Gericht | OLG München | Aktenzeichen | 34 SchH 01/07 | Datum | 23.05.2007 |
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Leitsatz | |||||
Gerichtliche Schiedsrichterbestellung Haben die Parteien vereinbart, dass die von ihnen getroffene Schiedsvereinbarung in einer gesonderten Urkunde niederzulegen ist und unterbleibt deren Errichtung, so berührt dies die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung nicht. (Ls d. Redaktion) | |||||
Rechtsvorschriften | § 3 ZPO, § 1031 Abs. 1 ZPO, § 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO, § 1035 Abs. 3 Satz 5 ZPO, § 1061 Abs. 1 Nr. 1 ZPO | ||||
Fundstelle | |||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | Bildung des Schiedsgerichts: - Benennungsverfahren; - Ersatzbenennung | ||||
Volltext | |||||
B E S C H L U S S I. Zum zweiten beisitzenden Schiedsrichter zur Durchführung eines Schiedsverfahrens zwischen den Parteien wegen Streitigkeiten im Zusammenhang mit der gemeinschaftlich betriebenen ärztlichen Praxis in K wird bestellt: Dr. H L II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Bestellungsverfahrens. III. Der Streitwert wird auf 50.000 € festgesetzt. G r ü n d e : I. Die Parteien sind Ärzte. Sie haben sich durch Vertrag vom 3.10.2000 zur gemeinsamen Berufsausübung in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen. § 21 des Gemeinschaftspraxis-Vertrages lautet: "Alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag oder über seine Gültigkeit, die zwischen den Gesellschaftern oder zwischen einem Gesellschafter einerseits und der Gemeinschaftspraxis andererseits entstehen, werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges von einem Schiedsgericht endgültig entschieden. Die Schiedsgerichtsvereinbarung ist in einer gesonderten Urkunde als Anlage zu diesem Vertrag niedergelegt." Entgegen der vertraglichen Vereinbarung wurde keine gesonderte Urkunde über die Schiedsgerichtsvereinbarung erstellt. Zwischen den Parteien kam es zu Auseinandersetzungen darüber, ob dem Antragsgegner eine Sondervergütung für Hausbesuche zusteht, wie die im Jahr 2006 vereinnahmten Honorare abzurechnen sind sowie über die Beschäftigung und Vergütung für die in der Gemeinschaftspraxis mitarbeitende Ehefrau des Antragsgegners. Mit Schriftsatz vom 21.9.2006 teilte der Antragsteller dem Antragsgegner mit, dass er einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen wegen der im Einzelnen dargestellten Streitpunkte beauftragt habe. Mit Schriftsatz vom 11.1.2007 teilte er ihm mit, dass er die Einleitung eines schiedsgerichtlichen Verfahrens zur Klärung der vorgenannten Streitfragen wünsche. Zugleich benannte er einen Schiedsrichter und forderte den Antragsgegner auf, binnen Monatsfrist ebenfalls einen Schiedsrichter zu benennen. Eine weitere Aufforderung zur Benennung eines Schiedsrichters erging an den Antragsgegner am 1.2.2007 mit Einschreiben sowie durch Zustellung durch den Gerichtsvollzieher am 7.2.2007. Der Antragsgegner reagierte auf die verschiedenen Schreiben nicht. Mit Schriftsatz vom 9.3.2007 hat der Antragsteller beim Oberlandesgericht beantragt, für den Antragsgegner einen zweiten beisitzenden Schiedsrichter zur Durchführung des Schiedsverfahrens zu bestellen. Der Antragsgegner hat auf Anfrage des Senats den Wunsch geäußert, Herrn Z. als zweiten beisitzenden Schiedsrichter zu bestellen. Dieser hat die Übernahme des Amtes jedoch abgelehnt. II. 1. Der Antrag ist zulässig. Die Zuständigkeit des Senats folgt aus § 1062 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 und Abs. 5, § 1025 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 8 GZVJu vom 16.11.2004 (GVBl. S. 471). Es besteht die abschließende und zwingende erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts. Da der Ort des schiedsgerichtlichen Verfahrens (noch) nicht bestimmt ist, begründen die jeweils in Bayern gelegenen Wohnsitze sowohl des Antragstellers als auch des Antragsgegners die örtliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München. 2. Der Antrag ist begründet. Die Voraussetzungen für die Bestellung des zweiten beisitzenden Schiedsrichters durch den Senat sind gegeben (§ 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO). a) Die Verfahrensbeteiligten haben eine der Form des § 1031 Abs. 1 ZPO entsprechende rechtswirksame Schiedsabrede getroffen. Die Schiedsvereinbarung kann auch in Form einer Klausel neben anderen vertraglichen Vereinbarungen geschlossen werden, § 1029 Abs. 2 ZPO. § 1031 Abs. 5 ZPO ist nicht einschlägig, da die Parteien in Bezug auf den gemeinsamen Gesellschaftsvertrag keine Verbraucher sind (§ 13 BGB; vgl. BGH WM 2005, 755). Der Wirksamkeit der Schiedsabrede steht nicht entgegen, dass die Parteien die vorgesehene gesonderte Urkunde über die Schiedsvereinbarung als Anlage zum Gesellschaftsvertrag nicht erstellt haben. § 21 des Gemeinschaftspraxisvertrages beinhaltet nach seinem Wortlaut die endgültige Schiedsvereinbarung der Parteien und nicht etwa nur eine Absichtserklärung dahingehend, eine entsprechende Vereinbarung noch zu schließen. Eine nähere Ausgestaltung der Schiedsvereinbarung ist nicht zwingend erforderlich (vgl. Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. Kap. 6 vor Rn. 1). Im Übrigen braucht der Senat im Rahmen der Bestellung eines Schiedsrichters nicht abschließend über die Gültigkeit einer Schiedsabrede zu entscheiden. b) Das Verfahren über die Bildung des Schiedsgerichts richtet sich, da die Parteien keine Bestimmungen dazu getroffen haben, nach dem Gesetz. Das Schiedsgericht besteht aus drei Schiedsrichtern, § 1034 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Die Bestellung der Schiedsrichter erfolgt gemäß § 1035 Abs. 3 ZPO. Der Antragsgegner hat nach Empfang der Aufforderung, den zweiten Schiedsrichter zu benennen, nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist von einem Monat einen Schiedsrichter benannt. Der Gegenstand des zu entscheidenden Streits war jedenfalls durch die Aufforderung vom 1.2.2007, der eine Kopie des Schreibens vom 21.9.2006 beigefügt war, hinreichend konkret und klar umschrieben. Der Antragsteller hat weiterhin einen eigenen Schiedsrichter benannt und den Antragsgegner zur Bestellung seines Schiedsrichters aufgefordert und damit den Anforderungen des § 1035 Abs. 3 ZPO Genüge getan. Die gesetzlich vorgeschriebene Monatsfrist des § 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO ab Zugang des Aufforderungsschreibens war zum Zeitpunkt der Einleitung des gerichtlichen Bestellungsverfahrens durch den Antragsteller abgelaufen. 3. Gemäß § 1035 Abs. 3 Satz 3, 5 ZPO wählt der Senat die oben genannte Person zum zweiten Beisitzer des Schiedsgerichts aus. Besondere Anforderungen an die Qualifikation des Schiedsrichters haben die Parteien nicht festgelegt. Gegenstand des Schiedsverfahrens sind gesellschaftsrechtliche Fragen. Der Senat wählte daher als zweiten Schiedsrichter den oben Genannten aus, der Jurist ist und zudem als Richter jahrelang mit Handelssachen befasst war. Dieser ist zur Übernahme des weiteren Schiedsrichteramtes bereit. Umstände, die gegen seine Person sprechen, sind nicht ersichtlich. 4. Entsprechend § 91 ZPO hat der Antragsgegner die Kosten des Bestellungsverfahrens zu tragen, da aufgrund seiner nicht gerechtfertigten Weigerung, an der Bildung des Schiedsgerichts mitzuwirken, die Durchführung des gerichtlichen Verfahrens notwendig war. 5. Die Streitwertbemessung beruht auf § 3 ZPO, §§ 48, 63 Abs. 2 GKG, wobei das Interesse des Antragstellers am Streitgegenstand zugrunde zu legen ist. Dieser hat den Streitwert der Schiedsklage mit rund 150.000 € beziffert. In Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung hält der Senat nunmehr im Regelfall bei der Bestellung von Schiedsrichtern einen Bruchteil des Hauptsachestreitwerts, etwa 1/3, für angemessen (vgl. dazu Senat vom 10.1.2007, 34 SchH 008/06 = OLG-Report 2007, 189). Daraus errechnet sich somit der Streitwert für das gerichtliche Bestellungsverfahren von 50.000 €. | |||||
Summary | |||||
Für Streitigkeiten aus einem Praxisgemeinschaftsvertrag hatten die Parteien in ihrem Vertrag schiedsgerichtliche Streiterledigung vereinbart. Die des Weiteren vorgesehene Niederlegung der Schiedsvereinbarung in einer gesonderten Urkunde als Vertragsanlage unterblieb. Der Antragsteller leitete das Schiedsverfahren durch Benennung eines Schiedsrichters und Aufforderung des Antragsgegners, seinerseits einen Schiedsrichter zu benennen, ein. Nachdem der Antragsgegner herauf nicht reagierte, beantragte der Antragsteller bei Gericht die Benennung des zweiten beisitzenden Schiedsrichters. Der Senat gab dem Antrag statt und benannte einen Schiedsrichter seiner Wahl, nachdem der vom Antragsgegner auf Aufforderung des Gerichts benannte Herr Z. die Übernahme des Schiedsrichteramts abgelehnt hatte. Der Senat hat die Voraussetzungen für die Benennung des zweiten beisitzenden Schiedsrichters gemäß § 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO als gegeben angesehen. Die in der Form des § 1031 Abs. 1 ZPO geschlossene Schiedsvereinbarung war nach seinen Feststellungen gültig. Die Parteien seien im Hinblick auf den Gesellschaftsvertrag nicht als Verbraucher im Sinne des §1031 Abs. 5 ZPO anzusehen. Ferner berühre das Unterbleiben der Errichtung einer gesonderten Urkunde über die Schiedsvereinbarung deren Wirksamkeit nicht, da eine nähere Ausgestaltung der Schiedsvereinbarung nicht zwingend erforderlich sei. Den Streitwert hat der Senat entgegen seiner früheren Rechtsprechung nur mit einem Drittel bewertet. |