18 C 7402/07


Gericht AG Stuttgart Aktenzeichen 18 C 7402/07 Datum 08.04.2008
Leitsatz
1. Im Falle eines Streits zwischen dem Schiedsgericht und einer Partei eines laufenden DIS-Schiedsgerichtsverfahrens über die Höhe des für die Gebühren der Schiedsrichter und der Schiedsinstitution geltenden Streitwerts ist der Antrag des Schiedsgerichts auf gerichtliche Überprüfung der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens bei Festsetzung des Streitwerts an das für den vereinbarten Sitz des Schiedsgerichts örtlich zuständige Amtsgericht gemäß §§ ZPO § 1050 Satz 1, ZPO § 1062 Abs. ZPO § 1062 Absatz 4 ZPO zulässig.
2. § INSO § 182 InsO ist nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei in einem laufenden DIS-Schiedsgerichtsverfahren weder unmittelbar noch analog anwendbar.
Aus dem in § 40.1 Satz 2 DIS-SchO festgelegten Prinzip der gesamtschuldnerischen Haftung der Parteien für die Kosten des schiedsrichterlichen Verfahrens ist zu entnehmen, dass die Insolvenz einer Partei sich nicht auf die Gebühren und das Honorar des Schiedsgerichts auswirken soll. Entscheidendes Kriterium für die Ausübung des Ermessens zur Bestimmung des Streitwerts ist die Kontinuität des schiedsrichterlichen Verfahrens und der Umfang der schiedsrichterlichen Tätigkeit. An dieser Tätigkeit ändert sich durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in ihrem Umfange nichts. Auch bei einem Antrag auf Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle fällt für das Schiedsgericht der selbe Arbeitsaufwand an wie bei einem Leistungsantrag.
Rechtsvorschriften
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
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Volltext
B E S C H L U S S
1. Der Streitwert des Schiedsverfahrens zwischen den Parteien …. wird auf 1.864.688,02 € festgesetzt.
2. Der Schiedsbeklagte trägt die Kosten des vorliegenden Rechtsstreits.
Gründe:
I.
In dem vom Schiedsgericht bei dem Amtsgericht Stuttgart eingeleiteten Verfahren streiten die Schiedsklägerin und der Schiedsbeklagte um die Höhe des für das noch laufende Schiedsgerichtsverfahren festzusetzenden Streitwerts.
Im Schiedsgerichtsverfahren war von der Schiedsklägerin zuletzt die Feststellung einer Forderung in Höhe von 1.969.117,80 € zur Insolvenztabelle begehrt worden. Für die Streitwertfestsetzung bezüglich dieses Feststellungsantrags erachtete das Schiedsgericht einen Betrag in Höhe von 1.864.688,02 € für angebracht.
Als Streitwert war vom Schiedsgericht zum einen für den ehemals gestellten Leistungsantrag (den ersten Antrag alter Fassung) 1.781.806,34 € in Ansatz gebracht worden, zum anderen für den beidseitig für erledigt erklärten dritten Antrag alter Fassung ein Kostenstreitwert in Höhe von 76.188,55 €. Für den zweiten Antrag alter Fassung sollte kein besonderer Streitwert anfallen. Zu den verschiedenen Anträgen wird auf … Akte verwiesen.
Die Schiedsklägerin beanstandet den Streitwert nicht, den das Schiedsgericht in Ansatz bringen möchte.
Der Schiedsbeklagte hingegen ist der Auffassung, der Streitwert sei auf 1,00 Euro festzusetzen, weil mittlerweile Masseunzulänglichkeit angezeigt worden sei.
Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Der Antrag des Schiedsgerichts ist gem. § 1050 Satz 1 ZPO zulässig.
Das Schiedsgericht kann nach dieser Vorschrift bei Gericht Unterstützung bei einer Vornahme sonstiger richterlichen Handlungen, zu denen das Schiedsgericht nicht befugt ist. Die Schiedsrichter sind nicht befugt, ihre Gebühren selbst festzusetzen, auch nicht indirekt über die Festsetzung des Streitwertes (BGH vom 25.11.1976 - III ZR 112/74 - WM 1977, 319; BGH vom 7.3.1985 - III ZR 169/83 - BGHZ 94, 92; Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 3. Auflage 1999, Rdnr. 227; Musielak/Voit, 5. Auflage 2007, § 1057 Rdnr. 5; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Auflage 2005, Kap. 33 Rdnr. 15). Denn dies wäre eine unzulässige Entscheidung in eigener Sache. Das Schiedsgericht kann deshalb über den Streitwert nicht selbst entscheiden. Es würde sonst das Honorar seiner Mitglieder einseitig gegenüber den Parteien des Schiedsverfahrens festsetzen.
Da das Schiedsverfahren noch andauert (anders als beim Fall des OLG Dresden, Beschluss vom 11.12.2000 - 11 SchH 1/00- BB Beilage 2001, Nr. 6 20-21) und der Streitwert für den Fortgang des Verfahrens nötig ist, damit die Schiedsrichter ihren Verschluss anfordern können, kann das Schiedsgericht nicht darauf verwiesen werden, dass es ausreicht, den Streitwert erst als Vorfrage bei ihren Honorarklagen zu ermitteln.
Das Amtsgericht Stuttgart ist für die Entscheidung gem. § 1062 Abs. 4 ZPO sachlich und örtlich zuständig. Das Schiedsgericht hat durch seinen Vorsitzenden seinen Sitz im Bezirk des Amtsgerichts Stuttgart. Die schiedsrichterliche Handlung findet daher in dessen Bezirk statt.
Eine Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Stuttgart gem. § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO besteht nicht, weil keine Entscheidung des Schiedsgerichts über den Streitwert vorliegt.
Der Streitwert war in der bereits vom Schiedsgericht für zutreffend erachteten Höhe festzusetzen.
Gem. § 40.2 DIS-SchO, der die Kosten des schiedsrichterlichen Verfahrens regelt (die Vorschrift ist abgedruckt bei Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl. 2005, S. 620), ist der Streitwert vom Schiedsgericht nach pflichtgemäßem Ermessen festzusetzen.
Die Erwägungen des Schiedsgerichts sind überzeugend. Das Amtsgericht schließt sich daher der Ansicht des Schiedsgerichtes an. Der Ansatz des Streitwertes in Höhe von 1.864.688,02 € ist zutreffend.
Entgegen der Auffassung des Schiedsbeklagten findet § 182 InsO keine Anwendung auf das Schiedsgerichtsverfahren.
Eine unmittelbare Anwendung des § 182 InsO auf das Schiedsverfahren ergibt sich nicht aus § 182 InsO selbst oder § 185 S. 3 InsO.
Diese Bestimmung gilt zwar in anderen Verfahrensordnungen ebenso wie im Anwendungsbereich der Zivilprozessordnung(Nerlich/Römermann/Kießner, Stand: Mai 2007, § 182 Rn. 8; Braun/Becker, 2. Auflage 2004, § 182 Rdnr. 13; Uhlenbruck, 12. Auflage 2003, § 182 Rdnr. 8). Eine ausdrückliche Anwendbarkeit auf das Schiedsgerichtsverfahren ist indes nicht normiert. Vielmehr handelt es sich bei den auch in den Kommentierungen zur Zivilprozessordnung aufgeführten Gerichten um staatliche Gerichte.
3.
Eine analoge Anwendung des § 182 InsO im Schiedsgerichtsverfahren scheidet aus. § 182 InsO ist nach seinem Rechtsgedanken nicht auf das Schiedsverfahren anwendbar.
Aus dem in § 40 Abs. 1 Satz 2 DIS-SchO festgelegten Prinzip der gesamtschuldnerischen Haftung der Parteien für die Verfahrenskosten des Schiedsverfahrens lässt sich entnehmen, dass die Insolvenz einer Partei sich nicht auf die Gebühren und das Honorar des Schiedsgerichts auswirken soll. Der Argumentation des Schiedsgerichts ist auch insoweit zu folgen, als es darauf abstellt, entscheidendes Kriterium für die Ausübung des Ermessens zur Bestimmung des Streitwertes sei die Kontinuität des Schiedsverfahrens und der Umfang der schiedsrichterlichen Tätigkeit. Die Vergütung der Schiedsrich-ter ist die Gegenleistung für die Tätigkeit des Schiedsgerichts. An dieser ändert sich durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in ihrem Umfang nichts. Auch bei einem Antrag auf Feststellung zur Insolvenztabelle fällt derselbe Arbeitsaufwand an wie bei einem Leistungsantrag. Die Situation des privaten Schiedsgerichts unterscheidet sich insoweit wesentlich von der Lage bei den staatlichen Gerichten, die vom Staat ihre Mittel erhalten. Dass die Insolvenz einer Partei des Schiedsverfahrens auf die Vergütung des privaten Schiedsgerichtes durchschlagen soll, begegnet vor diesem Hintergrund erheblichen Bedenken und wäre sachlich nicht zu rechtfertigen.
Der Ansatz des Kostenstreitwertes für den dritten Antrag alter Fassung ist nicht zu beanstanden. Ausgehend vom fiktiven Hauptsachestreitwert von 1.363.047,12 € (…) ergibt sich der Kostenstreitwert, bestehend aus den Schiedsrichterhonoraren in Höhe von 76.188,55 €.
Dass nach der Auffassung des Schiedsgerichtes kein Ansatz für den Antrag Ziffer 2 alter Fassung erfolgen soll, hat das Amtsgericht zu respektieren.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Summary
Claimant and Respondent disagreed about the amount in dispute in an ongoing arbitration.
In the arbitration, claimant had requested the declaration of a claim over € 1,969,117.80 for the insolvency schedule. For the assessment of the value in dispute concerning this declaratory claim the arbitral tribunal considered the amount of € 1,864,688.02 as appropriate. The Claimant did not object to this amount in dispute. The Respondent however was of the opinion that the amount in dispute must be fixed at € 1.00 according to section 182 Insolvency Code (InsO) because asset insufficiency had been notified in the meantime.
The District Court (AG) Stuttgart followed the arbitral tribunal's point of view. Contrary to the Respondent's opinion, section 182 InsO is neither directly nor analogous applicable to the arbitration. According to the principle laid down in section 40 (1), second sentence DIS
Arbitration Rules, the parties are jointly and severally liable for the costs of the proceedings, meaning that a party's insolvency has no effect on the fees of the arbitration. The arbitrators' fees are the remuneration for the exercise of their function as arbitral tribunal. The opening of insolvency proceedings has no impact on this amount, the situation of a private arbitral tribunal being significantly different from the situation of courts which receive their financial means from the State.