9 SchH 1/03


Gericht OLG Oldenburg Aktenzeichen 9 SchH 1/03 Datum 12.03.2003
Leitsatz
Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens
Leitsatz der Redaktion:
Eigenhändige Unterschrift im Sinne des § 1031 Abs. 5 ZPO erfordert bei Gesellschaften als Nichtverbrauchern nicht die Unterschrift eines organschaftlichen Vertreters; vielmehr reicht insoweit die Schriftform des
§ 126 BGB , also die eigenhändige Unterschrift des bevollmächtigten Urkundenausstellers, aus.
Rechtsvorschriften§ 1032 Abs. 2 ZPO, § 1035 Abs. 5 ZPO, § 1035 Abs. 6 ZPO
§ 126 BGB
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteSchiedsvereinbarung: - Zustandekommen/Formwirksamkeit, Verbraucher, gesonderte Urkunde, Heilung, rügelose Einlassung sonstige Gerichtsverfahren: Feststellung Unzulässigkeit des Schiedsverfahrens
Volltext
B E S C H L U S S:
Der Antrag der Antragstellerin festzustellen, dass das von den Antragsgegnern eingeleitete schiedsgerichtliche Verfahren unzulässig sei, wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Es geht um die Feststellung der Unzulässigkeit eines schiedsgerichtlichen Verfahrens.
Die Antragstellerin ist ein Baubetreuungsunternehmen. Die Antragsgegner sind ein Ehepaar. Sie haben als Privatleute die Antragstellerin mit schriftlichem Bauvertrag vom 21.2.2001 damit beauftragt, für sie in R. (...), ein Einfamilienhaus zu errichten. 2.2 des Vertrags lautet:
Der AN (Auftragsnehmerin = Antragstellerin) wird vertreten durch zust. Bauleiter.
Unter 14. ist folgender Satz angekreuzt:
Alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag ... mit Ausnahme evtl. gerichtlicher Beweissicherungsverfahren ... werden durch Schiedsgericht laut beigefügter Schiedsgerichtsvereinbarung entschieden.
Der Vertrag ist für die Antragstellerin unterschrieben mit "B.". Herr B. war seinerzeit Mitarbeiter der Antragstellerin. Die Antragsgegner haben den Vertrag mit ihren Zunamen unterschrieben. Es folgt eine weitere Seite mit der Überschrift Erläuterungen zum Bauvertrag. Unter zu 14. heißt es dort:
(Streitigkeiten)
Soll eine Schiedsgerichtsvereinbarung getroffen werden, empfiehlt sich folgende Formulierung auf gesondertem Blatt:
Es folgt sodann auf demselben Blatt in einem Rahmen eine handschriftlich ergänzte Schiedsgerichtsvereinbarung, die Unterschriften trägt wie auf der vorhergehenden Seite der Vertrag.
Die Antragstellerin hat das Bauvorhaben durchgeführt. Die Antragsgegner rügen Mängel. Sie haben einen Sachverständigen hinzugezogen und mit der Antragstellerin eine Ortsbesichtigung durchgeführt. Sodann haben sie mit Rechtsanwaltsschreiben vom 8.11.2002 das schiedsgerichtliche Verfahren eingeleitet, gerichtet gegen die Firma S. GmbH & Co. KG. Das Schiedsgericht ist noch nicht gebildet.
Mit Schreiben vom 23.1.2003 (bei Gericht eingegangen am 24.1.2003) hat die Antragstellerin die Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsgerichtlichen Verfahrens beantragt. Sie hält die Schiedsgerichtsvereinbarung für unwirksam, weil entgegen § 1031 Abs. 5 ZPO die Vereinbarung nicht in einer gesonderten Urkunde stehe und nicht vom alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Komplementärin der Antragstellerin unterzeichnet sei; die Unterzeichnung durch Herrn B. reiche nicht aus, selbst wenn dieser - was bestritten werde - Vertretungsmacht gehabt hätte. Außerdem gebe es keine Firma S. GmbH & Co. KG.
Die Antragsgegner beantragen die Zurückweisung des Antrages.
II.
Der Antrag ist gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO zulässig. Er ist jedoch unbegründet. Die Schiedsgerichtsvereinbarung im Anhang zum Bauvertrag ist wirksam. Sie genügt den Formvorschriften des § 1035 Abs. 5 ZPO.
Das Erfordernis einer gesonderten Urkunde ohne weitere Vereinbarungen ist gewahrt. Zwar bildet das Blatt, auf dem die Vereinbarung steht, ein Schriftstück zusammen mit dem vorhergehenden Bauvertrag. Dieser ist aber vor der Schiedsgerichtsklausel gesondert unterschrieben. Durch den Verweis unter 14. (s.o.) ist die Klausel bereits deutlich vom Bauvertrag abgegrenzt. Ferner ist sie durch die Einrahmung auch sehr augenfällig vom Bauvertrag und von den Erläuterungen zum Bauvertrag abgesetzt und besonders unterschrieben (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 1031 Rdnr. 36).
Auch das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift ist erfüllt. Bezüglich der Antragsgegner ist das nicht streitig. Für die Antragstellerin genügte die eigenhändige Unterschrift von Herrn B. Die Unterschrift des Geschäftsführers der Komplementärin der Antragstellerin war nicht erforderlich.
Eigenhändigkeit im Sinne des § 1031 Abs. 5 ZPO bedeutet Schriftform im Sinne vom § 126 BGB (MK-ZPO - Münch, 2. Aufl. 2001, § 1931 Rdnr. 25; Zöller-Geimer, a.a.O.; Thomas-Putzo, ZPO, 24. Aufl. 2002, § 1031 Rdnr. 9). Damit werden die in den Absätzen 1 bis 4 dieser Norm gestatteten Formerleichterungen für die von Absatz 5 erfassten Fälle ausgeschlossen. "Eigenhändig" bedeutet aber nicht eine Verschärfung der in § 126 BGB normierten Schriftform dahin, dass in jedem Fall die Unterschrift der Vertragsparteien persönlich erforderlich ist, bei Gesellschaften die der organschaftlichen Vertreter. Will man das anders sehen, bleibt es jedenfalls für einen Vertragsteil, der nicht Verbraucher im Sinne des Absatz 5 ist, bei der Eigenhändigkeit im Sinne des § 126 BGB. Insoweit wäre das Gesetz vom Gesetzeszweck her einschränkend auszulegen (teleologisch zu reduzieren). Denn zum einen soll die Norm den Verbraucher schützen, nicht einen beteiligten Gewerbetreibenden, zum weiteren machte eine Auslegung dahin, dass bei Handelsunternehmen, auch bei großen Handelsgesellschaften, stets die Unterschrift des organschaftlichen Vertreters erforderlich sei, den Abschluss von Schiedsgerichtsvereinbarungen mit Verbrauchern in weiten Bereichen praktisch nahezu unmöglich. Das ist nicht Gesetzeszweck. Wenn in der Literatur zu § 1035 Abs. 5 ZPO die Ansicht vertreten wird, eine Vertretung sei nicht zulässig (Baumbach - Albers, ZPO, 60. Aufl. 2002, § 1031 Rdnr. 9; Zimmermann, ZPO, 5. Aufl. 1998, § 1031 Rdnr. 5), ist nicht mitgeteilt, ob das auch für beteiligte gewerbliche Unternehmen gelten soll.
Die Schriftform des § 126 BGB erfordert eigenhändige Unterschrift des Urkunden-austellers. Das war auf Seiten der Antragstellerin Herr B. Dieser hat eigenhändig unterschrieben. Ob er das mit Wirkung für die Antragstellerin konnte, ist nicht eine Frage der Form sondern des Vertretungsrechts. Das Vertretungsverhältnis muss in der Urkunde irgendwie zum Ausdruck kommen (Palandt - Heinrichs, BGB, 62. Auflage 2003, § 126 Rdnr. 8 mit weiteren Nachweisen). Da Herr B. als Handlungsbevollmächtigter aufgetreten ist, ist an sich § 57 HGB maßgebend. Diese Norm ist nicht erfüllt, weil bei der Unterschrift ein das Vollmachtsverhältnis ausdrückender Zusatz nicht angebracht ist. Das ist jedoch unschädlich, weil es sich bei § 57 HGB um eine bloße Ordnungsvorschrift, nicht um eine Formvorschrift handelt (Baumbach - Duden-Hopt, HGB, 30. Aufl. 2000, § 51 Rdnr. 1 i.V.m § 57 Rdnr. 1). Dass Herr B. als Bevollmächtigter der Antragstellerin gehandelt hat, ergibt sich aus dem Kontext des Bauvertrages nebst Anhang (Erläuterungen pp). Wenn die Antragstellerin vorbringen will, Herr B. habe keine Vertretungsmacht gehabt, kann sie damit nicht gehört werden. Ihr Bestreiten ist insoweit unzulässig (§ 138 ZPO). Außerdem hat sie die Wirksamkeit des für sie von Herrn B. unterzeichneten Bauvertrages nicht in Zweifel gezogen, ihn vielmehr durchgeführt. Darin läge - hätte Herr B. ohne Vertretungsmacht gehandelt - eine stillschweigende Genehmigung gemäß § 177 Abs. 1 BGB, die sich auf die Schiedsgerichtsklausel erstreckte.
Im Übrigen ist das Berufen auf fehlende Eigenhändigkeit der Unterschrift rechtsmissbräuchlich, nachdem die Antragstellerin den für sie von Herrn B. unterzeichneten Bauvertrag vollständig durchgeführt hat. Das hat - da § 1031 Abs. 6 ZPO die Heilung von Formmängeln vorsieht - zur Folge, dass die Schiedsgerichtsklausel auch dann als wirksam anzusehen wäre, wenn der Vortrag der Antragstellerin zu den Formmängel zuträfe.
Dass die Antragsgegner das Schiedsgerichtsverfahren mit einer (jederzeit korrigierbaren) unkorrekten Bezeichnung der Antragstellerin eingeleitet haben, ist für dieses Verfahren ohne Bedeutung.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO, die Streitwertfestsetzung aus § ZPO.
Summary
Ihren Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1032 Abs. 2 ZPO) hatte die Antragstellerin, eine Baubetreuungsfirma, damit begründet, dass zwischen ihr und den Antragsgegnern, einem Ehepaar, keine Schiedsvereinbarung zustande gekommen sei, da diese entgegen § 1031 Abs. 5 ZPO nicht in einer gesonderten Urkunde stehe und nicht von ihrem alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer, sondern lediglich ihrem Mitarbeiter B., unterzeichnet sei.
Der Senat hat den Antrag als unbegründet zurückgewiesen. Das Erfordernis einer gesonderten Urkunde sah er als erfüllt an, da Bauvertrag und Schiedsvereinbarung zwar auf einem Blatt standen, aber gesondert unterschrieben waren. Auch eine eigenhändige Unterschrift lag in seinen Augen vor. Insofern führt der Senat aus: Eigenhändigkeit bedeute nicht, dass in jedem Fall die Unterschrift der Vertragsparteien persönlich erforderlich sei. Wolle man anderer Ansicht sein, bleibe es jedenfalls für den Vertragsteil, der nicht Verbraucher sei, über eine teleologische Reduktion der Formvorschrift bei der Eigenhändigkeit im Sinne des § 126 BGB, da § 1031 Abs. 5 ZPO den Verbraucher, nicht aber einen beteiligten Gewerbetreibenden schützen wolle. Somit sei lediglich die eigenhändige Unterschrift des Urkundenausstellers, hier des Herrn B., erforderlich gewesen. Dass Herr B. als Bevollmächtigter der Antragstellerin gehandelt hatte, ergab sich nach den Feststellungen des Senats aus dem Kontext des Bauvertrages selbst, so dass das Fehlen eines die Bevollmächtigung verdeutlichenden Zusatzes bei der Unterschrift gemäß § 57 HGB nicht schaden konnte. Im Übrigen hielt der Senat die Berufung auf fehlende Eigenhändigkeit der Unterschrift für rechtsmissbräuchlich, nachdem die Antragstellerin den für sie von Herrn B. unterzeichneten Bauvertrag vollständig durchgeführt hatte. Selbst wenn deren Vortrag zu den Formmängeln zuträfe, seien diese im Hinblick auf § 1031 Abs. 6 ZPO als geheilt anzusehen.