6 Sch 15/13


Gericht OLG Hamburg Aktenzeichen 6 Sch 15/13 Datum 02.08.2013
Leitsatz
1. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer wirksamen Schiedsvereinbarung trägt diejenige Partei, die sich darauf beruft. 2. Für das Formerfordernis nach § 1031 Abs. 1 ZPO ausreichend ist bei mehreren gleichlautenden Dokumenten die Unterzeichnung auf dem für den Partner bestimmten. 3. Die Nichtbeteiligung am Schiedsverfahren führt nicht zur Heilung einer unwirksamen Schiedsvereinbarung durch rügelose Einlassung. 4. Die Geltendmachung eines Aufhebungsgrundes ist nicht nach § 1059 Abs. 3 ZPO präkludiert, wenn der Aufhebungsgrund innerhalb der 3-Monatsfrist innerhalb des Vollstreckungsverfahrens geltend gemacht wird.


Rechtsvorschriften§§ 1031 Abs. 1, 1031 Abs. 2, 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. b, 1059 Abs. 3, 1060 Abs. 1, 1060 Abs. 2 S. 3 ZPO


Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteVollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruches; Fehlen einer wirksamen Schiedsvereinbarung wegen Formunwirksamkeit; Heilung einer unwirksamen Schiedsvereinbarung; Frist für die Geltendmachung von Aufhebungsgründen
Volltext
Beschluss Der Antrag der Antragstellerin auf Vollstreckbarerklärung des von dem Schiedsgericht des Vereins der Getreidehändler der Hamburger Börse e.V., bestehend aus den Schiedsrichtern H und I sowie J als Obmann erlassenen Schiedsspruchs vom 19. März 2013 -Az.: K- wird abgelehnt. Der Schiedsspruch wird aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin. Der Streitwert wird auf € 36.020,00 festgesetzt. - Gründe: - I. Die Antragstellerin begehrt mit ihrem am 26.04.2013 eingegangenen Antrag die Vollstreckbarkeitserklärung des vorstehend in der Beschlussformel wiedergegebenen Schiedsspruches des Vereins der Getreidehändler der Hamburger Börse e.V. vom 19. März 2013 zum Az. K, mit dem der Antragsgegner zur Zahlung von Schadensersatz wegen der Nichterfüllung eines Kontraktes über die Lieferung von B-Weizen in Höhe von € 36.020,- verurteilt wurde. Der Antragsgegner hat sich an dem Schiedsverfahren nicht beteiligt. Das Schiedsgericht ist davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien „unstreitig ein Kaufvertrag mit dem Inhalt der Kontraktbestätigung der Klägerin vom 05.03.2012 über die Lieferung von 500 t B-Weizen zustande gekommen (sei)“. Der Schiedsspruch wurde dem Antragsgegner am 23.03.2013 zugestellt. Die Parteien streiten darüber, ob sie den o.g. Kontrakt geschlossen und eine wirksame Schiedsvereinbarung getroffen haben. Die Antragstellerin hat die Kontraktbestätigung vom 2.3.12 (Anlagenkonvolut AST 3) vorgelegt, die nur von ihr unterschrieben ist und in der bestätigt wird, dass der Kauf unter den Einheitsbedingungen im deutschen Getreidehandel unter Einbeziehung des Schiedsgerichtes VdG Hamburg erfolgt. Die Antragstellerin verteidigt den erlassenen Schiedsspruch. Sie trägt vor, im Vorfeld des dem Vollstreckbarkeitserklärungsverfahren zugrunde liegenden Vertrages habe der Antragsgegner zunächst eine Preisanfrage gegenüber ihrem Mitarbeiter Herrn L gestellt. Herr L sei sodann in einem Telefonat mit dem Antragsgegner vom 2.3.2012 mit diesem übereingekommen, von ihm 500 t B-Weizen zum Preis von 18,50 € zzgl. Gesetzlicher MwSt./100kg zu kaufen. Die Mitschrift des Herrn L sei sodann in das Warenwirtschaftssystem übertragen und der Ausdruck vom 5.3.2012 erstellt worden (Mitschrift und Ausdruck Anlagenkonvolut AST 3), der an den Antragsgegner am 5.3.2012 abgesandt worden sei (Zeugnis L , M ). Als Herr L sodann auf eine telefonische Düngerbestellung des Antragsgegners diesem am 7.3.2012 telefonisch mitgeteilt habe, dass ein Verkauf von Dünger allenfalls gegen Vorkasse in Betracht komme, habe der Antragsgegner hierauf sehr ungehalten reagiert und habe gegenüber dem Zeugen L mitgeteilt, dass die Antragstellerin sich nun „auch den Kontrakt vom 2.3.2012 in die Haare schmieren könne“ (Zeugnis: L ). Dem Antragsgegner sei durch ihre Aufforderungen zur Leistungserfüllung und durch die Schiedsklage bekannt gewesen, dass sie Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Kontrakt geltend mache, ohne dass er hiergegen Einwendungen erhoben hätte. Die Antragstellerin beantragt, den von dem Schiedsgericht, bestehend aus den Schiedsrichtern H , I und J am 19. 03. 2013 erlassenen Schiedsspruch mit folgendem Inhalt 1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 36.020,00 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Die Kosten des Verfahrens i.H.v. € 3.592,00, die von der Klägerin zu verauslagen sind, hat ihr der Beklagte zu erstatten. Die von der Klägerin auf die Verfahrenskosten zu entrichtenden 19 % Umsatzsteuer = € 682,48 kann sie als Vorsteuerabzug geltend machen. Wird für vollstreckbar erklärt. Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzuweisen. Der Antragsgegner trägt vor, er habe lediglich eine Preisanfrage für Betriebsmittel bei der Antragstellerin vorgenommen. Ein Lieferkontrakt über Weizen sei nicht abgeschlossen worden, weshalb es auch keine Schiedsvereinbarung gebe. Die von der Antragstellerin als Anlage AST 3 vorgelegte Kontraktbestätigung sei ihm nicht zugegangen.  Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. II. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs vom 19. März 2013 ist - unter Aufhebung desselben - abzulehnen (§ 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO). 1. Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus § 1062 Abs.1 Nr.4 ZPO. Der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens liegt in Hamburg. 2. Die Antragstellerin hat mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung den Schiedsspruch in beglaubigter Abschrift vorgelegt. Damit ist der Vorschrift des § 1064 Abs.1 ZPO Genüge getan. 3. Der Antrag ist jedoch gemäß § 1060 Abs. 2 ZPO unter Aufhebung des Schiedsspruchs abzulehnen, da ein in § 1059 Abs. 2 ZPO bezeichneter Aufhebungsgrund vorliegt, weil es an einer nach deutschem Recht wirksamen Schiedsvereinbarung fehlt (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 litt. A ZPO). A.) Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer wirksamen Schiedsvereinbarung trägt diejenige Partei, die sich darauf beruft, im Vollstreckbarerklärungsverfahren mithin die Antragstellerin (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., Anh § 1061 Rz 6, § 1064 Rz 1). Diesen ihr obliegenden Nachweis hat die Antragstellerin nicht erbracht. Für die formellen Anforderungen an die Schiedsvereinbarung ist § 1031 ZPO einschlägig. Denn da der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens in Hamburg und damit in Deutschland liegt, führt dies gemäß § 1025 Abs.1 ZPO zur Anwendung der §§ 1025 ff ZPO. Gemäß § 1031 Abs. 1 ZPO muss die Schiedsvereinbarung entweder in einem von den Parteien unterzeichneten Dokument oder in zwischen ihnen gewechselten Schreiben (oder einer anderen Form der Nachrichtenübermittlung) enthalten sein, die einen Nachweis der Vereinbarung sicherstellen. Ausreichend ist bei mehreren gleichlautenden Dokumenten die Unterzeichnung auf dem für den Partner bestimmten (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl., § 1031 Rz 4). Die Form des Absatzes 1 gilt auch dann als erfüllt, wenn die Schiedsvereinbarung in einem von der einen Partei der anderen Partei oder von einem Dritten beiden Parteien übermittelten Dokument enthalten ist und der Inhalt des Dokuments im Falle eines nicht rechtzeitig erfolgten Widerspruchs nach der Verkehrssitte als Vertragsinhalt angesehen wird (§ 1031 Abs.2 ZPO). Sind die Erfordernisse des § 1031 nicht erfüllt, so ist die Vereinbarung immer unwirksam, § 1059 II Nr.1 a ZPO (Zöller/Geimer, § 1031 Rz 39). Da die Antragstellerin nur eine ausschließlich von ihr unterschriebene Kontraktbestätigung vom 2.3.12 (Anlagenkonvolut AST 3) vorgelegt hat, hätte sie darlegen und beweisen müssen, dass dem Antragsgegner diese Kontraktbestätigung zugegangen ist (§ 1031 Abs.2 ZPO). Dieser Beweis ist ihr nicht gelungen, es fehlt bereits an einem einer Beweisaufnahme zugänglichen Vortrag: Unmittelbaren Beweis für ihre Behauptung, die Kontraktbestätigung sei dem Antragsgegner zugegangen, hat die Antragstellerin nicht angetreten. Soweit sie für den Zugang der Kontraktbestätigung das Vorliegen von Indizien behauptet und unter Beweis stellt, würde zur Überzeugung des Senats der Beweis dieser Indiztatsachen weder für sich noch in einer Gesamtschau ausreichen, den Nachweis des Zugangs als geführt anzusehen, weshalb eine Beweisaufnahme nicht in Betracht kam. Im Einzelnen: Ob der Mitarbeiter der Antragstellerin Herr L in einem Telefonat mit dem Antragsgegner vom 2.3.2012 mit diesem übereinkam, von ihm 500 t B-Weizen zum Preis von 18,50 € zgl. Gesetzlicher MwSt./100kg zu kaufen, kann dahin stehen. Denn selbst wenn die Gesprächspartner während dieses Telefonates auch eine Schiedsabrede getroffen hätten, was die Antragstellerin selbst nicht behauptet, wäre eine bloße mündliche Abrede nach den oben dargelegten Formerfordernissen unwirksam. Die unter Beweis gestellte Versendung der Kontraktbestätigung beweist deren Zugang bei dem Antragsgegner nicht. Wenn der Antragsgegner auf die telefonische Mitteilung der Antragstellerin, ein Verkauf von Dünger an ihn komme allenfalls gegen Vorkasse in Betracht, geäußert haben sollte, dass die Antragstellerin sich nun „auch den Kontrakt vom 2.3.2012 in die Haare schmieren könne“, ließe sich daraus nicht der Schluss ziehen, dass ihm die Kontraktbestätigung zugegangen sein muss. Genauso denkbar, wenn nicht nahe liegender ist der Schluss darauf, dass der Antragsgegner -ebenso wie die Antragstellerin- von einem wirksamen Vertragsschluss bereits in dem Telefonat vom 2.3.2012 ausging (was er im vorliegenden Verfahren -wie den gesamten Vortrag der Antragstellerin- allerdings in Abrede nimmt). Was schließlich die Tatsache anbelangt, dass der Antragsgegner auf die Aufforderungen zur Vertragserfüllung und auf die Zustellung der Antragsschrift zum Schiedsverfahren nicht reagiert und insbesondere nicht eingewandt hat, die Kontraktbestätigung nicht erhalten zu haben, lassen sich hieraus weitergehende Schlüsse als der, dass der Antragsgegner mit den Ansprüchen der Antragsstellerin nichts zu tun haben wollte, nicht ziehen. B.) Da sich der Antragsgegner an dem Schiedsverfahren nicht beteiligt hat, kommt eine Heilung durch rügelose Einlassung nicht in Betracht. C.) Der Antragsgegner ist mit der Geltendmachung dieses Aufhebungsgrundes auch nicht etwa deshalb präkludiert, weil er nicht innerhalb der 3-Monatsfrist des § 1060 Abs.2 S.3 ZPO iVm § 1059 Abs.3 ZPO einen Aufhebungsantrag gestellt hat. Denn das Vollstreckbarerklärungsverfahren ist anhängig geworden (26.4.2013), bevor die Frist für den Aufhebungsantrag (23.06.2013) abgelaufen ist (vgl. Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl., § 1060 Rz 11). Der Antragsgegner hat mit seinem Schreiben vom 30. Mai 2013 -und damit innerhalb der 3-Monatsfrist- beantragt, den Vollstreckbarerklärungsantrag zurückzuweisen (wenn diesem Antrag stattgegeben wird, ist der Schiedsspruch zugleich aufzuheben) und hat geltend gemacht, dass es keine Schiedsvereinbarung gibt. 4.   Die Vorschrift des § 1063 ZPO ist beachtet worden. 5. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin gemäß § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen. Der Streitwert bestimmt sich nach dem Hauptsachebetrag der im Schiedsspruch zuerkannten Forderung.
Summary
OLG Hamburg 6 Sch 15/13 The applicant asked the Higher Regional Court of Hamburg for a declaration of enforceability of an arbitral award. The Court decided to reject the application and to set aside the award. The applicant sought the declaration of enforceability of an arbitral award which ordered the party opposing the application to pay damages for non-performance of a contract for the supply of wheat in the amount of € 36,020. The arbitral tribunal was of the opinion that the parties entered into a purchase agreement with the content of the applicant’s contract confirmation for the delivery of 500 tonnes of wheat. The applicant submitted that the parties agreed in a telephone conversation to conclude a contract on 2 March 2012. A transcript of the conversation was transferred to the ERP system and a printout was produced, which was sent to the party opposing the application. When the applicant later informed the party opposing the application in response to a different order that a sale of fertiliser could at most be considered against advance payment, the party opposing the application reacted indignantly and informed the applicant that it could now also forget (“sich in die Haare schmieren”) the contract of 2 March 2012. The party opposing the application was of the opinion that a supply contract for wheat had not been concluded, which is why there would be no arbitration agreement. It also submitted that it had not received the contract confirmation. The court found that the application for declaration of enforceability had to be rejected as there was no valid arbitration agreement pursuant to section 1059 subsec. 2 no. 1 lit. A of the Code of Civil Procedure (ZPO). It held that the party invoking an arbitration agreement must bear the burden of proof for the existence of an effective arbitration agreement. Pursuant to section 1031 subsec. 1 ZPO, an arbitration agreement must be contained either in a document signed by the parties or in letters exchanged between them or any other form of communication which ensures proof of the agreement. In the case of several identical documents, the signature on the document intended for the other party is sufficient. The form requirement of section 1031 subsec. 1 ZPO shall also be deemed to have been fulfilled if the arbitration agreement is contained in a document transmitted by one party to the other party and the content of the document is regarded as part of the contract according to customs and usages in the event that an objection is not being made in time (section 1031 subsec. 2 ZPO). Since the applicant only submitted a contract confirmation signed exclusively by it, it had to prove that the party opposing the application received this contract confirmation. The applicant, however, did not provide evidence for that assertion. In particular, the dispatch of the contract confirmation did not prove ist receipt by the party opposing the application. That the party opposing the application had responded to the message of the applicant that a sale of fertiliser could only be considered against prepayment by saying that the applicant could now also forget the contract of 2 March 2012 also did not lead the court to the conclusion that it must have received the contract confirmation. In the opinion of the court it was just as conceivable, if not more obvious, to conclude that the party opposing the application - just like the applicant - assumed that the contract had already been validly concluded on 2 March 2012. However, whether the parties actually agreed on 2 March 2012 to conclude a contract was in any way irrelevant to the question whether the parties also concluded a valid arbitration agreement. Even if the parties also agreed to conclude an arbitration agreement during the telephone call, a mere verbal agreement would be invalid. The court further held that the fact that the party opposing the application did not participate in the arbitration proceedings could not be seen as a cure of the invalid arbitration agreement. Finally, the court found that the party opposing the application was also not precluded from asserting grounds for setting aside because it had not filed an application for setting aside within the three-month period of section 1060 subsec. 2 sentence 3 ZPO in conjunction with section 1059 subsec. 3 ZPO. This is because the procedure for a declaration of enforceability was pending before the court before the deadline for the application for setting aside had expired. Within the three-month period the party opposing the application had applied for the rejection of the application for a declaration of enforceability and asserted that there was no arbitration agreement. If this application is granted, the arbitral award must be set aside.