16 Sch 3/13


Gericht OLG Schleswig Aktenzeichen 16 Sch 3/13 Datum 14.11.2013
Leitsatz
Die fehlende Fälligkeit der Zahlungsverpflichtung betrifft eine materiell-rechtliche Einwendung des Antragsgegners, die – da auf diese Einwendung eine Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO gestützt werden könnte – auch im Verfahren über die Vollstreckbarkeitserklärung vorgebracht werden kann.
Rechtsvorschriften§§ 1053 Abs. 3, 1054, 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteVollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs; materiell-rechtlicher Einwand gegen die Vollstreckbarerklärung
Volltext
Beschluss
Der Antrag, den Schiedsspruch des Schiedsrichters Dr. A vom 26. Juni 2012 hinsichtlich der Ziff. 1 und 2 für vollstreckbar zu erklären, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Parteien schlossen am 04. Januar 2008 einen Generalunternehmervertrag über ein im Auftrag der Antragsgegnerin von der Antragstellerin schlüsselfertig zu errichtendes Wohn- und Geschäftshaus in B. Die Parteien vereinbarten in § 20 („Streitigkeiten“) des Vertrages u.a., dass „im Falle etwaiger Streitigkeiten aus diesem Vertrag“ – unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs – Rechtsanwalt Dr. A in B mit verbindlicher Wirkung für beide Parteien entscheiden soll. Die Parteien gerieten über den Restwerklohnanspruch der Antragstellerin in Streit, die deshalb eine Schiedsklage gegen die Antragsgegnerin erhob. Im Rahmen der Güteverhandlung vor dem Schiedsrichter Dr. A am 26. Juni 2012 schlossen die Parteien einen Vergleich u.a. mit folgendem Inhalt:
1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Klägerin gegen die Beklagte ein Restwerklohnanspruch in Höhe von 90.000,00 € (netto) zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer zusteht.
2. Dieser Betrag wird nach Vorlage eines Gutachtens gemäß Ziff. 3, diese Vergleichs auf einem von der Schiedsklägerin hierfür extra einzurichtenden Rechtsanwaltsanderkonto, dessen Nummer den Parteien rechtzeitig bekannt zu geben ist, durch die Schiedsbeklage eingezahlt. Die Einzahlung erfolgt innerhalb von 2 Wochen ab Vorlage des Gutachtens gemäß Ziff. 3. dieses Vergleichs.
Der Schiedsrichter verpflichtet sich, diesen Betrag treuhänderisch zu verwalten.
Die Parteien sind sich über folgende Treuhandvereinbarung einig:
Sollte sich aufgrund der nach Ziff. 3 dieses Vergleichs einzuholenden Gutachten ein niedrigerer Betrag als die unter Ziff. 1. dieses Vergleichs genannte Restwerklohnforderung ergeben, wobei die Mängelbeseitigungskosten einfach zu rechnen sind, wird der Schiedsrichter den Betrag, der den einfachen Betrag der Mängelbeseitigungskosten übersteigt, unverzüglich an die Schiedsklägerin auszuzahlen.

3. Die Parteien sind sich darüber einig, dass über die nachfolgend beschriebenen Punkte zu a) bis c) ein Gutachten eines Sachverständigen eingeholt werden soll. Das Gutachten soll sich zum Vorhandensein der von der Schiedsbeklagten gerügten Mängel, die Art und Weise der Beseitigung sowie die Kosten der Beseitigung verhalten.

Hierbei handelt es sich um folgende Mängel:
a) …
b) Der Sachverständige soll weiter klären, ob die Mängel gemäß Gutachten D, angefertigt exemplarisch für die Wohnung 19, bei dieser Wohnung und den Wohnungen 5, 9, 14, 20 und 21 vorhanden sind. …
c) …
Am 28. Juni 2012 erließ der Schiedsrichter Dr. A einen Beweisbeschluss, geändert durch Beschluss vom 16. November 2012, und beauftragte nachfolgend die Sachverständigen E (als Hauptsachverständigen insbesondere zu den Mängeln an den Wohnungen 5, 9, 14, 19, 20 und 21) und F (als weiteren Sachverständigen zu den Mängeln am Wärmedämmverbundsystem) mit der Beantwortung der Beweisfragen. Die Gutachten der Sachverständigen vom 19. Juli 2013 (E) und 22. Juli 2013 (F) wurden den Parteien zugestellt.
Die Antragstellerin hat unter dem 30. August 2013 beantragt, den Schiedsspruch hinsichtlich des Zahlungsanspruchs in Ziff. 1 und 2 nach § 1060 Abs. 1 ZPO für vollstreckbar zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie ist der Auffassung, dass ihre Zahlungsverpflichtung gegenüber der Antragstellerin bislang nicht fällig ist, weil das Gutachten des Sachverständigen E nicht vollständig sei, insbesondere weil dieser – was sich aus seinem Gutachten auch ergibt – die Wohnungen 5 und 9 gar nicht besichtigt und begutachtet hat.
II.
1.
Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht ist gemäß § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO örtlich und sachlich für die Vollstreckbarkeitserklärung des in C ergangenen Schiedsspruchs vom 26. Juni 2012, bei dem es sich um einen Schiedsspruch mit vereinbarten Wortlaut im Sinne von §§ 1053 Abs. 2, 1054 ZPO handelt, zuständig.
2.
Der Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung des Schiedsspruchs ist zulässig. Die Antragstellerin hat mit ihrem Antrag eine von dem Schiedsrichter unterschriebene Ausfertigung des Schiedsspruchs vorgelegt (§ 1064 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Schiedsspruch erfüllt die formellen und materiellen Voraussetzungen der §§ 1053 Abs. 2, 1054 Abs. 1 bis 4 ZPO.
3.
Versagungs- oder Aufhebungsgründe betreffend den Schiedsspruch im Sinne von § 1059 Abs. 2 ZPO sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
4.
Der Antrag auf Erteilung einer Vollstreckungsklausel ist – auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Antragstellerin vom 06. November 2013 auf den Hinweis des Senats vom 31. Oktober 2013 – aber unbegründet.
Die Zahlungsverpflichtung der Antragsgegnerin aus Ziff. 1 des Schiedsspruchs ist nicht fällig.
Die fehlende Fälligkeit der Zahlungsverpflichtung betrifft eine materiell-rechtliche Einwendung der Antragsgegnerin, die – da auf diese Einwendung eine Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO gestützt werden könnte – auch im Verfahren über die Vollstreckbarkeitserklärung vorgebracht werden kann. Es hätte keinen Sinn, wenn die Antragsgegnerin die Vollstreckbarkeitserklärung hinnehmen und wegen ihrer Einwendung einen (neuen) Rechtsstreit nach § 767 ZPO anhängig machen müsste (vgl. BGH NJW-RR 2008, 659, zitiert nach juris Rn. 31; BGH NJW-RR 2011, 213 zitiert nach juris Rn. 8).
Eine Vollstreckungsgegenklage der Antragsgegnerin wäre vorliegend auch zulässig. Der Einwand der fehlenden Fälligkeit beruht auf Gründen, nämlich der Unvollständigkeit des gem. Ziff. 3 vorzulegenden Gutachtens, die nach Erlass des Schiedsspruchs und vor Abschluss des Vollstreckbarerklärungsverfahrens entstanden sind. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin unterfällt der Einwand der fehlenden Fälligkeit nicht der Zuständigkeit des Schiedsrichters. Dem vorliegenden Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut i. S. § 1053 Abs. 2 ZPO liegt seinerseits (ausdrücklich) ein Vergleich der Parteien i.S. § 779 BGB, also ein Vertrag, zugrunde. Der vorliegende Schiedsspruch enthält wiederum keine Schiedsklausel für Folgestreitigkeiten aus dem Schiedsspruch, die dazu führen würde, dass materiell-rechtliche Einwendungen aus Ziff. 2 des Schiedsspruchs gegen den unter Ziff. 1 titulierten Anspruch im Vollstreckbarerklärungsverfahren von einem staatlichen Gericht nicht zu prüfen wären (vgl. OLG München SchiedsVZ 2006, 165, zitiert nach juris Rn. 11). Es kann hier auch dahin stehen, ob die Schiedsvereinbarung der Parteien in § 20 des Generalunternehmervertrages so gefasst ist, dass sie sich auch auf Streitigkeiten aus einem Schiedsspruch mit vereinbarten Wortlaut erstrecken sollte (vgl. OLG Saarbrücken, OLGR 2006, 220, zitiert nach juris Rn. 25). Jedenfalls hat der Schiedsrichter sich hier einer Entscheidung über den Einwand der fehlenden Fälligkeit enthalten, weil er - nach Maßgabe seines als Anlage K 4 vorgelegten Schreibens vom 19. September 2013 - offenbar der Auffassung ist, dass die Voraussetzungen für die Zahlung vorliegen, obwohl ihm der Einwand der fehlenden Fälligkeit aufgrund der Email des Antragsgegners vom 27. August 2013 bekannt ist. Gleichviel ob der Schiedsrichter mit Recht oder Unrecht nicht auf die Fälligkeit der Zahlungsverpflichtung eingegangen ist, steht einer Wiederholung des Fälligkeitseinwands vor einem stattlichen Gericht damit nichts im Wege (siehe BGH NJW-RR 2011, 213, zitiert nach juris Rn. 8).
Der Einwand der fehlenden Fälligkeit des Zahlungsbegehrens ist auch begründet.
Die Ziff. 2 des Schiedsspruchs beinhaltet eine Fälligkeitsregelung im Sinne von § 271 BGB für die Zahlungsverpflichtung gemäß Ziff. 1. Die Fälligkeit tritt danach zwei Wochen nach Vorlage eines Gutachtens gemäß Ziff. 3 ein. Nach Maßgabe der Ziff. 3. war ein Gutachten zu den darin ausdrücklich aufgeführten Mängeln einzuholen, zumal die darin u.a. festzustellenden Kosten der Mangelbeseitigung gemäß Ziff. 2 Auswirkungen auf den gemäß dem weiteren Inhalt der Ziff. 2 an die Antragstellerin von dem Schiedsrichter auszuzahlenden Betrag haben. Damit setzt die Fälligkeit des Zahlungsbetrags eine vollständige Begutachtung der in Ziff. 3 des Schiedsspruchs aufgeführten Mängel voraus. Diese Voraussetzung liegt aber bislang nicht vor. Das Gutachten des Sachverständigen E, der insbesondere mit der Begutachtung von Mängeln in den Wohnungen 5, 9, 14, 20 und 21 beauftragt worden war, ist offenbar unvollständig. Der Sachverständige hat die Wohnungen 5 und 9 nicht besichtigt und begutachtet.
Deshalb war der Antrag auf Erteilung einer Vollstreckungsklausel als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Der Gegenstandswert dieses Verfahrens beträgt 90.000,- €.
Summary
The applicant asked the Higher Regional Court of Schleswig Holstein for a declaration of enforceability of an arbitral award on agreed terms. The court rejected the application.
The Higher Regional Court of Schleswig Holstein’s pertinent and local competence followed from section 1062 subsec. 1 no. 4 of the German Code of Civil Procedure (ZPO). The application was also admissible. The applicant has supplied a certified copy of the award signed by the arbitrator, section 1064 subsec. 1 sentence 1 ZPO. The arbitral award on agreed terms met the formal and material requirements of sections 1053 subsec. 2, 1054 ZPO. Grounds for setting aside in terms of section 1059 subsec. 2 ZPO have neither been invoked nor have they been apparent to the court.
However, the application was not well-founded. The obligation to pay imposed on the party opposing the application in the award was not due yet. This was an objection under material law which can also be raised in the proceedings on the declaration of enforceability, since an action in terms of section 767 ZPO can be based on it. The party opposing the application did not have to accept the declaration of enforceability and wait to bring a (new) action pursuant to section 767 ZPO before the court afterwards.
An action pursuant to section 767 ZPO would also be admissible. The objection was based on the incompleteness of an expert’s report, which arose after the arbitral award has been made and before the termination of the proceedings on the declaration of enforceability. The objection further did not fell under the scope of the arbitration agreement and therefore not under the competence of the arbitrator. The arbitral award on agreed terms expressly was based on a settlement in terms of section 779 of the German Civil Code (BGB) and thereby on a contract. The award did not contain an arbitration agreement for following disputes. Whether the original arbitration agreement between the party also covered such disputes could be left open. The arbitrator abstained from deciding on the objection, because he was of the opinion that the requirements for the obligation to pay were given, although he knew about the objection. A repeated raise of the objection before the state court was still admissible. The objection was also well-founded, since the arbitral award contained a regulation concerning the due date in terms of section 271 BGB and the requirements have not been fulfilled.