Gericht | LG Stralsund | Aktenzeichen | 1 S 54/10 | Datum | 16.12.2010 |
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U R T E I L: 1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Anklam abgeändert: Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. 4. Die Revision wird zugelassen. 5. Streitwert der Berufung: 1.860,00 EUR Gründe: I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Ausbildungsvergütung in Anspruch. Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Schiedsvereinbarung in § 7 des Ausbildungsvertrages stehe der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Es fehle an der gemäß § 1029 Abs. 1 ZPO erforderlichen Unterwerfungserklärung, zudem sei die Schiedsvereinbarung gemäß § 1031 Abs. 5 ZPO formunwirksam. Auch die übrigen Klauseln des Ausbildungsvertrages hat das Amtsgericht als wirksam angesehen. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie macht weiterhin die Unwirksamkeit der §§4 und 3 des Ausbildungsvertrages geltend und beantragt, die Klage abzuweisen, während die Klägerin das angefochtene Urteil unter Beantragung der Zurückweisung der Berufung verteidigt. II. Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Der Zulässigkeit der Klage vor einem ordentlichen Gericht steht die zwischen den Parteien als wirksam anzusehende Schiedsvereinbarung in § 7 des Vertrages entgegen, auf die die Beklagte sich in der mündlichen Verhandlung vom 15.10.2009 vor dem Amtsgericht A. berufen hat, bevor die Parteien zur Sache verhandelt haben. Zwar entbehrt die Schiedsvereinbarung der in § 1031 Abs. 5 ZPO vorgeschriebenen Form. Danach sind Schiedsvereinbarungen, an denen ein Verbraucher beteiligt ist, in einer von den Parteien eigenhändig unterzeichneten Urkunde zu vereinbaren, die andere Vereinbarungen als solche, die sich auf das schiedsrichterliche Verfahren beziehen, nicht enthalten darf. Die Beklagte ist als Verbraucherin im Sinne des § 1031 Abs. 5 ZPO anzusehen, so dass diese Vorschrift hier zur Anwendung gelangt. Deren Formerfordemisse sind nicht erfüllt. Daran ändert nichts der Umstand, dass sich die - eindeutig gefasste - Schiedsvereinbarung nur wenige Zentimeter über der Unterschrift beider Parteien unter den Ausbildungsvertrag befindet, weil sie nur eine von mehreren Vereinbarungen ist, die in dem Vertrag getroffen worden sind. Die übrigen beziehen sich nicht auf das schiedsgerichtliche Verfahren. Jedoch kann sich die Klägerin nach § 242 BGB auf die sich aus § 1031 Abs. 5 ZPO ergebende Unwirksamkeit der Schiedsabrede nicht berufen. § 1031 Abs. 5 ZPO dient dem Schutz des typischerweise schwächeren Verbrauchers. Das wird schon daran deutlich, dass die gesteigerten Formerfordernisse nicht erforderlich sind, wenn der entsprechende Vertrag notariell beurkundet wird. Der Gesetzgeber geht in einem solchen Fall davon aus, dass der Notar die beteiligten Parteien über die sich aus der Schiedsvereinbarung ergebenden Rechte und Pflichten ausreichend belehrt. Bedarf aber der über die Rechtsfolgen der Schiedsabrede aufgeklärte Verbraucher des besonderen Schutzes des § 1031 Abs. 5 ZPO nicht, so muss dies auch für denjenigen gelten, der sich - ohne gesondert über das spezielle Formerfordernis des § 1031 Abs. 5 ZPO aufgeklärt worden zu sein - auf die Gültigkeit der Schiedsgerichtsvereinbarung verlässt und sich später auf diese beruft. Hinzutritt die Überlegung, dass sich die Klägerin widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich verhält, wenn sie die Unwirksamkeit der Schiedsgerichtsvereinbarung geltend macht, nachdem sie diese als AGB gestellt hat. Sie kann dem nicht entgegenhalten, die Formvorschrift diene auch übergeordneten Interessen. Das Gesetz geht nicht aus Gründen der Rechtssicherheit davon aus, dass eine Schiedsgerichtsvereinbarung stets gesondert und schriftlich zu vereinbaren ist, wie die Beschränkung dieses Formerfordernisses auf Verbrauchergeschäfte belegt. Die Klägerin ist auch nicht schutzwürdig. Sie hätte es gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO in der Hand gehabt, rechtzeitig eine Klärung darüber herbeizuführen, ob ein privates Schiedsgericht oder das staatliche Gericht zuständig ist. Wenn sie davon ausgegangen ist, die Schiedsabrede in dem Vertrag sei unwirksam, hätte sie die Beklagte darauf hinweisen müssen. Sie kann die Nichtigkeit der Schiedsvereinbarung gemäß § 242 BGB nicht erstmals geltend machen, nachdem die Beklagte die Schiedseinrede erhoben hat. Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, es fehle an einer Unterwerfangserklärung im Sinne des § 1029 Abs. 1 ZPO vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Nach der Schiedsabrede in § 7 Abs. 1 entscheidet das Schiedsgericht endgültig. Diese endgültige Entscheidung des Schiedsgerichts haben die Parteien durch die Unterschrift unter den Vertrag vom 07.06.2005 akzeptiert und sich ihr damit unterworfen. Nach alledem hat die Klägerin die Schiedsvereinbarung in § 7 des Ausbildungsvertrages gegen sich gelten zu lassen, so dass die vor dem ordentlichen Gericht erhobene Klage gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO als unzulässig abzuweisen ist. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10 ZPO. Die Kammer hat die Revision zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Die Frage, ob sich der Verwender von AGB auf die Formunwirksamkeit nach § 1031 Abs. 5 ZPO berufen kann, wenn der gegnerische Verbraucher keines Schutzes bedarf, ist soweit ersichtlich bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden. | |||||
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