Gericht | OLG Frankfurt am Main | Aktenzeichen | 26 SchH 15/09 | Datum | 30.03.2010 |
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Leitsatz | |||||
Rechtsvorschriften | |||||
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Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
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B E S C H L U S S Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar. Der Gegenstandswert wird auf 5.000,- € festgesetzt. Gründe: I. Am 28.10.2009 schlossen die Parteien im Rahmen der mündlichen Verhandlung in einem Schiedsverfahren einen Vergleich, in dem sich der Antragsgegner verpflichtete, an die Antragsteller jeweils 12.500,- € zu zahlen. Dabei trafen die Parteien eine Ratenzahlungsvereinbarung, wonach die erste Rate in Höhe von jeweils 2.500,- € zum 01.12.2009 gezahlt werden sollte und sodann ab Januar 2010 monatliche Zahlungen in Höhe von je 1.000,- € erfolgen sollten. Die Parteien vereinbarten ferner, dass bei Zahlung eines Betrages von insgesamt jeweils 10.000,- € bis zum 31.12.2009 der Restbetrag erlassen sein sollte. Wegen der Einzelheiten der Zahlungsvereinbarung wird auf den in Ablichtung vorlegten Schiedsspruch (Bl. 3 d. A.) Bezug genommen. Die Parteien hatten sich zudem eine Widerrufsfrist bis zum 03.11.2009 vorbehalten. Eine Ausfertigung des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht mit dem Vergleichswortlaut wurde am 02.11.2009 an die Parteien versandt. Von dem Widerrufsrecht machte keine der Parteien Gebrauch. Bereits mit Schreiben vom 04.11.2009 bat der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller um Mitteilung der entsprechenden Bankverbindungen. Weiterhin teilte er mit, er gehe davon aus, dass der Antragsgegner die reduzierte Zahlung bis zum Ende des Jahres erbringen werde. Am 16.12.2009 wies der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller den Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners in einem Telefonat auf die Fälligkeit der ersten Rate hin. Der weitere Verlauf des Gespräches ist streitig. Am darauf folgenden Tag teilte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners per E-mail mit, dass er eine unterschriebene Ausfertigung des Vergleichs angeforderte habe und nach dessen Erhalt die vollstreckbare Ausfertigung beantragen werde. Der Schiedsspruch mit dem Vergleichswortlaut erging am 18.12.2009 und wurde dem Bevollmächtigten des Antragsgegners am 21.12.2009 zugeleitet. Die Antragsteller beantragten mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 21.12.2009, dem Bevollmächtigten des Antragsgegners zugestellt am 18.01.2010, zunächst, den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären. Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners hatte wegen der E-mail vom 17.12.2010 erst am 23.12.2009 in der Kanzlei des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller angerufen; der Inhalt dieses Gespräches ist ebenfalls streitig. Am 27.12.2009 gingen dann Zahlungen in Höhe von jeweils 10.000,- € auf den Konten der Antragsteller ein. Nachdem die Antragsteller zunächst ihren Antrag auf Vollstreckbarerklärung für erledigt erklärt hatten, erfolgte nach entsprechendem Hinweis des Gerichts der Widerruf dieser Erledigungserklärung und zugleich die Rücknahme des Antrages auf Vollstreckbarerklärung verbunden mit dem Antrag, dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Antragsgegner ist der Auffassung, die Erledigungserklärung sei als Prozesshandlung nicht widerruflich und behauptet darüber hinaus, bereits bei der mündlichen Verhandlung im Rahmen des Schiedsverfahrens sowie nochmals im Dezember sei deutlich gemacht worden, dass der Antragsgegner von der zweiten Zahlungsmodalität Gebrauch machen werde. Ferner habe der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller bei dem Gespräch am 16.12.2009 zugesagt, dass die Zwangsvollstreckung nicht sogleich betrieben werden solle. Am 23.12.2009 habe man dies nochmals bestätigt und zugesagt, dass vor dem 04.01.2010 die Zwangsvollstreckung nicht eingeleitet werde. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze der Antragsteller vom 27.01.2010 (...) und 02.03.2010 (...) sowie auf die Schriftsätze des Antragsgegners vom 20.01.2010 (...) und 22.03.2010 (...), jeweils nebst Anlagen, Bezug genommen. II. Nachdem die Antragsteller den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zurückgenommen haben, war gemäß § 269 Abs. 3, 4 ZPO nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Diese waren unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen dem Antragsgegner aufzuerlegen. Nach dieser Vorschrift sind die Kosten eines Verfahrens nach erfolgter Klage-/Antragsrücknahme grundsätzlich dem Kläger/Antragsteller aufzuerlegen. Nur wenn der Anlass zur Klageerhebung vor Rechtshängigkeit weggefallen ist und die Klage daraufhin zurückgenommen wird, kann über die Kostentragungspflicht nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sachstandes entschieden werden. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall zu bejahen. Der Antragsgegner hat die geschuldete Vergleichssumme am 27.12.2009 und damit nach Einreichung, aber vor Zustellung des Antrages auf Vollstreckbarerklärung gezahlt. Die Antragsteller haben darauf hin zwar zunächst die Erledigung des Verfahrens erklärt, sodann aber diese Erklärung widerrufen und den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zurückgenommen. Dies ist entgegen der Auffassung des Antragsgegners prozessrechtlich nicht zu beanstanden. Eine Erledigungserklärung ist nämlich grundsätzlich frei widerruflich, solange sich der Beklagte ihr nicht angeschlossen und das Gericht noch keine Entscheidung über die Erledigung der Hauptsache getroffen hat. Bei einer Erledigungserklärung handelt es sich um eine Prozesshandlung, die – wenn sie einseitig bleibt – eine nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klageänderung darstellt. Sie umfasst für diesen Fall den Antrag, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat. Eine unmittelbar prozessgestaltende Wirkung geht von der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung nicht aus. Solange über diesen Antrag noch nicht entschieden ist, kann sowohl eine Rückkehr zu den ursprünglichen Anträgen erfolgen als auch der Hauptsacheantrag zurückgenommen werden (vgl. nur BGH, NJW 2002, 442 mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur). Billigem Ermessen und dem bisherigen Sach- und Streitstand entspricht es, den Antragsgegner mit den Kosten des Verfahrens zu belasten. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung war nach Übersendung des Schiedsspruches mit dem vereinbarten Wortlaut zulässig und wäre ohne die vor Zustellung erfolgte Zahlung auch begründet gewesen, denn zu diesem Zeitpunkt existierte ein in einem Schiedsspruch titulierter Zahlungsanspruch der Antragsteller. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners enthielt der Vergleich in Ziffer (1) nämlich zum einen eine verbindliche Vereinbarung des zu zahlenden Betrages und zum anderen eine Ratenzahlung-/ Fälligkeitsregelung, wonach die erste Rate in Höhe von jeweils 2.500,- € zum 01.12.2009 zahlbar sein sollte. Die Regelung zur Fälligkeit der ersten Rate ist auch nicht durch Ziffer (2) des Vergleiches aufgehoben worden. Ein solcher Inhalt lässt sich weder dem Wortlaut dieser Klausel noch ihrem Sinn und Zweck entnehmen. Ziffer (2) des Vergleiches eröffnete dem Antragsgegner nur die Möglichkeit, durch vorzeitige Zahlung des dort genannten Betrages einen Teilerlass der vereinbarten Schuld zu erlangen. Damit ist dem Antragsgegner aber keine Wahlschuld gemäß § 262 BGB eingeräumt worden. Es handelt sich vielmehr um eine übliche Regelung im Rahmen einer Ratenzahlungsvereinbarung, die dem Schuldner die Möglichkeit zubilligt, durch vorzeitige Zahlung eine Reduzierung der Gesamtverbindlichkeit zu erreichen und den Gläubiger früher in den Genuss des überwiegenden Teils der Forderung kommen lässt. Damit war der Antraggegner nicht von der Verpflichtung befreit, die erste Rate zum 01.12.2009 zu zahlen, so dass im Zeitpunkt des Antrags auf Vollstreckbarerklärung ein fälliger, titulierter Anspruch bestand. Der grundsätzlich auch für Verfahren auf Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen anzuwendende, aus §§ 788 Abs. 1, 91 Abs. 1 ZPO herzuleitende Rechtsgedanke, dass das Kostenrisiko voreilig gestellter Anträge den Antragsteller treffen muss (vgl. OLG Düsseldorf, OLGR 2004, 326; OLG München, OLGR 2006, 163) führt hier zu keiner anderen Beurteilung der Kostenverteilung. Voreilig ist eine Vollstreckung, wie auch die Vorbereitung einer Vollstreckung, nur dann, wenn eine freiwillige Leistung des Schuldner nicht abgewartet wird; dem Schuldner muss die Möglichkeit gegeben werden, die Zwangsvollstreckung durch freiwillige Leistung innerhalb einer angemessenen Frist, die sich nach den Umständen des Einzelfalls bestimmt, abzuwenden (vgl. BVerfG 84, 6; 99, 338). Erst bei nicht freiwilliger Leistung innerhalb der zuzubilligenden Frist kann die Notwendigkeit von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einschließlich ihr dienender Vorbereitungshandlungen bejaht werden (vgl. OLG Düsseldorf, OLG München a.a.O.) Unter Beachtung dieser Grundsätze kann hier eine voreilige Vollstreckungsmaßnahme bzw. Vorbereitungshandlung der Antragsteller nicht festgestellt werden. Ungeachtet der Frage, dass ein der Vollstreckungserklärung zugänglicher Schiedsspruch gemäß § 1053 Abs. 1 ZPO erst am 18.02.2009 erlassen und den Parteien am 21.12.2009 zugeleitet wurde, hatte sich der Antragsgegner in dem Vergleich vom 28.10.2009 vor dem Schiedsgericht wirksam materiell-rechtlich zur Zahlung der dort vereinbarten Summe verpflichtet. Nach fruchtlosem Ablauf der vereinbarten Widerrufsfrist am 03.11.2009 bestand mithin eine wirksame und zu den vereinbarten Terminen fällige Verbindlichkeit. Ausweislich der vorgelegten Korrespondenz der Parteien war dem Antragsgegner auch kurze Zeit nach Ablauf der Widerrufsfrist bekannt, dass die Forderung wirksam entstanden ist. Bereits mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 04.11.2009 hat er nämlich um Mitteilung der Kontoverbindungen der Schiedskläger gebeten Die Antragsteller durften zum fraglichen Zeitpunkt am 21.12.2009 auch davon ausgehen, dass sie nicht ohne Vollstreckungsmaßnahmen zu ihrem Geld kommen würden, denn zu diesem Zeitpunkt war der Schiedsbeklagte bereits drei Wochen mit der vereinbarten ersten Ratenzahlung in Verzug. Vor diesem Hintergrund kommt es für die Billigkeitsentscheidung auch nicht darauf an, ob der Antragsgegner bzw. sein Bevollmächtigter im Rahmen der Gespräche und der Korrespondenz angekündigt haben, dass zum Jahresende ein Betrag von jeweils 10.000,- € gezahlt werden sollte. Ebenfalls kann dahin gestellt bleiben, ob der Bevollmächtigte der Antragsteller gegenüber dem Bevollmächtigten des Antragsgegners bei einem Telefonat am 16.12.2009 erklärt hat, nicht sofort Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten zu wollen. Spätestens nach der Ankündigung per e-mail vom 17.12.2009, mangels entsprechender Reaktionen des Antragsgegners nach dem vorangegangenem Telefonat beim Schiedsgericht nunmehr eine unterschriebene Ausfertigung des Vergleichsprotokolls angefordert zu haben, um eine vollstreckbare Ausfertigung beim Oberlandesgericht zu beantragen, hätte der Antragsgegner umgehend den seit nahezu drei Wochen fälligen Teilbetrag entrichten müssen. Auf die bloße Ankündigung, die gesamte Forderung zum Ende des Monats zum Ausgleich bringen zu wollen, mussten sich die Antragsteller nicht mehr einlassen, zumal diese Reaktion erst am 23.12.2009 erfolgte; zu diesem Zeitpunkt war der Antrag auf Vollstreckbarerklärung bereits anhängig. Vor diesem Hintergrund kommt es auch nicht auf den zwischen den Parteien streitigen Inhalt des Gespräches an diesem Tag an. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 3 ZPO. | |||||
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