Gericht | KG Berlin | Aktenzeichen | 20 Sch 6/12 | Datum | 19.11.2012 |
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Leitsatz | |||||
1. Ein Verstoß von § 1057 ZPO gegen Verfassungsrecht ist nicht erkennbar. 2. Eine Aussetzung nach § 148 ZPO ist angesichts des beschränkten Prüfungsmaßstabs von § 1059 ZPO im Hinblick auf eine anhängige Verfassungsbeschwerde nicht geboten. 3. Zahlt der Schiedsbeklagte eindeutig und ausweislich seiner Zahlungsbestimmung im Überweisungsträger auf den Schiedsspruch, kann der Schiedskläger diese Zahlung nicht auf behauptete und im Schiedsspruch nicht titulierte Verzugszinsen verrechnen. | |||||
Rechtsvorschriften | §§ 1057, 1059 ZPO | ||||
Fundstelle | BeckRS 2014, 1139 | ||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | Aufhebung eines inländischen Schiedsspruchs; Kostenschiedsspruch | ||||
Volltext | |||||
Beschluss Geschäftsnummer: 20 Sch 6/12 Der am 5. Februar 2010 von dem Schiedsgericht, bestehend aus dem Präsidenten des Oberlandesgerichts a.D. x als Vorsitzendem und Universitätsprofessor Dr. x sowie Rechtsanwalt Dr. x als Schiedsrichter erlassene Schiedsspruch wird für vollstreckbar erklärt, soweit er eine Vollstreckung von mehr als 83.440,00 EUR in der Hauptsache ermöglicht. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerinnen als Gesamtschuldner 18 %, der Antragsgegner 82 %. Der Beschluss wird für vorläufig vollstreckbar erklärt. Der Verfahrenswert wird auf 458.478,30 EUR festgesetzt. Gründe I. Das im Antrag genannte Schiedsgericht hat am 5.2.2010 einen Schiedsspruch erlassen, wonach den Antragstellerinnen gegen den Antragsgegner jeweils ein Erstattungsanspruch hinsichtlich des geleisteten Vorschusses für die Kosten des Schiedsgerichts in Höhe von 142.123,06 EUR und ihrer außergerichtlichen Kosten in Höhe von 87.116,09 EUR zusteht. Die Antragstellerinnen forderten den Antragsgegner zur Zahlung aus dem Schiedsspruch bis zum 5.3.2010 auf. Die Antragstellerinnen haben eingehend bei Gericht am 6.6.2012 einen Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung des Schiedsspruchs gestellt. Dieser ist dem Antragsgegner am 27.6.2012 zugestellt worden. Am 11.6.2012 hatte der Antragsgegner eine Zahlung an die Antragstellerinnen von 83.440,00 EUR, im Überweisungstext als "Zahlung aus Schiedsspruch 5.02.2010 SV IV" gekennzeichnet, bewirkt. Mit Schriftsatz vom 8.11.2012 haben die Antragstellerinnen, nachdem sich der Antragsgegner einem Antrag auf teilweise Hauptsacheerledigung nicht anschließen wollte, den Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung in Höhe von 56.475,70 EUR zurückgenommen. Die Antragstellerinnen verrechnen die erhaltene Zahlung lediglich in dieser Höhe auf die Hauptforderung. In übriger Höhe verrechnen sie sie auf die vom 5.3.2010 bis zum 11.6.2012 entstandenen Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz. Der Antragsgegner beantragt Aussetzung und Vorlage des Verfahrens nach Art. 100 GG an das Bundesverfassungsgericht, hilfsweise Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung über seine Verfassungsbeschwerde (2 BvR 1235/12) gegen die BGH-Entscheidung (III ZB 63/10) im vorgeschalteten Verfahren des Antragsgegners auf Aufhebung des hier streitgegenständlichen Schiedsspruchs. Zudem verlangt er eine mündliche Verhandlung, weil er materielle Einwendungen gegen den Schiedsspruch habe, die er nach § 767 ZPO verfolge. Die Antragstellerinnen hätten ihre Anwälte lediglich nach Zeitaufwand vergütet, das entspräche maximal 34.102,95 EUR. Mit dem Schiedsrichter Prof. x sei telefonisch ein Streitwert für den Schiedsrichtervertrag von 2 Mio EUR verabredet worden, darüber habe auch Einvernehmen mit RA x für die "hiesigen Antragstellerinnen" bestanden. Dasselbe betreffe den Schiedsrichtervertrag mit dem Schiedsrichter Dr. x und x. Entsprechend stünden den Antragstellerinnen ausgehend von diesem Streitwert nur 58.465 EUR Kostenerstattung zu, dieser Betrag sei bezahlt. Außerdem hätten sich die Prozessbevollmächtigten der Schiedsbeklagten am 1.2.2008 sittenwidrig darauf geeinigt, auch gegenseitige Interessen wahrzunehmen. Der Antragsgegner beantragt hilfsweise, die Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch vom 5.2.2012 für unzulässig zu erklären. II. Dem Antrag war wie tenoriert nach § 1060 ZPO zu entsprechen, weil dem Schiedsspruch in dieser Höhe keine Einwendungen entgegenstehen. 1) a) Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 ZPO bestehen nicht und werden vom Antragsgegner auch nicht geltend gemacht. Einer mündlichen Verhandlung bedurfte es in Ansehung von § 1063 Abs. 2 ZPO entsprechend nicht. b) Einer Aussetzung und Vorlage beim Bundesverfassungsgericht bedurfte es nicht, ein Verstoß von § 1057 ZPO gegen Verfassungsrecht ist nicht erkennbar. Insoweit hält der Senat an seiner den Parteien bekannten Rechtsauffassung aus dem Verfahren 20 Sch 2/10 fest. c) Einer Aussetzung im Hinblick auf die anhängige Verfassungsbeschwerde bedurfte es ebenfalls nicht, § 148 ZPO. Der Senat hält § 1057 ZPO für verfassungsgemäß und angesichts des beschränkten Prüfungsmaßstabs von § 1059 ZPO eine Verzögerung des Vollstreckbarkeitserklärungsverfahrens im Hinblick auf die anhängige Verfassungsbeschwerde nicht für geboten. d) Über die "Hilfsvollstreckungswiderklage" war nicht zu entscheiden, da dieser Antrag bei verständiger Auslegung nur als Abweisungsantrag im Vollstreckbarkeitsverfahren verstanden werden kann; da der Schiedsspruch noch nicht vollstreckbar ist, kann derzeit gegen ihn keine Vollstreckungsgegenklage erhoben werden. Die Argumente des Antragsgegners betreffen insoweit die Frage des Umfangs der Vollstreckbarkeitserklärung und werden im Vollstreckbarkeitsverfahren bereits behandelt. 2) Dem Antrag war nur zu entsprechen, soweit der Schiedsspruch eine Vollstreckung über einen Betrag von 83.440,00 EUR hinaus gestattet, weil in dieser Höhe durch die Zahlung des Antragsgegners zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit die titulierte Forderung erloschen ist. Soweit die Antragstellerinnen die Zahlung auf die nicht titulierten Zinsen verrechnen möchten unter Hinweis auf § 367 BGB, geht dies fehl. Der Antragsgegner hat eindeutig ausweislich seiner Zahlungsbestimmung im Überweisungsträger auf den Schiedsspruch gezahlt. Die von den Antragstellerinnen geltend gemachten Zinsen sind aber gerade nicht tituliert, so dass sie nicht ernstlich annehmen konnten, eine Zahlung auf den Schiedsspruch auf die behaupteten Verzugszinsen verrechnen zu dürfen. Soweit der Antragsteller materielle Einwendungen gegen die Höhe der titulierten Forderung erhebt, ist sein Vortrag zu einen extrem vage und einer Beweiserhebung nicht zugänglich (angebliche sittenwidrige Vereinbarung), zum anderen unschlüssig: die behauptete Begrenzung der Schiedsrichtervergütung im Schiedsvertrag auf 2 Mio EUR scheitert schon daran, dass es an einer vorgetragenen Tatsachengrundlage, aus der sich die behauptete Einigung herleiten ließe, fehlt. Die behauptete Einigung ist bestritten, so dass der Antragsgegner hier substantiiert hätte vortragen müssen. 3) Die Kostenentscheidung folgt aus § 92, 269 Abs. 2 ZPO. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO greift hier nicht, weil die Antragstellerinnen die Klage nicht unverzüglich zurückgenommen, sondern statt dessen zunächst eine Hauptsacherledigung betrieben haben. Die Entscheidung über eine vorläufige Vollstreckbarerklärung beruht auf § 1064 Abs. 2 ZPO. | |||||
Summary | |||||
The applicants asked the Higher Regional Court of Berlin for a declaration of enforceability of an arbitral award on costs. The court partially granted the application. In the award, the applicants have been granted EUR 229,239.15. Several days after the application has been made, but before it was served on the party opposing the application, the party opposing the application made a payment in the amount of EUR 83,440.00 to the applicants. In the transfer voucher, the party opposing the application clearly referred to the arbitral award on costs. Due to this payment, the applicants withdrew their application in the amount of EUR 56,475.70. Regarding the rest of the payment, the applicants declared a set-off with default interest which arose after the end of a deadline set by the applicants for the payment of the awarded costs. The court was of the opinion, that section 1057 of the German Code of Civil Procedure (ZPO) is in accordance with the German Basic Law (GG) and due to the limited standard of review of section 1059 ZPO, a delay of the proceedings for the declaration of enforceability was not necessary. Therefore, there was no need for a stay in terms of Art. 100 GG. This was also true for the party opposing the application’s constitutional complaint regarding previous proceedings for the setting aside of the award and a corresponding suspension in terms of section 148 ZPO. The party opposing the application further alternatively applied for a declaration of inadmissibility of the execution. Since the award has not been enforceable and no action in terms of section 767 ZPO could be raised against it at this point in time, the court interpreted this as an application to refuse the application for a declaration of enforceability. Lastly, the court found that the claim has expired in the full amount of the party opposing the application’s payment. The latter has clearly determined the obligation imposed in the arbitral award to be performed by its payment and the claimed default interest have not been titled in the award. Therefore, a sett-off with these has not been possible. Insofar as the party opposing the application further objected to the amount of the awarded obligation, the court found that its submissions were extremely vague and not able to be proved by evidence. The decision on costs followed from sections 92, 269 subsec. 2 ZPO. Section 269 subsec. 3 sentence 3 ZPO was not applicable, since the applicants have not withdrawn their application immediately, but at first have declared the action to be terminated. |