23/29 Sch 21/01


Gericht KG Berlin Aktenzeichen 23/29 Sch 21/01 Datum 06.05.2002
Leitsatz
Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs
Leitsatz der Redaktion:
Eine vertraglich vereinbarte Frist für den Erlass eines Schiedsspruchs ist eine reine Sollvorschrift. Die Überschreitung dieser Frist hindert nicht die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs.
Rechtsvorschriften§ 1061 ZPO;
Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ, Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ, Art. V Abs. 1 lit e UNÜ,
Art. VI UNÜ, Art. V Abs. 2 lit b UNÜ
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteBildung des Schiedsgerichts: - Benennungsverfahren Aufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Schiedsspruch, ausländisch; -Vollstreckbarerklärung Aufhebungs-/Versagungsgründe: - fehlerhafte Bildung des Schiedsgerich
Volltext
B E S C H L U S S:
Der von dem Schiedsgericht bestehend aus dem Obmann Dr. jur. ... und den Schiedsrichterinnen Dr. jur. ... und Dr. Ing. ... am 24. November 2001 in Wien erlassene Schiedsspruch wird für vollstreckbar erklärt.
Der Schiedsspruch hat folgenden Wortlaut:
"1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von Schweizer Franken 204.055,- samt 8,5 % Zinsen p.a. seit dem 6.1.2001 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
2. ...
3. Die beklagte Partei ist ferner schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution
a) die mit Deutsche Mark 7.856,26 (darin 716,16 DEM an 16 % Umsatzsteuer aus DEM 4.476,02 sowie DEM 2.664,08 an Barauslagen) und mit Schweizer Franken 6.752,93 (Barauslagen für Partei/Zeugengebühren) bestimmten Prozesskosten sowie
b) die mit Österreichische Schilling 167.549,40 bestimmten Kosten des Schiedsgerichts zu bezahlen, und ihr
c) den Betrag von österreichische Schilling 151.616,77 an vorgeschossenen, die beklagte Partei treffenden Kosten des Schiedsgerichts zu ersetzen."
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert des Verfahrens wird auf 155.000,00 Euro festgesetzt.

G R Ü N D E
Die Antragstellerin hat den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Schiedsspruch erwirkt, dessen Vollstreckbarerklärung sie begehrt. Dem Tätigwerden des Schiedsgerichts lag eine Vereinbarung (Ziffer 12 des Vertrages der Parteien vom 19. Januar 2000) mit unter anderem folgender Regelung zugrunde (Unterziffer 5): "Der Schiedsanspruch soll ... im Laufe von sechs Monaten ab Datum der Wahl oder Ernennung des Obmannes getroffen werden ...". Der Schiedsspruch ist erst nach Ablauf dieser Frist erlassen worden. Die Antragsgegnerin möchte in der zitierten Regelung ein Hindernis für einen Schiedsspruch nach Ablauf von sechs Monaten ab Datum der Wahl oder Ernennung des Obmanns sehen und vertritt die Ansicht, dass deswegen ein Grund zur Versagung der Vollstreckbarerklärung nach Art, 5 Abs. 1 lit. a oder d des UN-Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 (UNÜ) gegeben sei. Sie hat vor dem Handelsgericht Wien Aufhebungsklage erhoben.
Dem Begehren der Antragstellerin ist zu entsprechen. Die Voraussetzungen für eine Vollstreckbarerklärung nach § 1061 ZPO in Verbindung mit dem UNÜ sind erfüllt. Gründe, die nach Art. 5 UNÜ auf Antrag oder von Amts wegen die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung rechtfertigen würden, sind von der Antragsgegnerin nicht schlüssig vorgebracht worden bzw. nicht ersichtlich.
Der Auffassung der Antragsgegnerin, nach Ziffer 12.5 des von den Parteien geschlossenen Vertrages habe der Schiedsspruch mit Ablauf von sechs Monaten nach dem dort genannten Zeitpunkt nicht mehr erlassen werden dürfen, so dass ein späterer Schiedsspruch durch die Schiedsvereinbarung nicht mehr gedeckt gewesen sei, vermag der Senat nicht zu folgen. Es handelt sich bei der Regelung um eine reine Sollvorschrift. Ihre Bedeutung mag darin gesehen werden, die Parteien anzuhalten, sich bei einem Schiedsverfahren so zu verhalten, dass ein Schiedsspruch nach Möglichkeit innerhalb des Sechsmonatszeitraums ergehen kann. Die Regelung so zu verstehen, dass ein Schiedsverfahren, sofern nicht innerhalb von sechs Monaten ab Datum der Wahl oder Ernennung des Obmanns eine Entscheidung getroffen ist, ergebnislos beendet werden und der Schiedskläger nunmehr seine Ansprüche vor den staatlichen Gerichten geltend machen müsse, erscheint entlegen. Solches widerspricht auch dem eigenen ursprünglichen Verständnis der Antragsgegnerin, die nicht behauptet, während des Schiedsverfahrens eine entsprechende Einwendung erhoben zu haben.
Die in Österreich anhängige Aufhebungsklage der Antragsgegnerin hindert eine Vollstreckbarerklärung nicht. Diese Wirkung hätte nach Art. 5 Abs. 1 lit. e UNÜ erst ein aufhebendes Urteil (oder eine den Schiedsspruch in seinen Wirkungen einstweilen hemmende Entscheidung) des Handelsgerichts Wien. Von der durch Art. 6 UNÜ eröffneten Möglichkeit Gebrauch zu machen, im Hinblick auf den vor dem Handelsgericht Wien anhängigen Prozess das vorliegende Verfahren auszusetzen, hält der Senat nicht für angebracht.
Es liegt auch, soweit es um Ziffer 3 b des Schiedsspruchs geht, kein Versagungsgrund gemäß Art. 5 Abs. 2 lit. b UND - Verstoß gegen den ordre public - vor. Ein solcher Verstoß ist zwar gegeben, wenn ein Schiedsgericht zur Zahlung der den Schiedsrichtern zustehenden Vergütung verurteilt; denn niemand darf in eigener Sache als Richter tätig sein. Darum handelt es sich hier aber nicht. Durch den genannten Teil des Schiedsurteils ist der Antragsstellerin ein Kostenerstattungsanspruch zugebilligt worden.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 und 1064 Abs. 2 ZPO.
Summary