34 Sch 31/10


Gericht OLG München Aktenzeichen 34 Sch 31/10 Datum 26.01.2011
Leitsatz
Rechtsvorschriften
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
Stichworte
Volltext
B E S C H L U S S
I. Das aus dem Einzelschiedsrichter bestehende Schiedsgericht erließ in dem zwischen der Antragstellerin als Schiedsklägerin und der Antragsgegnerin als Schiedsbeklagten in Brno/Tschechische Republik geführten Schiedsverfahren am 20. Oktober 2010 folgenden am 8. November 2010 in Rechtskraft getretenen Schiedsspruch:
„I. Der Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger den Betrag von 5.840,15 EUR samt gesetzlichem Verzugszins zu bezahlen:
aus 591,10 EUR in Höhe von 8% jährlich vom 2.3.2010 bis 30.6.2010, in Höhe von 7,75% jährlich vom 1.7.2010 bis 20.10.2010 und vom 21.10.2010 bis zur Bezahlung samt Jahreszins in der Höhe des durch die X-Bank festgesetzten und im X-Bank-Blatt verkündeten Reportsatzes, gültig für den ersten Tag des jeweiligen Kalenderhalbjahres, worin der Verzug des Beklagten andauert, zuzüglich 7 Prozentpunkte,
aus 613,35 EUR in Höhe von 8% jährlich vom 5.3.2010 bis 30.6.2010, in Höhe von 7,75% jährlich vom 1.7.2010 bis 20.10.2010 und vom 21.10.2010 bis zur Bezahlung samt Jahreszins in der Höhe des durch die X-Bank festgesetzten und im X-Bank-Blatt verkündeten Reportsatzes, gültig für den ersten Tag des jeweiligen Kalenderhalbjahrs, worin der Verzug des Beklagten andauert, zuzüglich 7 Prozentpunkte,
aus 550 EUR in der Höhe von 8% jährlich vom 26.3.2010 bis 30.6.2010, in Höhe von 7,75% jährlich vom 1.7.2010 bis 20.10.2010 und vom 21.10.2010 bis zur Bezahlung samt Jahreszins in der Höhe des durch die X-Bank festgesetzten und im X-Bank-Blatt verkündeten Reportsatzes, gültig für den ersten Tag des jeweiligen Kalenderhalbjahrs, worin der Verzug des Beklagten andauert, zuzüglich 7 Prozentpunkte,
aus 550 EUR in Höhe von 8% jährlich vom 27.3.2010 bis 30.6.2010, in Höhe von 7,75% jährlich vom 1.7.2010 bis 20.10.2010 und vom 21.10.2010 bis zur Bezahlung samt Jahreszins in der Höhe des durch die X-Bank festgesetzten und im X-Bank-Blatt verkündeten Reportsatzes, gültig für den ersten Tag des jeweiligen Kalenderhalbjahrs, worin der Verzug des Beklagten andauert, zuzüglich 7 Prozentpunkte,
aus 550 EUR in Höhe von 8% jährlich vom 28.3.2010 bis 30.6.2010, in Höhe von 7,75% jährlich vom 1.7.2010 bis 20.10.2010 und vom 21.10.2010 bis zur Bezahlung samt Jahreszins in der Höhe des durch die X-Bank festgesetzten und im X-Bank-Blatt verkündeten Reportsatzes, gültig für den ersten Tag des jeweiligen Kalenderhalbjahrs, worin der Verzug des Beklagten andauert, zuzüglich 7 Prozentpunkte,
aus 550 EUR in Höhe von 8% jährlich vom 8.4.2010 bis 30.6.2010, in Höhe von 7,75% jährlich vom 1.7.2010 bis 20.10.2010 und vom 21.10.2010 bis zur Bezahlung samt Jahreszins in der Höhe des durch die X-Bank festgesetzten und im X-Bank-Blatt verkündeten Reportsatzes, gültig für den ersten Tag des jeweiligen Kalenderhalbjahrs, worin der Verzug des Beklagten andauert, zuzüglich 7 Prozentpunkte,
aus 910 EUR in Höhe von 8% jährlich vom 10.4.2010 bis 30.6.2010, in Höhe von 7,75% jährlich vom 1.7.2010 bis 20.10.2010 und vom 21.10.2010 bis zur Bezahlung samt Jahreszins in der Höhe des durch die X-Bank festgesetzten und im X-Bank-Blatt verkündeten Reportsatzes, gültig für den ersten Tag des jeweiligen Kalenderhalbjahrs, worin der Verzug des Beklagten andauert, zuzüglich 7 Prozentpunkte,
aus 615,70 EUR in Höhe von 8% jährlich vom 12.4.2010 bis 30.6.2010, in Höhe von 7,75% jährlich vom 1.7.2010 bis 20.10.2010 und vom 21.10.2010 bis zur Bezahlung samt Jahreszins in der Höhe des durch die X-Bank festgesetzten und im X-Bank-Blatt verkündeten Reportsatzes, gültig für den ersten Tag des jeweiligen Kalenderhalbjahrs, worin der Verzug des Beklagten andauert, zuzüglich 7 Prozentpunkte,
aus 910 EUR in Höhe von 8% jährlich vom 24.4.2010 bis 30.6.2010, in Höhe von 7,75% jährlich vom 1.7.2010 bis 20.10.2010 und vom 21.10.2010 bis zur Bezahlung samt Jahreszins in der Höhe des durch die X-Bank festgesetzten und im X-Bank-Blatt verkündeten Reportsatzes, gültig für den ersten Tag des jeweiligen Kalenderhalbjahrs, worin der Verzug des Beklagten andauert, zuzüglich 7 Prozentpunkte,
und all dies binnen 3 Tagen nach der Rechtskraft des Schiedsspruchs.
II. Der Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger die Verfahrenskosten in Höhe von 6.000 CZK zu bezahlen, und zwar binnen 3 Tagen nach der Rechtskraft des Schiedsspruchs.“
II. Dieser Schiedsspruch wird in dem vorstehend wiedergegebenen Umfang für vollstreckbar erklärt.
III. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens.
IV. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
V. Der Streitwert wird auf 5.840,00 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Am 5.5.2010 gab die Antragsgegnerin zu Gunsten der Antragstellerin in U. (Tschechische Republik) für nicht bezahlte Transporte aufgrund verschiedener fälliger Rechnungen ein Schuldanerkenntnis in Höhe von 5.840,15 € ab. Das Schuldanerkenntnis enthielt die Vereinbarung tschechischen Rechts und die Klausel, dass sämtliche Streitigkeiten aus diesem Vertrag im Schiedsverfahren gemäß der gültigen Fassung der Schiedsordnung und Gebührenordnung der Vereinigung der Schiedsrichter (s.r.o.) mit dem Sitz in Brno (Brünn) gelöst werden.
In dem zwischen der Antragstellerin als Schiedsklägerin und der Antragsgegnerin als Schiedsbeklagten geführten Schiedsverfahren wegen offener Zahlungsansprüche aus dem Schuldanerkenntnis erließ das Schiedsgericht am 20.10.2010 in Brno/Tschechische Republik den oben wiedergegebenen und am 8.11.2010 in Rechtskraft getretenen Schiedsspruch. Die Antragsgegnerin hat sich am schiedsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Unter Vorlage des Schiedsspruchs in einer durch eine tschechische Behörde (Stadtbezirksamt) beglaubigten Abschrift nebst deutscher Übersetzung hat die Antragstellerin unter dem 13.12.2010 dessen Vollstreckbarerklärung beantragt. Die Antragsgegnerin hat sich zu dem ihr am 22.12.2010 mit Fristsetzung zum 18.1.2011 zugestellten Antrag nicht geäußert.
II.
1. Für den Antrag, den im Ausland ergangenen Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären, ist das Oberlandesgericht München zuständig (§ 1025 Abs. 4, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 und 5 ZPO i.V.m. § 8 Gerichtliche Zuständigkeitsverordnung Justiz vom 16.11.2004, GVBl S. 471), weil die Antragsgegnerin ihren Sitz in Bayern hat.
2. Maßgeblich für die Anerkennung des in der Tschechischen Republik ergangenen Schiedsspruchs ist in erster Linie das Europäische Übereinkommen über die Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.4.1961 (BGBl 1964 II S. 425; im Folgenden: Europäisches Übereinkommen), das für die Tschechische Republik seit 1.1.1993 in Kraft ist (BGBl 1994 II S. 978). Jenes Übereinkommen ändert das UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958 (BGBl 1961 II S. 122; im Folgenden: UN-Ü) teilweise ab (siehe Art. IX Abs. 2) und geht diesem vor (vgl. § 1061 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Es gilt jedoch, auch im Verhältnis zum innerstaatlichen Recht, das Meistbegünstigungsprinzip, wonach auf das anerkennungsfreundlichere Regelwerk zurückzugreifen ist (BGH NJWRR 2004, 1504; BayOblGZ 2000, 233; Reichold in Thomas/Putzo ZPO 31. Aufl. § 1061 Rn. 7).
3. Der Antrag ist zulässig (§ 1025 Abs. 4, § 1061 Abs. 1, § 1064 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO). Formelle Erfordernisse für die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs aus einem anderen Vertragsstaat enthält das Europäische Übereinkommen nicht. Soweit Art. IV UN-Ü über § 1064 Abs. 1 und 3 ZPO hinausgehende Anforderungen an die Vorlage von Urkunden, Übersetzungen und deren Qualität stellt, gilt nach Art. VII Abs. 1 UN-Ü ebenfalls das Günstigkeitsprinzip (BGH NJW 2000, 3650). Das anerkennungsfreundlichere nationale Recht verlangt zwingend auch für ausländische Schiedssprüche nur die Vorlage des Schiedsspruchs im Original oder in beglaubigter Abschrift. Um die Anerkennungsvoraussetzungen sachgerecht zu prüfen, kann das nationale Gericht allerdings die Beibringung von Übersetzungen anordnen (vgl. § 142 Abs. 3 ZPO).
a) Die Antragstellerin hat den Schiedsspruch nicht im Original vorgelegt, sondern in einer von einer tschechischen Behörde beglaubigten Abschrift. Art. IV Abs. 1 Buchst. a UN-Ü verlangt die beglaubigte Abschrift einer _gehörig legalisierten_ Urschrift (vgl. Schlosser in Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. § 1061 Rn. 67), woran es hier fehlt, wenn man darunter die amtliche Bestätigung der Authentizität des schiedsgerichtlichen Urteils durch einen deutschen Notar oder deutschen konsularischen Vertreter versteht (Schlosser aaO. Rn. 66). Gemäß der herrschenden Praxis genügt jedoch die vorliegende Form. Dabei kann dahinstehen, ob sich dies gewohnheitsrechtlich begründen lässt (Schlosser § 1061 Rn. 67). Im Übrigen ist die Regelung nicht als Zulässigkeitsvoraussetzung, sondern als Beweisbestimmung zu verstehen (BGH NJW 2000, 3650).
b) Ferner verlangt Art. 4 Abs.1 Buchst. b UN-Ü die Vorlage der Schiedsvereinbarung in Urschrift oder beglaubigter Abschrift. Die Antragstellerin hat nur eine Kopie der von Vertretern der beiden Parteien unterschriebenen Vereinbarung vorgelegt. Dies ist jedoch unschädlich, denn nach deutschem Recht (vgl. § 1064 Abs. 3 ZPO), das nach dem Günstigkeitsprinzip (Art. VII Abs. 1 UN-Ü) gilt, bedarf es für die Vollstreckbarerklärung nicht unbedingt der Vorlage der Schiedsvereinbarung (BGH SchiedsVZ 2005, 306).
c) Schließlich ist auch für die beizubringende Übersetzung die Form des Art. IV Abs. 2 Satz 2 UN-Ü keine Zulässigkeitsvoraussetzung (Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. Kap. 30 Rn. 26).
4. Der Antrag ist begründet.
a) Die Authentizität des vorgelegten Dokuments als Schiedsspruch ist hinreichend gesichert. Zum einen hat sich die Antragsgegnerin dazu nicht geäußert, so dass der Vortrag der Antragstellerin als zugestanden erachtet werden kann (vgl. § 138 Abs. 3 ZPO). Zum anderen sind dem erkennenden Senat Aufbau und Gestaltung ausländischer Schiedssprüche und die Verfahrensgestaltung von Schiedsgerichten europäischer Nachbarländer aus mehrjähriger Praxis bekannt. Er hat keinerlei Zweifel, dass der endgültige Schiedsspruch vom 20.10.2008 so, wie er vorgelegt wurde, ergangen ist.
b) Versagensgründe im Sinn von Art. V UN-Ü liegen nicht vor.
Der Antragsgegnerin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Sie hat sich nicht geäußert, so dass Versagensgründe nach Art. V Abs. 1 UN-Ü von vornherein nicht zu berücksichtigen sind. Solche nach Art. V Abs. 2 UN-Ü, die von Amts wegen zu prüfen sind, sind nicht ersichtlich.
5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nach § 1064 Abs. 2 ZPO anzuordnen. Der Streitwert entspricht dem Wert der Hauptsache.
Summary