2 SchH 02/12


Gericht OLG Koblenz Aktenzeichen 2 SchH 02/12 Datum 17.07.2012
Leitsatz
Rechtsvorschriften
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
Stichworte
Volltext
B E S C H L U S S
1. Das Begehren des Antragstellers, gemäß, § 1034 Abs. 2 ZPO für die drei Antragsgegner einen gemeinsamen Schiedsrichter anstelle der von den Antragsgegnern jeweils benannten Schiedsrichter zu besteilen, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.
3. Der Gegenstandswert wird auf 36.000 € festgesetzt.
Gründe:
Der Antragsteller und die Antragsgegner hatten sich zur gemeinsamen Berufsausübung als Rechtsanwälte zu einer Sozietät bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen. Zum 15.1.2006 schied der Antragsteller aus der Sozietät aus. Im Jahr 2009 focht er die anlässlich seines Ausscheidens getroffene Ausscheidungsvereinbarung im Hinblick auf den dort festgeschriebenen Abfindungsbetrag wegen arglistiger Täuschung an.
Zur Geltendmachung eines aus seiner Sicht noch offenen Abfindungsbetrages von 108.171,93 € hat der Antragsteiler ein - nach dem Sozietätsvertrag und der insoweit abgeschlossenen Schiedsgerichtsvereinbarung vorgesehenes - Schiedsverfahren eingeleitet und (zuletzt) mit Schreiben vom 20.12.2011 einen Schiedsrichter benannt. Mit Schreiben vom 18./19.1.2012, die dem Antragsteiler jeweils am 20.1.2012 zugegangen sind, haben auch die drei Antragsgegner jeweils einen eigenen Schiedsrichter benannt. Mit seinem an das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken gerichteten Schriftsatz vom 30.1.2012 - dort als Fax ohne Anlagen am selben Tag, als vollständiger Schriftsatz nebst Anlagen am 1.2.2012 eingegangen - beantragt der Antragsteller für die Antragsgegner nach § 1034 Abs. 2 ZPO nur einen gemeinsamen Schiedsrichter zu bestellen. Das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken hat diesen Antrag am 8.3.2012, eingegangen am 14.3.2012, an das Oberlandesgericht Koblenz weitergeleitet. Mit Schriftsatz vom 22.3.2012 hat der Antragsteiler insoweit fürsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Der Antrag des Antragstellers gemäß § 1034 Abs. 2 ZPO ist zulässig, aber unbegründet. Ein fristgemäßer Eingang seines Antrages bei dem nach § 1062 Abs. 5 ZPO in Verbindung mit der "Landesverordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivilsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit" vom 28.4.1998 ausschließlich zuständigen Oberlandesgericht Koblenz ist durch den hier erst am 14.3.2012 eingegangenen Schriftsatz zwar grundsätzlich nicht gegeben. In der Rechtsprechung ist indes allgemein anerkannt, dass es sich bei den in §§ 1040 Abs. 3, 1037 Abs. 3 sowie 1059 Abs. 3 ZPO vorgesehenen gesetzlichen Fristen jeweils um Ausschlussfristen handelt, bei denen auch der Eingang bei einem unzuständigen Gericht die jeweilige gesetzliche Frist wahrt (vgl. OLGR Frankfurt 2001, 302; OLG München, SchiedsVZ 2008, 102; SchiedsVZ 2012, 96; vgl. auch BGHZ 139, 305). Entsprechendes gilt für die hier relevante Frist des § 1034 Abs. 2 ZPO. Die Einreichung seines Antragsschriftsatzes beim unzuständigen Pfälzischen Oberlandesgericht durch den Antragsteller am 30.1.2012 war somit entgegen der in der Verfügung vom 15.03.2012 geäußerten vorläufigen Rechtsauffassung fristwahrend. Der fürsorglich gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bleibt danach ohne rechtliche Relevanz.
Der Antrag des Antragstellers hat in der Sache aber keinen Erfolg. Bei der Bildung eines Mehrparteienschiedsgerichts ist grundsätzlich jeder Partei das Recht auf Ernennung eines eigenen Schiedsrichters zuzubilligen (vgl. KG, NJW 2008, 2719). Der Gesetzgeber hat insoweit bewusst auf eine Festlegung im Einzelnen verzichtet und - angesichts ihrer Vielschichtigkeit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht weiterhin der Lösung durch die Rechtsprechung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles - Raum gelassen (vgl. BT-Drs. 13/5274, S. 35). Dabei ist den vertraglichen Absprachen der Parteien Vorrang einzuräumen (§ 1034 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und erst wenn sich danach ein benachteiligendes Übergewicht der einen Seite ergibt, darf seitens der staatlichen Gerichte über § 1034 Abs. 2 ZPO korrigierend eingegriffen werden.
Ein solches benachteiligendes Übergewicht ist hier nicht erkennbar, auch wenn seitens der Antragsgegner insgesamt drei Schiedsrichter benannt werden durften, während der Antragsteller seinerseits nur einen Schiedsrichter benennen konnte. Ein Blick auf die für die angestrebte Entscheidung des Schiedsgerichts maßgeblichen Regelungen zur Bestimmung der Höhe der Abfindung in § 14 des Sozietätsvertrages verdeutlicht nämlich, dass dort für den Antragsteller sowie den Antragsgegner zu 1.) weitgehend gleich gelagerte Regelungen vorgesehen sind, während für die beiden anderen, erst später in die Sozietät eingetretenen Antragsgegner jeweils ungünstigere Bestimmungen getroffen worden sind. Von der Interessenlage her ist der Antragsgegner zu 1.) - zumal dieser zwischenzeitlich ebenfalls aus der Sozietät ausgeschieden ist und damit auch selbst Anspruch auf eine (hier nicht verfahrensgegenständliche) Abfindung gegenüber den beiden anderen Antragsgegnern hat -daher eher dem Lager des Antragsstellers zuzuordnen. Hinsichtlich der insgesamt vier von den Parteien benannten Schiedsrichter kann daher eine ausgeglichene Interessenlage (zwei Vertreter der Altsozien sowie zwei Vertreter der jungen Sozien) innerhalb des Schiedsgerichts angenommen werden, die ein Vorgehen nach § 1034 Abs. 2 ZPO nicht rechtfertigt.
Dieses Ergebnis steht insbesondere im Einklang mit der in der von den Parteien geschlossenen Schiedsgerichtsvereinbarung ausdrücklich vorgesehenen Regelung, wonach jeder beteiligte Gesellschafter einen eigenen Schiedsrichter benennen durfte. Allen - rechtlich fachkundigen - Beteiligten war danach bewusst, dass gerade beim Ausscheiden eines Gesellschafters regelmäßig durch die Antragsgegner eine höhere Anzahl von Schiedsrichtern bestellt werden darf. Dies entsprach dem eindeutigen Willen der Vertragsschließenden, so dass auf eine Korrektur nach § 1034 Abs. 2 ZPO nur in Ausnahmefällen zurückgegriffen werden darf. Das hier eingetretene - Übergewicht - der Antragsgegner ist nach den vertraglichen Absprachen der Beteiligten aber als sich abzeichnender Regelfall anzusehen, dem ein solcher Ausnahmecharakter nicht zukommt.
Die Nebenentscheidungen ergehen nach §§ 91, 3 ZPO. Der Streitwert war in Höhe von 1/3 des angekündigten Hauptsachewertes festzusetzen (vgl. Zöller/Geimer, § 1062 Rn. 11).
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