9 Sch 06/03


Gericht OLG Köln Aktenzeichen 9 Sch 06/03 Datum 03.06.2003
Leitsatz
Aus § 1059 Abs. 2 ZPO ergibt sich, dass eine Überprüfung des Schiedsverfahrens durch ein staatliches Gericht in verfahrensmäßiger und materieller Hinsicht erst nach Abschluss des Schiedsverfahrens erfolgen soll.
Rechtsvorschriften§ 256 ZPO, § 1054 ZPO, § 1059 Abs. 2 Nr. 1 b ZPO
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteSchiedsspruch: - formale Anforderungen, Unterschrift der Schiedsrichter Aufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Schiedsspruch, inländisch; - Aufhebung Aufhebungs-/Versagungsgründe: - nicht ordnungsgemäßes Ve
Volltext
B E S C H L U S S:
Der Aufhebungsantrag des Antragstellers vom 23.12.2002 sowie der Hilfsantrag aus dem Schriftsatz vom 12.4.2003 werden als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
G R Ü N D E:
I.
Zwischen den Parteien besteht ein notarieller Schiedsvertrag vom 26.9.1995, der alle Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern oder der Gesellschafter untereinander einem Schiedsgericht zuweist. Nach der vertraglichen Vereinbarung soll der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ausgeschlossen sein und das Schiedsgericht für jeden Streitfall besonders gebildet werden. Unter dem 28.5.2002 erhob die Antragsgegnerin gegen den Antragsteller eine Schiedsklage auf Zahlung von 402.908,09 €. Für dieses Schiedsverfahren wurde ein Schiedsgericht gebildet, bestehend aus dem Rechtsanwalt Dr. M. aus L. als Vorsitzendem sowie den Herren Dr. T. und Prof. L. aus B.. Mit Datum vom 7.12.2002 erhob der Antragsteller im Rahmen des vorbezeichneten Schiedsverfahrens Widerklage mit den Anträgen festzustellen, dass ein Geschäftsanteilsübertragungsvertrag zwischen der Antragsgegnerin und deren Geschäftsführer sowie die auf zwei Gesellschafterversammlungen gefassten Beschlüsse nichtig sind. Mit den gleichen Anträgen hatte der Antragsteller zuvor ein ordentliches Gerichtsverfahren betrieben. Seine Klage wurde durch Urteil des Landgerichts Aachen vom 6.12.2002 - 43 O 137/02 - teilweise wegen fehlenden Feststellungsinteresses sowie wegen Vorrangs der Schiedsvereinbarung gemäß § 1032 l ZPO als unzulässig abgewiesen. Die Berufung gegen dieses Urteil wurde vom 18. Zivilsenat des OLG Köln mit Beschluss vom 11.4.2003 - 18 U 6/03 - als unzulässig verworfen. Mit Faxschreiben vom 23.12.2002, gerichtet an die Verfahrensbevollmächtigten der Parteien, teilte der Vorsitzende des Schiedsgerichts mit, die Widerklage sei verspätet und außerdem gehe es im Verhältnis zur Klage um neue und andere Sachverhalte. Er teilte folgendes mit: "Das Schiedsgericht hat deshalb entschieden, im Rahmen des laufenden Schiedsverfahrens die verspätete Widerklage nicht zuzulassen und den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 7. Dezember 2002 zurückzuweisen." Das Schreiben wurde von dem Vorsitzenden des Schiedsgerichts unterzeichnet. Die Herren Dr. T. und Prof. L. erhielten eine Faxkopie des Schreibens.
Der Antragsteller ist der Ansicht, es handele sich bei diesem Schreiben um einen Prozessschiedsspruch.
Er beantragt, den in der Schiedssache der Parteien ergangenen Prozessschiedsspruch des Schiedsgerichts vom 23.12.2002, die Widerklage des Klägers nicht zuzulassen, aufzuheben.
Hilfsweise beantragt er mit Schriftsatz vom 12.4.2003, festzustellen, dass die Mitteilung des Vorsitzenden des Schiedsgerichts vom 23.12.2002 keinen Prozessschiedsspruch darstellt.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Klage abzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Das Begehren des Antragstellers, die als Prozessschiedsspruch angesehene Mitteilung vom 23.12.2002 gemäß § 1059 l, II Nr. 1 b ZPO aufzuheben, ist unzulässig. Ein solches Aufhebungsverfahren ist nur statthaft, wenn es sich gegen einen die unverzichtbaren Förmlichkeiten des § 1054 ZPO einhaltenden Schiedsspruch richtet (Zöller/Geimer § 1054 Rdnr. 1). Das mit dem Aufhebungsantrag befasste Gericht hat daher von Amts wegen zu prüfen, ob überhaupt ein Schiedsspruch vorliegt und die Voraussetzungen des § 1054 ZPO erfüllt sind (vgl. Zöller/Geimer § 1059 Rdnr. 1). Bei dem vom Antragsteller als Prozessschiedsspruch angesehenen Schreiben vom 23.12.2002 handelt es sich nicht um einen Schiedsspruch. Die in § 1054 ZPO geforderten Förmlichkeiten sind nicht eingehalten. Es fehlt an den zwingend erforderlichen Unterschriften der Schiedsrichter. Das Schreiben des Vorsitzenden des Schiedsgerichts ist nur von ihm unterzeichnet. Die beiden anderen Mitglieder des Schiedsgerichts haben es nicht unterzeichnet. Sie sind - wie sich aus dem Kopf des Schreibens ergibt - per Faxkopie von diesem Schreiben informiert worden. Auch wenn der Wortlaut des Schreibens „das Schiedsgericht hat entschieden....“ auf eine endgültige Entscheidung hindeutet, kann diese Wortwahl nicht die Nichteinhaltung der geforderten Förmlichkeiten bedeutungslos machen. Auf die Unterzeichnung des Schiedsspruchs zumindest durch die Mehrheit der Mitglieder des Schiedsgerichts kann nicht verzichtet werden (vgi. Zöller/Geimer § 1054 Rdnr. 5). Auch der hilfsweise gestellte Antrag, festzustellen, dass es sich bei der Mitteilung vom 23.12.2002 nicht um einen Schiedsspruch handelt, ist als unzulässig zu verwerfen. Der Antragsteller kann nicht durch Erhebung einer Feststellungsklage vor dem staatlichen Gericht in ein laufendes Schiedsverfahren eingreifen. Die Möglichkeit, eine solche Klage zu erheben, wäre systemwidrig und ist im Gesetz nicht vorgesehen. Aus § 1059 II ZPO ergibt sich, dass eine Überprüfung des Schiedsverfahrens durch ein staatliches Gericht in verfahrensmäßiger und materieller Hinsicht erst nach Abschluss des Schiedsverfahrens vorgesehen ist. Daneben fehlt dem Antragsteller das gemäß § 256 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse. Ein solches läge nur dann vor, wenn eine Situation der Unsicherheit dadurch bestünde, dass die Antragsgegnerin ein Recht des Antragstellers ernsthaft bestreitet (Zöller/Greger § 256 Rdnr. 7). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Außer dem Antragsteller selbst steht niemand auf dem Standpunkt, es handele sich bei dem Schreiben vom 23.12.2002 um einen Schiedsspruch. Im übrigen hat der Senat schon bei der Bescheidung des vom Antragsteller gestellten Hauptantrags eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass das Schreiben eine Verfügung oder Ankündigung des Vorsitzenden des Schiedsgerichts enthält, nicht aber einen Schiedsspruch.
Der Bestellung eines Prozesspflegers für die Beklagte bedurfte es schon angesichts der Unzulässigkeit des Begehrens des Antragstellers nicht. Im übrigen ist nicht ersichtlich, dass feststeht, dass der im Handelsregister eingetragene Geschäftsführer wirksam von seinem Posten abberufen worden ist.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 l, 1064 Abs. 2 ZPO.
Gegenstandswert: 75.000 €.
Summary