Gericht | OLG Frankfurt am Main | Aktenzeichen | 26 SchH 8/12 | Datum | 11.07.2013 |
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Leitsatz | |||||
Rechtsvorschriften | §§ 1034 Absatz 2, 1035 ZPO | ||||
Fundstelle | |||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | Antrag auf Bestellung eines Schiedsrichters | ||||
Volltext | |||||
Beschluss Tenor: Für das zwischen den Parteien durchzuführende Schiedsverfahren wird Richter am Landgericht Dr. B. zum Schiedsrichter bestellt. Die Kosten des Verfahrens haben die Antragsgegner zu tragen. Der Gegenstandswert wird auf bis zu € 3.000,00 festgesetzt. Gründe I. Zwischen den Parteien besteht Streit über Vergütungsansprüche aus einem zwischenzeitlich beendeten Kooperationsvertrag. Die Antragstellerin schloss mit der seinerzeit noch unter der Bezeichnung „Anwaltskanzlei M“ firmierenden Antragsgegnerin am 25.04.2008 einen formularmäßigen Kooperationsvertrag über eine künftige freiberufliche rechtsanwaltliche Zusammenarbeit. Der Vertrag enthält in § 16 eine Schiedsgerichtsklausel, die u.a. folgenden Inhalt hat: „Alle Rechtsstreitigkeiten, die sich aus diesem Vertrag einschließlich dessen Gültigkeit ergeben, sollen unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges durch RA und Notar Dr. D. als Schiedsgericht im Sinne des zehnten Buches der deutschen Zivilprozessordnung endgültig entschieden werden (im folgenden „Schiedsrichter“ oder „Schiedsgericht“). Ist Schiedsrichter Dr. D. verhindert, das Schiedsrichteramt auszuüben, so wird einvernehmlich Dr. C., oder alternativ Frau G. als (Ersatz-)Schiedsrichter vereinbart. Für das Schiedsverfahren gelten die nachfolgenden Bestimmungen und ergänzend die §§ 1025 bis 1047 ZPO. (…)“ Wegen der weiteren Einzelheiten der Vertragsgestaltung wird auf die zur Akte gereichte Abschrift der Vereinbarung vom 25.04.2008 (Anlage AS 1, Bl. 13 ff. d.A.) Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 19.12.2012 (Anlage AS 2, Bl. 21 ff. d.A.) reichte die Antragstellerin bei Rechtsanwalt und Notar Dr. D. eine Schiedsklage ein, mit der sie für die im Jahr 2009 geleistete Arbeitstätigkeit weitergehende Vergütung beansprucht. Nahezu zeitgleich, mit Schriftsatz vom 20.12.2012, hat die Antragstellerin bei dem hiesigen Gericht in der Hauptsache den Antrag gestellt, für das von ihr eingeleitete Schiedsverfahren einen anderen Schiedsrichter zu bestellen. Zur Begründung hat die Antragstellerin ausgeführt, dass die bereits im Kooperationsvertrag enthaltene Benennung eines Schiedsrichters unwirksam sei, weil sie auf einer einseitigen Bestimmung des seinerzeitigen Vertragspartners beruhe, während ihr selbst jegliche Einflussmöglichkeiten auf die Zusammensetzung des künftigen Schiedsgerichts verwehrt worden seien. Die Antragstellerin stützt ihren Antrag in erster Linie auf die Vorschrift des § 1034 Abs. 2 ZPO; eine Verfristung nach § 1034 Abs. 2 S. 2 ZPO sei nicht anzunehmen, weil diese Regelung nur dann zum Tragen komme, wenn das Schiedsgericht nach Einleitung eines Schiedsverfahrens konstituiert worden sei. Stehe hingegen die Person des Schiedsrichters – wie hier – schon lange vor Einleitung eines Schiedsverfahrens fest, könne die Frist des § 1034 Abs. 2 S. 2 ZPO erst zu laufen beginnen, wenn tatsächlich ein Schiedsverfahren eingeleitet worden sei. Hilfsweise sei jedenfalls Wiedereinsetzung in die abgelaufene Frist zur Schiedsrichterersetzung zu bewilligen. Im weiteren Verlauf des hier anhängigen Verfahrens hat Rechtsanwalt und Notar Dr. D. mitgeteilt, dass er das ihm angetragene Schiedsrichteramt wegen persönlicher Bekanntschaft zu dem Antragsgegner zu 3) nicht übernehmen könne (vgl. Anlage B 1, Bl. 65 d.A.). Auch nachfolgend konnten die Parteien keine Einigung über die Person des Schiedsrichters erzielen. Mit Schriftsatz vom 14.06.2013 (Bl. 115 ff. d.A.) hat die Antragstellerin vor der im Kooperationsvertrag ersatzweise benannten Rechtsanwältin G. eine erneute Schiedsklage eingereicht und zugleich die angerufene Schiedsrichterin wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Die Antragstellerin beantragt nunmehr, für das Schiedsverfahren gegen Rechtsanwälte M und Partner, Herrn M. als Gesellschafter derselben sowie Herrn M. als Einzelperson wird anstatt des von dem/den Antragsgegner(n) ernannten Schiedsrichters Herrn Rechtsanwalt und Notar Dr. D. ein anderer Schiedsrichter bestellt, hilfsweise, für den Fall, dass das Gericht die 2-Wochen Frist des § 1034 Abs. 2 S. 2 ZPO als abgelaufen betrachtet, der Antragsgegnerin Wiedereinsetzung in die abgelaufene Frist zur Schiedsrichterersetzung gem. § 1034 Abs. 2 S. 2 ZPO zu bewilligen, hilfsweise, für den Fall, dass diesem Antrag nicht stattgegeben wird, für das zwischen den Parteien durchzuführende Schiedsverfahren einen Einzelschiedsrichter gemäß § 1035 Abs. 1, Abs. 5 ZPO zu bestellen, sowie weiter hilfsweise, für den Fall der Unzulässigkeit oder Unbegründetheit der zuvor gestellten Anträge, festzustellen, dass das schiedsrichterliche Verfahren unzulässig ist. Die Antragsgegner beantragen, die Anträge der Schiedsklägerin zurückzuweisen. Sie rügen die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts und halten die Anträge im Übrigen auch inhaltlich für unzulässig bzw. unbegründet. Mit dem Begehren nach § 1034 ZPO sei die Antragstellerin präkludiert und auch für eine Schiedsrichterbestellung nach § 1035 ZPO sei kein Raum, da der Antragstellerin bei Vertragsschluss die Möglichkeit eröffnet gewesen sei, einen anderen Schiedsrichter vorzuschlagen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen. II. Die Anträge sind insgesamt zulässig. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ist gemäß § 1062 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 3 ZPO i.V.m. §§ 1025 Abs. 3, 1034, 1035 ZPO für die Entscheidung über die gestellten Anträge zuständig, da der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens noch nicht bestimmt ist und jedenfalls die Antragsgegner im Bezirk des hiesigen Oberlandesgerichts ansässig sind. Die Zuständigkeitsrüge der Antragsgegner greift nicht durch. Soweit die Antragsgegner meinen, allein das Schiedsgericht selbst sei zur Entscheidung über die hier gestellten Anträge berufen, verkennen sie den Umstand, dass die Parteien gerade um die Bildung des Schiedsgerichts streiten und die dem staatlichen Gericht im Zusammenhang mit Störungen bei der Schiedsrichterbestellung gemäß §§ 1034, 1035 ZPO obliegende Kontroll- bzw. Regulierungsfunktion nicht abbedungen werden kann (vgl. hierzu z.B. MüKo-Münch, 3. Auflage 2008, Rdnr. 5 zu § 1062 ZPO; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit 7. Auflage 2005, Kap. 9, Rdnr. 12 f.; Kap. 10, Rdnr. 28). Die Entscheidung über die hier maßgebliche Frage, ob die in dem Kooperationsvertrag enthaltene namentliche Schiedsrichterbenennung wirksam ist, ist danach dem staatlichen Gericht vorbehalten (vgl. Schwab/Walter, a.a.O.). Auch in der Sache selbst liegen die Voraussetzungen für eine Schiedsrichterbestellung durch das staatliche Gericht vor. Dabei bestehen gegen die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung als solche im Sinne von § 1029 ZPO keine durchgreifenden Bedenken, ohne dass es im Rahmen des Bestellungsverfahrens hierzu einer abschließenden Entscheidung bedarf; denn mit der Entscheidung über die Bestellung eines Schiedsrichters gemäß § 1062 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird nicht zugleich rechtskräftig über die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung entschieden (vgl. BGH, NJW-RR 2010, 425 f., m.w.N.). Die danach allenfalls eingeschränkte Überprüfung der Schiedsvereinbarung ergibt keine offenkundigen Mängel. Weder liegt eine offensichtliche Undurchführbarkeit des Schiedsverfahrens vor (vgl. hierzu Schwab/Walter, a.a.O., Kap. 10, Rdnr. 24; MüKo-Münch, a.a.O., Rdnr. 48 zu § 1035 ZPO) noch bestehen Zweifel daran, dass der Gegenstand der Schiedsklage der Schiedsklausel unterfällt. Die von den Parteien im Rahmen des Kooperationsvertrages abgeschlossene Schiedsklausel sieht für alle Streitigkeiten, die sich aus diesem Vertrag einschließlich dessen Gültigkeit sowie der Gültigkeit des Schiedsvertrages ergeben, die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges vor. Dies genügt dem notwendigen Inhalt einer Schiedsvereinbarung i.S.v. § 1029 ZPO; eine weitere Konkretisierung ist nicht erforderlich (Zöller-Geimer, ZPO, 29. Auflage 2012, Rdnr. 28 zu § 1029 ZPO). Die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung lässt sich auch nicht darauf stützen, dass sie die in künftigen Schiedsverfahren tätigen Einzelschiedsrichter bereits namentlich benennt. Zwar ist auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung davon auszugehen, dass die namentliche Festlegung der Person des Schiedsrichters in einem – wie hier - formularmäßigen Schiedsvertrag den Vertragspartner des AGB-Verwenders unangemessen benachteiligt, da er hierdurch praktisch jeden Einfluss auf die Besetzung des Schiedsgerichts verliert (BGH, Beschluss vom 01.03.2007, Az.: III ZR 164/06 = NJW-RR 2007, 1466 ff.; vgl. auch Schwab/Walter, a.a.O., Kap. 9, Rdnr. 10; Mankowski, Anm. zu OLG Celle, EWiR 2000, 411 f.). Jedoch hat eine solche unzulässige Einschränkung des Ernennungsrechtes einer Partei nicht die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung zur Folge; vielmehr bleibt die Schiedsabrede als solche wirksam, während im Falle einer Beanstandung das staatliche Gericht durch die Bestellung unabhängiger und unparteiischer Schiedsrichter für eine ausgewogene Zusammensetzung des Schiedsgerichts zu sorgen hat (BGH, a.a.O.). Die danach auch für den Streitfall anzunehmende unangemessene Benachteiligung der Schiedsklägerin durch einseitige namentliche Benennung des Schiedsrichters auf Antragsgegnerseite wird durch die schlichte Behauptung einer Aushandlungsmöglichkeit nicht beseitigt. Dass die Antragstellerin bei Vertragsabschluss die Möglichkeit gehabt haben soll, einen anderen Schiedsrichter vorzuschlagen bzw. ein Verfahren zur Benennung eines Schiedsrichters zu vereinbaren, führt nicht zum Wegfall der Benachteiligung; denn es ist unstreitig, dass diese Klausel tatsächlich nicht zwischen den Vertragsparteien im einzelnen ausgehandelt worden ist (§ 305 Abs. 1 S. 3 BGB). Als Folge der unwirksamen Klausel über die Schiedsrichterbenennung fehlt eine entsprechende Vereinbarung der Parteien über die Bestellung der Schiedsrichter, so dass die gerichtliche Schiedsrichterbestellung nach § 1035 Abs. 3 ZPO und nicht nach § 1034 Abs. 2 ZPO zu erfolgen hat (Mankowski, a.a.O., Schwab/-Walter, a.a.O.). Entgegen der Ansicht der Antragstellerin kann ihr Begehren auf Benennung eines Schiedsrichters nicht auf § 1034 Abs. 2 ZPO gestützt werden. Wie bereits in dem gerichtlichen Hinweisschreiben vom 25.03.2013 ausgeführt, ist der Antragstellerin die Zusammensetzung des Schiedsgerichts bereits seit Abschluss des Kooperationsvertrages im Jahr 2008 bekannt, weshalb die Zwei-Wochen-Frist des § 1034 Abs. 2 S. 2 ZPO durch den im Jahr 2012 gestellten Antrag nicht gewahrt wurde. An der Rechtsansicht, wonach die Versäumung dieser Frist präkludierend wirkt (vgl. Schwab/Walter, a.a.O., Kap. 10 Rdnr. 13; Müko-Münch, a.a.O., Rdnr. 12 zu § 1034 ZPO), hält der Senat fest, ohne dass sich im Streitfall hieraus Nachteile für die Antragstellerin ergeben; denn ob die Schiedsrichterbestellung nach § 1034 Abs. 2 ZPO oder nach § 1035 Abs. 3 ZPO erfolgt, ist für den Antragserfolg in der Hauptsache ohne Bedeutung. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass sich der zitierten BGH-Entscheidung vom 01.03.2007 (Az.: III ZR 164/06) keine die Rechtsansicht der Antragstellerin stützenden Anhaltspunkte herleiten lassen. Denn nach der konkreten Fassung der dem dortigen Streitfall zugrunde liegenden Schiedsklausel war es der Partei, die Einwendungen gegen die - namentlich benannte - Person des Schiedsrichters hatte, eröffnet, diese binnen 14 Tagen von der Kenntnis der Einleitung des Schiedsrichterverfahrens der anderen Partei und dem Schiedsrichter mitzuteilen. Anderenfalls sollten nach Eröffnung des Schiedsverfahrens Einwendungen gegen die Person des Schiedsrichters ausgeschlossen sein (vgl. BGH, a.a.O. = NJW-RR 2007, 1466). Die dortige Schiedsvereinbarung sah somit selbst die Möglichkeit von Einwendungen noch nach Einleitung des Schiedsverfahrens vor, weshalb sich hieraus keine Rückschlüsse für die Frage ziehen lassen, ob allgemein in den Fällen, in denen die Identität der Schiedsrichter schon bei Abschluss der Schiedsvereinbarung feststehen, die Frist des § 1034 Abs. 2 S. 2 ZPO generell erst mit Einleitung des Schiedsverfahrens zu laufen beginnt. Hierzu verhält sich die zitierte Entscheidung gerade nicht. Nach dem Akteninhalt steht außer Zweifel, dass sich die Parteien über die gemeinsame Bestellung eines gemäß der Schiedsvereinbarung vorgesehenen Einzelschiedsrichters i.S.v. § 1035 Abs. 3 S. 1 ZPO nicht einigen konnten. Mit dem zuletzt von der Antragstellerin benannten Schiedsrichter Rechtsanwalt Dr. H. hat sich die Antragsgegnerin nicht einverstanden erklärt und ihrerseits weitere Vorschläge in Erwartung der Ablehnung durch die Antragstellerin unterlassen. Auch die kürzlich erfolgte Einreichung der Schiedsklage bei der im Kooperationsvertrag als Ersatzschiedsrichterin benannten Rechtsanwältin G.begründet nicht die Annahme einer einvernehmlichen Schiedsrichterbestellung, da die Schiedsrichterin zugleich mit Erhebung der Schiedsklage abgelehnt wurde. Unter diesen Voraussetzungen greift das gesetzliche Bestellungsverfahren des § 1035 Abs. 3 S. 1 ZPO; danach wird ein Einzelschiedsrichter, wenn die Parteien sich über seine Bestellung nicht einigen können, auf Antrag einer Partei durch das Gericht bestellt. Der Senat bestellt Richter am Landgericht Dr. B. zum Schiedsrichter, der ausdrücklich seine Bereitschaft zur Übernahme des Amtes bekundet hat. Das Begehren der Antragstellerin hat somit in der Hauptsache Erfolg, ohne dass es einer weiteren Entscheidung über die im Übrigen gestellten Hilfsanträge bedarf; denn für den Antragserfolg in der Hauptsache ist es rechtlich ohne Bedeutung, aufgrund welcher Rechtsnorm sich die begehrte Schiedsrichterbestellung als begründet erweist. Entsprechend haben die Antragsgegner als unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO). Der Streitwert für das Verfahren auf Bestellung eines Schiedsrichters entspricht einem Bruchteil des Hauptsachewerts des schiedsrichterlichen Verfahrens, so dass sich hier unter Berücksichtigung der dem Schiedsverfahren zugrundeliegenden Forderung der Antragstellerin in Höhe von rund € 9.000,00 gemäß § 3 ZPO ein Gegenstandswert in Höhe von bis zu € 3.000,00 ergibt (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 29. Auflage 2012, Rdnr. 16 zu § 3 ZPO, Stichwort: „Schiedsrichterliches Verfahren“; vgl. auch OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 08.10.2003, Az.: 1 SchH 1/03, zitiert nach juris). | |||||
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