11 U 36/10 (Kart)


Gericht OLG Frankfurt am Main Aktenzeichen 11 U 36/10 (Kart) Datum 14.06.2011
Leitsatz
Rechtsvorschriften
Fundstelle
Aktenzeichen der VorinstanzLG Frankfurt, 25. Mai 2010, Az: 3/12 O 114/09
Stichworte
Volltext
URTEIL
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 28.5.2010 verkündete Urteil der 12. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert.
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Besitz an den für den Betrieb des Stromnetzes der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet Stadt1/… notwendigen gemischt – genutzten Mittelspannungsverteilungsleitungen und –anlagen gemäß Anlage B 4 „Entflechtungsplan der Beklagten“ mit Stand vom 06.03.2011 (rot eingefärbte Leitungen), soweit diese im Gemeindegebiet Stadt1/… liegen, zu überlassen, Zug um Zug gegen Zahlung einer wirtschaftlich angemessenen Vergütung, wobei der für die Höhe der Vergütung maßgebliche Wert der Verteilungsleitungen und –anlagen der objektivierte Ertragswert ist, der sich auf Basis des netzentgeltkalkulatorischen Restwerts gemäß § 6 Abs. 6 der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) vom 25.7.2005 unter Berücksichtigung der kalkulatorischen Restwerte aus dem letzten Genehmigungsbescheid nach § 23a EnWG und der genehmigten kalkulatorischen Nutzungsdauern für die laufende Abschreibung der für den Betrieb des Stromnetzes der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet Stadt1/... notwendigen Verteilungsanlagen ergibt, abzüglich der nicht aufgelösten Baukostenzuschüsse und Anschlusskostenbeiträge nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 StromNEV.
2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die kalkulatorischen Restwerte aus dem letzten Genehmigungsbescheid nach § 23a EnWG und die genehmigten kalkulatorischen Nutzungsdauern für die laufende Abschreibung der für den Betrieb des Stromnetzes der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet Stadt1/... notwendigen Verteilungsanlagen zu übermitteln.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, hinsichtlich der für die allgemeine Versorgung im Gemeindegebiet Stadt1/… notwendigen gemischt genutzten Anlagen Auskunft zu geben
a) über den Bestand durch Vorlage eines Mengengerüsts mit Beschreibung der Anlagen nach Art, Umfang und Anschaffungsjahr,
b) über die Anschaffungs- und Herstellungskosten zum Zeitpunkt der erstmaligen Aktivierung (historische Anschaffungs- und Herstellungskosten), aufgegliedert nach einzelnen Anlagengegenständen mit netzentgeltkalkulatorischen Nutzungsdauern und Anschaffungsjahr.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
3. Die Anschlussberufung der Beklagten (Hilfs–Widerklage zu 3.) wird zurückgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 26 % und die Beklagte 74 %, von den Kosten des zweiten Rechtszuges tragen die Klägerin 30 % und die Beklagte 70 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung in der Hauptsache (Auskunft) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,- EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen können die Parteien eine Vollstreckung der gegnerischen Partei wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Gegenstand des Rechtsstreits ist die Übernahme des Stromversorgungsnetzes in dem Versorgungsgebiet der Gemeinde Stadt1/…. Die Parteien streiten um die Auslegung der konzessionsvertraglichen Endschaftsklausel und damit über den Umfang der herauszugebenden Anlagen und die Höhe des für die Überlassung des Stromleitungsnetzes zu zahlenden Entgeltes.
Die Gemeinde und die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die B AG, schlossen einen Konzessionsvertrag über die Versorgung des Gemeindegebietes mit Strom mit Wirkung vom 01.07.1987 bis 30.06.2007 ab. Vor Auslaufen des Vertrages hat die Gemeinde Stadt1 das in § 46 Abs. 3 EnWG vorgesehene Ausschreibungsverfahren durchgeführt und entschieden, den Vertrag über die Wegenutzungsrechte mit Wirkung zum 01.10.2008 mit der Klägerin abzuschließen (Bekanntmachung Anl. K 3).
Der mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossene Konzessionsvertrag enthielt in § 6 eine Endschaftsklausel, nach welcher die Gemeinde nach Auslaufen des Vertrags berechtigt ist, die „ausschließlich der Verteilung der elektrischen Energie im Gemeindegebiet dienenden Anlagen“ zu übernehmen. Die Gemeinde Stadt1 hat die ihr aus der Endschaftsklausel zustehenden Ansprüche an die Klägerin mit Vereinbarung vom 26./28.10.2009 abgetreten (Anlage K 43).
Wegen der weitergehenden Einzelheiten zum Sach- und Streitstand, der erstinstanzlich gestellten Anträge und Hilfsanträge sowie der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat dem Klagebegehren nur teilweise entsprochen und festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin das Eigentum an den für den Betrieb des Stromnetzes der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet Stadt1/...notwendigen Verteilungsanlagen gemäß Anlage K 31 zu übertragen, Zug um Zug gegen Zahlung des Schätzwerts gemäß Ziffer 6.3 des Konzessionsvertrages vom 20.04.1988. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihre erstinstanzlich abgewiesenen Anträge weiterverfolgt. Sie meint, das Landgericht gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass aufgrund der Regelung in Ziff. 6.3 des Alt-Konzessionsvertrages die Ermittlung des Kaufpreises für das Stromverteilnetz ausschließlich in einem Schiedsverfahren zu erfolgen habe. Die entsprechende Vereinbarung im Alt-Konzessionsvertrag sei wegen Verstoßes gegen § 91 Abs. 1 GWB a. F. nichtig. Darüber hinaus habe das Landgericht rechtsfehlerhaft den gesetzlichen Anspruch der Klägerin auf Übereignung der gemischt-genutzten Stromverteilanlagen gemäß § 46 Abs. 2 S. 2 EnWG, zumindest aber auf Besitzübergabe abgelehnt.
Sie, die Klägerin, habe Anspruch auf die Feststellung, dass der Kaufpreis für die zu übertragenden Stromverteilanlagen nach dem objektivierten Ertragswert zu bestimmen sei, jedenfalls aber nach der wirtschaftlich angemessenen Vergütung im Sinne von § 46 Abs. 2 S. 2 EnWG. Die in dem Konzessionsvertrag vorgesehene Bestimmung des „Schätzwertes“ durch Schiedsgutachter sei gemäß § 91 Abs. 1 GWB (1990) nichtig. Bei der Vereinbarung handele es sich in Wirklichkeit um ein Schiedsverfahren, weil die in dem Vertrag so bezeichneten „Schiedsgutachter“ in Wirklichkeit als „Schiedsrichter“ tätig werden sollten. Dies folge daraus, dass nach der Vertragsklausel das Ermittlungsergebnis von keiner der Parteien einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden dürfe. Damit seien die Wirksamkeitsvoraussetzungen für eine Schiedsklausel nicht erfüllt.
Hilfsweise beruft sich die Klägerin darauf, dass die Beklagte das Schiedsverfahren treuwidrig verweigert habe. Ihr, der Klägerin, könne, selbst wenn die Schiedsvereinbarung als wirksam angesehen würde, nicht mehr zugemutet werden, daran festzuhalten.
Da die vertragliche Festlegung der Ermittlung des Kaufpreises unwirksam sei, habe sie, die Klägerin, Anspruch auf die Feststellung, dass die Übernahme Zug um Zug gegen Zahlung des objektivierten Ertragswertes, hilfsweise einer wirtschaftlich angemessenen Vergütung zu erfolgen habe. Die Vorgaben für die Kaufpreisbildung im Sinne eines objektivierten Ertragswertes ergäben sich aus Gesetz, Rechtsprechung, Konzessionsvertrag und bisheriger Praxis.
Rechtsirrig habe das Landgericht einen Anspruch der Klägerin auf Eigentumsübertragung verneint. Zwar habe der Senat in seinem Urteil vom 29.01.2008 (11 U 19/07 (Kart.)) die gegenteilige Rechtsposition vertreten und sei das Urteil vom Bundesgerichtshof bestätigt worden. Letztlich habe der Bundesgerichtshof die Frage aber offen gelassen und das Urteil des Senats in diesem Punkt nicht bestätigt. Auch der Gesetzgeber habe die Frage nicht entschieden. Die Vorschrift sei indes in diesem Sinne auszulegen, weil eine Verpachtung dem neuen Netzbetreiber keinen Spielraum für die eigene Gewinnerzielung lasse. Die Eigentumsübertragung sei für das Funktionieren des vom Gesetzgeber beabsichtigten Wettbewerbs erforderlich, damit alle potentiellen Bewerber gleiche Chancen hätten.
Schließlich habe das Landgericht rechtsfehlerhaft einen Anspruch auf Übertragung der gemischt-genutzten Mittelspannungsanlagen verneint. Zu Unrecht habe sich das Landgericht hier auf eine angebliche Rechtstradition berufen, weil es auch Endschaftsklauseln gebe, die keine Begrenzung auf ausschließlich der örtlichen Versorgung dienende Anlagen enthielten (so in dem Verfahren Senat 11 U 19/07 (Kart.)). Maßgeblich sei, dass § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG von den für den Betrieb der Netze „notwendigen“ Anlagen spreche. Damit habe sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt. Es sei ausreichend, dass sie, die Klägerin, der Beklagten für die benötigten Zwecke die Nutzung der Mittelspannungsanlagen gemäß §§ 20, 21 EnWG gestatte. Damit könne die Beklagte ihren Verpflichtungen gegenüber den Netzkunden außerhalb von Stadt1 nachkommen.
Der vertragliche und der gesetzliche Anspruch stünden nebeneinander, wobei die gesetzliche Regelung immer dann durchgreife, wenn die vertragliche Regelung dem Mindeststandard von § 46 Abs. 2 Satz. 2 EnWG nicht gerecht werde. Insoweit müssten kartellrechtliche Vorgaben dahinter zurückbleibende konzessionsvertragliche Endschaftsregelungen durchbrechen. Danach habe die gesetzliche Regelung, wonach die notwendigen Anlagen zu überlassen seien, Vorrang vor der vertraglichen Regelung. Entgegenstehende ältere Rechtsprechungen des OLG Frankfurt am Main, sowie offenkundig interessengeleitete Literaturveröffentlichungen seien durch § 13 Abs. 2 Satz 2 EnWG 1998 überholt. Dass sich hinsichtlich der gemischt-genutzten Mittelspannungsanlagen auch ein Eigentumsüberlassungsanspruch der Klägerin ergebe, sei – wenn nicht schon aus § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG – so jedenfalls aus dem Alt-Konzessionsvertrag zu folgern. Die Vertragsparteien hätten bei verständiger Auslegung auch für weitere zu übertragende Anlagen eine Eigentumsübertragungspflicht und nicht nur eine Pflicht zur Besitzüberlassung vereinbart. Somit konkretisiere sich auch der gesetzliche Überlassungsanspruch anhand der vertraglichen Maßstäbe.
Die Klägerin ist weiter der Auffassung, dass ihr ein Auskunftsanspruch auf Mitteilung der kalkulatorischen Restwerte im Hinblick auf die Kaufpreisermittlung und für das Regulierungsverfahren zustehe. Dieser Anspruch entstehe schon während des Bekanntmachungsverfahrens nach § 46 EnWG und nicht erst mit Zahlung des Kaufpreises, weil entscheidende Daten für eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung offengelegt werden müssten. Schließlich macht die Klägerin klageerweiternd einen Anspruch auf Vorbehaltskauf geltend, wonach ihr die Beklagte das Stromverteilnetz vorbehaltlich einer Festlegung des Kaufpreises zu überlassen habe, um eine rasche Übernahme zu gewährleisten. Dieses Vorgehen biete den Vorteil, dass die Netzübernahme trotz der streitigen Kaufpreishöhe zeitnah erfolgen könne. Da die gerichtliche Klärung der zulässigen Kaufpreishöhe über mehrere Instanzen und unter Einbeziehung gerichtlicher Sachverständiger regelmäßig mehr als fünf Jahre dauern werde, würden Netzübernahmen wegen der streitigen Kaufpreishöhe nicht stichtagsgerecht umgesetzt werden können. Dieser kartellrechtswidrige Zustand lasse sich nur durch die Umsetzung eines Vorbehaltskaufes vermeiden. Ergänzend verweist die Klägerin auf eine gemeinsame Stellungnahme der Bundesnetzagentur sowie des Bundeskartellamts zu Rechtsfragen des § 46 EnWG.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und wie folgt zu erkennen:
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin das Eigentum an den für den Betrieb des Stromnetzes der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet Stadt1/...notwendigen Verteilungsanlagen, d. h.
a. allen in der Anlage K 31 (Mengengerüst der Beklagten) mit Stand vom 31.12.2008 aufgeführten Stromverteilungsleitungen und -anlagen sowie
b. allen gemischt-genutzten Mittelspannungsverteilungsleitungen und – anlagen gemäß Anlage B 4 „Entflechtungsplan der Beklagten“ mit Stand vom 6.3.2009 (rot eingefärbte Leitungen), soweit diese im Gemeindegebiet Stadt1/...liegen, zu übertragen, und zwar Zug um Zug gegen Zahlung des objektivierten Ertragswerts, der sich auf Basis des netzentgeltkalkulatorischen Restwerts gemäß § 6 Abs. 6 der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) vom 25.7.2005 unter Berücksichtigung der kalkulatorischen Restwerte aus dem letzten Genehmigungsbescheid nach § 23a EnWG und der genehmigten kalkulatorischen Nutzungsdauern für die laufende Abschreibung der für den Betrieb des Stromnetzes der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet Stadt1/...notwendigen Verteilungsanlagen ergibt, abzüglich der nicht aufgelösten Baukostenzuschüsse und Anschlusskostenbeiträge nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 StromNEV,
hilfsweise im Falle des Unterliegens mit vorgenannter Zug um Zug-Leistung:
Zug um Zug gegen Zahlung einer „wirtschaftlich angemessenen Vergütung“.
2. Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. hinsichtlich der Zug um Zug-Leistung und des gleichzeitigen Unterliegens mit dem Antrag zu 6.:
Es wird festgestellt, dass die gemäß Ziffer 6.3 des Konzessionsvertrages vom 20.4.1988 zu bestellenden Schiedsgutachter bei der Ermittlung des Schätzwerts für die gemäß Antrag zu 1. zu übertragenden Anlagen auch den objektivierten Ertragswert zu berechnen und zu berücksichtigen haben, der sich auf Basis des netzentgeltkalkulatorischen Restwerts gemäß § 6 Abs. 6 der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) vom 25.7.2005 unter Berücksichtigung der kalkulatorischen Restwerte aus dem letzten Genehmigungsbescheid nach § 23a EnWG und der genehmigten kalkulatorischen Nutzungsdauern für die laufende Abschreibung der für den Betrieb des Stromnetzes der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet Stadt1/...notwendigen Verteilungsanlagen, abzüglich der nicht aufgelösten Baukostenzuschüsse und Anschlusskostenbeiträge nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 StromNEV, ergibt.
3. Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1 b:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Besitz an den für den Betrieb des Stromnetzes der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet Stadt1/...notwendigen gemischt-genutzten Mittelspannungsverteilungsleitungen – und anlagen gemäß Anlage B 4 „Entflechtungsplan der Beklagten“ mit Stand vom 6.3.2009 (rot eingefärbte Leitungen), soweit diese im Gemeindegebiet Stadt1/...liegen,
zu übertragen,
und zwar Zug um Zug gegen Zahlung einer wirtschaftlich angemessenen Vergütung, wobei der für die Höhe der Vergütung maßgebliche Wert der Verteilungsleitungen und –anlagen der objektivierte Ertragswert ist, der sich auf Basis des netzentgeltkalkulatorischen Restwerts gemäß § 6 Abs. 6 der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) vom 25.7.2005 unter Berücksichtigung der kalkulatorischen Restwerte aus dem letzten Genehmigungsbescheid nach § 23a EnWG und der genehmigten kalkulatorischen Nutzungsdauern für die laufende Abschreibung der für den Betrieb des Stromnetzes der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet Stadt1/...notwendigen Verteilungsanlagen ergibt, abzüglich der nicht aufgelösten Baukostenzuschüsse und Anschlusskostenbeiträge nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 StromNEV,
hilfsweise im Falle des Unterliegens mit vorgenannter Zug um Zug-Leistung:
Zug um Zug gegen Zahlung einer wirtschaftlich angemessenen Vergütung.
4. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die kalkulatorischen Restwerte aus dem letzten Genehmigungsbescheid nach § 23a EnWG und die genehmigten kalkulatorischen Nutzungsdauern für die laufende Abschreibung der für den Betrieb des Stromnetzes der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet Stadt1/...notwendigen Verteilungsanlagen gemäß Antrag zu 1. zu übermitteln.
5. Die Beklagte wird im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1 b oder des hilfsweise gestellten Antrags zu 3 weiter verurteilt, zu den im Antrag zu 1 b genannten für die allgemeine Versorgung im Gemeindegebiet Stadt1/...notwendigen gemischt genutzten Anlagen Auskunft zu geben
a. a. über den Bestand durch Vorlage eines Mengengerüsts mit Beschreibung der Anlagen nach Art, Umfang und Anschaffungsjahr,
b. b. über die Anschaffungs- und Herstellungskosten zum Zeitpunkt der erstmaligen Aktivierung (historische Anschaffungs- und Herstellungskosten), aufgegliedert nach einzelnen Anlagengegenständen mit netzentgeltkalkulatorischen Nutzungsdauern und Anschaffungsjahr.
6. Es wird festgestellt, dass die in Ziffer 6.3 zweiter Absatz des Konzessionsvertrages vom 20.4.1988 (Anlage K 2) getroffene Schiedsvereinbarung nichtig ist.
7. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin das Eigentum an
a. allen in der Anlage K 31 (Mengengerüst der Beklagten) mit Stand vom 31.12.2008 aufgeführten Stromverteilungsleitungen und -anlagen
sowie
b. allen gemischt-genutzten Mittelspannungsverteilungsleitungen und – anlagen gemäß Anlage B 4 „Entflechtungsplan der Beklagten“ mit Stand vom 6.3.2009 (rot eingefärbte Leitungen), soweit diese im Gemeindegebiet Stadt1/...liegen,
Zug um Zug gegen Zahlung eines von der Beklagten festzusetzenden vorläufigen Kaufpreises zum 01. Januar 2011 zu übertragen und der Klägerin dabei die rechtliche Überprüfung der Kaufpreishöhe sowie die nach den gesetzlichen Vorgaben zu verzinsende Rückforderung eines überhöhten Kaufpreisanteils zu gestatten.
Die Beklagte beantragt,
1. die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen;
hilfsweise in Bezug auf die Klageanträge zu 4. und 5.:
der Beklagten zu gestatten, die Vollstreckung aus einem dem Klageantrag zu 4 und/oder dem Klageantrag zu 5 stattgebenden Urteil durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abzuwenden.
Für den Fall, dass das Gericht dem Klageantrag zu 1 b oder zu Ziffer 3 stattgibt, erhebt sie
(Hilfs-) Widerklage mit dem Antrag:
2. Die Klägerin wird verurteilt, die Beklagte und die C GmbH von allen Netzentgelten und sonstigen Kostenbelastungen freizustellen, die daraus resultieren, dass die C GmbH die Netzanlagen gemäß Anlage B 4 auch nach einem Übergang des Eigentums oder des Besitzes auf die Klägerin im Rahmen der Netznutzung weiterhin nutzt.
Für den Fall, dass das Gericht dem Klageantrag zu 2. stattgibt, erhebt die Beklagte (Hilfs-) Widerklage mit dem Antrag:
3. Es wird festgestellt, dass die gemäß Ziffer 6.3 des Konzessionsvertrages vom 20.04.1988 zu bestellenden Schiedsgutachter bei der Ermittlung des Schätzwertes für die gemäß dem rechtskräftigen Urteil in diesem Rechtsstreit zu übertragenden Anlagen auf den Sachzeitwert zu berechnen und zu berücksichtigen haben.
Für den Fall, dass das Gericht dem Klageantrag zu Ziffer 6 der Berufungsbegründung stattgibt, schließt sich die Beklagte der Berufung der Klägerin an und beantragt:
4. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt vom 28.05.2010 (Az.: 3/12 O 114/09) wird die Klage insgesamt abgewiesen.
Die Klägerin beantragt hierzu,
die Hilfswiderklagen der Beklagten zu den Klageanträgen zu Ziffer 1 b, Ziffer 2 und zu Ziffer 3 werden zurückgewiesen.
Der Antrag auf Abwendung der Vollstreckung zum Klageantrag zu 4. und 5. wird zurückgewiesen.
Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, soweit die Klage abgewiesen worden ist, und tritt den Anträgen im Einzelnen entgegen. Sie meint insbesondere, aus § 46 Abs. 2 EnWG ergebe sich kein Anspruch auf Übertragung der gemischt – genutzten Anlagen. Ein solches Ansinnen sei auch energiewirtschaftlich nicht sinnvoll. Die vertragliche Regelung sehe im Übrigen nur eine Überlassung der ausschließlich von der Gemeinde genutzten Anlagen vor. Die Klägerin könne ihre Ansprüche nicht beliebig kombinieren. Die vertragliche Endschaftsbestimmung räume der Beklagten vor allem in Bezug auf die gemischt – genutzten Anlagen auch Rechte ein, insbesondere sei ihr zu entnehmen, dass sie, die Beklagte, die gemischt – genutzten Anlagen behalten dürfe. Wegen der Maßgeblichkeit der konzessionsvertraglichen Regelung sei es unzulässig, wenn die Klägerin insgesamt auf den gesetzlichen Anspruch rekurriere. Sollte der Klägerin gleichwohl ein Anspruch auf Überlassung der gemischt – genutzten Anlagen zugesprochen werden, so müsse die weitere Nutzung der Netzanlagen für sie, die Beklagte, unentgeltlich erfolgen. Dies festzustellen, sei das Ziel ihrer Hilfswiderklage.
Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
A.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere in gesetzlicher Frist und Form eingelegt und begründet worden. Insbesondere ist die Berufungsbegründung innerhalb der bis zum 18.08.2010 verlängerten Begründungsfrist eingegangen. Zwar trägt der Begründungsschriftsatz vom 17.08.2010 (GA 589) den Eingangsstempel 19.08.2010. Auf Betreiben des Kläger-Vertreters durchgeführte Ermittlungen haben jedoch ergeben, dass die Begründung mit … bereits am 18.08.2010 bei der gemeinsamen Posteingangsstelle abgegeben wurde, wo sie versehentlich keinen Eingangsstempel mit dem Votum vom 18.08.2010 erhalten hat. Der von dem Klägervertreter vorsorglich gestellte Wiedereinsetzungsantrag ist damit obsolet.
B.
In der Sache hat die Berufung nur teilweise Erfolg.
1. Erfolg hat die Berufung, soweit die Klägerin einen Überlassungsanspruch hinsichtlich der gemischt – genutzten Anlagen geltend macht.
a) Allerdings umfasst der vertragliche Eigentumsverschaffungsanspruch in Ziff. 6.2 der Endschaftsklausel lediglich diejenigen Anlagen, die „ausschließlich“ der Verteilung der elektrischen Energie im Gemeindegebiet dienen, während die übrigen Anlagen (Durchgangsleitungen u. -anlagen) bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten verbleiben sollen.
Diese Vereinbarung ist eindeutig und abschließend. Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung spricht nichts dafür, dass die Vertragsparteien mit „…ausschließlich der Verteilung der elektrischen Energie im Gemeindegebiet dienenden Anlagen“ auch gemischt – genutzte Anlagen gemeint haben könnten. Dem steht nicht nur der eindeutige Wortlaut, sondern auch der Umstand entgegen, dass im fraglichen Zeitraum durchaus auch weiter gefasste Endschaftsklauseln gebräuchlich waren, die nicht auf die Ausschließlichkeit, sondern auf die Notwendigkeit der Versorgungseinrichtungen für die Versorgung des Gemeindegebiets abgestellt haben.
b) Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch jedoch gem. § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG zu. Nach dieser Bestimmung ist der bisher Nutzungsberechtigte verpflichtet, seine für den Betrieb der Netze der allgemeinen Versorgungsanlage im Gemeindegebiet notwendigen Anlagen dem neuen Energieversorgungsunternehmen zu überlassen.
In Rechtsprechung und Schrifttum bestehen unterschiedliche Auffassungen zu der Frage, ob „notwendige Verteilungsanlagen“ im Sinne von § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG nur diejenigen sind, die von der Gemeinde ausschließlich zur Versorgung der Endabnehmer in ihrem Versorgungsgebiet genutzt werden - oder auch gemischt – genutzte Netze und Anlagen, insbesondere der Mittelspannungsebene.
Bereits der Wortlaut des § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG, der nicht auf die „ausschließlich“ der Versorgung von Letztverbrauchern dienenden Anlagen abstellt, sondern von den „notwendigen Verteilungsanlagen“ spricht, macht deutlich, dass die Überlassungspflicht nicht auf ausschließlich der Versorgung des Gemeindegebiets dienende Anlagen beschränkt ist, sofern auch gemischt – genutzte (multifunktionale) Anlagen für die Versorgung notwendig sind.
aa) Zwar hat der Senat in einem Urteil vom 11.02.1997 (RdE 1997, 146) einen Anspruch einer klagenden Gemeinde auf Übernahme der Mittelspannungsleitungen verneint, die nicht ausschließlich der Versorgung der Ortsteile dienten, sondern auch die Funktion von Reserveleitungen für andere Versorgungsgebiete hatten. An dieser Entscheidung kann im Hinblick auf die zwischenzeitlich eingetretenen Änderung der Rechtslage indes nicht festgehalten werden. Weder war in dem zugrundeliegenden Konzessionsvertrag eine Endschaftsklausel vorgesehen, noch bestand ein gesetzlicher Herausgabeanspruch, wie er erstmals in § 13 Abs. 2 EnWG (1998) kodifiziert wurde. Die Begrenzung des Übernahmeanspruchs auf die ausschließlich der Versorgung der Gemeinde dienenden Anlagen hat der Senat in jener Entscheidung mit der Regelung über die Freistellung der Konzessionsverträge vom Kartellverbot des § 1 GWB in § 103 Abs. 1 Nr. 2 GWB (1990) sowie damit begründet, dass § 103 Abs. 2 GWB (1990) auf die mittelbare Versorgung und damit die „unechte Durchleitung“ ohne Abgabe von Energie an Abnehmer im Versorgungsgebiet keine Anwendung finde.
Nicht nur die nachfolgend mit § 13 Abs. 2 EnWG (1998) geschaffene Rechtsgrundlage für einen Überlassungsanspruch gegen das bisher versorgende Unternehmen bezüglich aller für die allgemeine Versorgung im Gemeindegebiet notwendigen Verteilungsanlagen“, die in § 46 Abs. 2 EnWG (2005) unverändert übernommen wurden, sondern vor allem auch der mit dem EnWG 1998 geschaffene völlig neue, am Wettbewerbsprinzip orientierte Ordnungsrahmen stehen einer unbesehenen Übernahme der älteren Rechtsprechung entgegen.
Vor diesem Hintergrund vermag der Senat der Auffassung des Landgerichts, § 6.2 des Konzessionsvertrages von 1988 sei Ausdruck einer Rechtstradition, die durch die Entscheidung des OLG Frankfurt noch verstärkt worden sei und an der das EnWG (1998) und insbes. dessen § 13 Abs. 2 nichts habe ändern wollen, nicht zu folgen.
bb) Bei der Auslegung der Bestimmung ist stattdessen von deren Wortlaut auszugehen und der Sinn und Zweck der neuen energiewirtschafts- und wettbewerbsrechtlichen Konzeption des Energierechts zu berücksichtigen. Bereits der Wortlaut des § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG, der nicht auf die „ausschließlich“ der Versorgung von Letztverbrauchern dienenden Anlagen abstellt, sondern von den „notwendigen Verteilungsanlagen“ spricht, macht deutlich, dass die Überlassungspflicht nicht auf ausschließlich der Versorgung des Gemeindegebiets dienenden Anlagen beschränkt ist, sofern auch gemischt – genutzte (multifunktionale) Anlagen umfasst werden, die für die Versorgung notwendig sind.
Der Begriff der notwendigen Verteilungsanlagen bezieht sich danach nicht nur auf Anlagen, die ausschließlich der Versorgung des Gemeindegebiets dienen, sondern auch auf solche, die neben der Versorgung von Endabnehmern im Gemeindegebiet anderen, darüber hinausgehenden Zwecken dienen. Die Neufassung der §§ 13 Abs. 2 EnWG (1998) und 46 Abs. 2 EnWG (2005) spricht dafür, dass auch multifunktionale Leitungen auf den neuen Netzbetreiber zu übertragen sind, wenn aus ihnen unmittelbar Letztverbraucher im Gemeindegebiet versorgt werden (Theobald/Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, 2. Aufl., Teil 5. B. 2. c).
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich bei den streitbefangenen gemischt – genutzten Anlagen um Mittelspannungsnetze handelt, die neben der Funktion als Durchgangsleitung zu einem anderen Versorgungsgebiet auch unmittelbar der Versorgung von Stromabnehmern im Versorgungsgebiet der Gemeinde Stadt1 dienen. Diesem Vortrag der Klägerin ( Ss. v. 23.10.2009 = GA 224 ) ist die Beklagte nicht in erheblicher, substantiierter Weise entgegengetreten. Die Beklagte hat zwar behauptet, dass die in der Anlage K 31 bezeichneten Netzanlagen ausreichend seien, damit die Klägerin Netzbetreiberin der allgemeinen Versorgung in Stadt1 werden könne. Sie hat damit aber nicht bestritten, dass die streitbefangenen Mittelspannungsnetze auch unmittelbar der Versorgung von Endabnehmern im Gemeindegebiet dienen.
Es kommt indes nicht darauf an, ob die Netzanlagen K 31 ausreichen, damit die Klägerin als Netzbetreiber tätig werden kann, sondern welche Anlagen zur Versorgung notwendig sind. Das sind alle Anlagen, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass die Klägerin ihrer Versorgungsaufgabe nicht mehr wie der frühere Versorger nachkommen könnte (Theobald in: Danner/Theobald, Energierecht, Bd. 1, § 46 EnWG Rn. 30). Dass dieses Kriterium aus dem Blickwinkel des Altversorgungsunternehmens ebenso zutreffen mag, liegt am Charakter der gemischt – genutzten Anlagen. Sowohl für das bisherige als auch für das neue Versorgungsunternehmen sind die gemischt – genutzten Anlagen notwendig: für den Neu – Versorger, um die Endabnehmer auf dem Gemeindegebiet weiterhin zu versorgen, und für den Altversorger als Durchleitungs- oder Reserveanlage. Beide Versorgungsunternehmen sind andererseits auf das Eigentum oder den Besitz an den gemischt – genutzten Anlagen nicht existentiell angewiesen. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass die von ihr betriebene Versorgung der benachbarten Gebiete nicht damit stehen oder fallen würde, ob sie die im Streit befindlichen gemischt – genutzten Anlagen der Klägerin überlassen müsse oder behalten könne. Das gilt infolge des gesetzlich gewährleisteten Durchleitungsanspruchs (§§ 20, 21 EnWG) umgekehrt auch für die Klägerin. Bei der Bestimmung, ob eine Anlage „notwendig“ für die örtliche Versorgung ist, muss die denkbare Möglichkeit, die Anlage auch im Wege der Durchleitung nach § 20 EnWG zu nutzen, unberücksichtigt bleiben. Da eine Durchleitung durch fremde Netze immer möglich ist, würde die Möglichkeit der Durchleitung die Notwendigkeit der Anlage für die örtliche Versorgung ausschließen und § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG leerlaufen lassen (Theobald, a.a.O.). Der gesetzlichen Regelung ist für diese Situation indes eine Vorgabe zugunsten des Neukonzessionärs zu entnehmen. Der Begriff der notwendigen Anlagen ist wegen des Gesetzeszweckes, einen effektiven Wettbewerb um das örtliche Verteilnetz zu sichern, grundsätzlich weit auszulegen (Theobald, a.a.O., Rn. 32).
Für ein weitgehendes Überlassungsrecht des neuen Konzessionärs und gegen die Auffassung der Beklagten spricht nach Ansicht des Senats neben der Vermeidung einer Zersplitterung der Ortsnetze auch, dass ein grundsätzlicher Verbleib der multifunktionalen Anlagen bei dem Altkonzessionär zu einem Ewigkeitsrecht bezüglich der Anlagen führte, die sich im Gebiet einer Gemeinde befinden, aber der Versorgung mehrerer Gemeinden dienen. Das dürfte § 46 Abs. 2 EnWG widersprechen, so dass bei für mehrere Gemeindegebiete notwendigen Anlagen von einem Überlassungsanspruch derjenigen Gemeinde auszugehen ist, auf deren Gebiet sich die Anlage befindet.
cc) Vor diesem Hintergrund bejaht der Senat den geltend gemachten Überlassungsanspruch hinsichtlich der gemischt – genutzten Anlagen. Entscheidend ist nach allem nicht die ausschließliche Nutzung durch die Gemeinde, sondern dass die Anlage für den Betrieb der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet notwendig und aufgrund eines Konzessionsvertrages mit der Gemeinde zu deren allgemeiner Energieversorgung betrieben worden ist (ebenso: LG Hannover, Urteil v. vom 24.6.2010 -18 O 260/08 = Anl. K 54.; Gemeinsamer Leitfaden des Bundeskartellamtes und der Bundesnetzagentur unter D I 2.).
Soweit die Beklagte meint, die Übernahme der Anlagen durch die Klägerin sei weder wirtschaftlich noch energiepolitisch sinnvoll, steht diese Frage nicht zur Beurteilung durch den Senat. Die wirtschaftliche Entscheidung ist allein Sache des Neukonzessionärs und nicht Gegenstand der Auslegung des § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG. Die Bestimmung schafft zwar ein Übernahmerecht, jedoch keine Übernahmepflicht. Ob der Neukonzessionär hiervon Gebrauch macht, muss daher seiner Entscheidung im konkreten Einzelfall überlassen bleiben.
c) Die Endschaftsklausel in Ziff. 6.2 des Konzessionsvertrags steht der Anwendung der gesetzlichen Regelung in § 46 Abs. 2 EnWG nicht entgegen. Der vertragliche Anspruch auf Übernahme der ausschließlich der Verteilung der elektrischen Energie im Gemeindegebiet dienenden Anlagen ist nicht abschließend. Die in den laufenden Konzessionsverträgen enthaltenen Endschaftsbestimmungen sind von der Einführung des gesetzlichen Überlassungsanspruchs durch § 13 Abs. 2 S. 2 EnWG 1998 zwar unberührt geblieben. Dass der Gesetzgeber hieran durch die Energierechtsnovelle von 2005 etwas ändern wollte, ist nicht ersichtlich. Auf die vertraglichen Endschaftsbestimmungen wirkt sich die Rechtsänderung deshalb nicht aus. Die Übergangsvorschrift des § 113 EnWG dient lediglich der Klarstellung (BGH, Urteil v. 29.9.2009, EnZR 15/08. Rn. 19). Damit wäre eine Auslegung zwar nicht vereinbar, nach der die vertragliche Endschaftsbestimmung kraft Gesetzes dem gesetzlichen Überlassungsanspruch nach § 46 Abs. 2 S. 2 EnWG angeglichen würde. Das bedeutet andererseits nicht, dass eine vertragliche Endschaftsklausel eine abschließende Regelung auch gegenüber weitergehenden gesetzlichen Ansprüchen darstellt. Die vertragliche Regelung kann in diesen Fällen schon deshalb nicht zu Lasten des übernehmenden Energieversorgers gewertet werden, weil Gläubiger des gesetzlichen Anspruchs und Vertragspartner nicht identisch sein müssen und die Klägerin nicht gehindert sein kann, sich neben den ihr abgetretenen vertraglichen Ansprüchen auf die weitergehenden gesetzlichen Ansprüche zu berufen. Dem weitergehenden gesetzlichen Überlassungsanspruch steht die vertragliche Endschaftsklausel nach allem nicht entgegen.
d) Der Antrag ist auch insoweit zulässig und begründet, als die Klägerin die Überlassung der gemischt – genutzten Anlagen Zug um Zug gegen eine angemessene wirtschaftliche Vergütung fordert, für deren Höhe der objektivierte Ertragswert maßgeblich ist.
aa) Der Antrag ist zulässig.
Zwar kann die bloße Feststellung der Grundlagen für die Berechnung eines Anspruches nicht zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden. Die Klage geht vorliegend in ihrer Gesamtheit jedoch darüber hinaus, weil mit ihr der Umfang und die Rahmenbedingungen für die Übernahme des Verteilnetzes durch die Klägerin und die Grundlagen der dafür zu erbringenden Gegenleistung geklärt werden sollen, die zwischen den Parteien streitig sind (vgl. BGHZ 143, 128 – Kaufering, zit. nach juris Rn.21).
bb) Der Antrag ist auch begründet.
(a) Die Bestimmung der angemessenen wirtschaftlichen Vergütung unterliegt hinsichtlich der nach § 46 Abs. 2 EnWG zu überlassenden gemischt – genutzten Anlagen nicht dem im Konzessionsvertrag geregelten Schiedsgutachter – Verfahren. Eine dahingehende Auslegung des Vertrages ist nicht möglich, weil die Klägerin nicht Vertragspartei ist, die Vertragsparteien bei Abschluss des Vertrages keinen Anlass zur Regelung der Bestimmung eines Entgeltes für nicht von der Endschaftsklausel erfasste Teile des Netzes hatten und sich die Klägerin solche Vorstellungen auch nicht entgegenhalten lassen müsste, soweit sie nicht aus abgetretenem Recht vorgeht. Eine ergänzende Vertragsauslegung ist auch nicht erforderlich, weil sich der Anspruch der Klägerin unmittelbar aus dem Gesetz ergibt.
(b) § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG nennt als zu erbringende Gegenleistung für die Überlassung von Verteilnetzen zwar nur eine „wirtschaftlich angemessene Vergütung“. Grundlegende Bedeutung zur Frage der Ermittlung der wirtschaftlich angemessenen Vergütung kommt nach wie vor aber der sog. Kaufering – Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.11.1999 (BGHZ 143, 128) zu. Der Bundesgerichtshof erklärt in jener Entscheidung eine nach dem Sachzeitwert ermittelte Vergütung zwar nicht generell für zulässig oder unzulässig. Er hat aber entschieden, dass der angemessene Kaufpreis des Stromnetzes durch den Ertragswert begrenzt ist, weil ein Netzkaufpreis in Höhe des Sachzeitwertes prohibitiv wirkt, wenn er den Ertragswert nicht unerheblich übersteigt. Die Entscheidung bedeutet damit praktisch die Deckelung des Preises für örtliche Netzübernahmen durch den Ertragswert (vgl. Theobald in: Danner /Theobald, Energierecht, Bd. 1, § 46 EnWG Rn. 61; Albrecht in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, § 9) EnWG Rn. 105). Die Grundsätze dieser Leitentscheidung bleiben nach ganz herrschender Auffassung ungeachtet der zwischenzeitlichen Änderungen des EnWG maßgeblich (vgl. nur Gemeinsamer Leitfaden, D I 3. Rn. 43). Nach allem erscheint es gerechtfertigt, die für die Überlassung der gemischt - genutzten Anlagen zu entrichtende Vergütung nach dem objektivierten Ertragswert zu ermitteln.
Die Feststellung des Bundesgerichtshofs in der Kaufering – Entscheidung, die Grenze einer prohibitiven Wirkung sei erreicht, wenn der Sachzeitwert den Ertragswert „nicht unerheblich“ übersteige, führt nicht zum Ansatz eines Erheblichkeitszuschlags. Diese Äußerung ist vielmehr dahin zu verstehen, dass im Hinblick auf die Ungenauigkeiten, die mit der Ermittlung eines Ertragswertes zwangsläufig verbunden sind, ein gewisser rechnerischer Spielraum besteht. Dieser vom OLG Koblenz vertretenen Auffassung schließt der Senat sich an (Beschluss vom 11.11.2010 – Az.: U 646/08 Kart, vorgelegt als Anl. K 68 = GA 714). Zwar hat das OLG München auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes in seinem abschließenden Urteil entschieden, eine Überschreitung des Ertragswertes um weniger als 10% sei unerheblich (Urteil v. 15.11.2005, Az. U(K) 3325/96, juris). Das führt indes nicht dazu, dass das angemessene Entgelt grundsätzlich bis zu 10% über dem Ertragswert liegt. Ein nach den Maßstäben wirtschaftlicher Vernunft handelnder Erwerbsinteressent wird keinesfalls bereit sein, ein für ihn nachteiliges Geschäft abzuschließen, indem er einen Preis zahlt, der 10% über demjenigen liegt, welcher dem zu erwartenden Ertrag entspricht. Die Ermittlung des Sachzeitwertes und dessen Deckelung durch den Ertragswert war seinerzeit geboten, weil der Sachzeitwert als Bemessungsgrundlage vertraglich vereinbart war und sich daraus die Frage ergab, ab welcher Grenze er im kartellrechtlichen Sinn prohibitiv wirke. Daraus folgt nicht umgekehrt, die angemessene Vergütung liege jeweils bis zu 10% über dem Ertragswert. Der Entscheidung ist vielmehr zu entnehmen, dass der objektivierte Ertragswert regelmäßig die wirtschaftlich angemessene Vergütung bildet (Theobald, a.a.O., Rn. 63; Gemeinsamer Leitfaden, a.a.O.)
Da der Ertragswert sich nach dem prognostizierten Ertrag richtet, sind die Auswirkungen der Netzentgeltregulierung auf die Höhe der zu erwartenden Netzentgelte zu berücksichtigen. Dazu gehört die Regelung der kalkulatorischen Abschreibungen und der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung sowie die Festlegungen in §§ 6 Abs. 6 und 7 Abs. 2 Nr. 4 StromNEV. Das System der Entgeltregulierung bzw. der Anreizregulierung bestimmt die maximalen Netzerlöse und damit die durch Netzentgelte refinanzierbaren Kosten. Dies folgt unmittelbar aus § 6 Abs. 4 StromNEV (Verwendung historischer Anschaffungs- und Herstellungskosten) und § 6 Abs. 6 und 7 StromNEV (Verbot der Abschreibung unter Null). Der neue Netzbetreiber kann zukünftige Erträge aus den übernommenen Energieversorgungsanlagen somit zunächst nur auf der Grundlage des kalkulatorischen Restwertes erzielen (Ertragswert unter Berücksichtigung der Vorgaben der StromNEV; vgl. Gemeinsamer Leitfaden a.a.O.). Angemessen ist nach allem eine Vergütung, die dem auf Basis des um Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge bereinigten kalkulatorischen Restwertes bestimmten Ertragswert entspricht (Gemeinsamer Leitfaden, a.a.O.). Dem hat die Klägerin mit der Fassung ihres Zug um Zug – Antrags Rechnung getragen.
2. Die Berufung hat ebenfalls Erfolg, soweit die Klägerin Auskunft von der Beklagten verlangt.
a) Der Auskunftsantrag zu 4. über die kalkulatorischen Restwerte aus dem letzten Genehmigungsbescheid nach § 23 a EnWG und die genehmigten kalkulatorischen Nutzungsdauern ist begründet.
Das Landgericht hat den Antrag abgewiesen, weil die Klägerin auf diese Auskünfte nicht angewiesen sei. Da die Ermittlung nach dem Schätzwert zu erfolgen habe, sei es Sache der Schiedsgutachter, die entsprechenden Auskünfte bei der Beklagten im Bedarfsfall anzufordern. Dem folgt der Senat nicht. Eine Auskunftspflicht des Alt-Konzessionärs ergibt sich regelmäßig als vertragliche bzw. gesetzliche Nebenpflicht aus der Verpflichtung zur Herausgabe der Stromnetzverteilanlage. Das betrifft in erster Linie, aber nicht nur, die erforderlichen technischen Daten, im Übrigen aber auch alle Daten, die für die Bemessung des Preises der Netzüberlassung und den wirtschaftlichen Betrieb erforderlich und relevant sind. Auch die Bundesnetzagentur und das Bundeskartellamt gehen in dem erwähnten gemeinsamen Leitfaden davon aus, dass die Herausgabeverpflichtung alle Daten erfasst, die erforderlich sind, um den neuen Netzbetreiber in die Lage zu versetzen, das in Frage stehende Netz zu betreiben, insbesondere soweit sie Informationen über die Kostenstruktur des Netzes und seine künftig erzielbaren Erlöse in Form der durch die Regulierungsbehörde festgelegten Erlösobergrenzen betreffen. Das trifft insbesondere auch die mit dem Antrag zu 4. verlangten kalkulatorischen Restwerte und Nutzungsdauern für die laufende Abschreibung (Rn. 58 des gemeinsamen Berichts = GA 747 R). Ein entsprechender Informationsanspruch (der Gemeinde) gegenüber dem Alt-Konzessionär bestand überdies schon zu Beginn des Verfahrens um die Neuvergabe der Konzession als vertragliche Nebenpflicht aus dem Konzessionsvertrag und der Endschaftsklausel.
Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Gemeinde ihren Auskunftsanspruch als Nebenanspruche zusammen mit dem Herausgabeanspruch an die Klägerin stillschweigend abgetreten hat, so dass diese Auskunft hinsichtlich der ausschließlich der Gemeindeversorgung dienenden Anlagen auch aus abgetretenem Recht verlangen kann.
b) Aus den vorstehenden Erwägungen muss auch der Auskunftsantrag zu 5. Erfolg haben, nachdem der Klägerin ein entsprechender Überlassungsanspruch hinsichtlich der gemischt – genutzten Anlagen zusteht.
3. Die weitergehende Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
a) Ohne Erfolg bleibt die Berufung, soweit die Klägerin einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an den Stromverteilungsleitungen und –anlagen Zug um Zug gegen Zahlung des objektiven Ertragswertes, hilfsweise gegen Zahlung einer wirtschaftlich angemessenen Vergütung weiterverfolgt (Antrag zu 1.) sowie hilfsweise hierzu festzustellen beantragt, dass die gem. Ziff. 6.3 des Konzessionsvertrags zu bestellenden Gutachter bei der Ermittlung des Schätzwertes auch den objektiven Ertragswert zu berechnen und zu berücksichtigen haben.
Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass bei der Übernahme von Stromnetzverteilanlagen nach dem Ablauf von Konzessionsverträgen die konzessionsvertraglichen Endschaftsklauseln neben § 42 Abs. 2 EnWG gelten. Insbesondere bleibt eine vertragliche Endschaftsbestimmung von der gesetzlichen Regelung des Überlassungsanspruchs in § 46 Abs. 2 S. 2 EnWG unberührt (BGH, Urteil v. 29.09.2009, EnZR 15/08; Senat, Urteile v. 29.01.2008, 11 U 19/07 (Kart) sowie 11 U 20/07 (Kart.)).
Es hat weiter zutreffend angenommen, dass sich ein Anspruch der Klägerin auf Überlassung des Eigentums deshalb jedenfalls hinsichtlich derjenigen Anlagen, die ausschließlich der Versorgung des Gemeindegebiets dienen, bereits aus der Endschaftsklausel in § 6 des Alt-Konzessionsvertrages ergibt.
Das Landgericht hat die Beklagte vor diesem Hintergrund zu Recht zur Überlassung der streitgegenständlichen Anlagen Zug um Zug gegen Zahlung des Schätzpreises verurteilt und die weitergehenden Anträge auf nähere Bestimmung der Zug um Zug - Leistung abgewiesen. Das entspricht der Endschaftsklausel des Alt-Konzessionsvertrages und der – vom Bundesgerichtshof bestätigten – Rechtsprechung des Senats (Senat a.a.O.). Insbesondere steht die Vereinbarung eines „Schätzpreises“ und die Bestimmung von Schiedsgutachtern nicht der gesetzlich geschuldeten „wirtschaftlich angemessenen Vergütung“ gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 EnWG entgegen.
aa) Die Klägerin vermag sich für die von ihr mit dem Antrag zu 1. begehrte Feststellung auch nicht auf einen gesetzlichen Anspruch aus § 46 Abs. 2 EnWG zu berufen. Zwar bleibt die gesetzliche Regelung ungeachtet einer konzessionsvertraglichen Vereinbarung grundsätzlich schon deshalb anwendbar, weil es sich bei dem gesetzlichen und dem vertraglichen Anspruch um unterschiedliche Gläubiger handelt. Der gesetzliche Anspruch verleiht der Klägerin jedoch kein Recht, von der Beklagten die Herausgabe des Eigentums an den streitgegenständlichen Anlagen zu verlangen. Der Senat hält auch nach nochmaliger Überprüfung an seiner bereits früher geäußerten Auffassung fest, die auch vom OLG Koblenz vertreten wird und der Position der Bundesnetzagentur in dem Gemeinsamen Leitfaden des Bundeskartellamtes und der Bundesnetzagentur zur Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen und zum Wechsel des Konzessionsnehmers vom 15.12.2010 entspricht. Der Senat verkennt nicht, dass die Gegenauffassung, die § 46 Abs. 2 EnWG einen Anspruch auf Eigentumsübertragung entnimmt, durchaus beachtliche Argumente für sich hat (vgl. nur Albrecht, a.a.O., § 9 EnWG, Rn. 88 ff Theobald, a.a.O., Rn. 35 ff). Sie vermögen aus der Sicht des Senats indes nichts daran zu ändern, dass der Gesetzgeber trotz Kenntnis des Meinungsstreits und entsprechender Vorschläge im Gesetzgebungsverfahren von einer unschwer möglichen Präzisierung des Wortlauts abgesehen hat (vgl. auch Gemeinsamer Leitfaden, a.a.O., unter D I. 1. Rn. 32).
Hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf Eigentumsübertragung kann sich die Klägerin daher nur auf das ihr von der Gemeinde Stadt1 abgetretene vertragliche Recht aus Ziff. 6.2 des Konzessionsvertrages berufen, das freilich zur Bestimmung des Gegenwertes ein Schiedsgutachterverfahren vorsieht.
bb) Ohne Erfolg hält die Klägerin die Schiedsgutachter-Vereinbarung für nichtig und meint, für diesen Fall müsse eine gerichtliche Vorgabe zur Bestimmung des Kaufpreises getroffen werden.
(a) Gemäß § 91 Abs. 1 GWB (1990) sind Schiedsverträge über künftige Rechtsstreitigkeiten aus Verträgen und Beschlüssen der in § 103 GWB bezeichneten Art nichtig, wenn sie nicht jedem Beteiligten das Recht geben, im Einzelfall statt der Entscheidung durch das Schiedsgericht eine Entscheidung durch das ordentliche Gericht zu verlangen. Auf Schiedsgutachten ist die Bestimmung nicht anwendbar. Ob die Parteien einen Schiedsvertrag oder einen Schiedsgutachtenvertrag geschlossen haben, ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei entscheidet nicht die von den Parteien gewählte Bezeichnung, sondern die Funktion. Während Schiedsgerichte anstelle eines ordentlichen Gerichts endgültig entscheiden, hat der Schiedsgutachter nur Tatsachen und Urteilselemente zu begutachten bzw. eine Leistung zu bestimmen. Ein Schiedsverfahren liegt nur vor, wenn die Sache für sich gesehen als ein kompletter Rechtsstreit angesehen werden kann, der auf ein der Rechtskraft fähiges Urteil hinausläuft. Da der Schiedsgutachter nicht an die Stelle des ordentlichen Gerichts tritt, bedarf es nicht der Sicherung staatlicher Rechtspflege durch § 91 GWB (1990). § 91 GWB (1990) ist nur auf diejenige Tätigkeit zugeschnitten, die eine private Stelle an die Stelle eines staatlichen Gerichts setzt und auf einen rechtskräftigen Schiedsspruch zielt. Deshalb sprechen die besseren Gründe gegen die Anwendung des § 91 GWB (1990) auf Schiedsgutachtervereinbarungen (Immenga/Mestmäcker/Karsten Schmidt, GWB, 2. Aufl., § 91 Rn. 9). Da § 6 Ziff. 6.3 der Endschaftsklausel nur die Bestimmung des Kaufpreises durch Schiedsgutachter vorsieht, soweit sich die Parteien insoweit nicht einigen können, handelt es sich um die Regelung der Leistungsbestimmung durch Dritte gemäß § 317 BGB und nicht um einen Schiedsvertrag über künftige Rechtsstreitigkeiten. § 91 Abs. 1 GWB a. F. ist auch nicht allein deshalb auf die Bestimmung anwendbar, weil die Ermittlung des Schätzwertes unter Ausschluss gerichtlicher Nachprüfung erfolgen soll. Dieser Zusatz macht die Schiedsgutachtervereinbarung nicht zu einer Schiedsvereinbarung. Folge des dem Schiedsgutachter für die Bestimmung der Leistungspflicht im Sinne von § 317 ff. BGB eingeräumten Ermessens ist, dass seine Entscheidung nur in eingeschränktem Maße vom Gericht geprüft werden kann. Die Prüfung ist auf die Frage beschränkt, ob der Schiedsgutachter von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, sein Ermessen ausgeübt hat und hierbei von den Grundsätzen und Maßstäben ausgegangen ist, die im Vertrag zwischen den Parteien vereinbart sind, oder ob er bei Fehlen einer derartigen Vereinbarung den Zweck berücksichtigt hat, den die Vertragsschließenden verfolgt haben (BGH, NJW 96, 453). Das dem Schiedsgutachter eingeräumte Bestimmungsrecht hat den Sinn, Streit zwischen den Vertragsparteien zu vermeiden. Seine Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Objektivität werden vorausgesetzt. Bloße Zweifel oder kleinere Fehler der Leistungsbestimmung haben die Vertragsparteien hinzunehmen. Erst wenn die Unbilligkeit der Entscheidung sich sofort aufdrängt, wird dieser Rahmen überschritten (BGHZ 81, 229). Dies ist etwa der Fall, wenn der Schiedsgutachter den Vertragsinhalt als Vorgabe des Bereichs des ihm eingeräumten Ermessens außer Acht lässt oder seine Bestimmung maßgeblich an einem Kriterium orientiert, das mit sachgerechter Überlegung schlechthin nichts gemein hat. Grundsätzlich ist das Ergebnis des Schiedsgutachtens deshalb nur eingeschränkt überprüfbar und deshalb nur unverbindlich, wenn es offenbar unbillig ist (§ 319 BGB). Ob die vertragliche Vereinbarung, wonach die Ermittlung des Schätzwertes unter Ausschluss jeglicher gerichtlicher Nachprüfung erfolgen solle, auch auf einen Ausschluss der Überprüfung nach § 319 BGB abzielt, kann hier letztlich offen bleiben. Die Parteien können sich durch Individualvereinbarung auch einer offenbar unbilligen Bestimmung unterwerfen (Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl. 2011, § 319 Rn. 10). Ungeachtet dessen ist freilich anzunehmen, dass das Schiedsgutachten unverbindlich ist, wenn sein Ergebnis gegen die guten Sitten verstößt. Auch Kartellrechtswidrigkeit kann das Gutachten unbeachtlich machen (Karsten Schmidt a.a.O.).
Zwar mag eine Entziehung der gerichtlichen Nachprüfung jedenfalls in diesem Umfang einer Überprüfung nicht standhalten. Aber auch wenn ein so weitgehender Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit unwirksam wäre, würde dies der Schiedsgutachterklausel im Übrigen die Wirksamkeit nicht nehmen. § 8 des Konzessionsvertrages enthält eine salvatorische Klausel. Da die Vereinbarung einer Schiedsgutachterklausel auch ohne den vollständigen Ausschluss der gerichtlichen Nachprüfbarkeit einen eigenständigen Regelungsgehalt behält, würde die Unwirksamkeit des Ausschlusses der gerichtlichen Nachprüfung gemäß § 139 BGB nicht zu einer Gesamtnichtigkeit der gesamten Schiedsgutachterabrede führen.
(b) Der Beklagten ist es auch nicht deshalb verwehrt, sich auf die Schiedsgutachter - Vereinbarung zu berufen, weil sie die Einleitung eines Schiedsgutachter – Verfahrens treuwidrig abgelehnt hätte. Wie sich aus der von der Klägerin vorgelegten Korrespondenz ergibt (Anl. K 51 und 52), hält die Beklagte an dem Schiedsgutachten – Verfahren grundsätzlich fest und hat ein Verfahren nur „derzeit“ im Hinblick auf die von der Klägerin eingelegte Berufung abgelehnt. Diese Haltung kann nicht als treuwidrig oder missbräuchlich angesehen werden, wenn die Klägerin ihrerseits Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil mit dem Ziel einlegt, die Schiedsgutachen – Vereinbarung wegen Nichtigkeit für unverbindlich erklären zu lassen.
cc) Der Klägerin steht ungeachtet dessen auch kein Anspruch darauf zu, den zu bestellenden Schiedsgutachtern Vorgaben für die Ermittlung des Schätzwerts zu machen und diese insbesondere zur Ermittlung auf den objektivierten Ertragswert festzulegen. Nach der Rechtsprechung des BGH können die Parteien eines Schiedsgutachtenvertrages im Wege der Feststellungsklage zwar den Inhalt eines für die Leistungsbestimmung durch den Schiedsgutachter maßgeblichen Rechtsverhältnisses feststellen lassen (BGH, NJW 82, 1879; 96, 453). Die Voraussetzungen für einen entsprechenden Feststellungsantrag sind hier allerdings (noch) nicht gegeben, weil es sich bei der Bestimmung des Schätzwertes nicht um eine (rechtliche) Vorfrage bei der dem Schiedsgutachter überlassenen Fragestellung, sondern um die originär dem Schiedsgutachter übertragene Aufgabe handelt. Zum anderen haben die Schiedsgutachter hier – abweichend von den entschiedenen Fällen – mit der Begutachtung noch gar nicht begonnen, ebenso wenig steht fest, dass diese zu keinem Ergebnis führt, weil sich die Schiedsgutachter nicht einigen können (so BGH NJW 82, 1879). Schließlich stellt sich die Frage, ob die Parteien die Überprüfung auch in diesem Punkt den staatlichen Gerichten entziehen wollten und dies mit der vertraglichen Vereinbarung auch – soweit nicht kartellrechtliche Gründe entgegenstehen – wirksam erreichen konnten.
Die Klägerin ist daher nicht zu Vorgaben hinsichtlich der Bestimmung der Gegenleistung berechtigt. Da sie einen Anspruch auf Eigentumsübertragung nur aus abgetretenem Recht in Verbindung mit der vertraglichen Endschaftsklausel hat, bestimmt sich auch die Gegenleistung nach der Vereinbarung der Vertragsparteien. In § 6. 3 des Konzessionsvertrages haben sich die Vertragsparteien darauf geeinigt, dass die Übernahme der Anlagen zum Schätzwert erfolgt, und klargestellt, dass die Anlagen bei der Abschätzung als ein zusammenhängendes, betriebsfähiges Werk nach kaufmännischen Grundsätzen zu beurteilen sind. Sofern sich die Parteien über den Schätzwert nicht einigen, wird der Schätzwert der Anlagen durch Schiedsgutachter ermittelt, wobei gegebenenfalls ein Obmann für beide Vertragspartner verbindlich entscheidet, sofern sich die Sachverständigen nicht einigen können.
Es besteht kein Grund, dieses vertraglich vorgesehene Verfahren nicht einzuhalten oder dadurch zu modifizieren, dass die Klägerin den Sachverständigen einseitig bestimmte Vorgaben macht. Eine solche Verfahrensweise würde der vertraglichen Schiedsgutachterklausel auch deshalb nicht gerecht, weil die Einschaltung von Schiedsgutachtern nur vorgesehen ist, falls sich die Vertragsparteien nicht einigen können. Damit wäre es nicht vereinbar, wenn eine Partei trotz Scheiterns einer Einigung den Schiedsgutachtern von vornherein ihre Vorstellungen von der sachgerechten Wertermittlung einseitig vorgeben könnte. Aus § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG folgt nichts anderes. Dort ist nur von der Zahlung einer wirtschaftlich angemessenen Vergütung die Rede. Eine Festlegung auf eine bestimmte Art der Wertermittlung kann darin schon deshalb nicht gesehen werden, weil die Bestimmung – wie dargelegt – nicht nur die Übertragung des Eigentums als zulässige Form des Überlassens vorsieht, sondern die wirtschaftlich angemessene Vergütung auch im Rahmen eines Miet- oder Pachtverhältnisses zu bestimmen sein kann. Aber auch im Hinblick auf die Überlassungsform „Veräußerung“ besteht kein Grund, der Entscheidung der Sachverständigen insoweit vorzugreifen. Insoweit bedarf es auch keiner Korrektur der vertraglichen Vereinbarung im Hinblick auf die spätere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Da in der vertraglichen Vereinbarung nur von dem Schätzwert der Anlage die Rede ist, ist ein Sachverständiger nicht gehindert, die vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 16.11.1999 für notwendig erachteten Modifikationen des Sachzeitwertes durch den Ertragswert zu berücksichtigen (BGHZ, a.a.O.). Ermöglichen mithin die Bestimmungen des Konzessionsvertrages die Ermittlung einer angemessenen Vergütung, so werden sie weder von § 46 Abs. 2 EnWG verdrängt, noch besteht Anlass für eine Anpassung des Vertrages gem. § 313 BGB. Diese vom Senat bereits in seiner früheren Rechtsprechung vertretene Auffassung (Senatsurteil v. 29.1.2008, 11 U 19/07 (Kart)) ist vom Bundesgerichtshof nicht beanstandet worden. Der Senat sieht daher keinen Anlass, an ihr nicht festzuhalten.
Nach allem hat das Landgericht dem geltend gemachten Überlassungsanspruch hinsichtlich der ausschließlich von der Gemeinde genutzten Anlagen zu Recht nur in Form des Hilfsantrags zu 1.a) stattgegeben.
b) Aus den vorstehend zu 1. dargelegten Gründen hat die Berufung zu 1. b) keinen Erfolg, weil ein gesetzlicher Anspruch hinsichtlich der gemischt – genutzten Anlagen nicht auf Übertragung des Eigentums gerichtet ist und der vertragliche Anspruch nur die ausschließlich der Versorgung des Gemeindegebiets dienenden Anlagen erfasst.
c) Soweit die Klägerin klageerweiternd festzustellen beantragt, dass die in Ziff. 6.3 zweiter Absatz des Konzessionsvertrages vom 20.4.1988 getroffene Schiedsvereinbarung nichtig ist, handelt es sich zwar um eine sachdienliche Klageänderung und sind auch die weiteren Voraussetzungen für ihre Zulassung gem. § 533 Nr. 2 ZPO gegeben.
Der Feststellungsantrag ist auch als Zwischenfeststellungsklage gem. § 256 Abs. 2 ZPO zulässig. Er ist jedoch aus den oben unter 3.b) bb) dargelegten Gründen in der Sache unbegründet.
d) Keinen Erfolg hat die Berufung auch, soweit die Klägerin im Weg der Klageerweiterung (Antrag 7.) einen Anspruch auf Vorabkauf geltend macht und die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten erstrebt, ihr, der Klägerin, das Eigentum an den streitbefangenen Anlagen zu einem von der Beklagten festzusetzenden, von der Klägerin zu überprüfenden Kaufpreis zu übertragen. Damit erstrebt die Klägerin eine unverzügliche Übergabe der Anlagen und eine anschließende Überprüfung des von ihr zu entrichtenden Kaufpreises.
Es kann dahin stehen, ob der Feststellungsantrag bereits unzulässig ist, weil die Klägerin im Falle des Bestehens eines Anspruchs auf Vorabkauf einen Leistungsantrag stellen könnte, so dass es am Feststellungsinteresse fehlen würde.
Der Antrag ist jedenfalls unbegründet, da es an der erforderlichen Anspruchsgrundlage fehlt.
Einen Anspruch auf eine derartige Vorgehensweise lässt sich weder der Endschaftsklausel noch § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG entnehmen. Die Endschaftsklausel ist zwar auf Übertragung des Eigentums an den streitbefangenen Anlagen gerichtet, sieht zur Ermittlung der Vergütung aber ein Schiedsgutachten vor. Auf § 46 Abs. 2 EnWG kann der Anspruch nach Auffassung des Senats schon deshalb nicht gestützt werden, weil sich daraus kein zwingender Anspruch auf Eigentumsübertragung ergibt.
Gegenüber dem Anspruch der Gemeinde und des neuen Konzessionsträgers auf Eigentumsübertragung muss dem Verpflichteten die Möglichkeit gegeben werden, seine Gegenforderung nach § 320 BGB durchzusetzen. Eine Vorleistungspflicht ist insofern nicht geboten, denn die Übereignung der Versorgungsanlagen ist nicht erforderlich, um den Betrieb der Versorgungsanlagen durch das neue Unternehmen zu ermöglichen (OLG Koblenz, Urteil v. 23.4.2009, U 646/08 Kart). Dabei stellt das Zurückbehaltungsrecht zugleich ein Druckmittel im Interesse der Beklagten dar. Das OLG Koblenz (a.a. O.) hat vor diesem Hintergrund offen gelassen, ob im Falle einer langwierigen Auseinandersetzung über die Höhe des Entgelts nach angemessener Zeit zumindest eine Besitzeinweisung zu erfolgen habe. Nach Ansicht des erkennenden Senats bedürfte aber jedenfalls ein Kauf unter Vorbehalt der Billigkeitsprüfung einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung.
4. Die im Wege der Anschlussberufung erhobene Hilfswiderklage der Beklagten auf Freistellung von allen Netzentgelten und sonstigen Kostenbelastungen ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
Unzulässig ist der Antrag, soweit er sich auf sonstige Kostenbelastungen bezieht, weil er insoweit nicht ausreichend bestimmt ist (§ 253 ZPO).
Unbegründet ist er, soweit Freistellung von allen Netzentgelten verlangt wird, weil es dafür an der erforderlichen Anspruchsgrundlage fehlt. Soweit die Klägerin die gemischt – genutzten Netze übernimmt, steht der Beklagten ein Durchleitungsanspruch auf der gesetzlichen Grundlage der §§ 20, 21 EnWG und zu den gesetzlich näher ausgestalteten Konditionen zu. Ein Anspruch auf unentgeltliche Durchleitung ist indes weder dort vorgesehen noch sonst ersichtlich.
5. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Vollstreckungsschutz nach §§ 712, 714 ZPO gegenüber den Auskunftsansprüchen der Klägerin sind nicht dargetan. Zwar kommt grundsätzlich Vollstreckungsschutz auch gegenüber sofort vollstreckbaren Auskünften in Betracht, weil eine einmal erteilte Auskunft nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (Hüßtege in: Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl., § 712 Rn. 4).
Die Beklagte hat indes nicht im Einzelnen und substantiiert dargelegt, an welchen Daten und insbesondere aus welchem Grund ein besonderes Geheimhaltungsinteresse bestehen soll, so dass mit deren Offenbarung ein nicht wiedergutzumachender Schaden entstehen könnte.
Bei der erforderlichen Interessenabwägung konnte einem möglichen Interesse der Beklagten an einer Geheimhaltung daher kein Vorrang vor dem Interesse der Klägerin, möglichst rasch und vollständig Kenntnis über alle zur Übergabeabwicklung erforderlichen Daten zu erlangen, eingeräumt werden.
6. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Summary