34 SchH 12/13


Gericht OLG München Aktenzeichen 34 SchH 12/13 Datum 19.02.2014
Leitsatz
Ohne amtlichen Leitsatz.
Das Gericht hat bei der Bestellung eines Schiedsrichters alle nach der Parteivereinbarung für den Schiedsrichter vorgeschriebenen Voraussetzungen zu berücksichtigen und allen Gesichtspunkten Rechnung zu tragen, die die Bestellung eines unabhängigen und unparteiischen Schiedsrichters sicherstellen.
RechtsvorschriftenZPO §§ 1035 Abs. 1 Satz 1, 1062
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteBestellung eines Schiedsrichters, Qualifikationsanforderungen an einen Vorsitzenden
Volltext
BESCHLUSS
Zum dritten Schiedsrichter und Obmann des Schiedsgerichts für die Durchführung des mit Antragsschrift vom 21. Mai 2013 eingeleiteten Schiedsverfahrens zwischen den Parteien wird bestellt:
Herr xxx, c/o Oberlandesgericht 80097 München.
Die Kosten des Bestellungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Streitwert wird auf 600.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller ist Radiologe in München. Er schloss am 17.3.2010 mit der Antragsgegnerin zu 1, einer Privatklinik in der Rechtsform der GmbH & Co. KG, einen Kooperationsvertrag über kernspintomographische Untersuchungen und Befunderstellungen in deren Räumlichkeiten. Die Kooperationsvereinbarung enthält in Ziff. IX. folgende Schiedsklausel:
Über alle Streitigkeiten, die sich aus diesem Gesellschaftsverhältnis ergeben, sowohl zwischen der Gesellschaft und Gesellschaftern, als auch zwischen Gesellschaftern untereinander, entscheidet unter Ausschluss des Rechtswegs ein Schiedsgericht. Das gilt auch für Streitigkeiten über die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrags. Das Nähere regelt ein gesonderter Schiedsvertrag.
Am 8.3.2010 trat der Antragsteller der Antragsgegnerin zu 1 als Kommanditist bei. Deren Gesellschaftsvertrag vom 13.6.2009 enthält in § 24 folgende Schiedsklausel:
Über alle Streitigkeiten, die sich aus diesem Gesellschaftsverhältnis ergeben, sowohl zwischen der Gesellschaft und Gesellschaftern, als auch zwischen Gesellschaftern untereinander, entscheidet unter Ausschluss des Rechtswegs ein Schiedsgericht. Dies gilt auch für Streitigkeiten über die Wirksamkeit dieses Gesellschaftsvertrags. Das Nähere regelt ein gesonderter Schiedsvertrag.
Der Antragsgegner zu 2 ist Geschäftsführer der Komplementär-GmbH und ebenfalls Kommanditist der Antragsgegnerin zu 1. Der Antragsteller wirft den Antragsgegnern vor, ihre vertraglichen und gesellschaftsrechtlichen Pflichten nicht eingehalten zu haben, weshalb es zur außerordentlichen Kündigung des Kooperationsvertrags gekommen sei. Mit seiner Schiedsklage vom 21.5.2013 begehrt er Ersatz entgangenen Gewinns in Höhe von 1.354.364,74 € für den Zeitraum bis zum Ablauf des Jahres 2018 sowie für den anschließenden Zeitraum der Rechtsnachfolge einen Teilbetrag von 645.635,26 € als offene Teilklage. Die Parteien haben bei Verfahrensbeginn eine Schiedsgerichtsvereinbarung abgeschlossen (K 2) und jeweils einen Schiedsrichter - beiderseits einen Rechtsanwalt - bestellt. Sie sind sich einig, dass die Streitigkeit von der Schiedsklausel im Kooperationsvertrag erfasst wird. Der Antragsgegner zu 2 meint indessen, Ansprüche aus der Kooperationsvereinbarung könnten nicht gegen ihn als Kommanditisten der Gesellschaft geltend gemacht werden. Die Bestellung des von ihm benannten Schiedsrichters bezieht sich deshalb auf die im Gesellschaftsvertrag enthaltene Schiedsklausel. Insoweit hat er sich auch vorbehalten, die Anwendbarkeit der Schiedsklausel aus dem Kooperationsvertrag auf seine Person zu rügen.
Weil sich die beiderseits bestellten Schiedsrichter auf einen Obmann nicht einigen konnten, hat der Antragsteller unter dem 2.8.2013 das Oberlandesgericht München angerufen mit dem Antrag, den dritten Schiedsrichter zu bestellen. Die Antragsgegner hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Beide Seiten unterbreiteten Personalvorschläge. Während der Antragsteller der Meinung ist, der Schwerpunkt des Verfahrens liege im Gesellschaftsrecht, sehen die Antragsgegner das Schwergewicht in den Einwendungen, die sich aus dem ärztlichen Berufsrecht ergäben. Zuletzt regten die Antragsgegner an, den Obmann aus den Richtern des Berufsgerichts bzw. des Landesberufsgerichts für die Heilberufe auszuwählen.
II.
Dem Bestellungsantrag ist stattzugeben.
1.     Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München folgt bereits aus der im Zusammenhang mit der Klageerhebung getroffenen Vereinbarung (K 2), die in Ziff. VI. das Oberlandesgericht München als zuständig im Sinne von § 1062 ZPO (hier: § 1062 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3, Abs. 5, § 1025 Abs. 3 ZPO) bestimmt.
2.    Es bestehen keine durchgreifenden Bedenken, dass sich die Parteien wirksam auf die Durchführung eines schiedsgerichtlichen anstelle eines Verfahrens vor den staatlichen Gerichten (vgl. § 1029 Abs. 1 ZPO) geeinigt haben. Im Rahmen des Bestellungsverfahrens von Schiedsrichtern bedarf es dazu ohnehin keiner abschließenden Entscheidung. Nicht geklärt werden muss an dieser Stelle auch die Reichweite der jeweils in der Kooperationsvereinbarung und im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Schiedsklausel. Jedenfalls besteht Einigkeit, dass hierüber im Einzelnen ein Schiedsgericht im Rahmen des begonnenen Verfahrens befinden soll, ohne dass dadurch die Kompetenz-Kompetenz der (staatlichen) Gerichte (vgl. Reichold in Thomas/Putzo ZPO 4. Aufl. § 1040 Rn. 8) in Frage steht.
Im Übrigen liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die vertraglich nicht abweichend geregelte gerichtliche Bestellung des Vorsitzenden vor (vgl. § 1035 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 ZPO).
3.    Das Gericht hat bei der Bestellung eines Schiedsrichters alle nach der Parteivereinbarung für den Schiedsrichter vorgeschriebenen Voraussetzungen zu berücksichtigen und allen Gesichtspunkten Rechnung zu tragen, die die Bestellung eines unabhängigen und unparteiischen Schiedsrichters sicherstellen (§ 1035 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Die Parteien haben keine besonderen Voraussetzungen aufgestellt, namentlich keine speziellen (persönlichen bzw. fachlichen) Qualifikationen vertraglich festgelegt. Der Antragsteller einerseits und die Antragsgegner andererseits sehen den Schwerpunkt des Verfahrens jeweils auf einem anderen Rechtsgebiet. Der Senat geht davon aus, dass sie dies bei der Bestellung des jeweils von ihnen ernannten Schiedsrichters berücksichtigt haben. Den Stellungnahmen beider Seiten entnimmt der Senat weiter, dass ihnen eine in der (gerichtlichen) Verhandlungsführung erfahrene Person geeignet erschiene. Gemäß § 1035 Abs. 3 und 5 ZPO bestellt daher der Senat die im Tenor bezeichnete Persön­lichkeit zum Obmann des Schiedsgerichts. Herr M. ist aktiver Richter an einem höheren Gericht und verfügt über langjährige berufliche Erfahrung, namentlich auch in einem Kollegialgremium. Er bietet die Gewähr für eine sachgerechte Erfassung der mit der Streitigkeit verbundenen materiell-rechtlichen Probleme sowie für ein justizförmiges und den Interessen der Parteien gerecht werdendes Verfahren. Er ist einerseits Mitglied eines Zivilsenats, andererseits aber auch Untersuchungsführer beim Landesberufsgericht für die Heilberufe. Anhaltspunkte, die Zweifel an seiner Unabhängigkeit und Unparteilichkeit erwecken könnten, haben sich nicht ergeben. Personenbezogene Einwände gegen ihn hat keine Partei erhoben.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. In Fällen wie diesen, in denen es der Zufall bestimmt, welche Partei zuerst den Antrag auf Bestellung des dritten Schiedsrichters stellt, ist die Kostenaufhebung sachgerecht. Die Bestimmung des Streitwerts beruht auf § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO. Anzusetzen ist ein Bruchteil der Hauptsache.
Summary
Without official guideline.
The court, in appointing an arbitrator, shall have due regard to any qualifications required of the arbitrator by the agreement of the parties and to such considerations as are likely to secure the appointment of an independent and impartial arbitrator. In the case of a sole or third arbitrator, the court shall take into account as well the advisability of appointing an arbitrator of a nationality other than those of the parties.