Gericht | OLG Hamburg | Aktenzeichen | 6 Sch 07/01 | Datum | 17.01.2002 |
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Leitsatz | |||||
Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs; Zurückweisung des Aufhebungsantrags. Leitsatz der Redaktion: Wenn die Rechtsauffassung einer Partei Gegenstand in der mündlichen Verhandlung des Schiedsgerichts war und das Schiedsgericht sich in den Entscheidungsgründen nochmals mit dem Problemkreis auseinandergesetzt hat, kann der Anspruch der unterlegenen Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt worden sein. | |||||
Rechtsvorschriften | § 68 ZPO, § 72 ZPO, § 74 ZPO, § 1035 Abs. 3 ZPO, § 1059 Abs. 2 Nr. 1 d ZPO, § 1060 Abs. 2 ZPO | ||||
Fundstelle | OLGReport Hamburg, 2002, 462; BB 2002, 1170 | ||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | Bildung des Schiedsgerichts: - Benennungsverfahren; - Ersatzbenennung Aufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Aufhebung; - Vollstreckbarerklärung Aufhebungs-/Versagungsgründe: - fehlerhafte Bildung des Schiedsgerichts | ||||
Volltext | |||||
B E S C H L U S S: Der am 9. Juni 2001 von den Schiedsrichtern ... und Rechtsanwalt ... erlassene Schiedsspruch, dessen Tenor wie folgt lautet: "1. Die Schiedsbeklagte wird verurteilt, a) an die Schiedsklägerin US-$ 317.808,21 nebst 5 % Zinsen seit dem 7. November 2000 und weitere DM 38.717,50 nebst 5 % Zinsen seit dem 7. November 2000 zu zahlen, b) die Schiedsklägerin von der Forderung der Gerichtskasse in Hamburg in Höhe von DM 5.982,50 in der Sache ... - Az. 6 U ... - laut Rechnung der Justizkasse Hamburg vom 6.4.2001, Rechnungs-Nr. ... freizuhalten. 2. Im übrigen wird die Schiedsklage abgewiesen. 3. Von den Kosten des Schiedsverfahrens nach einem Gegenstandswert von 812.515,27 tragen die Schiedsbeklagte 95 % und die Schiedsklägerin 5 %.." wird für vorläufig vollstreckbar erklärt. Der Antrag der Antragsgegnerin auf Aufhebung des vorgenannten Schiedspruchs wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Dieser Beschluss ist vorläufig vollstreckbar. Er beschwert die Antragsgegnerin um EURO 402.823,38 (DM 787.854,05). G r ü n d e I. Durch Schiedsspruch der Schiedsrichter ... und Rechtsanwalt ... vom 9. Juni 2001 ist die Antragsgegnerin verurteilt worden, an die Antragstellerin USD 317.808,21 nebst 5 % Zinsen seit dem 7. November 2000 und weitere DM 38.717,50 nebst 5 % Zinsen seit dem 7. November 2000 zu zahlen und die Schiedsklägerin von der Forderung der Gerichtskasse Hamburg in Höhe von DM 5.982,50 in der Sache ..., Az. 6 U ..., laut Rechnung der Justizkasse Hamburg vom 6. April 2001, Rechnungsnr.: ..., freizuhalten. Ferner sind von den Kosten des Schiedsverfahrens nach einem Gegenstandswert von DM 812.515,27 der Schiedsklägerin 5 % und der Schiedsbeklagten 95 % auferlegt worden. Wegen der Einzelheiten des Schiedsspruchs wird auf die Anlage AS 2 Bezug genommen. Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass der Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären sei. Gründe, die eine Aufhebung des Schiedsspruches rechtfertigen könnten, seien nicht vorhanden. Das Schiedsgericht sei ordnungsgemäß gebildet worden. Auch im übrigen sei das schiedsgerichtliche Verfahren nicht zu beanstanden. Insbesondere sei die Klage ordnungsgemäß erhoben worden. Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Vorbringens der Antragstellerin wird auf die Schriftsätze der Antragstellerin vom 21. September 2001 Bl. 20 ff. d.A.) und vom 23. November 2001 (Bl. 40 ff. d.A.) Bezug genommen. Die Antragstellerin beantragt, den Schiedsspruch vom 9. Juni 2001, erlassen in Hamburg durch die Schiedsrichter ... und Rechtsanwalt ..., welche die Antragsgegnerin verurteilt haben, an die Antragstellerin US-$ 317.808,21 nebst 5 % Zinsen seit dem 7. November 2000 und weitere 38.717,50 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 7. November 2000 zu zahlen und die Schiedsklägerin von der Forderung der Gerichtskasse in Hamburg in Höhe von DM 5.982,50 in der Sache ... - Az. 6 U ... - laut Rechnung der Justizkasse Hamburg vom 6.4.2001, Rechnungs-Nr. ... freizuhalten sowie von den Kosten des Schiedsverfahrens nach einem Gegenstandswert von DM 812.515,27 95 % zu tragen, für vollstreckbar zu erklären. Die Antragsgegnerin beantragt, 1. den Antrag vom 6. Juli 2001 auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs vom 9. Juni 2001 zurückzuweisen; 2. den vorgenannten Schiedsspruch aufzuheben. Die Antragstellerin beantragt, den Antrag der Antragsgegnerin, den Schiedsspruch aufzuheben, zurückzuweisen. Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, dass das Schiedsgericht nicht ordnungsgemäß bestellt worden sei. Die direkt an die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 19. Dezember 2000 (Anl. AG 13) gerichtete Aufforderung zur Bestellung eines Ersatzschiedsrichters für den Schiedsrichter ... genüge nicht den Anforderungen im Sinne von § 4 GMAA bzw. § 1035 Abs. 3 ZPO, weil daraus nicht hervorginge, welche Ansprüche wegen welches Vorfalls die Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin geltend mache und dem von ihr angerufenen Schiedsgerichts zur Entscheidung unterbreiten wolle. Ferner fehle der Aufforderung zur Schiedsrichterbenennung die Benennung des eigenen Schiedsrichters. Aus diesen Gründen sei das Schiedsgericht nicht ordnungsgemäß gebildet worden. Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Vorbringens wird auf die Seiten 1 - 8 des Schriftsatzes der Antragsgegnerin vom 2. August 2001 (Bl. 6 ff. d.A.) Bezug genommen. Der Schiedsspruch sei ferner gemäß § 1059 Abs. 2 Ziffer 1d) ZPO wegen der Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften aufzuheben. Das Schiedsgericht habe sich bei der Feststellung der Haftung der Antragsgegnerin für den hier gegenständlichen Ladungsschaden sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach auf das rechtskräftige Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 4. August 2000 gestützt. Es sei hierbei davon ausgegangen, dass die tragenden Entscheidungsgründe des Urteils des Hanseatischen Oberlandesgerichts im Verhältnis zur Schiedsbeklagten gemäß §§ 68, 74 ZPO aufgrund der Streitverkündung eine bindende Wirkung entfalteten. Diese Rechtsauffassung des Schiedsgerichts sei falsch. Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Vorbringens der Antragsgegnerin wird auf die Seiten 8 f. des vorgenannten Schriftsatzes (Bl. 13 f. d.A.) sowie auf den Schriftsatz vom 6. Dezember 2001 (Bl. 47 f. d.A.) Bezug genommen. Das Schiedsgericht habe der Antragsgegnerin damit kein ausreichendes rechtliches Gehör gewährt, so dass gemäß § 1059 Abs. 2 Ziffer 1d) ZPO der Schiedsspruch aufzuheben sei. II. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs vom 9. Juni 2001 ist zulässig und sachlich gerechtfertigt. Die begehrte Vollstreckbarerklärung richtet sich nach §§ 1060 ff. ZPO. Die Antragstellerin hat mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung eine beglaubigte Abschrift des Schiedsspruches vom 9. Juni 2000 vorgelegt. Damit ist der Vorschrift des § 1064 Abs. 1 ZPO genüge getan. Aufhebungsgründe, die gemäß § 1060 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 1059 Abs. 2 ZPO die Vollstreckbarerklärung hindern würde, liegen nicht vor. Die Bildung des Schiedsgerichts und das schiedsrichterliche Verfahren haben den Vereinbarungen der Parteien und den Vorschriften des 10. Buches der ZPO entsprochen. Das Schiedsgericht ist ordnungsgemäß gebildet worden. Die Benennung des Schiedsrichters ..., verbunden mit der Aufforderung, einen eigenen Schiedsrichter zu bestellen, ist gegenüber der Antragsgegnerin erfolgt. Unstreitig ist das Aufforderungsschreiben der Antragstellerin vom 22. Juli 1997 (Anl. AG 1) nicht nur an die ...-GmbH gerichtet gewesen, sondern auch an die Firma ...GmbH & Co., die zuvor auf Verlangen der Antragstellerin in Vollmacht der Antragsgegnerin in regelmäßigen Abständen die Ausschlussfrist des § 612 HGB verlängert hatte. Damit ist die Mitteilung von der Benennung des Schiedsrichters Rechtsanwalt ... verbunden mit der Aufforderung zur Benennung eines eigenen Schiedrichters einer rechtsgeschäftlich bestellten Vertreterin der Antragsgegnerin zugegangen. Es verbleiben daher beim Senat keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Bestellung des Schiedsrichters Rechtsanwalt .... Nach Wegfall der Schiedsrichter ... und ... hat die Antragstellerin eine vergebliche Aufforderung zur Bestellung eines Ersatzschiedsrichters nicht nur an den jetzigen Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin, Rechtsanwalt ..., gerichtet, sondern am 19. Dezember 2000 (Anl. AG 13) an die Antragsgegnerin selbst. Der Inhalt dieses Aufforderungsschreibens entspricht den Anforderungen des § 1035 Abs. 3 ZPO. Im Hinblick auf die Tatsache, dass der Antragsgegnerin bereits am 2. November 1998 in dem Rechtsstreit vor dem erkennenden Senat der Streit verkündet worden war und die Antragsgegnerin sich ausserprozessual hierzu gegenüber der Antragstellerin erklärt hat (Anl. AS 8, B 7.2) war der Antragsgegnerin bekannt, welcher Streit durch den Schiedsrichter entschieden werden sollte (vgl. zur Problematik Zöller/Geimer, ZPO, 22. Aufl., Rdn. 14 zu 1035 ZPO). Nach vergeblichem Fristablauf entsprach damit die Bestellung des Schiedsrichters ... durch den Vorsitzenden der GMAA deren Regularien. Der Senat kann dem Vorbringen der Antragsgegnerin auch nicht entnehmen, dass das schiedsgerichtliche Verfahren den Vereinbarungen der Parteien oder einer Bestimmung der ZPO nicht entsprochen hat. Rechtsanwalt ... hat die Schiedsklage unstreitig vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht entweder von der Antragstellerin direkt oder von dem Schiedsgericht erhalten. Es ist nunmehr unerheblich, ob Rechtsanwalt ... zu diesem Zeitpunkt bereits beauftragt gewesen ist, die Antragsgegnerin vor dem Schiedsgericht zu vertreten. Zumindest war Rechtsanwalt ... zu dem Zeitpunkt beauftragt, als er für die Antragsgegnerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht aufgetreten ist. Der Antragsgegnerin ist damit im schiedsgerichtlichen Verfahren insoweit das rechtliche Gehör von dem Schiedsgericht gewährt worden. Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie mit der Beauftragung von Rechtsanwalt ... dessen bisherige Prozessführung nicht genehmigt habe, die Schiedsklage also nicht vor Ablauf der Frist des § 612 HGB zugestellt worden ist. Das Schiedsgericht hat gegenteilig entschieden. Selbst wenn die diesbezügliche Auffassung des Schiedsgerichts unrichtig sein sollte, wäre dem staatlichen Gericht eine sachliche Überprüfung der Entscheidung des Schiedsgerichts verwehrt (vgl. zur Problematik Zöller/Geimer, ZPO, 22. Aufl., Rn. 43 zu § 1059 ZPO). Das Recht der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör ist insoweit gewahrt. Das Schiedsgericht hat sich in den Entscheidungsgründen des Schiedsspruchs ausführlich mit der gegenteiligen Ansicht der Antragsgegnerin auseinandergesetzt. Wenn die Rechtsauffassung einer Partei, wie hier, Gegenstand in der mündlichen Verhandlung war, und das Schiedsgericht sich in den Entscheidungsgründen nochmals mit dem Problemkreis auseinandergesetzt hat, kann der Anspruch der unterlegenen Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt worden sein. Dies gilt auch für den Vortrag der Antragsgegnerin, das Schiedsgericht sei verpflichtet gewesen, trotz der Streitverkündung in dem Rechtsstreit vor dem erkennenden Senat erneut Beweis zu erheben. Das Schiedsgericht hat insoweit gegenteilig entschieden. Es hat sich jedoch wiederum mit der gegenteiligen Auffassung der Antragsgegnerin in den Entscheidungsgründen des Schiedsspruches auseinandergesetzt, so dass auch hier das Recht der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör gewahrt ist. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin nach § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung betreffend die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt aus § 1064 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der Beschwer beruht auf §§ 1065 Abs. 1, 546 Abs. 2 ZPO. | |||||
Summary | |||||
Hans OLG (Higher Regional Court) Hamburg, Order of 6 Dec. 2001 - 6 Sch 07/01 Declaratation of enforceability of a domestic arbitral award; rejection of motion to set aside the award Ruling (summarized by the editors): If the legal argument of a party was subject-matter of the oral hearing of an arbitral tribunal, and the tribunal addressed said argument in its decision, the party's right to due process has not been violated. F a c t s: Pursuant to the arbitral award of 9 June 2001, in respect of which a declaration of enforceability is sought, the defendant was ordered to pay damages resulting from the improper loading of goods, based on a freight contract concluded between the parties. The defendant requested the court to set aside the award, on the grounds that the arbitral tribunal was not properly constituted in accordance with Sec. 1035 sub. 3 of the German Code of Civil Procedure (ZPO), and furthermore, that fundamental procedural rules in terms of § 1059 sub. 2 No. 1 lit. d ZPO were violated. In particular, the arbitral tribunal wrongly assumed that the grounds of the decision of the Higher Regional Court Hamburg, dated 4 Aug. 2000, were binding on the tribunal pursuant to Sec. 68 and 74 ZPO. As a result, the defendant was denied due process. G r o u n d s: The court ruled that the constitution of the arbitral tribunal and the arbitral proceedings were consistent with the parties' agreements and the provisions of Book Ten (Sec. 1025 - 1066) of the ZPO. The tribunal was properly constituted. The plaintiff duly notified a legal representative of hte defendant both of its nomination of an arbitrator and of its request that the defendant appoint its arbitrator. Subsequent to the dismissal of the arbitrators ... and ..., the plaintiff duly notified both the defendant and its present legal counsel of its request to nominate a substitute arbitrator. The contents of these correspondences satisfied the requirements of § 1035 sub. 3 ZPO. Since the defendant was given notice as a third party (Streitverkündung) on 2 Nov. 1998 before the presiding court and had responded thereto outside the proceedings, the defendant was well aware of which dispute the arbitrator was to decide. Subsequent to the expiry of the time limit, the Chairman of the GMAA could rightly appoint an arbitrator in accordance with the GMAA Rules. The proceedings were also conducted properly. The arbitral tribunal rejected the defendant's contention that the proceedings were improper because its counsel was not yet commissioned at the commencement of the proceedings and that by commissioning it had not retroactively approved counsel's conduct of the proceedings up to that point. The arbitral tribunal's ruling on this issue is not subject to review by the courts. The legal arguments on this point were discussed at the oral hearing and the tribunal addressed the problem again in its award. Thus the party's right to due process could not have been infringed. Similarly, the dismissal (by the arbitral tribunal) of the defendant's argument that the tribunal must take evidence in spite of the defendant having been served third party notice in the proceedings before the present court does not violate the defendant's right to due process. The arbitral tribunal also dealt with the defendant's arguments on this point in the arbitral award. Thus there was no violation of due process. |