34 SchH 02/10


Gericht OLG München Aktenzeichen 34 SchH 02/10 Datum 26.10.2010
Leitsatz
ZPO §§ 307, 1032 Abs. 2, § 1063
Im gerichtlichen Verfahren auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens kann eine Entscheidung aufgrund Anerkenntnisses einer Partei getroffen werden.
Rechtsvorschriften
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
Stichworte
Volltext
B E S C H L U S S
I. Es wird die Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens festgestellt bezüglich des Streits zwischen den Parteien über die Auswirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Q-AG sowie der Wahl der Nichterfüllung gemäß § 103 InsO durch den Antragsteller mit Schreiben des Antragstellers an die Antragsgegnerin vom 19. August 2009 auf die gemäß Einbringungs- und Ausgliederungsvertrag vom 25. April 2006 (…) zwischen der Antragsgegnerin und der Q-AG, geändert und ergänzt durch folgende Vereinbarungen zwischen der Antragsgegnerin und der Q.-AG:
1. Vereinbarung vom 25. April 2006, geändert am 30. Oktober 2007;
2. notariell beurkundete Nachtragsvereinbarung vom 2. Juni 2006 (…);
3. notariell beurkundete Nachtragsvereinbarung vom 17. August 2006 (…);
4. notariell beurkundete Nachtragsvereinbarung vom 28. September 2006 (…);
5. Vereinbarung vom 31. August 2007;
6. Vereinbarung vom 30. April 2008;
7. Vereinbarung vom 21. Juli 2008;
der Antragsgegnerin gewährten Nutzungsrechte an Immaterialgüterrechten und Know-how der Q.-AG.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 1.000.000,00 € festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
Der Antragsteller ist der Insolvenzverwalter der in München ansässigen Q.-AG, die im Jahr 2006 durch Ausgliederung des Speicherchip-Bereichs aus der Antragsgegnerin im Weg der Einzelrechtsübertragung entstanden ist und über die am 1.4.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der am 25.4.2006 geschlossene und in der Folgezeit mehrfach geänderte und ergänzte Vertrag regelt die Ausgliederung und Einbringung des Speicherchip-Bereichs und die Übertragung von Vermögensgegenständen durch Einzelrechtsübertragung. Der Vertrag vom 25.4.2006 enthält in § 12 eine Schiedsklausel, wonach ein Schiedsgericht mit Sitz in München unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges alle Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Vertrag oder über dessen Gültigkeit entscheidet. Der Antragsteller erklärte gegenüber der Antragsgegnerin am 19.8.2009 die Nichterfüllung des Vertrags gemäß § 103 InsO. Unter den Parteien besteht Streit, ob die Wahl der Nichterfüllung auch die Einräumung von Nutzungsrechten sowie die Erteilung von Lizenzen an Immaterialgüterrechten und Know-how, vor allem an Patenten der Insolvenzschuldnerin erfasst, mithin, ob Lizenzen nach geltender Rechtslage insolvenzfest sind. Der Antragsteller meint, ein entsprechender Rechtsstreit sei von der Schiedsklausel nicht erfasst, weil es vorliegend um Rechtsfolgen der Insolvenz und ein gesetzliches Recht des Insolvenzverwalters gehe, über das die Insolvenzschuldnerin nicht habe verfügen können.
Der Antragsteller beantragt deshalb in der Hauptsache, die Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens betreffend den Streit der Parteien über die Auswirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie die Wahl der Nichterfüllung auf die vertraglich gewährten Nutzungsrechte an Immaterialgüterrechten und Know-how der Insolvenzschuldnerin festzustellen.
Die Antragsgegnerin erklärt zuletzt, den geltend gemachten Feststellungsanspruch anzuerkennen.
Die Antragstellerin bittet nun um antragsgemäße Entscheidung, jedoch nicht in Form eines „Anerkennungsbeschlusses“ nach § 307 ZPO. Es sei vielmehr kontradiktorisch unter Würdigung der Rechtslage zu entscheiden.
II.
Das Oberlandesgericht München ist gemäß § 1062 Abs. 1 Ziff. 2, § 1032 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 8 der Gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz vom 16.11.2004 (GVBl S. 471) zuständig, da als Sitz des Schiedsgerichts in § 12 des maßgeblichen Vertrags München bestimmt ist. Der Antrag ist vor Konstituierung des Schiedsgerichts gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO zulässig.
Die Antragsgegnerin hat den Feststellungsantrag wirksam anerkannt (§ 307 ZPO). Dessen ungeachtet sieht der Senat von einer entsprechenden Anwendung des § 313b ZPO (siehe Zöller/Vollkommer ZPO 28. Aufl. § 329 Rn. 34) im Hinblick auf den vom Antragsteller plausibel vorgetragenen Auslandsbezug ab (vgl. § 313b Abs. 3 ZPO).
Ein Anerkenntnis ist auch im gerichtlichen Verfahren gemäß § 1032 Abs. 2, § 1063 ZPO möglich (vgl. OLG Frankfurt vom 31.5.2001, 8 Sch 1/01, bei juris, für das Vollstreckbarerklärungsverfahren). Allgemein finden auf die in § 1062 ZPO genannten Verfahren die allgemeinen Vorschriften über das Erkenntnisverfahren im ersten Rechtszug Anwendung, sofern sich aus der ratio legis nichts Abweichendes ergibt (vgl. Zöller/Geimer § 1063 Rn, 7 m.w.N.). Es ist kein Grund ersichtlich, ein Anerkenntnis nicht zuzulassen, soweit die Parteien über den Verfahrensgegenstand verfügen können. Eine Entscheidung auf Grund eines Anerkenntnisses ist allerdings dann nicht möglich, wenn den Parteien die Dispositionsbefugnis fehlt (OLG Bremen SchiedsVZ 2009, 338). Auch wenn es Fälle gibt, in denen mangels Schiedsfähigkeit keine wirksame Schiedsvereinbarung getroffen werden kann, so ist der Verzicht auf ihre Geltendmachung – gleichgültig, ob sie wirksam oder unwirksam ist – der Disposition der Parteien, die sie abgeschlossen haben, nicht entzogen. Das gilt auch für den Insolvenzverwalter, der an die noch vom Schuldner getroffene Schiedsabrede grundsätzlich gebunden ist (BGH NJW 2004, 2898 f.).
Ein Grund, weshalb ein Anerkenntnis nur in Verfahren mit zwingend mündlicher Verhandlung abgegeben werden könne (so wohl OLG Bremen aaO.), ist nicht ersichtlich. Es wäre dann gerade auch im Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht möglich. Ein Anerkenntnis kann im Erkenntnisverfahren erster Instanz etwa auch im schriftlichen Vorverfahren ergehen und dadurch den Parteien eine mündliche Verhandlung ersparen. Die ZPO-Reform durch das 1. JuMoG vom 24.8.2004 (BGBl I S. 2198) hat dies in § 307 Satz 2 ZPO eindeutig geregelt (siehe Zöller/Vollkommer § 307 Rn. 5). Eines ausdrücklichen Verfahrensantrags des Antragstellers bedarf es dazu nicht (Zöller/Vollkommer aaO.).
Ebenso wenig erschließt sich für den Senat der Einwand de Antragstellers, weshalb sich aus der Begründung der Entscheidung, nämlich dass sie auf dem Anerkenntnis einer Partei beruht, deren Nichtigkeit ergeben soll.
Es ist daher entsprechend dem Anerkenntnis ohne eine Prüfung der verzichtbaren Prozessvoraussetzungen und der Schlüssigkeit und Begründetheit des Anspruchs zu entscheiden. Anhaltspunkte, dass die verlangte Feststellung gesetz- oder sittenwidrig wäre, finden sich nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Voraussetzungen des § 93 ZPO (sofortiges Anerkenntnis) liegen nicht vor.
Streitwert: § 48 GKG, § 3 ZPO.
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