Gericht | OLG München | Aktenzeichen | 34 Sch 12/08 | Datum | 04.02.2009 |
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Leitsatz | |||||
Rechtsvorschriften | |||||
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Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
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B E S C H L U S S: Die Antragstellerin trägt die Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelfer, soweit nicht im Vergleich vom 26. Januar 2009 über die Kosten entschieden wurde. Gründe: I. Die Antragstellerin, der Antragsgegner sowie die Streithelfer zu 1 bis 4 schlossen am 14.8.2006 einen schriftlichen Vertrag zur Gründung einer Partnerschaftsgesellschaft, der unter § 20 folgende Klausel enthielt: (1) Alle Gesellschafter verpflichten sich gegenseitig, bei auftretenden Meinungsverschiedenheiten oder Streitigkeiten aus diesem Vertrag oder über seine Auslegung oder Wirksamkeit oder über ihre gegenseitigen Rechte und Pflichten zunächst ein Vermittlungsverfahren durchzuführen. Zu diesem Zweck haben die Gesellschafter sich auf einen Vermittler zu einigen. Kommt eine Einigung auf einen Vermittler binnen eines Monats ab Aufforderung nicht zustande, ist der Vermittler von der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu bestellen. Gehören die Gesellschafter mehreren Anwaltskammern an, ist diejenige Rechtsanwaltskammer zuständig, der der lebensälteste Gesellschafter angehört. Die Gesellschafter unterwerfen sich schon jetzt dem Einigungsvorschlag des Vermittlers als vorläufige Regelung. (2) Wenn ein Gesellschafter mit der vorläufigen Regelung nicht einverstanden ist, so kann er den Schiedsspruch binnen zwei Monaten beim zuständigen Gericht anfechten. Bis zu einer rechtskräftigen Regelung gilt der Einigungsvorschlag des Vermittlers der Kammer als einstweilige Regelung. Die Vermittlungsvorschläge erhalten durch diesen Vertrag den Charakter einer einstweiligen verbindlichen vertraglichen Regelung und auf das Recht einer Regelung derselben Angelegenheit im einstweiligen Rechtsschutz wird verzichtet. (3) Erfolgt die Anfechtung der Schiedsregelung nicht binnen zwei Monaten durch Rechtshängigkeit, gilt die Nichteinlegung des Rechtsmittels als Anerkennung des Schiedsspruchs als endgültig und stellt einen vertraglichen Rechtsmittelverzicht dar. Die Antragstellerin schied Anfang 2007 aus der Gesellschaft aus und bat wegen Abfindungsstreitigkeiten mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 10.4.2007 die Rechtsanwaltskammer, der der Antragsgegner angehört, einen Vermittler zu bestellen. Die Rechtsanwaltskammer benannte Rechtsanwalt Dr. E als "Vermittler". Diesem "Vermittler" gegenüber vertrat die Antragstellerin die Auffassung, es handle sich nicht um ein bloßes Vermittlungsverfahren, "sondern um eine Art Schiedsgericht". Gleichzeitig bat die Antragstellerin um Mitteilung, ob entsprechend der Regelung in § 1046 ZPO die Einreichung einer Schiedsklage gewünscht sei oder ob dem "Vermittler" die Überlassung der zwischen den Parteien gewechselten Korrespondenz ausreiche. Der Antragsgegner, vom "Vermittler" um Stellungnahme zu dieser Rechtsauffassung gebeten, äußerte sich hierzu nicht. Daraufhin kündigte mit Schreiben vom 17.7.2007 Rechtsanwalt Dr. E dem Antragsgegner an, er werde den Vermittlungsvorschlag nach dem 20.7.2007 unter Berücksichtigung der bis dahin eingegangenen Stellungnahme vorlegen. Am 9.8.2007 leitete Rechtsanwalt Dr. E den Parteien seinen in der Form eines Anwaltsschriftsatzes verfassten "Vermittlungsvorschlag" zu, dessen Vollstreckbarerklärung als Schiedsspruch die Antragstellerin am 10.7.2008 beantragt hat. In der mündlichen Verhandlung vom 26.1.2009 haben die Parteien und Streithelfer sich dahin verglichen, dass aus dem Vermittlungsvorschlag vom 9.8.2007 keinerlei Rechte hergeleitet und etwaige rechtliche Wirkungen aus dem Vermittlungsvorschlag im Verhältnis zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner aufgehoben werden. Zur Klärung der noch bestehenden Streitigkeiten haben die Parteien und ihre Streithelfer ferner § 20 des Gesellschaftsvertrags aufgehoben und eine neue Schiedsklausel vereinbart. Während die durch den Vergleich entstandenen Mehrkosten einvernehmlich gegeneinander aufgehoben wurden, haben die Beteiligten im Übrigen die Entscheidung über die Kosten unter Ausschluss von § 98 ZPO dem Senat überlassen. II. Weil die Parteien ausdrücklich § 98 ZPO ausgeschlossen haben, ist über die Kosten gemäß §§ 91a, 101 Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden (vgl. z.B. Zöller/Vollkommer 27. Aufl. § 91a Rn. 58 Stichwort "Vergleich" m.w.N.). Bei der gebotenen summarischen Prüfung, die nicht der Lösung schwieriger ungeklärter Rechtsfragen dient, sind die Erfolgsaussichten der Parteien nach "überwiegender Wahrscheinlichkeit" zu beurteilen (vgl. Zöller/Vollkommer § 91a Rn. 26a). Die Antragstellerin wäre voraussichtlich unterlegen: Falls der Antrag nicht bereits mangels Vorliegens eines der Vollstreckbarerklärung zugänglichen Schiedsspruchs als unstatthaft hätte behandelt werden müssen (BGH NJW 2004, 2226), so wäre der Antrag auf Vollstreckbarerklärung unter Aufhebung des Vermittlungsvorschlags als Schiedsspruch jedenfalls abzulehnen gewesen (§ 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO). a) Beurteilt man mit der Antragstellerin den "Vermittlungsvorschlag" vom 9.8.2007 als Schiedsspruch und fasst man § 20 (2) des Vertrags vom 14.8.2006 als Verkürzung der Frist des § 1059 Abs. 3 ZPO auf zwei Monate auf, so hat der Antragsgegner diese Frist versäumt. Bei der Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung können dann nur noch die Aufhebungsgründe des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 (hier: lit. b) ZPO berücksichtigt werden (§ 1060 Abs. 2 Satz 3 ZPO); ein Verstoß gegen den ordre public ist stets von Amts wegen zu berücksichtigen (BGH NJW 2007, 772/773 m.w.N.). Soll nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien der zunächst vorläufige Einigungsvorschlag unter bestimmten Umständen zu einem verbindlichen Schiedsspruch erstarken, so muss auch das zu diesem Vorschlag führende Verfahren den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen eines Schiedsverfahrens (vgl. § 1042 ZPO) genügen. b) Als Verstoß gegen den (verfahrensrechtlichen) ordre public kommt hier insbesondere die Nichtgewährung rechtlichen Gehörs in Betracht (vgl. Zöller/Geimer § 1059 Rn. 68; OLG Frankfurt OLG-Report 2008, 644). Vorliegend wurde dem Antragsgegner keine ausreichende Möglichkeit eingeräumt, in einem Schiedsverfahren zur Sache Stellung zu nehmen. Nachdem der Bevollmächtigte der Antragstellerin dem "Vermittler" seine Auffassung, es liege "eine Art Schiedsgericht" vor, unterbreitet und angefragt hatte, ob eine Schiedsklage einzureichen sei, bat der "Vermittler" den Antragsgegner um eine Stellungnahme zu dieser Rechtsauffassung. Nachdem eine solche nicht eingegangen war, kündigte der "Vermittler" an, den "Vermittlungsvorschlag" nach einer weiteren - mit lediglich drei Tagen bemessenen - Frist vorzulegen "unter Berücksichtigung der bis dahin eingegangenen Stellungnahme". Dies kann sich nur auf die vorher angeforderte Stellungnahme zur Rechtsnatur des Verfahrens bezogen haben, zumindest lag diese Auslegung für den Antragsgegner nahe. Es blieb bewusst in der Schwebe, ob überhaupt ein auf verbindliche Streitentscheidung gerichtetes Verfahren eingeleitet war. Die geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der eine bedingte - nämlich durch die Untätigkeit der Parteien binnen bestimmter Frist - Unterwerfung unter den Schiedsspruch zugelassen wird (Beschluss vom 1.3.2007, III ZB 7/06; z.B. NJW-RR 2007, 1511 = Heft 21 vom 15.11.2007), konnte seinerzeit noch nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt werden. Auch kam es zu keiner den üblichen Förmlichkeiten entsprechenden, den Verfahrensgegenstand eindeutig umreißenden Schiedsklage (§ 1046 Abs. 1 ZPO; Reichold in Thomas/Putzo ZPO 29. Aufl. § 1046 Rn. 2). Zudem ist es zweifelhaft, ob dem Antragsgegner eine hinreichend eindeutige und ausreichende Frist gesetzt worden war, in der Sache selbst zu den in früheren Schreiben behaupteten Ansprüchen Stellung zu nehmen (vgl. § 1046 Abs. 1 Satz 1 a.E. ZPO). Die in § 20 (2) vorgesehene Möglichkeit, den Schiedsspruch "bei dem zuständigen Gericht anzufechten", ist kein Ersatz für das vor dem Ergehen des Vermittlungsvorschlags zu gewährende Gehör. Denn als Schiedsspruch unterliegt dieser exklusiv nur den enumerativen Aufhebungsgründen in § 1059 Abs. 2 ZPO, die die Parteien ihrerseits nicht autonom erweitern können (MüKo/Münch ZPO 3. Aufl. § 1059 Rn. 6 und 7). c) Unter diesen Umständen kommt es nicht mehr darauf an, ob ein Aufhebungsgrund auch darin liegt, dass sich nach dem Inhalt des Schreibens vom 10.4.2007 das Schlichtungsverfahren wohl gegen die Partnerschaftsgesellschaft richten sollte, der "Vermittlungsvorschlag" jedoch gegenüber dem geschäftsführenden Partner der Partnerschaftsgesellschaft erging. | |||||
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