Schiedsspruch


Gericht Schiedsgericht Hamburg Aktenzeichen Schiedsspruch Datum 21.12.2005
Leitsatz
1.      Ein Vergleich über einen Anspruch des Verfrachters auf Fehlfracht kommt zustande, wenn der Befrachter nach Zurückweisung der ursprünglichen Fehlfrachtrechnung sich mit einer bestimmten niedrigeren Neuberechnung einverstanden erklärt und ihm der Reeder eine demgemäß reduzierte Rechnung übersendet.
2.      Ebenso wie Schiedsrichterhonorare in Höhe der Anwaltsgebühren für die letzte Tatsacheninstanz üblich sind, kann im Rahmen des schiedsgerichtlichen Ermessens nach § 1057 ZPO auch die Erstattung entsprechender Anwaltskosten zugesprochen werden.
RechtsvorschriftenBGB § 779; HGB § 578; RVG § 36; RVG-VV Nr. 3200, Nr. 3202; ZPO § 1057
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteVergleich über Fehlfracht, Schiedsverfahrenskosten
Volltext
Tenor:
Die Schiedsbeklagte wird verurteilt,
erstens an die Schiedsklägerin 1.058,32 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 26. Juni 2005 zu zahlen und
zweitens die Kosten des Schiedsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Schiedsklägerin zu tragen und deswegen an letztere 750,79 € zu erstatten; im Übrigen wird die Schiedsklage (wegen der weitergehenden Kostenerstattungs-Nebenforderung) abgewiesen.
A.       Tatbestand:
I.
Streitig ist ein Anspruch auf Fehlfracht aus einer Verschiffung. Insbesondere ist streitig, ob eine Einigung zwischen den Schiedsparteien über den Fehlfrachtanspruch im Wege eines Vergleichs zustande gekommen und bindend ist.
1.       Am 3. Mai 2005 wurde der Schiedsklägerin als Verfrachterin durch das vermittelnde Schiffahrts kontor   B  der telefonisch getätigte Abschluss wie folgt bestätigt, der sich auf die Verschiffung für die Schiedsbeklagte als Befrachterin bezog (Anlage K 1):
„Fixture-recap:
-         MV „ “ - Singledecker/Box ... abt 2.150 mtons 114.000 cft - 1 hold/1 hatch - steelfloored
-         for
-         abt/but maximum 2.000 mtons of  pellets in bulk only abt 56 cft stowing w g
-         I /B
-         Freight Euro 19,00 per ton of 1000 kos., fio-spout-grab-conveyor-belt-trimmed - payable on intaken weight by Charterers via this Office ...
-         owise Gencon C/P box Layout form from 1976 with 4 % total comm here incl adresses on freight, deadfreight ...
-         general Average and arbitration to be settled in Hamburg ... otherwise terms/conditions which are normally for this trade ...”
[Abweichungen von der folgenden Bestätigung an die Schiedsbeklagte hier kursiv wiedergegeben.]
2.       Mit E-Mail vom 4. Mai 2005, 14.26 Uhr, bestätigte das Schiffahrts kontor den am 3. Mai 2005 mit der Schiedsbeklagten als Befrachterin geschlossenen Vertrag dieser wie folgt (Anlage B 1):
„Fixture-recap:
-         MV „ “ - Singledecker/Box ... abt 2.150 mtons 114.000 cft - 1 hold/1 hatch - steelfloored
-         for
-         abt/but maximum 2.000 mtons of  pellets in bulk only abt 56 cft stowing w g
-         I B  ...
-         Freight Euro 20,00 per ton of 1000 kos., fio-spout-grab-conveyor-belt-trimmed - payable on intaken weight by Charterers via this Office ...
-         owise Gencon C/P box Layout form from 1976 ...
-         general Average and arbitration to be settled in Hamburg ...
Otherwise terms/conditions which are normally for this trade ...”
[Abweichung von der obigen Bestätigung an die Schiedsklägerin hier kursiv wiedergegeben.]
3.       Das Schiff ist mit 3.232 cbm (cubic metre) = 114.141 cbf (cubic feet) amtlich vermessen (1 Fuß = 0,3048 m). Die losen  Pellets ( -Trockenschnitzel) wurden wie vorgesehen verschifft. Jedoch wurden in I  nur 1.918.400 kg geladen (Vermerk auf Anlage K 4) und nicht die abt (about) / but maximum vorgesehenen 2.000 mtons (metric tons). Letztere Menge hätte bei einem Staufaktor von 56 cft einem Volumen von 112.000 cft entsprochen.
4.       Die Schiedsklägerin machte Fehlfracht über die Gewichtsdifferenz geltend. Auf die Fehlfracht-Rechnung No. 033/05 antwortete die Schiedsbeklagte mit Schreiben vom 13. Mai 2005 an das Schiffahrts kontor (Anlage K 2):
„ohne Präjudiz für unsere Rechte aus der Charter Party sind wir bereit, auf Basis 3 % Staufaktor zu regulieren. ...“
Falls der Reeder damit nicht einverstanden ist, sehen wir einer entsprechenden Arbitrage mit Interesse entgegen. Nach unserer Information ist ein ähnlicher Fall bereits mit 3 % entschieden worden.“
Das Schiffahrts kontor leitete diese Antwort am 23. Mai 2005 an die Schiedsklägerin weiter (Anlage K 3):
„Habe von Firma W  folgendes erhalten:
Wegen der Fehlmenge, welche in I  geladen wurde, ist die Firma W  bereit, Fehlfracht auf Basis 3 % abzurechnen. Höre gern mit neuer Fehlfrachtrechnung von Euch. ...“
5.       Auf der Basis des Regulierungsvorschlags der Schiedsbeklagten machte die Schiedsklägerin am 25. Mai 2005 folgende Fehlfrachtrechnung neu auf und übersandte diese dem Schiffahrtskontor (Nr. B / 179 - 154a, Anlage K 4):
„Fehlfracht auf 58.022 kg à € 19, - per 1.000 kg
€ 1.102,42
4 % Kommission
€      44,10
Staufaktor: 56 cbf + 3 % = 1,68 cbf = 57,68 cbf 114.000 cbf : 57,68 = 1.976.422 kg“
€ 1.058,32
I.v.
 
Die Schiedsklägerin legte ausweislich dieser Rechnung einen von 56 cbf um 3 % auf 57,68 cbf erhöhten Staufaktor zugrunde. Sodann errechnete sie aus dem für das Schiff möglichen Ladevolumen von abgerundet 114.000 cbf geteilt durch diesen Staufaktor ein mögliches Ladegewicht von 1.976.422 kg losen  -Pellets. Abzüglich der tatsächlich geladenen 1.918.400 kg ergab sich die geltend gemachte Fehlfrachtmenge von 58.022 kg.
6.       Auf die an die Schiedsbeklagte weitergeleitete Rechnung antwortete die Schiedsbeklagte unter dem 31. Mai 2005 an das Schiffahrtskontor (Anlage K 5):
„... entschuldigen Sie bitte, daß wir erst heute auf Ihre o. g. Rechnung zurückkommen. Bei erneuter Durchsicht der C/P (Recap) via e-mail vom 04.05.2005, 14:26 Uhr ist geschrieben
-         abt/but maximum 2.000 mtons of  pellets in bulk only abt 56 cft stowing w g
Aufgrund von “w g” = without guarantee, ist somit der Anspruch der Reederei hinfällig. Sie erhalten anliegend Ihre Rechnung zu unserer Entlastung zurück.“
Beigefügt war die reduzierte Fehlfrachtrechnung vom 25. Mai 2005 mit dem handschriftlichen Vermerk: „Bitte Storno“ (Anlage K 4).
7.       Auf eine Zahlungsaufforderung der Schiedsklägerin vom 6. Juni 2005 schrieb ihr die Schiedsbeklagte am 7. Juni 2005, dass es sich bezüglich der von ihr geäußerten Bereitschaft zur Regulierung des Staufaktors mit 3 % um ein Angebot ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage gehandelt habe (Anlage K 5 a). In weiteren Schreiben vom 22. und 30. Juni 2005 erklärte die Schiedsklägerin, dass sie das Regulierungsangebot durch ihre Rechnung im Vergleichswege angenommen habe (Anlagen K 6 und K 8). Die Schiedsbeklagte bestritt am 23. Juni 2006 einen Vergleich, weil eine Generalquittung fehle, und berief sich auf ein Widerrufsrecht unter Hinweis auf §§ 794 ff Zivilprozessordnung (ZPO). Beim Abschluss des von der Schiedsklägerin so genannten „Vergleichs“ sei weder von der einen noch von der anderen Seite der Staufaktor „wg = without guarantee“ berücksichtigt worden (Anlage K 7).
II.
Die Schiedsklägerin trägt vor:
Sie habe das Angebot der Schiedsbeklagten vom 13. Mai 2005 zur Regulierung der Fehlfracht im Wege des Vergleichs durch die reduzierte Fehlfrachtrechnung vom 25. Mai 2005 angenommen. Auf die Auslegung des Ausdrucks „w g“ komme es deshalb nicht mehr an. Durch den von der Schiedsbeklagten selbst vorgeschlagenen Vergleich sei die streitige Auslegung des „Recap“ erledigt.
Nach der Zahlungsaufforderung vom 7. Juni 2005 befinde sich die Schiedsbeklagte im Verzug.
Die neben dem anteilig vorgeschossenen Schiedsrichter-Honorar (415,28 € und 149,64 €, zusammen 564,92 €) an sie (die Schiedsklägerin) zu erstattenden außergerichtlichen Kosten seien gemäß Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG)-Vergütungsverzeichnis (VV) Nrn. 3200, 3202, 7202 nebst 16 % MWSt berechnet worden.
Die Schiedsklägerin beantragt,
die Schiedsbeklagte zu verurteilen,
erstens an die Schiedsklägerin 1.058,32 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 26. Juni 2005 zu zahlen und
zweitens die Kosten des Schiedsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Schiedsklägerin zu tragen und deswegen an letztere (564,92 € anteilige Schiedsrichtervorschüsse und 306,00 € Rechtsanwaltsvergütung =) 870,92 € zu erstatten.
Die Schiedsbeklagte beantragt,
die Schiedsklage kostenpflichtig abzuweisen,
ersatzweise der Schiedsklägerin die außergerichtlichen Kosten anzulasten,
ersatzweise die Aufstellung ihrer Anwaltskosten durch Kostenfestsetzungsbeschluss des ordentlichen Gerichts überprüfen zu lassen.
Die Schiedsbeklagte trägt vor:
Grundlage für die Entscheidung des Schiedsgerichts über eine Forderung könne nur das „Recap“ sein. Es dürfe kein Vorteil aus einem Anspruch gezogen werden, der dem „Recap“ widerspreche. Die Auslegung des „Recap“ sei streitig.
Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben sei kein rechtsgültiger „Vergleich“ geschlossen worden. Der „Vergleich“ sei nicht von ihr (der Schiedsbeklagten) selbst vorgeschlagen, sondern von der Schiedsklägerin arglistig erschlichen worden. Sie (die Schiedsbeklagte) sei in Unkenntnis der Sachlage in den „Vergleich“ genötigt worden. Dieser könne mangels Rechtsgrundlage nicht rechtsgültig und bindend geschlossen worden sein.
Die außergerichtlichen Kosten des Schiedsverfahrens seien gemäß Rechtsprechung anderer Hamburger Schiedsgerichte (so Verein der Getreidehändler der Hamburger Börse e.V. und Waren-Verein der Hamburger Börse e.V.) nicht erstattungsfähig.
III.
Die Schiedsparteien haben mit Schriftsätzen vom 13. und 25. Oktober 2005 auf mündliche Verhandlung verzichtet und eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren beantragt.
Ergänzend wird auf die vorstehend zusammengefassten Vorgänge aus den Schriftsätzen und Anlagen Bezug genommen.
B.       Entscheidungsgründe:
Die Schiedsklage ist zulässig und im Wesentlichen begründet.
I.
Die Zuständigkeit des Schiedsgerichts und die Anwendung deutschen Rechts ergeben sich aus dem zwischen den beiderseits deutschen Schiedsparteien in Deutschland geschlossenen Vertrag gemäß „Fixture-recap“ vom 3./4. Mai 2005 mit der darin enthaltenen Schiedsklausel („arbitration to be settled in Hamburg“, §§ 1025 ff, 1029, 1031 Zivilprozessordnung ‑‑ZPO‑‑). Ungeachtet der auswärtigen Verschiffung lässt sich aus dem Sitz beider Schiedsparteien und aus ihrer Wahl des Schiedsgerichtsstands auf das hiesige Prozessrecht und - mangels anderer Abrede - auf die Anwendung des materiellen deutschen Rechts schließen (vgl. § 1051 ZPO, §§ 27, 28 Abs. 4 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche ‑‑EGBGB‑‑; Schiedsgericht Hamburger freundschaftliche Arbitrage vom 29. Dezember 1998, NJW-Rechtsprechungs-Report ‑‑NJW-RR‑‑ 1999, 780 m.w.N.; Schiedsgericht der Handelskammer Hamburg vom 21. März 1996, Neue Juristische Wochenschrift ‑‑NJW‑‑ 1996, 3229).
II.
Der Anspruch der Schiedsklägerin gegen die Schiedsbeklagte auf 1.058,32 € Fehlfracht ergibt sich aus einem über deren Regulierung zwischen den Schiedsparteien geschlossenen Vergleich gemäß § 779 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
1.       Die Voraussetzungen eines Vergleichs sind erfüllt.
a)       Gemäß § 779 Satz 1 Halbsatz 1 BGB ist der Vergleich ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege des gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Der Vergleich kommt wie andere Verträge durch Angebot und Annahme zustande (§§ 145 ff, 151 BGB). Zum Wesen des Vergleichs gehört es, dass durch ihn das ursprüngliche Ausgangsrechtsverhältnis in Bezug auf den vorher streitigen oder ungewissen Punkt verändert und dass insoweit eine bisher nicht oder in geringerer Höhe bestehende Schuld neu begründet werden kann (Sprau in Palandt, BGB, 65. A., § 779 Rd. 1a-2).
Entgegen der vor(schieds)gerichtlichen Äußerung der Schiedsbeklagten setzt ein Vergleich über einen Punkt (wie hier den Fehlfrachtanspruch) nicht die Erteilung einer Generalquittung über alle möglichen Streitpunkte voraus.
b)       Im vorliegenden Fall bestand Streit und Ungewissheit über die Auslegung der Klausel
about / but maximum 2.000 metric tons of ...pellets in bulk only
about 56 cft stowing „w g“
aus dem „Fixture-recap“. Nach unstreitig ausreichender Ladekapazität des Schiffes und unstreitig tatsächlich nur geladenen 1.918.400 kg war streitig und ungewiss, ob oder in welcher Höhe ein Anspruch auf Fehlfracht nach dieser Klausel geltend gemacht werden durfte. Dies zeigt sich daran, dass einerseits die Schiedsklägerin zunächst Fehlfracht berechnete und andererseits die Schiedsbeklagte die ursprüngliche Fehlfracht-Rechnung (No. 033/05) sinngemäß mit Schreiben vom 13. Mai 2005 zurückwies durch das stattdessen darin unterbreitete Angebot, ohne Präjudiz zur Regulierung auf Basis 3 % Staufaktor bereit zu sein. Die Zurückweisung der ursprünglichen Fehlfracht-Rechnung wurde zusammen mit dem ultimativen Charakter des Regulierungsangebots der Schiedsbeklagten bekräftigt durch deren Hinweis auf die sonst durchzuführende Arbitrage. Auch der dem Regulierungsangebot vorangestellte Ausdruck „ohne Präjudiz“ verdeutlicht, dass Streit und Ungewissheit über das Bestehen oder über die Höhe eines Fehlfracht-Anspruchs nach der vorbezeichneten Klausel des „Fixture-recap“ bestanden.
c)       Das vorbeschriebene Angebot der Schiedsbeklagten, ohne Präjudiz zur Regulierung auf Basis 3 % Staufaktor bereit zu sein, ist danach als Angebot zum Abschluss eines Vergleichs gemäß §§ 145, 779 BGB anzusehen (zur möglichen Staufaktor-Abweichung um 3 % vgl. Becker, Klauseln des Seefrachtgeschäftes, S. 97).
Ein Vergleichsangebot liegt in dem Angebot, ohne Präjudiz für den bisher ungeklärten Ausgangsstreit den ursprünglich geltend gemachten Anspruch nur zu einem bestimmten Teil zu regulieren (vgl. Oberlandesgericht ‑‑OLG‑‑ Düsseldorf vom 12. Dezember 1986 22 U 171/86, Recht und Schaden ‑‑r+s‑‑ 1998, 168; Amtsgericht ‑‑AG‑‑ Alzey vom 25. September 2003 24 C 113/03, Juris; AG Augsburg vom 18. Juni 1982 1 C 1530/82, Juris).
Während die Schiedsbeklagte ihr Angebot zur Regulierung eines bestimmten Teils „ohne Präjudiz“ für den Rechtsstandpunkt zum Ausgangsrechtsverhältnis „Fixture-recap“ abgab, sollten Streit und Ungewissheit über die darin enthaltene Klausel gerade durch das Angebot und die der Schiedsklägerin eingeräumte Möglichkeit zur Annahme dieses Angebots beseitigt werden, das heißt durch Abschluss eines solchen Vergleichs im Wege gegenseitigen Nachgebens. Zugleich sollte durch diesen Vergleich die ansonsten negativ in Aussicht gestellte Arbitrage über die Auslegung des Ausgangsvertrags und der darin enthaltenen Klausel vermieden werden.
d)       Das gegenseitige Nachgeben war dementsprechend in dem Regulierungsangebot wie folgt vorgesehen:
Einerseits wollte die Schiedsbeklagte es nicht bei der Zurückweisung der ursprünglichen Fehlfracht-Rechnung bewenden lassen und die Schiedsklägerin nicht nur auf die Arbitrage verweisen, sondern erklärte die Schiedsbeklagte sich mit einer geringeren Fehlfracht-Regulierung gemäß der von ihr vorgeschlagenen Berechnung einverstanden.
Andererseits sollte die Schiedsklägerin ihre Forderung aus der ursprünglichen Fehlfracht-Rechnung auf die von der Schiedsbeklagten vorgeschlagene Berechnung reduzieren.
e)       Das Regulierungsangebot der Schiedsbeklagten war als solches für sie bindend für den Fall seiner Annahme durch die Schiedsklägerin. Nach dem Grundsatz des § 145 Halbsatz 1 BGB ist ein Angebot für den Antragenden bindend, wenn er die Gebundenheit nicht gemäß § 145 Halbsatz 2 BGB ausgeschlossen hat.
Wenngleich eine Bindung für den Fall der Fortsetzung des Streits über die ungewisse Auslegung der Ausgangsvertrags-Klausel durch den Ausdruck „ohne Präjudiz“ ausgeschlossen wurde, war das Angebot für den (umgekehrten) Fall seiner Annahme nicht mit einem Vorbehalt im Sinne von § 145 Halbsatz 2 BGB versehen, d.h. nicht als freibleibend oder widerruflich gekennzeichnet.
f)        Die Bindung an das Angebot vom 13. Mai 2005 trat gemäß § 130 BGB in dem Zeitpunkt ein, als es der Schiedsklägerin zuging. Die Bindung bestand gemäß § 147 Abs. 2 BGB bis zu dem Zeitpunkt, in welchem die Schiedsbeklagte die Annahme des am 23. Mai 2005 an die Schiedsklägerin weitergeleiteten Angebots unter regelmäßigen Umständen erwarten durfte.
g)       Das Angebot der Schiedsbeklagten zur Regulierung des Streits und der Ungewissheit im Vergleichswege wurde seitens der Schiedsklägerin durch ihre neu aufgemachte reduzierte Fehlfracht-Rechnung vom 25. Mai 2005 angenommen. Diese ging der Schiedsbeklagten rechtzeitig zu und war bei Auslegung nach dem wirklichen Willen und objektiven Empfängerhorizont gemäß § 133 BGB als uneingeschränkte Annahmeerklärung zu verstehen. Ein Vorbehalt der Schiedsklägerin für eine Aufrechterhaltung einer weitergehenden Fehlfracht-Forderung ist weder ausdrücklich noch aufgrund irgendwelcher anderen Anhaltspunkte ersichtlich und wird auch nicht von der Schiedsbeklagten beanstandet. Unstreitig entspricht die neue und reduzierte Berechnung der Fehlfrachtforderung dem Regulierungs-Vergleichsangebot der Schiedsbeklagten.
Nach dieser Annahmeerklärung kommt es nicht mehr darauf an, dass gemäß § 151 BGB ein Regulierungsangebot auch anderweitig ohne Erklärung gegenüber dem Vergleichs-Vertragspartner hätte angenommen werden können (wie z.B. bei widerspruchsloser Einlösung eines Teilbetrags-Schecks, vgl. AG Hamburg vom 30. Oktober 2003 4 C 475/02, Reiserecht aktuell ‑‑RRa‑‑ 2003, 267; OLG Köln vom 8. September 1999 13 U 42/99, NJW-RR 2000, 1073; OLG Düsseldorf vom 27. Mai 1998 8 W 13/98, Das juristische Büro ‑‑JurBüro‑‑ 1999, 157; Bundesgerichtshof ‑‑BGH‑‑ vom 6. Februar 1990 X ZR 39/89, NJW 1990, 1656).
Durch die mit der reduzierten Fehlfracht-Rechnung sinngemäß von der Schiedsklägerin erklärte Annahme des Regulierungs-Vergleichsangebots der Schiedsbeklagten ist der Vergleichsvertrag zustande gekommen; nach diesem steht nunmehr diese neu berechnete Fehlfrachtforderung fest.
2.       Die durch den Regulierungsvergleich festgelegte Fehlfrachtforderung entfällt nicht durch eine anderweitige Unwirksamkeit des Vergleichs, sondern der Vergleich und der Schiedsklageanspruch sind unverändert wirksam.
a)       Ein Recht zum Vergleichsrücktritt oder -widerruf hat sich keine Schiedspartei vorbehalten und besteht auch nicht aus anderen Gründen, auch nicht nach den vor(schieds)gerichtlich von der Schiedsbeklagten angeführten Vorschriften der §§ 794 ff ZPO, die sich nur mit Zwangsvollstreckungstiteln befassen (einschließlich eines gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gerichtlich oder durch eine Gütestelle protokollierten Vergleichs).
b)       Der in § 779 letzter Halbsatz BGB speziell geregelte Unwirksamkeitsgrund des beiderseitigen Irrtums über die Vergleichsgrundlage liegt nicht vor. Insbesondere wurde im Vergleich gerade keine bestimmte Klauselauslegung betreffend die Fehlfracht übereinstimmend als feststehend zugrunde gelegt, sondern wurden Streit und Ungewissheit darüber durch den Vergleich beseitigt (oben 1). Wenn eine Vergleichspartei meint, sich im Irrtum über einen Umstand befunden zu haben, der wegen Streit und Ungewissheit Gegenstand der Streitbeilegung war, kann daraus nicht die Unwirksamkeit des Vergleichs gemäß § 779 letzter Halbsatz BGB hergeleitet werden (vgl. BGH vom 8. Dezember 1999 I ZR 230/07, NJW 2000, 2497, 2498; zu II 1 a; Sprau in Palandt, BGB, 65. A., § 779 Rd. 15 m.w.N.). Danach kommt es nicht mehr darauf an, dass selbst ein beiderseitiger Irrtum über die Rechtsfolgen aus dem Ausgangssachverhalt nicht zur Unwirksamkeit des Vergleichs gemäß § 779 letzter Halbsatz BGB führen würde (vgl. BGH vom 12. Mai 1965 IV ZR 122/64, Betriebs-Berater ‑‑BB‑‑ 1965, 766).
c)       Die Wirksamkeit des Vergleichs ist auch nicht durch Anfechtung entfallen. Abgesehen von der bereits fehlenden Anfechtungserklärung gemäß § 143 BGB gibt es auch keinen Anfechtungsgrund.
aa)     Der von der Schiedsbeklagten erhobene Vorwurf einer Nötigung und arglistigen Täuschung (§ 123 BGB) durch die Schiedsklägerin ist durch nichts substantiiert und in Anbetracht des gerade von der Schiedsbeklagten selbst unterbreiteten Regulierungs-Vergleichsangebots abwegig.
bb)     Ein Irrtum über die Erklärung oder den Inhalt des Regulierungs-Vergleichsangebots im Sinne von § 119 Abs. 1 BGB ist weder behauptet worden noch sonst ersichtlich.
cc)     Insbesondere liegt auch kein Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft im Sinne von § 119 Abs. 2 BGB vor. Bei dem (von der Schiedsbeklagten behaupteten) einseitigen Irrtum (ihrer Partei) über die Rechtslage in dem durch den Vergleich erledigten ungewissen und streitigen Punkt des Ausgangsrechtsverhältnisses handelt es sich um einen Motiv- oder Geschäftsirrtum, der nicht zur Anfechtung berechtigt, sondern in das Risiko der jeweiligen Vergleichs-Vertragspartei fällt (vgl. BGH vom 8. Dezember 1999 I ZR 230/07, NJW 2000, 2497, 2498 zu II 2; Heinrichs und Sprau in Palandt, BGB, 65. A., § 119 Rd. 29 m.w.N., § 779 Rd. 15 m.w.N.)
d)       Wegen des unbeachtlichen Motiv- oder Geschäftsirrtums kann die Schiedsbeklagte sich auch nicht auf das nach Treu und Glauben entwickelte und inzwischen gesetzlich in § 313 BGB geregelte (und neben der Spezialbestimmung des § 779 letzter Halbsatz BGB anwendbare) Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage berufen (vgl. BGH vom 8. Dezember 1999 I ZR 230/07, NJW 2000, 2497, 2498 zu II 2; Sprau in Palandt, BGB, 65. A., § 779 Rd. 13, 15 m.w.N.).
III.
Die Nebenforderung auf Zinsen ab dem 26. Juni 2005 ist nach der unstreitig zugegangenen Zahlungsaufforderung vom 6. Juni 2005 aus Verzug gemäß §§ 286, 288 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB in Höhe von 8 % p.a. über dem Basiszinssatz begründet.
IV.
1.       Die Kostenentscheidung einschließlich der Erstattung der außergerichtlichen Kosten richtet sich nach dem Ausgang des Verfahrens bezüglich der Hauptforderung. Dies folgt mangels abweichender Vereinbarung der beiden Schiedsparteien aus der einschlägigen dispositiven gesetzlichen Regelung des § 1057 ZPO (in der Fassung des Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes vom 22. Dezember 1997) in Verbindung mit § 91 ZPO.
Danach kommt es auf die von der Schiedsbeklagten angeführte Rechtsprechung anderer Schiedsgerichte gemäß dortigen Regelungen über die außergerichtlichen Kosten nicht mehr an (vgl. Schiedsgericht der Handelskammer Hamburg vom 21. Juni 1996, NJW 1997, 613, Recht der internationalen Wirtschaft ‑‑RIW‑‑ 1996, 771 m.w.N.). Im Übrigen hat die Schiedsbeklagte vor Einleitung des Schiedsgerichtsverfahrens ausdrücklich dessen Durchführung gemäß den Vorschriften der ZPO verlangt und die ihr von der Schiedsklägerin vorgeschlagene Unterwerfung unter eine besondere Schiedsordnung abgelehnt.
2.       Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens hat die Schiedsbeklagte die Kosten zu tragen und dazu der Schiedsklägerin die gemäß schiedsgerichtlicher Spezifizierung vom 29. August 2005 verauslagten Schiedsrichterkosten von netto 358 € plus (258 : 2 =) 129 €, zusammen 487 € sowie die von der Schiedsklägerin am 25. Oktober 2005 abgerechneten Anwaltskosten von netto (136 + 102 + 25,79 =) 263,79 € bzw. insgesamt (487 + 263,79 =) 750,79 € zu erstatten, jedoch nicht die gemäß § 15 Umsatzsteuergesetz (UStG) von der Schiedsklägerin als Vorsteuer abziehbare Umsatzsteuer.
Im Rahmen des vom Schiedsgericht nach § 1057 ZPO auszuübenden Ermessens sachgerecht hat die Schiedsklägerin die Anwaltskosten in der für die letzte Tatsacheninstanz maßgeblichen Höhe wie im Berufungsverfahren gemäß § 36 RVG i.V.m. RVG-VV Nrn. 3200 und 3202 abgerechnet (vgl. auch zum Schiedsrichterhonorar Bischof/Jungbauer/Podleck-Trappmann, RVG, § 1 Rd. 37; Gebauer/Schneider, RVG, 2. A., § 1 Rd. 145; Schütze/Tschernig/Wais, Hdb. d. Schiedsverfahrens, 2. A., Rd. 235; Göttlich/Mümmler, Bundes-Gebührenordnung für Rechtsanwälte ‑‑BRAGO‑‑, 17. A., „Schiedsrichter“ unter Hinweis auf LG Mainz, Anwaltsblatt ‑‑AnwBl‑‑ 1953, 336). Dabei kann dahinstehen, ob oder unter welchen Umständen anderes bei einem niedrigeren Streitwert gelten würde, der beim staatlichen Gericht nur den Zugang zum Amtsgericht als letzter Tatsacheninstanz eröffnet hätte (vgl. § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO bis 600 €).
Die sogenannte Terminsgebühr ist gemäß § 36 Abs. 2 RVG auch beim Schiedsspruch im schriftlichen Verfahren angefallen, nachdem auf mündliche Verhandlung verzichtet worden ist und die Anträge schriftlich gestellt worden sind.
3.       Eine Überprüfung der Kostenerstattungsforderung durch Kostenfestsetzungsbeschluss eines ordentlichen Gerichts ist entgegen dem Hilfsantrag der Schiedsbeklagten während des Schiedsverfahrens (vor der hierüber durch Schiedsspruch zu treffenden Entscheidung) gesetzlich nicht vorgesehen und daher nicht statthaft.
Summary