Gericht | OLG Köln | Aktenzeichen | 19 Sch 31/12 | Datum | 31.01.2013 |
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Leitsatz | |||||
Rechtsvorschriften | |||||
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Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
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B E S C H L U S S Tenor: 1. Der Antrag der Antragstellerin, den Zwischenbescheid des Schiedsgerichts über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts aufzuheben, wird zurückgewiesen. 2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Gründe: I. Am 28.12.1977 schlossen die hiesige Antragsgegnerin zu 3 sowie die Herrn T und T2 vor dem Notar u.a. einen Gesellschaftsvertrag zur Gründung der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin. Am 03.12.1990 unterzeichneten dieselben Personen einen Gesellschaftsvertrag der nunmehr unter dem Namen der Antragstellerin firmierenden KG. § 27 dieses Gesellschaftsvertrages lautete auszugsweise wie folgt: „Für das Auseinandersetzungsguthaben […] gelten […] folgende Bestimmungen: (1) Dem ausseidenenden Kommanditisten bzw. seinen Erben ist der Betrag seines Kapitalanteils abzüglich oder zuzüglich der Salden seiner Konten, insbesondere seines Sonderkontos, und zuzüglich der anteiligen offenen Rückzahlungen auszuzahlen. Hinsichtlich des Kapitalanteils und der offenen Rücklagen ist dabei von den Ansätzen in der letzten Jahresbilanz und hinsichtlich der übrigen Konten von den Ansätzen am Stichtag des Ausscheidens aus der Gesellschaft auszugehen. […] (4) Einigen sich die Beteiligten über die Höhe des Auseinandersetzungsguthabens nicht, so wird dieses auf Antrag eines Beteiligten von einem Präsidenten der Industrie- und Handelskammer zu benennenden Sachverständigen rechtsverbindlich festgesetzt.“ Unter der Überschrift „VII. Schiedsgericht § 30“ hieß es: „(1) Über alle Rechtsstreitigkeiten, die wegen der Gültigkeit, der Anwendung und der Auslegung des Gesellschaftsvertrages entstehen, und über alle Rechtsstreitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis soll – soweit gesetzlich zulässig – unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges ein Schiedsgericht entscheiden. Das gleiche gilt auch für die Klärung von Zweifelsfragen sowie für die Beseitigung von Unbilligkeiten und Härten. (2) Der Schiedsvertrag wird in besonderer Urkunde vereinbart.“ In dieser Urkunde fand sich die folgende Bestimmung: „Unter Hinweis auf die Vorschrift in § 30 des Gesellschaftsvertrages für die vorerwähnte Gesellschaft wird folgendes vereinbart: (1) Die Entscheidung aller Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern oder zwischen den Gesellschaftern untereinander in Angelegenheiten der Gesellschaft wird, soweit gesetzlich zulässig – unter Ausschluss der ordentlichen Gerichte – einem Schiedsgericht übertragen. Das gilt insbesondere für Rechtsstreitigkeiten, die wegen der Gültigkeit, der Anwendung und der Auslegung des Gesellschaftsvertrages entstehen, für alle Rechtsstreitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis und auch für die Klärung von Zweifelsfragen sowie die Beseitigung von Unbilligkeiten und Härten. (2)[…]“ Die Antragsgegner waren Gesellschafter der Antragstellerin. Mit Schreiben kündigten sie ihre Beteiligung an der Antragstellerin. Die Parteien stritten anschließend über die Höhe des den Antragsgegnern zustehenden Abfindungsanspruchs. Die Antragstellerin errechnete einen Abfindungsanspruch auf Basis des § 27 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag auf Grundlage von Buchwerten und zahlte diese Beträge an die Antragsgegner aus. Die Antragsgegner waren und sind der Auffassung, dass diese Berechnung zutreffend ist, allerdings ihr Abfindungsanspruch nicht auf Basis von Buchwerten gemäß § 27 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages zu berechnen sei, sondern auf Grundlage von Verkehrswerten, so dass sich ein deutlich höherer Anspruch ergäbe. Die Regelung des § 27 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag sei insofern unwirksam, als sie die Abfindungserrechnung nach Buchwerten vorsehe. Nachdem eine Einigung nicht erfolgen konnte, riefen die Antragsgegner – unter Beachtung der Schiedsgerichtsvereinbarung – das Schiedsgericht an und beantragten dort die Antragstellerin zu verurteilen, an die Antragsgegner jeweils rd. Euro 1,3 Mio. zu zahlen. Nachdem die Antragstellerin einwandte, das Schiedsgericht sei nicht zuständig, hat das Schiedsgericht mit Zwischenentscheid die Schiedsklage für zulässig und das angerufene Schiedsgericht für zuständig erklärt. Die Antragstellerin beantragt nunmehr mit Antragsschrift den Zwischenbescheid aufzuheben und die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts festzustellen. Sie meint, das Schiedsgericht habe zu Unrecht seine Zuständigkeit angenommen. Vielmehr hätte auf der Grundlage von § 27 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages ein Schiedsgutachter beauftragt werden müssen. II. Der Antrag der Antragstellerin auf Aufhebung des Zwischenentscheids des Schiedsgerichts ist zulässig, aber nicht begründet. 1. Das Oberlandesgericht Köln ist sachlich und örtlich gemäß §§ 1062 Abs. 1 Nr. 2, § 1040 Abs. 3 Satz 1 ZPO zuständig. Die Voraussetzungen des § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO sind gewahrt. 2. Zu Recht hat das Schiedsgericht im Zwischenentscheid (Anlage A1) die Zulässigkeit der Schiedsklage und seine Zuständigkeit angenommen. a) Die Sonderregelung in § 27 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages ändert – wie das Schiedsgericht zutreffend ausgeführt hat – nichts an seiner Zuständigkeit. Die Auffassung der Antragstellerin, diese Sonderregelung im Gesellschaftsvertrag führe vorliegend dazu, dass ein Schiedsgutachter für die Frage der Höhe des Auseinandersetzungsguthabens bestimmt werden müsse und das durch die Antragsgegner angerufene Schiedsgericht daher nicht zuständig sei, trifft nicht zu. § 27 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages führt nur dann in Abänderung der ansonsten rechtswirksam vereinbarten Schiedsgerichtsvereinbarung zur Übertragung der Entscheidungsfindung auf einen Schiedsgutachter, wenn (ausschließlich) die Höhe des Auseinandersetzungsguthabens im Streit steht, es also um die Errechnung dieses Anspruchs geht. Vorliegend streiten die Parteien aber – nachdem die Antragstellerin bereits auf der Grundlage von Buchwerten abgerechnet hat – zunächst über die für die Errechnung der Höhe der Abfindung entscheidende Vorfrage, ob nach Buchwerten oder – wie die Antragsgegner meinen – nach Verkehrswerten abzurechnen sei, also die Frage, ob die Buchwertklausel wirksam ist. Der Streit betrifft mithin die Frage, ob § 27 Gesellschaftsvertrag, dementsprechend für die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens die Buch- und nicht die Verkehrswerte der Antragstellerin entscheidend sein sollen, nichtig ist. Dabei handelt es sich aber um eine Rechtsfrage, die nicht durch einen Sachverständigen zu entscheiden ist, sondern durch ein Gericht, hier also durch das Schiedsgericht. Das erhellt bereits daraus, dass die Antragsgegner die vorgenommene Errechnung der Abfindung soweit diese auf Grundlage von Buchwerten vorgenommen worden ist, gar nicht anzweifeln. Sie meinen nur, dass diese Abfindung auf Grundlage von Verkehrswerten hätte abgerechnet werden müssen. Nur dann ergäbe sich ein (ausstehender) Anspruch. § 27 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages ist bei richtigem Verständnis nur für den Fall vorgesehen, dass sich die Beteiligten isoliert über die Errechnung des Auseinandersetzungsguthabens streiten, die Frage nach der Berechnungsgrundlage aber unstreitig ist. Hätten die Gesellschafter bei Regelung der Vorschriften im Gesellschaftsvertrag gewollt, dass der Sachverständige bei Streitigkeiten über die Höhe der Abfindung auch Rechtsfragen zu entscheiden hat, hätten sie dies im Einzelnen zu regeln gehabt, was sie vorliegend jedoch nicht getan haben. Es kann zwar im Rahmen einer Schiedsgutachterabrede durchaus geregelt werden, dass der Schiedsgutachter auch rechtliche Bewertungen vornehmen soll, wenn die Beurteilung der Frage den Befugnissen des Sachverständigen nicht wesensfremd ist (BGH, Urt. v. 21.05.1975, -VIII ZR 161/73-, zitiert nach juris), er – mit anderen Worten – gerade auf diesem Gebiet spezielle Fachkunde besitzt. Regelmäßig verbleibt es aber dabei, dass der Auftrag des Sachverständigen auf die Beantwortung der seinem (technischen) Fachgebiet entspringenden Fragestellungen beschränkt ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.03.2009, -23 U 82/08-, zitiert nach juris). Ob die Beurteilung der Frage nach der Wirksamkeit der Abfindungsklausel in § 27 des Gesellschaftsvertrages, die die Errechnung des Auseinandersetzungsbetrages auf Grundlage von Buchwerten regelt, den Befugnissen eines zu bestellenden Sachverständigen „nicht wesensfremd“ im Sinne der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist, erscheint zweifelhaft. Jedenfalls für den vorliegenden Fall kann davon ausgegangen werden, dass die Parteien, die eine Schiedsgutachterabrede für die Beantwortung einer unternehmenswertbezogenen/technischen Frage vereinbart haben, gar nicht in Erwägung gezogen haben, dass damit auch die Entscheidung rechtlicher Fragen einhergehen könnte. Dies wird umso deutlicher, wenn man bedenkt, dass der Schiedsgutachter gemäß § 27 Abs. 4 Gesellschaftsvertrag die Höhe des Auseinandersetzungsguthabens „rechtsverbindlich“ klären soll, was richtiger Auffassung nach zur Folge hätte, dass die Feststellungen des Sachverständigen hierzu bis zur Grenze der Willkür unanfechtbar wären (so für die Formulierung der „endgültig“[en] Entscheidung durch den Sachverständigen OLG Köln, Urt. v. 26.11.2009, -18 U 43/09-, zitiert nach juris). Es ist nicht erkennbar, dass die vertragschließenden Gesellschafter tatsächlich gewollt haben, dass ein Sachverständiger über Rechtsfragen Entscheidungen treffen kann, die praktisch unanfechtbar sind. Insofern gilt auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nichts Anderes. Der Bundesgerichtshof hat in der durch die Antragstellerin zitierten Entscheidung (NJW 1975, Bl. 1556 ff. = Urt. v. 21.05.1975, -VIII ZR 161/73-, zitiert nach juris) angenommen, dass in gewissen Fällen ein Schiedsgutachter auch über Rechtsfragen entscheiden könne, wenn diese vom Schiedsgutachter – weil seinem Fachgebiet nicht wesensfremd – fachkundig beantwortet werden könnten. Das könne auch dann gelten, wenn die von ihm zu treffende Tatsachenfeststellung ohne Beantwortung der vorgreiflichen Rechtsfrage nicht möglich sei. Ein solcher Fall liege dann vor, wenn der Gutachter dazu berufen sei, über die Frage der Angemessenheit der Mietzinshöhe für ein gewerblich genutztes Objekt zu befinden und als Vorfrage eine Aussage darüber getroffen werden müsse, ob eine „grundlegende Veränderung der Lebensverhältnisse, insbesondere eine unzumutbare Verschiebung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung“ eingetreten sei. Ein Schiedsgutachter kann aber nicht über die hier interessierende Vorfrage entscheiden, ob eine Klausel in einem Gesellschaftsvertrag wirksam ist oder nicht. Dies gilt ungeachtet der Frage, dass der Schiedsgutachter auch befähigt sein könnte, nicht nur über die Höhe eines Auseinandersetzungsguthabens nach Buchwert sondern auch nach Verkehrswert zu entscheiden. Bei der Vorfrage, ob sich das Auseinandersetzungsguthaben nach Buchwert bestimmt oder ob die Buchwertklausel unwirksam ist, dürfte es auch erforderlich sein, die Höhe des Verkehrswerts zu bestimmen. Allein dieser Umstand begründet aber keine Zuständigkeit des Schiedsgutachters. Vielmehr kommt es auf eine rechtlich wertende Prüfung und Auslegung des Gesellschaftsvertrages an (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 20.09.1993, -II ZR 104/92, NJW 1993, 3193). Die Annahme der Antragstellerin, es müsse in jedem Fall deshalb ein Schiedsgutachten aufgrund § 27 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages eingeholt werden, weil die Antragsgegner einen bezifferten Zahlungsanspruch erhoben und sich eben nicht auf die Entscheidung der Vorfrage, ob nach Buchwert oder Verkehrswert der Zahlungsanspruch zu ermitteln sei, beschränkt hätten, ist nicht zutreffend. Sollte nämlich das Schiedsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass nach Buchwert abzurechnen war, hätten die Antragsgegner keinen Anspruch mehr, wie sie selbst einräumen, weil die Höhe des auf dieser Grundlage ermittelten Abfindungsbetrages auch nach ihrer Auffassung richtig ist. Gelänge das Schiedsgericht hingegen zu dem Ergebnis, dass nach Verkehrswert abzurechnen sei, mündete dies in eine Streitigkeit zur Höhe, was zur Folge hätte, dass das Schiedsgericht über die Höhe des Abfindungsanspruchs zu entscheiden hätte, sofern es seine Zuständigkeit auch insofern bejahte. Das wird das Schiedsgericht in diesem Fall auch unter Anwendung von § 27 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages zu prüfen haben. b) Die weitergehenden zutreffenden Angaben des Schiedsgerichts zu seiner Zuständigkeit sind von der Antragstellerin nicht angegriffen worden, so dass sich hierzu weitere Ausführungen erübrigen. 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Den Streitwert setzt der Senat auf 1/5 des Hauptsachewertes fest, der sich aus der Addition der fünf geltend gemachten Zahlungsansprüche ergibt. Streitwert: Euro 1.300.279,20 | |||||
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