Gericht | OLG Celle | Aktenzeichen | 8 Sch 11/01 | Datum | 08.08.2002 |
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Leitsatz | |||||
Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruches | |||||
Rechtsvorschriften | § 92 ZPO, § 1061 ZPO Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ, Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ, Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ | ||||
Fundstelle | |||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | Schiedsspruch: - formale Anforderungen, Kostenfestsetzung Aufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Schiedsspruch, ausländisch; - Vollstreckbarerklärung Aufhebungs-/Versagungsgründe: - nicht ordnungsgemäß | ||||
Volltext | |||||
B E S C H L U S S: Der Schiedsspruch des Einzelschiedsrichters ... des Internationalen Schiedsgerichtshofs der Internationalen Handelskammer ICC (International Court of Arbitration of the International Chamber of Commerce) in Genf - Fall Nr. ... vom 22. Januar 2001, zu "Findings" 9.5 berichtigt durch Addendum des genannten Einzelschiedsrichters vom 3. Mai 2001, durch welchen festgestellt worden ist, dass die Antragstellerin den zwischen den Parteien am 28. März 1996 geschlossenen Vertriebsvertrag am 3. Juni 1997 wirksam beendet hat, und durch welchen die Antragsgegnerin verurteilt worden ist, der Antragstellerin 84.000 US-Dollar und 110.000 englische Pfund als Beitrag zu den Kosten des Schiedsverfahrens. zu zahlen, wird für vollstreckbar erklärt. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach einem Streitwert von bis zu 300.000 €. Dieser Beschluss ist vorläufig vollstreckbar. G R Ü N D E: 1. Der Einzelschiedsrichter ... des Internationalen Schiedsgerichtshofes der Internationalen Handelskammer in Genf hat am 22. Januar 2001 einen Schiedsspruch erlassen, in welchem unter anderem festgestellt worden ist, die Antragstellerin (Schiedsklägerin) habe den Vertriebsvertrag zwischen den Parteien am 3. Juni 1997 wirksam beendet, und durch welchen die Antragsgegnerin (Schiedsbeklagte) verurteilt worden ist, der Antragstellerin 84.000 US-Dollar und 180.000 englische Pfund als Beteiligung an den Kosten des Schiedsverfahrens zu zahlen. Mit "Addendum" vom 3. Mai 2001 hat der genannte Einzelschiedsrichter den Kostenausspruch berichtigt. Danach hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin lediglich 84.000 US-Dollar und 110.000 englische Pfund als Beitrag zu den Kosten des Schiedsverfahrens zu zahlen. Mit Antrag vom 21. August 2001, beim Oberlandesgericht Celle eingegangen am 22. August 2001, hat die Antragstellerin die Vollstreckbarerklärung des - berichtigten - Kostenausspruchs des Schiedsspruchs beantragt. Die Antragstellerin weist, unter Überreichung entsprechender Unterlagen, auf ihre unveränderte Existenz und die Vertretung durch ihre Geschäftsführerin ... hin, welche auch ihre Verfahrensbevollmächtigten bevollmächtigt habe, und trägt weiter vor: Der in Rede stehende - berichtigte - Schiedsspruch sei für die Parteien verbindlich, er sei von der Antragsgegnerin auch nicht angefochten worden. Er sei, was die Kostenregelung auch zu Lasten der Antragsgegnerin, d. h. deren "Beteiligung" an der Kostentragung angehe, verfahrensfehlerfrei erlassen worden, auch ein Verstoß gegen den ordre public liege nicht vor. Die Antragstellerin beantragt, den Schiedsspruch des Einzelschiedsrichters ... des Internationalen Schiedsgerichtshofes der Internationalen Handelskammer ICC (International Chamber of Commerce) in Genf vom 22. Januar 2001 -Fall Nr. ... - in Verbindung mit dem Addendum vom 3. Mai 2001, durch welchen festgestellt wurde, dass die Antragstellerin den zwischen den Parteien am 28. März 1996 geschlossenen Vertriebsvertrag am 3. Juni 1997 wirksam beendet hat, und durch welchen die Antragsgegnerin verurteilt wurde, an die Antragstellerin 84.000 US-Dollar und 110.000 englische Pfund als Beteiligung an den Kosten des Schiedsverfahrens zu zahlen, für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für vollstreckbar zu erklären. Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie trägt dazu vor: Sie rüge eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin. Tatsächlich sei die Antragstellerin nach ihren, der Antragsgegnerin, Ermittlungen "für sie nicht mehr existent, insbesondere nicht mehr erreichbar". Die Antragstellerin sei auch nicht mehr tätig; in der Bilanz zum 31. März 2000 - weiteres sei ihr, der Antragsgegnerin, nicht bekannt - sei als Vermögensgegenstand im Wesentlichen nur die vermeintliche Kostenerstattungsforderung gegen die Antragsgegnerin ausgewiesen. Im Übrigen sei dem in Rede stehenden Schiedsspruch die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung zu versagen. Das Schiedsgericht habe die Schadensersatzklage der Antragstellerin durch den Schiedsspruch vom 22. Januar 2001 in vollem Umfange abgewiesen. Gleichwohl sei sie, die Antragsgegnerin, teilweise mit Kosten belastet worden; dagegen habe sie "Einspruch" beim Schiedsgericht eingelegt, worüber noch nicht entschieden sei. Deshalb komme eine Vollstreckbarerklärung nicht in Betracht. Im Übrigen habe das Schiedsgericht verfahrensfehlerhaft entschieden, nämlich eine bloße Billigkeitsentscheidung getroffen entgegen dem allgemeinen Grundsatz, wie er auch in § 91 ZPO zum Ausdruck komme, dass der Verlierer die Kosten zu tragen habe. Das verstoße auch gegen den ordre public der Bundesrepublik Deutschland. 2. Der Vollstreckbarerklärungsantrag der Antragstellerin (§ 1061 ZPO i.V.m. dem UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958, BGBI. 61 II S. 122) ist begründet. Die Zuständigkeit des erkennenden Senats des Oberlandesgerichts Celle ergibt sich aus § 1062 ZPO. Der Senat entscheidet nach § 1063 ZPO durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung, nach erfolgter Anhörung der Antragsgegnerin. Entgegen der Vorstellung der Antragsgegnerin hat die Antragstellerin die ordnungsgemäße Bevollmächtigung ihrer Verfahrensbevollmächtigten hinreichend dargelegt und belegt. Diese Bevollmächtigung ist nämlich durch der Antragstellerin Geschäftsführerin ... erfolgt Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, dass die Antragstellerin "nach den Ermittlungen der Antragsgegnerin ... für sie nicht mehr existent" ist, "insbesondere nicht mehr erreichbar". Aus den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen ergeben sich hinreichend deutlich das Fortbestehen dieser Antragstellerin und ihre Vertretung durch die Geschäftsführerin ..., jedenfalls müsste die Fortexistenz der Antragstellerin gerade auch im Hinblick auf die Geltendmachung der hier letztlich in Rede stehenden Schiedsgerichtskostenerstattungsforderung der Antragstellerin angenommen werden. Gründe, die einer Versagung der Anerkennung und Vollstreckung des hier in Rede stehenden, durch Addendum vom 3. Mai 2001 modifizierten, berichtigten Kostenschiedsspruchs entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Der Hinweis der Antragsgegnerin auf Art. V. (1) e) des genannten UN-Übereinkommens geht fehl. Vielmehr ist der in Rede stehende Schiedsspruch als für die Parteien verbindlich anzusehen. Insbesondere hat die Antragstellerin zutreffend - auch unter Hinweis auf entsprechende vorgelegte Belege - darauf hingewiesen, dass der Schiedsspruch von Seiten der Antragsgegnerin nicht wirklich angefochten worden ist, dass also eine "weitere"/andere Entscheidung gar nicht mehr aussteht, dass vielmehr lediglich nachträglich ein Schriftwechsel der Antragsgegnerin mit dem Schiedsgericht stattgefunden hat, in dessen Rahmen von Seiten der Antragsgegnerin lediglich angekündigt worden ist, sie werde im Vollstreckbarerklärungsverfahren den Einwand des Verstoßes gegen den ordre public erheben. Der Einwand der Antragsgegnerin, das Schiedsgericht habe, entgegen vereinbarten Verfahrensgrundsätzen, hinsichtlich der Kostenentscheidung - auch zu ihren Lasten - nach bloßer "Billigkeit" entschieden, nicht nach allgemein feststehenden Grundsätzen, z. B. dem der Kostenbelastung allein des "Verlierers", berührt sich mit dem des Verstoßes gegen den ordre public der Bundesrepublik Deutschland unter Hinweis auf die einschlägigen Kostenbestimmungen der ZPO. Dieses Vorbringen der Antragsgegnerin hindert die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des in Rede stehenden Schiedsspruches nicht. Ein Verfahrensfehler i. S. d. Art. V, (1) d) lässt sich nicht feststellen; ebenso wenig lässt sich feststellen, dass die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs der öffentlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland widersprechen würde. Das Schiedsgericht hat in seinem (ursprünglichen) Schiedsspruch vom 22. Januar 2001 die Kostenerörterungen der Parteien im Schiedsgerichtsverfahren im Einzelnen dargelegt und unter differenzierter Würdigung des gesamten Schiedsgerichtsverfahrens eine Kostenbelastung auch der Antragsgegnerin ausgesprochen, die es dann im Addendum vom 3. Mai 2001 ausdrücklich zur Höhe "korrigiert" hat. Dabei ist es in dem Verfahren, welches zu dem Addendum geführt hat, u. a. auch schon darum gegangen, dass die Antragsgegnerin die Auffassung vertreten hat, die Antragstellerin müsse als Verliererin sämtliche Kosten tragen. Tatsächlich hat das Schiedsgericht in dem Addendum dann lediglich einen Berechnungsfehler/ein Büroversehen berichtigt, während es bei der "Kostengrundentscheidung" mit einer Kostenbelastung auch der Antragsgegnerin geblieben ist. Dabei hat der Einzelschiedsrichter in grundsätzlich nicht zu beanstandender Art und Weise, schon im ursprünglichen Schiedsspruch vom 22. Januar 2001, berücksichtigt, dass die Antragstellerin unter anderem "auch" im Schiedsgerichtsverfahren, nämlich im Hinblick auf die Feststellung der Beendigung des Vertrages, zum Teil gesiegt hat; des Weiteren hat der Schiedsrichter im Einzelnen berücksichtigt, dass die Antragsgegnerin durch ihr Verhalten im Schiedsgerichtsverfahren zusätzliche Kosten (z.B. durch Verzögerung) verursacht hat. Ein irgendwie gearteter Verfahrensfehler lässt sich bei dieser differenzierten und wohlerwogenen und -begründeten Kostenentscheidung nicht feststellen. Ebenso wenig lässt sich ein Verstoß gegen den ordre public der Bundesrepublik Deutschland i- S, d. Art. V. (2) d) des genannten UN-Übereinkommens feststellen. Selbst wenn die schiedsgerichtliche Kostenverteilung unter Berücksichtigung des § 92 ZPO deutschem Recht nicht entspräche, wobei § 92 ZPO eben auch Ermessensentscheidungen zulässt, kann von einem Verstoß gegen den deutschen ordre public nicht gesprochen werden, worauf das OLG Stuttgart in der von der Antragstellerin angeführten Entscheidung vom 15. März 2001 (IHR 5-2001, 212) allgemein zu Recht hingewiesen hat. Die differenzierte und im Einzelnen begründete schiedsgerichtliche Kostenentscheidung auch zu Lasten der tatsächlich teilweise im Schiedsgerichtsverfahren unterlegenen Antragsgegnerin lässt einen Verstoß gegen den deutschen ordre public nicht erkennen; eine solche Kostenentscheidung wäre auch nach deutschem Recht grundsätzlich möglich und zulässig. Nach allem muss dem Vollstreckbarerklärungsantrag der Antragstellerin im Hinblick auf den Kostenausspruch des Schiedsspruchs vom 22. Januar 2001, berichtigt durch Addendum vom 3. Mai 2001, entsprochen werden, wobei der Senat die aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtliche Formulierung gewählt hat, in teilweiser Abweichung von der Fassung des Vollstreckbarerklärungsantrages der Antragstellerin. Nach § 91 ZPO hat die Antragsgegnerin die Kosten dieses Vollstreckbarerklärungsverfahrens zu tragen. Nach § 1064 Abs. 2 ZPO ist dieser Vollstreckbarerklärungsbeschluss seinerseits für vorläufig vollstreckbar zu erklären. | |||||
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