichen Gerichte um Vollstreckung ersuchen müsste, wenn sich die gesuchsgegnerische Partei nicht freiwillig der Maßnahme unterzieht (vgl. Art. 374 Abs. 2 ZPO). Bei einer solchen Konstellation könnte ein vorsorgliches Maßnahmeverfahren vor einem Schiedsgericht tatsächlich länger dauern als vor einem staatlichen Gericht. h) Gestützt auf diese Ausführungen kommt die Kammer zum Schluss, dass es im vorliegenden Verfahren grundsätzlich wohl zulässig war, mittels Schiedsvereinbarung in den Statuten des Berufungsbeklagten und durch die Verfahrensordnung des TAS die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte auszuschließen. Allerdings sind in der Schiedsvereinbarung gemäß Statuten des Berufungsbeklagten sowie in der alljährlich erfolgenden Bestätigung derselben die vorsorglichen Maßnahmen nicht ausdrücklich erwähnt; der Verzicht auf die Anrufung der staatlichen Gerichtsbarkeit (auch) im vorsorglichen Maßnahmebereich wird also nicht explizit erwähnt. Die Regelwerke (inkl. R 37 der Verfahrensordnung des TAS) stammen aus der Zeit vor dem Inkrafttreten der Schweizerischen ZPO und wurden seither nicht verändert. Auf die Berufung ist demnach einzutreten, unter Vorbehalt von I. Ziffer 8 vorne. 3. Gemäß Art. 261 ZPO trifft das Gericht die notwendigen vorsorglichen Maßnahmen, wenn die gesuchstellende Partei glaubhaft macht, dass ein ihr zustehender Anspruch verletzt ist oder eine Verletzung zu befürchten ist und ihr aus der Verletzung ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht. Basis jeder vorsorglichen Maßnahme ist ein zivilrechtlicher Anspruch des Gesuchstellers. Neben den im Gesetzestext erwähnten Voraussetzungen des Verfügungsgrundes und des Verfügungsanspruches gehört auch die zeitliche Dringlichkeit zum Voraussetzungskatalog für vorsorgliche Maßnahmen. Allgemein ist zeitliche Dringlichkeit dann nicht gegeben, wenn eine akute Gefährdungslage und damit ein Maßnahmeinteresse fehlt und das richterliche Endurteil ohne Weiteres abgewartet werden kann (vgl. SUTTER-SOMM/HASENBÖHLER/ LEUENBERGER, Zürcher Kommentar ZPO, N 17 und N 22 zu Art. 261 ZPO). Sodann ist auch das Verhältnismäßigkeitsprinzip bei vorsorglichen Maßnahmen zu wahren. Dies folgt schon aus dem Umstand, dass eine vorsorgliche Maßnahme – bevor ein rechtskräftiges richterliches Urteil über den behaupteten Anspruch vorliegt – in die Rechtslage der Gegenpartei eingreift. Das Kriterium der Verhältnismäßigkeit spielt dabei nicht nur bei der Frage, ob eine vorsorgliche Maßnahme zu erlassen ist, eine Rolle, sondern betrifft auch unmittelbar den Inhalt einer allenfalls getroffenen Maßnahme. Die Maßnahme soll im Rahmen dieser Abwägung zwischen den Interessen des Gesuchstellers und denjenigen der Gegenpartei nicht weiter gehen, als es zum vorläufigen Schutz des durch den Gesuchsteller glaubhaft gemachten Anspruchs notwendig ist. Allgemein gilt, dass je dringlicher das Rechtsschutzinteresse des Gesuchstellers erscheint, sich umso eher ein Eingriff in die Rechte der Gegenpartei rechtfertigt (vgl. SUTTER-SOMM/HASENBÖHLER/LEUENBERGER, Zürcher Kommentar ZPO, N 23 zu Art. 261 ZPO). 4. Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass die Berufungsklägerin sowohl einen Verfügungsanspruch als auch einen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht habe. Jedoch hat sie die Dringlichkeit verneint. Zur Begründung führte sie aus, durch Anrufung der staatlichen Gerichtsbehörden an Stelle des TAS in der Hauptsache habe die Berufungsklägerin auf eine rasche Überprüfung des Beschlusses verzichtet. In der Hauptsache sei erst in zwei oder drei Jahren mit einem rechtskräftigen Entscheid zu rechnen. Wenn auch die Anrufung der staatlichen Gerichtsbehörden zwecks Überprüfung der Schiedsvereinbarung und der Unabhängigkeit des Schiedsgerichts nicht verwehrt werden könne, verdiene das Vorgehen der Berufungsklägerin, gestützt auf die allein dadurch verursachte Dringlichkeit mit der Anrufung des Maßnahmerichters einen provisorischen Zustand schaffen zu wollen, der erst in zwei bis drei Jahren definitiv geklärt werden würde, keinen Rechtsschutz. Zudem sei es unverhältnismäßig, auf dieser Grundlage vorsorglich mit einer Leistungsmaßnahme in einen Sportwettkampf mit einjährigem Turnus einzugreifen und eine über mehrere Spielzeiten andauernde Unsicherheit über den Ausgang der Saison zu bewirken, von welcher auch die übrigen Teilnehmer der Super League betroffen seien. 5. Bezüglich des Verfügungsanspruchs hat das Gericht eine so genannte Hauptsachenprognose zu stellen (vgl. ZÜRCHER, DIKE-Komm-ZPO, Art. 261 N 13). Sowohl das Bestehen der Anspruchsgrundlagen wie das Nichtbestehen sind glaubhaft zu machen (vgl. ZÜRCHER, DIKE-Komm-ZPO, Art. 261 N 4). Wie unter III. 2. bereits ausgeführt, haben die Parteien eine Schiedsvereinbarung bezüglich aller zivilrechtlichen Streitigkeiten in Verbandsangelegenheiten zwischen dem S und seinen Mitgliedern abgeschlossen. Die staatlichen Gerichte haben sie in Art. 7 Ziff. 8 der Statuten des S ausdrücklich ausgeschlossen, von der Berufungsklägerin letztmals bestätigt mit Brief (GAB 1, R. 0510: „clause compromissoire“). Die Berufungsklägerin hat allerdings im Hauptsacheverfahren bewusst nicht den Instanzenzug gemäß Schiedsvereinbarung eingehalten, wie das z.Bsp. ihren Ausführungen in der Berufung, pag 391, zu entnehmen ist. Dieser ist aber zwingend einzuhalten; erst anschließend können die staatlichen Gerichte angerufen werden. Wie die Berufungsbeklagte zu Recht ausführt (pag 435), hat die Berufungsklägerin damit die Verwirkungsfrist von Art. 75 ZGB i.V. mit Art. 7 der Statuten versäumt, mit der Folge, dass der behauptete Hauptsachenanspruch untergegangen ist. Dies muss zu einer ungünstigen Hauptsachenprognose führen. Die Argumentation der Berufungsklägerin gestützt auf Art. 63 ZPO ist nicht zu hören: Die Berufungsklägerin hat vorliegend im Wissen um das Vorliegen einer Schiedsvereinbarung direkt die staatlichen Gerichte angerufen, unter bewusster Umgehung der TAS-Gerichtsbarkeit. Sie setzt sich dem Vorwurf aus, wider besseres Wissen gehandelt zu haben, was keinen Rechtsschutz verdient. Das Verbot des Rechtsmissbrauchs setzt Art. 63 ZPO Schranken (vgl. SUTTERSOMM/HASENBÖHLER/LEUENBERGER, Zürcher Kommentar ZPO, N 19 zu Art. 63 ZPO). Die von der Berufungsklägerin behauptete Nichtigkeit des Beschlusses des Berufungsbeklagten (pag 381ff) ist im Rahmen dieses Verfahrens nicht glaubhaft gemacht; es kann vielmehr auf die zutreffenden Ausführungen der Berufungsklägerin, pag. 439-441, verwiesen werden, insbesondere die Randziffern 30-32. Zusammenfassend ist – anders als im angefochtenen Entscheid – festzuhalten, dass es der Berufungsklägerin demnach nicht gelungen ist, eine günstige Hauptsachenprognose glaubhaft zu machen, was für sich alleine bereits zu einer Abweisung des Gesuchs führt. 6. Die Berufungsklägerin macht weiter geltend, beim TAS handle es sich um kein unabhängiges Schiedsgericht. Auch aus diesem Grund seien für die vorliegende Streitigkeit die staatlichen Gerichte zuständig. Ihre Einwände, wonach das TAS nicht unparteiisch sei, könne sie nur vor den staatlichen Gerichten geltend machen, andernfalls wäre ihr Verhalten widersprüchlich. Die Unabhängigkeit des TAS wurde vom Bundesgericht mehrmals bejaht (vgl. beispielsweise BGE 129 III 445 E. 3). Im vorliegenden Summarverfahren ist nicht näher auf diese Rechtsprechung einzugehen. Es geht ohnehin nicht an, vorweg – aufgrund eventueller früherer schlechter Erfahrungen – ein Gericht als Ganzes pauschal als befangen abzulehnen. Die Berufungsklägerin könnte sich bei Kenntnis der im konkreten Einzelfall urteilenden Mitglieder allenfalls auf deren Befangenheit berufen. Ablehnungen von einzelnen Mitgliedern oder des ganzen Schiedsgerichts wären jedoch vor dem TAS geltend zu machen (vgl. Art. 368 ZPO). Im Übrigen wäre auch die Bestreitung der Zuständigkeit oder der mangelhaften Konstituierung eines Schiedsgerichts vor dem Schiedsgericht geltend zu machen (vgl. Art. 359 ZPO). Ein Gericht, welches als befangen oder nicht genügend unabhängig erachtet wird, kann nicht einfach umgangen werden, indem eine andere (staatliche) Instanz angerufen wird, sondern es ist gemäß Verfahrensordnung die zuständige Instanz anzurufen, wo auch allfällige Befangenheitsgründe vorzubringen sind. 7. Schließlich ist das Gesuch der Berufungsklägerin auch aus Gründen der fehlenden Dringlichkeit und aus Verhältnismäßigkeitsgründen abzuweisen. Die Berufungsklägerin macht diesbezüglich geltend, für das vorsorgliche Maßnahmeverfahren sei nur die zeitliche Dringlichkeit im heutigen Zeitpunkt maßgebend. Sie macht jedoch keine Ausführungen dazu, weshalb die Dringlichkeit im heutigen Zeitpunkt zu bejahen ist. Mit der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass ein ordentliches Verfahren vor dem TAS schneller erledigt werden könnte als vor staatlichen Gerichten. Das TAS kennt sich mit den Verfahrensabläufen innerhalb der Verbandsgerichtsbarkeit besser aus und kann rasch prüfen, ob das Vorgehen in der vorliegenden Angelegenheit den einschlägigen verbandsinternen Bestimmungen entsprochen hat oder nicht. Indem die Berufungsklägerin jedoch in der Hauptsache die staatlichen Gerichte angerufen hat, deren Zuständigkeit umstritten ist, riskiert sie ein lange dauerndes Verfahren mit der Wahrscheinlichkeit eines Nichteintretensentscheides. Zur Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen äußert sich die Berufungsklägerin mit keinem Wort. In diesem Zusammenhang ist auf die zutreffenden vorinstanzlichen Erwägungen zu verweisen (p. 293). Da weder der Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht wurde, noch die Dringlichkeit oder die Verhältnismäßigkeit der anbegehrten Maßnahmen gegeben ist, erübrigen sich Ausführungen zum Verfügungsgrund. 8. Das Gesuch um vorsorgliche Maßnahmen ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. IV. (...) | |||||
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