34 Sch 23/08


Gericht OLG München Aktenzeichen 34 Sch 23/08 Datum 11.05.2009
Leitsatz
Die Fälligkeit der durch den Schiedsspruch zuerkannten Ansprüche ist nicht Voraussetzung der Vollstreckbarerklärung.
RechtsvorschriftenZPO §§ 1064 Abs. 1, 1061 Abs. 1, 1025 Abs. 4
FundstelleSchiedsVZ 2009, 343
Aktenzeichen der Vorinstanz
Stichworte
Volltext
B E S C H L U S S: I. Das Schiedsgericht bei der Wirtschaftskammer der Tschechischen Republik und der Agrarkammer der Tschechischen Republik erließ durch den Einzelschiedsrichter in dem zwischen der Antragstellerin als Schiedsklägerin und dem Antragsgegner als Schiedsbeklagten geführten Schiedsverfahren am 4. April 2007 folgenden Schiedsspruch: Der Beklagte ist verpflichtet, der klagenden Partei a) Den Betrag in Höhe von 124.244,-- USD (in Worten: einhundertvierundzwanzigtausendzweihundertvierundvierzig US-Dollar), b) den Verzugszins vom Betrag in Höhe von 124.244,-- USD in Höhe von 8,75 % p.a. von 16.12.2005 bis 31.12.2005, c) den Verzugszins vom Betrag in Höhe von 124.244,-- USD in Höhe des von der Tschechischen Nationalbank festgelegten Repo-Satzes, der für den ersten Tag des Kalenderhalbjahres gültig ist, in dem der Verzug der beklagten Partei andauert, erhöht um 7 % vom 1.1.2006 bis zur Zahlung, d) die Gebühr für das Schiedsverfahren in Höhe von 114.544,-- CZK und die Pauschale für die Verwaltungskosten des Schiedsgerichts in Höhe von 116.000,-- CZK, e) die Kosten der anwaltlichen Vertretung der klagenden Partei in Höhe von 36.920,-- CZK zzgl. 19 % MWSt, d.h. insgesamt 43.934,80 CZK zu Händen des Rechtsvertreters der klagenden Partei, und zwar alles binnen drei Tagen ab Rechtskraft dieses Schiedsspruchs zu zahlen. II. Dieser oben aufgeführte Schiedsspruch wird mit der Maßgabe, daß am30. September 2008,29. Oktober 2008, 26. November 2008, 16. Dezember 2008, 17. 23. Januar 2009, 18. Februar 2009, 19. 17. März 2009, jeweils ein Betrag in Höhe von 10.000,-- CZK ohne Verrechnungsabrede gezahlt wurde, für vollstreckbar erklärt. III. Der Antragsgegner trägt die Kosten dieses Verfahrens. IV. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.V. Der Streitwert wird auf 95.000,00 € festgesetzt.Gründe: I. Die Antragstellerin begehrt die Vollstreckbarerklärung eines zu ihren Gunsten ergangenen Schiedsspruchs, den das Schiedsgericht bei der Wirtschaftskammer der Tschechischen Republik und der Agrarkammer der Tschechischen Republik am 4.4.2007 in Prag erlassen hat. Der Antragsgegner stellte am 11.10.2005 an Order der Antragstellerin einen Wechsel aus über einen Betrag von 174.244,-- US-Dollar, fällig am 15.12.2005. Am 17.10.2005 schlossen die Parteien eine Schiedsvereinbarung, in der das Schiedsgericht bei der tschechischen Wirtschaftskammer und der Agrarkammer als zuständiges Schiedsgericht bestimmt wurde. Nachdem der Beklagte nur einen Teilbetrag gezahlt hatte, rief die Antragstellerin wegen der offenen Restforderung in Höhe von 124.244,--US-Dollar das Schiedsgericht an, das den Anträgen, wie im Tenor niedergelegt, stattgab.Unter Vorlage des Schiedsspruchs im Original nebst deutscher Übersetzung hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 6.11.2008 dessen Vollstreckbarerklärung beantragt. Der Antragsgegner beantragt, den Antrag auf Vollstreckbarerklärung abzulehnen, da die Parteien im Rahmen der in der Tschechischen Republik betriebenen Zwangsvollstreckung am 17./.19.9.2008 einen Ratenzahlungsvertrag geschlossen hätten. Auf Grund dieser Vereinbarung zahle er am 30. eines jeden Monats einen Betrag von 10.000,-- CZK an die Antragstellerin. Der Antragsgegner ist der Ansicht, dass sich die Antragstellerin verpflichtet habe, die Forderung nicht zu vollstrecken und auch keine vollstreckungsvorbereitenden Maßnahmen zu treffen, solange die Ratenzahlungen geleistet würden. Die Teilzahlungsvereinbarung sei geschlossen worden, um die Zwangsvollstreckung auszuschließen. Er erwarte eine Zahlung in Höhe von 2,3 Millionen € und werde dann in der Lage sein, die noch offene Forderung zu begleichen. Die Antragstellerin bestreitet, eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen zu haben. Der Antragsgegner habe sich vielmehr freiwillig und einseitig gegenüber dem Gerichtsvollzieher auf einen Zahlungsplan eingelassen. Eine Tilgung erfolge durch die Ratenzahlung nicht, da die angekündigten 10.000,- CZK gerade einmal 50 v.H. der monatlich anfallenden Zinsen decken würden.II.1. Für den Antrag, den im Ausland ergangenen Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären, ist das Oberlandesgericht München zuständig (§ 1025 Abs. 4, § 1062 Abs. 2 und 5 ZPO i.V.m. § 8 Gerichtliche Zuständigkeitsverordnung Justiz vom 16.11.2004, GVBl S. 471), weil der Antragsgegner seinen Wohnsitz in Bayern hat.2. Maßgeblich für die Anerkennung des in der Tschechischen Republik ergangenen Schiedsspruchs ist in erster Linie das Europäische Übereinkommen über die Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.4.1961 (BGBl 1964 II S. 425; im Folgenden: Europäisches Übereinkommen), das für die Tschechische Republik seit 1.1.1993 in Kraft ist (BGBl 1994 II S. 978). Jenes Übereinkommen ändert das UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958 (BGBl 1961 II S. 122; im Folgenden: UN-Ü) teilweise ab (siehe Art. IX Abs. 2) und geht diesem vor (vgl. § 1061 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Es gilt jedoch, auch im Verhältnis zum innerstaatlichen Recht, das Meistbegünstigungsprinzip, wonach auf das anerkennungsfreundlichere Regelwerk zurückzugreifen ist (BGH NJW-RR 2004, 1504; BayObLGZ 2000, 233; Reichold in Thomas/Putzo ZPO 29. Aufl. § 1061 Rn. 7).3. Der Antrag ist zulässig (§ 1025 Abs. 4, § 1061 Abs. 1, § 1064 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO). Formelle Erfordernisse für die Vollstreckbarerklärung in einem anderen Vertragsstaat enthält das Europäische Übereinkommen nicht. Soweit Art. IV UN-Ü über § 1064 Abs. 1 und 3 ZPO hinausgehende Anforderungen an die Vorlage von Urkunden, Übersetzungen und deren Qualität stellt, gilt nach Art. VII Abs. 1 UN-Ü ebenfalls das Günstigkeitsprinzip (BGH aaO). Das anerkennungsfreundlichere nationale Recht verlangt zwingend auch für ausländische Schiedssprüche jedoch nur die Vorlage des Schiedsspruchs im Original oder in anwaltlich beglaubigter Abschrift. Um die Anerkennungsvoraussetzungen sachgerecht zu prüfen, kann das nationale Gericht allerdings die Beibringung von Übersetzungen anordnen (vgl. § 142 Abs. 3 ZPO).Die Antragstellerin hat diesen Voraussetzungen genügt, indem sie den Schiedsspruch vom 4.4.2007 im Original sowie eine deutsche Übersetzung vorgelegt hat.Dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung fehlt nicht das erforderliche Rechtsschutzinteresse wegen des vom Antragsgegner behaupteten Ratenzahlungsvertrags. Seine Existenz unterstellt beseitigt er das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs nicht. Zum einen kann nur die Vollstreckbarerklärung den Schiedsspruch vor der Geltendmachung von Aufhebungsgründen umfassend schützen (BGH WM 2006, 1121) und zum anderen hat die Antragstellerin, selbst wenn man das Bestehen einer Ratenzahlungsvereinbarung unterstellt, regelmäßig einen Anspruch auf einen vollstreckungsfähigen Titel als wirksames Druckmittel gegen den Antragsgegner. Sie kann im Allgemeinen - auch bei signalisierter Erfüllungsbereitschaft - nicht darauf verwiesen werden abzuwarten, ob der Antragsgegner bereit ist, freiwillig zu zahlen (OLG München vom 8.3.2007, 34 Wx 028/06 = SchiedsVZ 2007, 164; OLG Frankfurt vom 18.5.2006, 26 Sch 26/05). Dies ist vorliegend angesichts der Höhe der Forderung einerseits, der Höhe der Teilleistungen andererseits, augenscheinlich.Der Antrag erweist sich auch nicht deswegen als unzulässig, weil zwischen den Parteien ein Stillhalteabkommen bestünde (vgl. BGH NJW-RR 1989, 1048/1049). Die Antragstellerin hat substantiiert bestritten, dass ein derartiges Abkommen zustande gekommen ist. Die vom Antragsgegner zu Untermauerung seines Vorbringens vorgelegten Schriftstücke sind nicht geeignet, eine notwendigerweise beidseitige vertragliche Abrede zu begründen. 4. Der endgültige und mit Rechtskraftklausel versehene Schiedsspruch ist gemäß § 1061 Abs. 1 ZPO für vollstreckbar zu erklären, weil Versagungsgründe weder dargetan noch ersichtlich sind. Insbesondere hindert die vom Antragsgegner behauptete Ratenzahlungsvereinbarung selbst dann die Vollstreckbarerklärung nicht, wenn sie ein Hinausschieben der Fälligkeit enthalten sollte, da die Fälligkeit der durch den Schiedsspruch zuerkannten Ansprüche nicht Voraussetzung der Vollstreckbarerklärung ist (Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl. Rn. 2459). Auch eine damit möglicherweise erklärte Erfüllungsbereitschaft stünde einer Vollstreckbarerklärung nicht entgegen (OLG Frankfurt vom 18.5.2006, 26 Sch 26/05). 5. Für vollstreckbar zu erklären ist der tatsächliche Leistungsausspruch in seiner konkreten Form, wie ihn das ausländische Schiedsgericht getroffen hat. Deshalb findet die Umrechnung von im Schiedsspruch verlautbarten ausländischen Währungen in EUR nicht statt (OLG München vom 28.11.2005, 34 Sch 019/05 m.w.N.). 6. Im Rahmen der Vollstreckbarerklärung zu berücksichtigen sind allerdings die unstreitig erfolgten Teilzahlungen. Eine Verrechnungsabrede wurde nicht getroffen. Es gilt daher die gesetzliche Tilgungsreihenfolge für das Verhältnis von Hauptsache, Zinsen und Kosten, die sich hier nach dem von den Parteien vereinbarten materiellen Recht der Tschechischen Republik richtet (vgl. Art. 27 EGBGB). Verfahrensrechtlich geht der Senat hinsichtlich der bis März erbrachten Teilbeträge davon aus, dass der Antrag wegen der bis zu dessen Zustellung am 14.11.2008 geleisteten Raten zurückgenommen und wegen der im Laufe dieses Verfahrens erfolgten Zahlungen für erledigt erklärt wurde. 7. Der Antragsgegner hat gemäß §§ 91, 91a 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die gesamten Kosten dieses Verfahrens zu tragen. Der Rechtsgedanke des § 93 ZPO führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Anwendung des § 93 ZPO im Rahmen eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens setzt voraus, dass der Antragsgegner darlegt und ggf. beweist, durch sein Verhalten keine Veranlassung für die Stellung eines Antrags auf Vollstreckbarerklärung gegeben zu haben (OLG Frankfurt vom 18.5.2006, 26 Sch 18/05). Allein die einseitige Erklärung, monatlich einen Betrag zu zahlen, der gerade einmal etwa 50 v.H. der Zinsen abdeckt, gibt der Antragstellerin ersichtlich keine Gewissheit, es mit einem leistungswilligen Schuldner zu tun zu haben. 8. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 1064 Abs. 2 ZPO, die Streitwertbemessung aus § 48.
Summary
Applicant requests the declaration of enforceability of an arbitral award granting Applicant a payment by Defendant. Defendant objects to the declaration of enforceability arguing that Applicant – based on an agreed installment plan – is bared to enforce payment, respectively to initiate measures preparing such enforcement.
The Higher Regional Court (OLG) granted the declaration of enforceability. It held that the installment plan has no impact on Applicant's interest for legal relief sought as only a declaration of enforceability protects the award against grounds to set the award aside.
Additionally, the installment plan is no reason to refuse the requested declaration as maturity of the claims granted in an arbitral award is not a precondition for the declaration of enforceability.