6 Sch 06/00


Gericht OLG Hamburg Aktenzeichen 6 Sch 06/00 Datum 22.08.2001
Leitsatz
Leitsatz der Redaktion:
Für das Vorliegen einer den Anforderungen des Art. II UNÜ genügenden Schiedsvereinbarung trägt die die Vollstreckbarerklärung beantragende Partei die Beweislast.
Rechtsvorschriften§ 1061 ZPO
Art. II UNÜ, Art. V Abs. 1 a UNÜ
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteSchiedsvereinbarung: - Zustandekommen/Formwirksamkeit Aufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Schiedsspruch, ausländisch; - Anerkennung; -Vollstreckbarerklärung Aufhebungs-/Versagungsgründe: - Unwirksamkeit/Ung&uu
Volltext
B E S C H L U SS :
Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs der Internationalen Handelsarbitrage bei der Industrie- und Handelskammer der Russischen Föderation zu Moskau, .... vom- 23. Juli 1999, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Vollstreckbarkeitsverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
Dieser Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Er beschwert die Antragstellerin um mehr als 60.000,00 DM.

G R Ü N D E:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Vollstreckbarerklärung des von ihr in Urschrift und beglaubigte Übersetzung vorgelegten Schiedsspruchs der Internationalen Handelsarbitrage bei der Industrie- und Handelskammer der Russischen Föderation zu Moskau vom 23. Juli 1999.
Die Antragstellerin behauptet, mit der Antragsgegnerin den in Urschrift und in beglaubigte Übersetzung vorgelegten Vertrag Nr. XK-00197-001 vom 05. Februar 1997 (Anlage 2) geschlossen zu haben. In diesem Vertrag sei unter Ziffer 10 für alle Streitigkeiten die ausschließliche Zuständigkeit des Schiedsgerichts vereinbart worden.
Die Antragsgegnerin sei bei Vertragsschluss von dem Zeugen S.vertreten worden. Bei der Unterzeichnung des Vertrags durch den Geschäftsführer der Antragstellerin A. und dem Zeugen S. sei der Zeuge T. anwesend gewesen. Vor der Unterzeichnung des Vertrages in den Geschäftsräumen der Antragstellerin habe der Zeuge S. eine in englischer Sprache abgefasste Urkunde vorgelegt, die ihn zum Abschluss des Kaufvertrages im Namen der Antragsgegnerin bevollmächtigt habe. Nach der Wahrnehmung der Antragstellerin sei die vorgelegte Vollmachtsurkunde von den Geschäftsführern der Antragsgegnerin, Herrn Sch., unterzeichnet und mit dem Stempel der Antragsgegnerin versehen gewesen. Der Stempel habe dem von der Antragsgegnerin als Anlage B 15 vorgelegten Muster entsprochen. Dies ergebe sich auch aus der als Anlage Ast 6 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Zeugen T. Nach dem hier einschlägigen russischen Recht beglaubige der Stempel die Unterschrift des Geschäftsführers Sch. Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Vorbringens der Antragstellerin wird auf ihren Schriftsatz vom 13. November 2000 (BI. 63 ff. d.A.) Bezug genommen.
Damit liege eine wirksame Schiedsgerichtsvereinbarung im Sinne von Artikel 2 UNÜ vor.
Darüber hinaus sei es der Antragsgegnerin verwehrt, sich auf eine etwaige Unwirksamkeit der Schiedsgerichtsvereinbarung zu berufen. Sie habe in dem Schiedsverfahren insoweit nicht von den hierfür vorgesehenen Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht. Auch insoweit wird wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Vorbringens der Antragstellerin auf ihren Schriftsatz vorn 13. November 2000 Bezug genommen.
Durch das Schreiben vom 30. November 1999 (Anlage ASt 5) habe die Antragsgegnerin im Übrigen den Schiedsspruch anerkannt und damit konkludent den zugrundeliegenden Vertrag genehmigt.
Die Antragstellerin b e a n t r a g t,
den Schiedsspruch der Internationalen Handelsarbitrage bei der Industrie- und Handelskammer der Russischen Föderation zu Moskau, bestehend ... vom 23. Juli 1999, durch den die Antragsgegnerin zur Zahlung von 84.000,00 DM als Tilgung der Grundverschuldung, 40.567,00 DM als Zinsen, die auf die Summe der Verschuldung angerechnet wurden, sowie USD 4.615,00 als Rückerstattung der schiedsgerichtlichen Gebühren und Rub. 24.000,00 als Rückerstattung der Kosten für Anwälte verurteilt worden ist, für vollstreckbar zu erklären.
Die Antragsgegnerin b e a n t r a g t,
den Antrag abzulehnen und festzustellen, dass der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen ist.
Die Antragsgegnerin bestreitet, dass der Zeuge S. den Vertrag vorn 05. Februar 1997 unterschrieben habe. Darüber hinaus sei der Zeuge S.von ihr nicht bevollmächtigt gewesen, für sie Kaufverträge abzuschließen. Eine wirksame Schiedsvereinbarung sei somit nicht getroffen worden, so dass der Antrag auf Vollstreckbarerklärung zurückzuweisen sei.
Selbst wenn der Zeuge S. den Vertrag als Vertreter ohne Vertretungsmacht unterschrieben habe, der Kaufvertrag also schwebend unwirksam gewesen sei, bedürfe es zur wirksamen Vereinbarung der Schiedsklausel nach Art. 8 Abs. 2 Satz 1 des weiterhin geltenden deutsch-sowjetische Abkommens über Allgemeine Fragen des Handels und der Seeschiffahrt vom 25. April 1958 i.V.m. Artt. 12, 18 CISG einer eindeutigen schriftlichen Zustimmung der Antragsgegnerin. Andere als schriftliche Erklärungen seien durch Art. 12 Satz 2 CISG zwingend ausgeschlossen. Die Zuständigkeit des angerufenen Schiedsgerichts sei nicht gegeben gewesen, da eine derartige schriftliche Erklärung nie erteilt worden sei.
Der Vollstreckbarkeitsantrag sei darüber hinaus wegen formeller Mängel des Schiedsspruchs zurückzuweisen. Insoweit wird auf das Vorbringen der Antragsgegnerin in dem Schriftsatz vom 2T. Juni 2000 (BI. 19 ff. d.A.) Bezug genommen.
Ihre, der Antragsgegnerin, Zahlung an die Antragstellerin beruhe auf folgenden Tatsachen: Sie, die Antragsgegnerin, habe von der Antragstellerin über die Spedition Hein & Dietrich eine Lieferung von 40 t Kasein erhalten. Ihr Vertragspartner des der Lieferung zugrundeliegenden Kaufvertrages sei jedoch nicht die Antragstellerin, sondern die Firma ZAO "Eu." (künftig Firma Eu.) in Moskau gewesen, deren Geschäftsführer der Zeuge S. gewesen sei. Die Firma Eu. habe mit Telefax vom 20. Februar 1997 (Anlage B 3) mitgeteilt, dass als erste Teillieferung 20 t Kasein über die Antragstellerin zum Versand gebracht worden seien. Mit Telefax vom 21. Februar 1997 (Anlage B 6) habe die Firma Eu. sodann die Weisung erteilt, einen Betrag in Höhe von 84.000,00 DM mit den in den Telefaxen näher spezifizierten Angaben an die Antragstellerin zu überweisen. Die Firma Eu. habe am 03. März 1997 mitgeteilt, dass sie weitere 20 t Kasein über die Antragstellerin zum Versand gebracht habe. Hinsichtlich dieser Sendung habe die Firma Eu. jedoch die Anweisung erteilt, den Rechnungsbetrag an die Firma A. zu überweisen, deren Direktor zugleich der Direktor der Antragstellerin sei.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen T. Auf die Vernehmungsniederschrift vom 19. Juli 2001 (BI. 95 f.) wird Bezug genommen.

II.
Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs vom 5. Mai 1998 ist zulässig, jedoch sachlich nicht gerechtfertigt.
Die begehrte Vollstreckbarerklärung richtet sich gemäß § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO n.F. nach dem UN-Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBl 1961 11 S. 121 - im folgenden: UNÜ).
Gemäß Art. 5 Abs. 1 a) UNÜ ist dem Schiedsspruch auf Antrag der Antragsgegnerin die Anerkennung zu versagen und der Antrag auf Vollstreckbarerklärung zurückzuweisen.
Der Senat kann nicht feststellen, daß zwischen den Parteien eine Schiedsabrede getroffen worden ist, die den Anforderungen des Art. II UNÜ genügt.
Die Antragstellerin behauptet zwar, daß der Kaufvertrag Nr. XK-00197-001 vom 5. Februar 1997 (Anlage 2) mit der Schiedvereinbarung von dem Zeugen S. im Namen und in Vollmacht der Antragsgegnerin geschlossen worden ist.
Die Richtigkeit dieser Behauptung steht jedoch zur Überzeugung des Senats nicht fest.
Der Senat ist bereits nicht davon überzeugt, daß der Kaufvertrag vom 5. Februar 1997 (Anlage 2) von dem Zeugen S. unterschrieben worden ist.
Der Zeuge T. hat zwar bekundet, daß die Unterschrift auf dem Vertrag von dem Zeugen S.stamme. Auf eine derartige Aussage kann der Senat jedoch keine Entscheidung zugunsten der Antragstellerin stützen. Es ist bereits nichts dafür ersichtlich, daß der Zeuge T. eine Fälschung der Unterschrift des Zeugen S. mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen kann. Darüber hinaus sind nach der Vernehmung des Zeugen T. erhebliche Bedenken gegen seine Glaubwürdigkeit verblieben. Der Zeuge hat die eidesstattliche Versicherung vom 9. November 2000 (Anlage ASt 6) abgegeben. Nach der von der Antragstellerin eingereichten Übersetzung dieser eidesstattlichen Versicherung will der Zeuge T. bei der Unterzeichnung des Kaufvertrages anwesend gewesen sein. Er hat dort ferner versichert, er habe nach der Unterzeichnung durch den Zeugen S. die Aufmerksamkeit der Beteiligten auf den neuen Stempel der Antragsgegnerin auf dem Vertrag gelenkt, der sich von dem ihm geläufigen Stempel und Siegel auf der Vollmacht unterschieden habe. Bei seiner Vernehmung vor dem Senat hat der Zeuge hingegen bekundet, er sei bei Unterzeichnung des Vertrages nicht anwesend gewesen. Bei derartig unterschiedliche Aussagen über das Zustandekommen des hier streitigen Vertrages kann der Aussage des Zeugen T. nicht der für die Überzeugungsbildung des Senats erforderliche Beweiswert zugemessen werden.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, daß selbst dann, wenn der Zeuge S. den Vertrag unterschrieben hätte, nicht von einer Schiedsabrede zwischen den Parteien ausgegangen werde kann, die den Anforderungen des Art. II UNÜ genügt.
Der Senat ist nicht davon überzeugt ist, daß der Zeuge S. bevollmächtigt war, Verträge für die Antragsgegnerin zu schließen. Der Zeuge T. hat bei seiner Vernehmung zwar bekundet, daß der Zeuge S. habe bei den fraglichen Vertragsverhandlungen eine Vollmacht der Antragsgegnerin vorgelegt. Es habe sich um eine Vollmacht in englischer Sprache gehandelt, die von dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin Sch. unterschieben gewesen und mit einem Firmenstempel versehen worden sei.
Der Senat konnte aufgrund dieser Aussage nicht die Überzeugung gewinnen, daß die von dem Zeugen T. eingesehene Urkunde von dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin unterschrieben worden ist. Zunächst gelten auch hier die oben aufgezeigten Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen T. Darüber hinaus hatte der Senat zu beachten, daß der Zeuge T. nach seinem eigenen Bekunden Kenntnis von der Unterschrift des Geschäftsführers Sch. nur deshalb hatte, weil diese sich auf Urkunden befunden soll, von denen dem Zeugen mitgeteilt worden sei, diese seien von dem Geschäftsführer Sch. unterschrieben worden. Damit kann der Senat nicht davon ausgehen, daß der Zeuge T. die Unterschrift des Geschäftsführers Sch. so genau kannte, daß ihm eine Fälschung aufgefallen wäre.
Vorsorglich wird ferner darauf hingewiesen, daß in dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 30. November 1999 (ASt 5) entgegen der Ansicht der Antragstellerin keine konkludente Genehmigung des Vertrags vom 5.Februar 1997 mit der Schiedsvereinbarung gesehen werden kann.
In diesem Schreiben bestätigt die Antragsgegnerin lediglich, daß drei Teilzahlungen der Antragsgegnerin "gegen die Forderung" der Ast vorgesehen seien, und zwar voraussichtlich in Höhe von jeweils eines Drittels des Gesamtbetrages.
Der Senat hatte nicht zu entscheiden, ob damit ein wirksames Schuldanerkenntnis der Antragsgegnerin hinsichtlich des ausgeurteilten Betrages vorliegt. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß die Antragsgegnerin Erklärungen zur Rechtmäßigkeit des dem Schiedsspruch zugrunde liegenden Verfahrens abgeben wollte. Das Schiedsverfahren war zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen und das Schreiben befaßte sich nur mit der Ankündigung von Teilzahlungen an die Antragstellerin, ohne dass auf das Schiedsgerichtsverfahren und die dort geltend gemachte Forderung Bezug genommen wurde. Bei dieser Sachlage konnte die Antragstellerin nicht von einer nachträglichen konk!udenten Einverständniserklärung mit dem Schiedsgerichtsverfahren und einer Billigung der Schiedsabrede im Kaufvertrag ausgehen.
Im Hinblick auf die Ausführungen der Antragstellerin zu den rechtlichen Wirkungen eines Stempels auf einer Vollmachtsurkunde nach russischem Recht ist lediglich folgendes auszuführen: Der Senat ist ebenfalls nicht davon überzeugt, daß dieses Schriftstück mit einem Stempel der Antragsgegnerin versehen war. Hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des Zeugen T. gelten zunächst die obigen Erwägungen. Weiterhin ist zu beachten, daß der Zeuge hat auf Nachfrage des Gerichts erklärt, nach seiner Erinnerung sei der auf der Vollmachtsurkunde befindliche Stempel in der zweiten Zeile länger gewesen als der ihm vorgelegt Abdruck des Firmenstempels der Antragsgegnerin.
Die Antragstellerin trägt für die Behauptung, daß zwischen den Parteien eine Schiedsabrede getroffen worden ist, die den Anforderungen des Art. II UNÜ genügt, die Beweislast (vgl. Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 21. Aufl., Anhang zu § 1044 1, Rn 56).
Die Antragsgegnerin ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht gehindert, sich in diesem Verfahren auf die fehlende Schiedsabrede zu berufen. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Antragsgegnerin sich in dem Schiedsgerichtsverfahren schriftlich rügelos eingelassen hätte. Dies behauptet jedoch auch die Antragstellerin nicht.
Die Kostentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 1064 Abs. 2 ZPO. Die Festsetzung der Beschwer beruht auf § 1065 Abs. 2, 546 Abs. 2 ZPO.
Summary